Könnte man Filmjahre wie Weinflaschen sammeln und verkaufen,
1984 wäre einer der edelsten und wertvollsten Jahrgänge Hollywoods. In kaum
einem anderen Jahr erblicken so viele moderne Klassiker die Leinwand wie 1984.
Doch heute, dreißig Jahre später, hat keiner dieser
Klassiker eine nach wie vor so lebhafte Fangemeinde und so einen Platz im
Bewusstsein der Filmgemeinde wie GHOSTBUSTERS.
Der überragende Erfolg des Films ist das Ergebnis einer
langen Entwicklung, die 1984 in perfektem Timing, und unter dem Einfluss eines
dramatischen Todesfalls, kulminiert. GHOSTBUSTERS ist der Höhepunkt und
Durchbruch einer völlig neuen Art von Comedy, die sich damit endgültig
etabliert.
© 1984 Columbia Pictures Industries, Inc. All Rights Reserved. |
Bis in die Sechziger und Siebziger hinein sind Kinokomödien
vor allem das Produkt gut geschriebener Drehbücher. Man erarbeitet visuell komische
Szenen, die, im korrekten Timing gefilmt, die Zuschauer zum Lachen bringen. Etwa
mit Slapstick, was schon Charlie Chaplin berühmt macht.
Daneben gibt es Komödien, die durch Wortwitz leben. Diese sind
seit Beginn der Filmgeschichte vom Theater abgeleitet, wo in der Regel komische
Situationen konstruiert werden und die Dialoge auf Missverständnissen oder
prekären Umständen fußen, um dadurch Komik zu erzeugen.
Komik ist also das Ergebnis harter Arbeit und idealen
Timings, wahlweise im Slapstick oder in geschliffen geschriebenen Dialogen wie
etwa in Billy Wilders Komödien oder den Filmen von Jerry Lewis.
Die neue Komik aus dem Ärmel
Diese Tradition beginnt in den Sechzigern aufzuweichen.
Während in Europa Stars wie Peter Sellers beginnen, ihre Auftritte auf der
Bühne und im Film mit Improvisation, Schlagfertigkeit und einem gewissen Maß an
Schadenfreude zu würzen, und diese Fähigkeiten auch auf die Leinwand übertragen
(etwa in DR. SELTSAM oder DER ROSAROTE PANTHER), und in Amerika zumindest Bob Hope
ein wenig dem freien Comedy-Stil frönt, gründen Studenten in Chicago Ende 1959
die "Second City Improvisations-Theatergruppe".
Es ist die erste Theatergruppe, die sich von festen Texten,
Akten, dramatischem Aufbau und Ähnlichem lossagt. Im Geist der aufkommenden Beatnik-
und Hippie-Generation haben einige Studenten erkannt, wie kreativ und witzig
sie sich auf der Bühne austoben können, und dass sie den „Alltagshumor“ auch
vor Publikum präsentieren können.
Mit einem Mal besteht die Kunst der Komik nicht mehr darin,
tage- und nächtelang am richtigen Blickwinkel, dem richtigen Timing, dem
richtigen Rhythmus, der richtigen Mimik und der richtigen Wortwahl zu arbeiten
und zu feilen. Plötzlich besteht die Kunst in der Schlagfertigkeit und Improvisation.
Kurzfristig auf den Spielpartner zu reagieren und einen klugen Spruch, eine
smarte Erwiderung, eine pfiffige Beleidigung zu finden. Das, was Kinder schon
seit Generationen im Spiel tun, wird mit einem Mal Publikumswirksam.
Die Second City Theatergruppe schlägt ein wie eine Bombe, vor allem
unter Studenten. Die Zahl der Stars, die ihr schließlich entsteigen, ist kaum
zu zählen. Ihr Erfolg erschafft eine gänzlich neue Form der Unterhaltung, die
vorher allenfalls sporadisch aufkommt: Stand-Up-Comedy.
