Jetzt begreifen Sie
doch endlich. Dieser Terminator ist da draußen. Mit dem können Sie
nicht verhandeln. Und mit dem können Sie auch nicht vernünftig
reden. Er fühlt weder Mitleid, noch Reue, noch Furcht. Und er wird
vor Nichts halt machen, vor gar nichts, solange Sie nicht tot sind.
Gerade erst hat James Cameron seinen
ersten Spielfilm, PIRANHA II, abgedreht, als er in Italien krank
wird. Von Fieber geplagt, erwacht er nachts aus einem Alptraum. In
jener Zeit grübelt der junge, kanadische Special Effects Künstler,
der für Roger Corman gearbeitet hat, und mit PIRANHA II seine erste
grauenvolle Regie-Erfahrung machte, darüber nach, einen Horrorfilm
zu drehen. Ihm schwebt ein günstiges Slasher Movie im Stile von John
Carpenters HALLOWEEN vor.
In jener fieberdurchwirkten Nacht, so
erzählt es die Legende, träumt Cameron von einem Roboter-Torso, der
sich mit zwei Küchenmessern in den Händen aus einem Flammenmeer
zieht.
Es ist der Anfang des modernen
Action-Films.
Der Ein-Dollar-Film
Cameron hat schon in den frühen
Siebzigern als Modellbauer und Matté-Maler bei diversen Horror- und
Effektfilmen mitgearbeitet, und bei dieser Arbeit auch die junge
Produzentin Gale Anne Hurd kennengelernt. Sie ruft er am Tag nach
seinem Traum an, und pitcht ihr seine Idee eines Horror-Sci-Fi Films.
Hurd ist interessiert, so dass Cameron sich augenblicklich auf den
Weg nach L.A. macht, um ein erstes Treatment zu verfassen.
Er verkauft Hurd die Rechte an der
Story für einen Dollar und ein Versprechen: Sollte Hurd den Film
produzieren, dürfe Cameron Regie führen – Hurd schlägt ein.
Doch beiden steht ein langer Kampf
bevor, denn zunächst glaubt niemand an ihre Idee, nicht einmal
Camerons Agent. Er weigert sich, das Treatment irgendwo anzubieten,
hält die Idee von Zeitreisen und Killercyborgs für albernen
Schwachsinn – und wird von Cameron gefeuert.
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Auch sonst ist niemand wirklich an dem
Stoff interessiert, was nicht verwunderlich ist. Die Story ist,
gelinde gesagt, purer Trash! Noch immer hat es Science-Fiction
schwer. Sieben Jahre nach STAR WARS wird umso deutlicher, dass es nur
zwei Sorten von Sci-Fi gibt: Die Space Opera, die vor allem Kindern
gerecht werden soll, und die dystopische, clevere Metapher, die vor
allem der Gegenwartskritik dient. Letztere gilt allerdings trotz
einiger weniger Erfolge wie ALIEN oder BLADE RUNNER als kommerziell
wenig erstrebenswert. Camerons Idee will sich hingegen als
unterhaltsamer, ernsthafter Sci-Fi Film für Erwachsene verkaufen –
und dafür gibt es keinen Markt.
Schließlich wendet sich Hurd an zwei
ehemalige Freunde, die sie und Cameron noch aus ihrer gemeinsamen
Zeit in Roger Cormans Filmschmiede kennen. Beide arbeiten
mittlerweile bei Orion Pictures, einer auf kleinere und trashigere
Filme spezialisierten Produktionsfirma. Ihnen gefällt der Stoff, und
sie geben grünes Licht für den Vertrieb, solange sie das
finanzielle Risiko nicht alleine tragen müssen.
Doch mit einem Vertrieb im Rücken
findet Hurd schließlich auch einen Geldgeber in der britischen
Produktionsfirma Hemdale, die schon öfter Filme produziert hat, die
später von Orion vertrieben wurden.
So kommen knapp 4 Millionen Dollar
zusammen (die später auf 6,5 Millionen erhöht werden), mit denen
Cameron seine Vision realisieren kann. Zum Vergleich: die JÄGER DES
VERLORENEN SCHATZES verfügten zwei Jahre vorher noch über ein
Budget von über 18 Millionen Dollar!
Er hat die Leute zu Tode erschreckt
Als Cameron beginnt, sein Script zu
schreiben, muss er sich schon bald von seinen kühnsten Träumen
verabschieden. Obwohl viele Elemente seiner Haupthandlung schon früh
stehen, bleibt ein Aspekt unrealisierbar: Er will zwei „Terminators“
in der Zeit zurückschicken, die sich bekämpfen, einen aus Stahl,
und einen aus flüssigem Metall. Doch die Tricktechnik seiner Zeit
ist bereits mit dem Stahl-Cyborg nahezu überfordert, flüssiges
Metall in Menschenform ist 1984 vollkommen undenkbar.