Es dauert nicht lange, und die Spielart der Theatergruppe
schwappt zunächst nach Kanada über, wo sie die Fernsehsendung Second City TV
auf den Weg bringt und damit Stars wie John Candy und Rick Moranis gebärt, und
später auf ganz Amerika. Die neue Art des schlagfertigen Humors kommt 1962 zunächst
mit Johnny Carsons legendärer TONIGHT SHOW ins Fernsehen. Noch ist die Zeit
nicht reif für einen Massenerfolg, aber Johnny Carsons charmanter Stand-Up
Humor wärmt das Publikum auf.
Von der Bühne auf den Bildschirm
Allerdings ist Carson bereits über Vierzig, und in Chicago brennen
die zwanzigjährigen Nachwuchs-Stars darauf, ihren wilden, frechen College-Humor
endlich entfesseln zu können. Mitte der Siebziger erhalten sie ihre Chance.
Der kanadische Produzent Lorne Michaels will eine völlig neue Form der
Sketch-Show ins Fernsehen bringen und findet in einigen ehemaligen Mitgliedern
der Second City Theatertruppe willige Mitstreiter.
NBC nimmt sich des Formats an und verändert damit alles, was
auf dem Bildschirm, und später auf der Leinwand, zu sehen sein wird!
Am 11. Oktober 1975 flimmert die erste Folge von SATURDAY
NIGHT LIVE über die Bildschirme (Noch unter dem Titel NBC’S SATURDAY NIGHT –
der heute bekannte Titel entsteht erst 1977). Und in der ersten Folge mit
dabei: Die Second City Veteranen Dan Aykroyd, John Belushi und Bill Murray.
Aykroyd und Belushi stehen fortan im Auge dieses Orkans, der
durch die Comedylandschaft fegt. Die beiden sind wie füreinander gemacht, kreieren
bereits in der Second City endlose Sketche und Parodien und können sich nun
landesweit im Fernsehen austoben. Nie zuvor haben sich zwei Komiker derart
frech, teilweise garstig und politisch unkorrekt, über Stars, über Macken und Fehler
lustig gemacht, haben skurille Charaktere erschaffen, Sketche geschrieben, die
komplett gegen den Strich gehen. Während in England MONTY PYTHON’S FLYING
CIRCUS mit jeder Folge den Britischen Humor umgestaltet und vertieft, erschaffen
Aykroyd und Belushi ihren ganz eigenen: kreativ, derb, rotzfrech, aber immer
sympathisch. Niemand kann derart geschickt aus unsympathischen Figuren soviel
Humor und Sympathie herauslocken wie Aykroyd und Belushi. Und schon bald
revolutionieren sie gemeinsam das Kino.
John Landis‘ Kinorevolution
Federführend für diese Revolution ist Regisseur John Landis,
der mit drei Filmen in drei Jahren nahezu im Alleingang das Kino umwälzt!
1977 bringt er zunächst ein Konkurrenzprodukt in die Kinos: Mit
KENTUCKY FRIED MOVIE bietet er einer zweiten Improvisationstruppe eine
Plattform: Das Kentucky Fried Theater wird kurz zuvor von den drei Collegefreunden David und Jerry Zucker sowie Jim Abrahams gegründet, die von Peter Sellers und Monty Python inspiriert wurden.
KENTUCKY FRIED MOVIE ist der erste Sketch-Film überhaupt, und er bietet Zucker, Abraham and Zucker die Möglichkeit, sich erstmals auf ihr parodistisches Potential einzuschießen, das sie später weltberühmt machen soll.
KENTUCKY FRIED MOVIE ist der erste Sketch-Film überhaupt, und er bietet Zucker, Abraham and Zucker die Möglichkeit, sich erstmals auf ihr parodistisches Potential einzuschießen, das sie später weltberühmt machen soll.
Der Film wird ein veritabler Erfolg und ein Kulthit unter
Studenten: frech, böse, witzig. Wie John Landis‘ Filme es immer bleiben werden.
Mit diesem seinem ersten großen Film empfiehlt Landis sich
vor allem für ANIMAL HOUSE, dem ersten Film aus den Reihen einiger Second City Veteranen.
Diese haben sich beim Magazin „National Lampoon“ eingenistet, einem in den
Siebzigern von Harvard-Studenten gegründeten, äußerst populären Humor- und
Satireblatt. Es steigt zeitweise zum größten Konkurrenten des etablierten MAD
Magazines auf.
Mit ANIMAL HOUSE wagt das Blatt sich 1978 ins Kino, und wieder
erschafft John Landis etwas völlig Neues: Die College-Komödie!
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In ANIMAL HOUSE kulminiert die gesamte neue Comedybewegung,
die auf den Campussen von Chicago, Harvard, Wisconsin und anderswo ihren Anfang
genommen hat: All der Humor, die kumpelhaften Beleidigungen, der schlüpfrige
Witz, die Schadenfreude gegenüber anderen, den die Second City in überspitzter Form auf die Improvisationsbühne
gebracht hatte, wird in einer orgiastischen Komödie zelebriert, die das zügellose
Leben in der Studentenverbindung bis ins Maßlose übersteigert.
Der Film wird, erneut, ein Kulthit, besonders unter Collegestudenten,
und verschafft einem ganzen Lebensgefühl Ausdruck.
Mehr noch, es erschafft ein Lebensgefühl, denn fortan geben
College-Komödien die Art vor, wie das Leben in einer
Studentenverbindung auszusehen hat. (Und das tun sie bis heute, wie aktuelle
Erfolge wie BAD NEIGHBORS zeigen!)
Wie neuartig diese Form von Filmhumor ist, zeigt sich
in den Schwierigkeiten, die das deutsche Kino mit ANIMAL HOUSE hat. Es kann den
Film einfach nicht einordnen. Nicht nur wird der Film aufgrund seiner derben
Szenen geschnitten und erst ab 18 freigegeben, vor allem weiß man nicht, wo man
ihn in der deutschen Komödienlandschaft unterbringen soll. In einer Zeit, in der die deutsche Komödie mit ihren Klamotten immer alberner und flacher wird, bekommt
die amerikanische Komödie immer schärfere Zähne. Man folgt also dem deutschen Plattheits-Gebot
und jagt das bahnbrechende Werk gekürzt, ohne Jugendfreigabe und mit dem Titel
ICH GLAUB‘, MICH TRITT EIN PFERD (ohne Ausrufezeichen, dafür mit Komma!) in die
Kinos.
Dann endlich folgt John Landis‘ dritter Streich: Nachdem
John Belushi in ANIMAL HOUSE erstmals auf der Leinwand zu sehen ist, versucht
er 1979, mit seinem alten Kumpel Dan Aykroyd einen Hit im Kino zu landen. Doch
1941 – WO BITTE GEHT'S NACH HOLLYWOOD zündet nicht. Das Drehbuch von Robert Zemeckis
und die Regie von Steven Spielberg sind zu stringent und passen nicht zu John Belushis brachialem Humor. Die Mischung ist unverdaulich.
John Landis passt deutlich besser in ihr Konzept. 1980
bringen die drei gemeinsam zwei der beliebtesten Figuren der SATURDAY NIGHT
LIVE auf die Leinwand: Die BLUES BROTHERS!
Der Film wird ein Gigant und erneut ein sofortiger Kulthit
unter Studenten. Darüber hinaus beweist er, dass die freche, improvisierte
Szenen-Comedy des Second City Theaters nicht nur in Sketch- oder Szenenfilmen
wie KENTUCKY FRIED MOVIE oder ANIMAL HOUSE funktioniert, sondern tatsächlich
auch in einem echten, dazu halbwegs düsteren Kinofilm. Zwar ist auch BLUES
BROTHERS noch immer von einer relativ episodialen Struktur und weist keine klassische
Storyline auf, doch Aykroyd und Belushi spüren, dass ihr Humor auch in einem
Spielfilm untergebracht werden kann.
Augenblicklich machen sie sich daran, das mit ihrem nächsten
Film zu beweisen. In DIE VERRÜCKTEN NACHBARN versuchen sie, ihren pointierten
Humor in eine Nachbarschaftsstreit-Komödie zu integrieren (Noch ein
mittlerweile klassisches Genre – ich erwähne noch einmal BAD NEIGHBORS!). Doch
das Script kommt nicht von ihnen, und erneut zündet ihr Humor nicht unter den
fremden Einflüssen und der stringenten Struktur des Films.