Dafür hat Cameron schon bald seinen Terminator gefunden: Lance Henriksen, mit dem er bereits in PIRANHA II zusammenarbeitet, ist perfekt für den Part. Cameron hat den Terminator als „Infiltrierungs-Einheit“ erschaffen, als Person, die nirgendwo auffällt, sich überall einschmuggeln kann, ein Niemand. Henriksen bringt genau diese Form von „Alltäglichkeit“ mit, und beginnt sofort, sich in die Rolle zu vertiefen. Er konzipiert den Terminator als eine Art riesiges Insekt, als Gottesanbeterin. Er beginnt, sich die Zähne mit Gold- oder Silberfolie zu überziehen, und schleicht nachts im Mantel durch die Stadt, klettert Feuertreppen und Fassaden hinauf, um sich in die Rolle einzufühlen. Oder wie Mit-Autor Bill Wisher es ausdrückt: „Er hat seine Nachbarn ziemlich in Furcht versetzt.“
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Die Büroangestellten sind zu Tode
erschrocken, und nur noch Sekunden davon entfernt, die Polizei zu
rufen, als auch Cameron endlich eintrifft und die Situation
entschärft. Immerhin: Der Einsatz und die Begeisterung von Regisseur
und Hauptdarsteller überzeugen Hemdale, das Projekt zu unterstützen.
Leg ich mich halt mit ihm an
Deutlich problematischer wird die Suche
nach dem Helden der Geschichte. Orion Pictures wünscht sich O.J.
Simpson in der Rolle des Kyle Reese, Hurd liebäugelt mit Sting(!), Hemdale hingegen hat eine andere
Idee: Der junge, aufstrebende neue Held am Kinohimmel, Arnold
Schwarzenegger, könne mit der Figur des Kyle Reese sein
Rollenspektrum ein wenig erweitern, so die Überlegung.
Doch auch Schwarzenegger, der das
Script gelesen hat, ist nicht überzeugt. Er findet die Figur des
Terminators deutlich ansprechender und herausfordernder, will aber
keinen Bösewicht spielen. Doch genau davon ist Cameron im Gespräch
mit Schwarzenegger (deren einziger Streit am Ende darin besteht, dass
beide jeweils die Rechnung für den anderen übernehmen wollen)
schon nach kurzer Zeit überzeugt. Noch beim Essen beginnt er, auf einem Blatt Papier
Arnolds Gesicht als Terminator aufzuzeichnen, und mit einem Mal fällt
alles an seinen Platz.
Direkt in die Magengrube
Cameron ist jetzt überzeugt davon,
dass der Film nur mit Schwarzenegger als Terminator funktionieren
kann, selbst wenn das bedeutet, dass er von seinen ursprünglichen
Plänen abweichen muss. Der Terminator ist, wie gesagt, als
„unsichtbare“ Kampfmaschine konzipiert, als Imitation eines
Menschen, die man nicht erkennen oder sehen würde, wenn sie direkt
vor einem stünde. Schwarzenegger hingegen ist vieles, aber nicht
unsichtbar, wenn er direkt vor einem steht.
Also konzipiert Cameron den Film ein
wenig um, und gestaltet aus dem zuvor schlauen und immer wieder in
der Menge verschwindenden Terminator die emotionslose, unaufhaltsame
Kampfmaschine, die Schwarzenegger perfekt verkörpert.
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Schwarzenegger hat weiterhin Bedenken.
Immerhin ist seine Karriere noch jung, er dreht parallel die
Fortsetzung CONAN, DER ZERSTÖRER, will sich als Held aufbauen
lassen. Und nun soll er plötzlich den Schurken spielen? Er zögert
lange, lässt sich aber schließlich von der Ansicht überzeugen,
dass DER TERMINATOR schließlich nur ein kleiner Low Budget Film ist,
den nicht viele Leute sehen werden, und der daher keinerlei Einfluss
auf seine Karriere haben wird. Also sagt er zu.
Schwarzenegger wird als erster
Darsteller fest gecastet. Damit hat der Film seinen „Star“, und
Cameron und Hurd können für den Rest des Film darauf achten,
passende Schauspieler zu finden, statt klingender Namen. Für den
Helden Kyle Reese entscheidet man sich schnell für eine sehr
untypische Besetzung: Michael Biehn spielt für gewöhnlich eher
Schönlinge und Liebespartner, tritt vornehmlich in Schmonzetten auf,
bringt jedoch die gewünschte Verletzlichkeit und Körperlichkeit in
die Figur des Kyle Reese mit ein, während Linda Hamilton vor allem
dadurch überzeugt, dass sie eben nicht nur eine brauchbare
Scream-Queen ist, sondern als Mädchen von nebenan überzeugt, die im
Laufe der Handlung über sich hinauswächst.
Und auch für den etwas unglücklichen Lance Henriksen findet
Cameron noch eine Rolle: Die des smarten Polizisten Hal Vukovich.
Das weiße Alien
Das behutsame, aus allen Genreregeln
ausbrechende Casting des Films ist dabei nur ein Grund für dessen
überragenden Erfolg. Der andere ist Camerons Gespür für
Actionfilme, mit dem er das Genre revolutioniert.