Also entscheidet Dan Aykroyd, ihnen wieder einen gemeinsamen
Film auf den Leib zu schreiben! Ihm schwebt eine Science-Fiction-Komödie vor,
in einer Zukunft, in der Geisterjäger wie Polizisten und Notärzte dringende
Notfälle bearbeiteten.
Doch mitten im Schreibprozess geschieht das Unfassbare: John
Belushi, der wie so viele Genies nicht ohne Drogen leben kann oder will, stirbt an einer Überdosis.
Die Comedy-Szene ist geschockt und erstarrt. John Belushi
galt als einer der bissigsten und talentiertesten unter ihnen, als Genie und
vielversprechendstes Mitglied des Second City Clubs.
Der plötzliche Tod seines engsten Freundes und Partners
wirft Dan Aykroyd in eine tiefe Krise (Es ist auffällig, dass er fortan mehr
und mehr Gewicht zulegt) und das Drehbuch für seine Komödie GHOST SMASHERS weit
zurück.
Der Retter in der Not
Schließlich erhält er Schützenhilfe von einem anderen
ehemaligen Mitglied des Second City Theaters.
Harold Ramis, der seit seiner Schulzeit Sketche und Witze
schreibt und nach dem Theater als freier Witzeautor unter anderem für das „National
Lampoon Magazine“ schreibt, hat das Drehbuch für ANIMAL HOUSE maßgeblich
mitverfasst.
Seither beweist er ein todsicheres Gespür dafür, den Humor
und die Stars der Second City Truppe auf die Leinwand zu bringen, auch wenn er
seiner Struktur aus der Collegekomödie treu bleibt: Immer wieder geht es um
anarchische Helden, die sich gegen Regeln und das Establishment auflehnen – und
immer ist es Second City Mitstreiter Bill Murray, dem er die Rollenzüge vorgibt
(Denn ein Bill Murray lässt sich keine Texte schreiben!).
Schon ihr erster Film MEATBALLS (Deutscher Verleihtitel: BABYSPECK UND FLEISCHKLÖßCHEN) wird 1979 ein Erfolg und überträgt die College-Anarcho-Komödie ins Sommercamp (Zack, nächstes Genre erschaffen: Die Sommercamp-Komödie!) Für CADDYSHACK, ihren Angriff auf die versnobte Golfplatz-Elite, holen sie sich mit Chevy Chase eine weitere SATURDAY NIGHT LIVE Ikone der ersten Stunde mit an Bord, und Harold Ramis führt erstmals sogar Regie.
Schon ihr erster Film MEATBALLS (Deutscher Verleihtitel: BABYSPECK UND FLEISCHKLÖßCHEN) wird 1979 ein Erfolg und überträgt die College-Anarcho-Komödie ins Sommercamp (Zack, nächstes Genre erschaffen: Die Sommercamp-Komödie!) Für CADDYSHACK, ihren Angriff auf die versnobte Golfplatz-Elite, holen sie sich mit Chevy Chase eine weitere SATURDAY NIGHT LIVE Ikone der ersten Stunde mit an Bord, und Harold Ramis führt erstmals sogar Regie.
Schließlich folgt 1981 der beliebte STRIPES (Mit dem erneut
deutschen Hilflosigkeitstitel ICH GLAUB‘ MICH KNUTSCHT EIN ELCH! – diesmal ohne
Komma, aber mit Ausrufezeichen!), der 1981 ebenfalls ein Erfolg wird und, schon
wieder, ein Genre begründet: Die Army-Klamotte, die einen frechen Tunichtgut in
die Grundausbildung steckt um die Ausbilder aufzumischen.
MEATBALLS und STRIPES werden dabei von dem einzigen
Regisseur inszeniert, der neben John Landis ein Gespür für den Second City
Humor aufweist: Ivan Reitman. Der Kanadier hat früher bereits einmal mit Landsmann
Dan Aykroyd beim kanadischen Fernsehen gearbeitet, war aber vor allem als
Produzent von ANIMAL HOUSE mit der Truppe in Berührung gekommen.
Nun hängt er sich, gemeinsam mit Autor Harold Ramis, an Aykroyds
geplanten Film über futuristische Geisterjäger dran. War der Film zunächst noch
als klassisches Second City Stück gedacht, mit Dan Aykroyd, John Belushi, John
Candy und SATURDAY NIGHT LIVE Star Eddie Murphy, erlebt das Projekt eine Fülle
von Änderungen und Rewrites, bevor schließlich auch Bill Murray an Bord kommt
und die Handlung als Entstehung der Geisterjäger in der Gegenwart erzählt.
Das aufgepimpte Ectomobil aus Ghostbusters II. © 1989 Columbia Pictures Industries, Inc. All Rights Reserved. |
GHOSTBUSTERS ist der erste Film, der all die frechen,
spritzigen College-Comedians, ihre Sprache und ihren Humor, in einen echten
Spielfilm überträgt. Das, was in 1941 – WO BITTE GEHT'S NACH HOLLYWOOD und DIE
VERRÜCKTEN NACHBARN noch nicht funktionieren wollte, gelingt endlich.
Die Filme des Improvisations-Theaters haben sich von Sketch-Paraden wie KENTUCKY FRIED MOVIE über inhaltlich lose verbundene Szenen-Sketche wie in ANIMAL HOUSE oder MEATBALLS über rudimentäre Handlungsstränge wie in BLUES BROTHERS und STRIPES entwickelt und präsentieren mit GHOSTBUSTERS das erste Werk, das den Anarcho-Humor der Truppe in eine durchgängige Handlung gießt.
Die Filme des Improvisations-Theaters haben sich von Sketch-Paraden wie KENTUCKY FRIED MOVIE über inhaltlich lose verbundene Szenen-Sketche wie in ANIMAL HOUSE oder MEATBALLS über rudimentäre Handlungsstränge wie in BLUES BROTHERS und STRIPES entwickelt und präsentieren mit GHOSTBUSTERS das erste Werk, das den Anarcho-Humor der Truppe in eine durchgängige Handlung gießt.
Dabei ist auch GHOSTBUSTERS ein Werk höchster Improvisation!
Zwar existiert ein Drehbuch, allerdings wird, wie es bei einem derartigen Impro-Cast
zu erwarten ist, nahezu der gesamte Film am Set kreiert. Bill Murray spricht,
wie üblich, keine einzige geschriebene Zeile, sondern improvisiert nahezu
durchgängig und macht in der Regel was er will. Harold Ramis, der den Egon
Spengler nur spielt, weil kein Schauspieler gefunden wurde, der die Rolle
passend ausfüllen kann, erfindet mit Co-Autor Dan Aykroyd und Regisseur Ivan
Reitman viele Szenen, Gags und Situationen spontan und am Set. Kurz: Der ganze
Film ist eine einzige, grob geplante Vorstellung einer perfekt eingespielten
Truppe aus dem Improvisationstheater, der erst am Schneidetisch zu einer
Handlung vervollständigt wird.
Die Erkenntnis, dass das funktioniert, und der überragende
Erfolg des Films lösen die endgültige Wandlung der
Kinokomödien aus (ironischerweise ist nur BEVERLY HILLS COP in diesem Jahr als
Komödie erfolgreicher; der Film, der Eddie Murphy den Durchbruch bringt,
nachdem er aus GHOSTBUSTERS ausgestiegen ist).
Die wilden Impro-Parodisten vom Campus sind erwachsen
geworden und haben einen Ton gefunden, der im Kino funktioniert! Vor großem
Publikum. Ein Film, der nicht mehr nur andere College-Studenten begeistert wie die
bisherigen Filme zwischen KENTUCKY FRIED MOVIE und BLUES BROTHERS, sondern einen
Familienfilm, der alle anspricht.
Eine College-Komödie mit Weltuntergang
Dabei ist auch GHOSTBUSTERS im Kern „nur“ eine
College-Komödie. Das Genre, das den Kampf zwischen „Nerds“ (Eierköpfen) und „Jocks“
(Sportskanonen) erfunden hat, ist seit ANIMAL HOUSE ohnehin unschlagbar
populär. GHOSTBUSTERS hebt das Ganze einfach auf eine neue Ebene: Hier geht es
um drei Vollnerds, die an Übersinnliches glauben, von der Uni fliegen, von
einem garstigen Stadtbürokraten gegängelt werden und am Ende nicht nur die Welt
retten, sondern auch mit Laserwaffen rumspielen dürfen und sogar das Mädchen kriegen!
Es ist kein Film über Helden. Es ist ein Film über Underdogs,
die zu Helden werden! Nicht umsonst ist der größte der Nerds, der von Ramis
gespielte Dr. Egon Spengler, die beliebteste und „coolste“ Figur des Films. Spengler
sammelt Sporen und Schimmelpilze, stellt komplexe Berechnungen im Kopf an und erklärt
sie mit süßen Snacks. Er ist blind für die Flirtversuche der heißen Sekretärin.
Er ist ein eine jener Figuren, die in jeder College-Komödie den halben Film mit
dem Kopf im Klo und der Unterhose in der Arschritze verbringen würde. Hier ist
er der coole Typ, der die Welt rettet.
Damit nimmt der Film alles vorweg, was 16 Jahre später die
Krimireihe CSI so populär machen soll: Nicht die harten Jungs mit dem Gewehr
und der Pistole sind die Helden und retten die Welt, sondern die klugen Wissenschaftler
im Hintergrund lösen den Fall und kriegen das Mädchen.
Das wirkt sympathisch und spricht fortan jede Generation von
klugen Jungs und Mädchen an. Der coole Nerd mit dem Laser-Pack, der Geister
jagt, wird in den Achtzigern plötzlich zum Traumberuf! (Das Mädchen ist übrigens zunächst als Model
angelegt. Es ist eine interessante Nebennote, dass Sigourney Weaver, die 1979 mit
ALIEN der erste weibliche Actionheld der Filmgeschichte wird, sich dagegen
ausspricht und ihre Rolle in etwas deutlich gediegeneres wie eine Cellistin umschreiben
lässt. Ihr passender Kommentar: Dadurch wirkt es realistischer, dass sie sich mit
den Jungs einlässt!)
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Die Erben der Ghostbuster
Was auf GHOSTBUSTERS folgt, ist ein Comedy-Boom! Egal, ob
die Stars des Second City Theaters und der SATURDAY NIGHT LIVE Truppe, wie
Chevy Chase, John Candy, Eddie Murphy, Bill Murray oder Dan Aykroyd,
mitspielen, egal ob die Filme des National Lampoon, wie DIE SCHRILLEN VIER AUF
ACHSE (Auf englisch NATIONAL LAMPOON’S VACATION), oder ob die Parodien der
Zucker, Abraham, Zucker Truppe, die mit TOP SECRET, DIE NACKTE KANONE, oder HOT
SHOTS die Massen begeistern: Eine neue Form der Comedy ist geboren. Auch Comedy
Stars wie Mel Brooks, Billy Crystal, Tom Hanks oder Whoopie Goldberg, die nicht dem
College-Club der Improtheater angehören, werden von der neuen Comedy-Welle
mitgetragen und zu Superstars.
Und bis heute ist die Welle nicht verebbt. Die
Gründungsväter der Bewegung, von John Belushi und Dan Aykroyd bis zu Harold
Ramis, John Landis, Ivan Reitman und Bill Murray, beeinflussen ganze Generationen
von Komikern. Noch heute sind es die Truppen um Adam Sandler, um Ben Stiller
oder um Judd Apatow, um Kristen Wiig oder Tina Fey, welche die Bewegung
fortführen.
Ihr Humor hat sich gewandelt, der frische, freche, rotzige
Humor der späten Siebziger und frühen Achtziger wirkt heute beinahe angestaubt,
also muss ein neuer, frischerer, rotzigerer Humor her. Diese Wandlung wird
weitergehen, doch den Grundstein legt ein kleines Studententheater in Chicago im
Jahr 1959. Und den Durchbruch verschafft eine kleine Geisterkomödie namens
GHOSTBUSTERS im exquisiten Hollywood-Jahr 1984.
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