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Damit verfolgt
der Film dieselbe Ausweglosigkeit wie ALIEN:
Er legt die gesamte Handlung zu Gunsten des Bösewichts aus. So wie
der Xenomorph in ALIEN derart gestaltet war, dass ihm niemand etwas
anhaben konnte (etwa durch das Säureblut), ist auch der Terminator
absolut unfehlbar. Keine Szene macht das deutlicher als die, in
welcher er im Alleingang ein ganzes Polizeirevier niederwalzt – In
diesem Film ist keine Hilfe, keine plötzliche Lösung für Sarah
Connor zu erwarten!
Der gesamte Film ist auf ein Scheitern
der Helden ausgelegt, und nur mit übermenschlicher Kraft und unter
großen Opfern gelingt es Connor und Reese, zu triumphieren – also
derselbe ungleiche Machtkampf wie schon in DER WEISSE HAI und ALIEN.
Die gebrüllte Handlung
Der zweite Aspekt, der seinerzeit
revolutionär ist: Cameron wirft das gesamte vertraute Konzept
gängiger Actionfilme um, in welchen zunächst der Held eingeführt
wird, anschließend der Schurke, und in einem dritten Schritt der
Konflikt.
Stattdessen überlässt er die
Zuschauer von Anfang an der stark eingeschränkten Perspektive der
völlig ahnungslosen Sarah Connor. Mir ihr zusammen taucht der
Zuschauer in das gesamte Drama rund um Zeitreisen und den großen
globalen Maschinenkrieg der Zukunft ein.
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Michael Biehn plaudert in einem
Interview dazu aus: „Ich werde dauernd gefragt, wie es denn so
gewesen wäre, mit Schwarzenegger zu drehen. Ich sage dann immer:
Keine Ahnung! Wir haben nie zusammen gearbeitet. Es gab diese eine
Szene, in der er am anderen Ende des Sets rumgefuchtelt hat, aber
sonst sind wir uns nie über den Weg gelaufen. Meine Figur ist vor
seiner geflüchtet – wenn wir jemals zusammen im Bild gewesen
wären, wäre der Film zu Ende gewesen. Und als es soweit kommt, wird
er von diesem riesigen Stahlskelett gespielt.“
Genau diese Dynamik strahlt der Film
durchgehend aus: Er gibt eine nahezu durchgehende, 100 Minuten lange
Verfolgungsjagd wieder, immer voran, immer nach vorne, immer
schneller, wilder, immer abenteuerlicher. Camerons Kunstgriff, mit
der er seine doch recht komplexe Hintergrundgeschichte einwebt, und für
den ihm auch Michael Biehn dankbar ist: Er verknüpft die
langwierige, trockene Exposition mit atemberaubenden
Verfolgungsszenen. Ein ungeschickterer Autor und Regisseur hätte
Reeses endlose Monologe über die Zukunft, John Connor, die
Terminators und den ganzen Sci-Fi Kram in ruhigen Momenten erzählen
lassen, während die Figuren ihre Wunden lecken. Cameron hingegen
setzt seine Darsteller in einen Wagen, den er auf einem Anhänger
voller Kameras in hoher Geschwindigkeit durch das nächtliche L.A.
ziehen lässt, und lässt seine Schauspieler diese trockenen
Handlungselemente ebenso atemlos und berauschend herausschreien, wie
die Explosionen und Schüsse um sie herum. Ein Meisterwerk an
Vermeidung von Langeweile, für einen Film, der zwar wenig Text, aber immer noch gut 15 Minuten
erklärenden Monolog bereithält.
Von Dino und schwarzer Technik
Dass überhaupt in L.A. gedreht wird,
ist dabei allein die Schuld des großen Dino de Laurentiis. Der hat
Schwarzenegger für die Fortsetzung CONAN, DER ZERSTÖRER unter
Vertrag und ist unter keinen Umständen gewillt, ihn auch nur einen
Tag frei zu stellen. Dabei sind die Dreharbeiten für TERMINATOR im
Sommer 1983 in Kanada längst beschlossene Sache. Nach einer
Krisensitzung entscheiden sich Cameron und Co., den Dreh solange
auszusetzen, bis Schwarzenegger wieder frei ist. Sie wollen nicht auf
ihn verzichten. Und so findet der Dreh erst im März 1984 statt, und
diesmal mitten in L.A. Auch für Schwarzenegger wird das nicht
unproblematisch. Seine Arbeit an CONAN, DER ZERSTÖRER wird von der
Presse aufmerksam verfolgt, und man befragt ihn zu seinem
Folgeprojekt, da man sich Sorgen macht, er könne nun als
potentieller Bösewicht in einem trashigen Sci-Fi Exploitation Werk
mitspielen und so seiner Karriere schaden. Schwarzenegger wiegelt das
alles ein wenig ab: „Das ist nur so eine kleine Sache, bei der ich
etwas aushelfe, das wird keine Woche dauern.“
Die neunmonatige Verzögerung hat
immerhin den Vorteil, dass die Produktion sich auf nahezu alle
möglichen Widrigkeiten vorbereiten kann – nur, um am Ende doch
wieder alles umschmeißen zu müssen.
Eine Woche vor Drehbeginn verletzt sich
Linda Hamilton den Knöchel und kann kaum gehen – in einem Film,
den sie zur Hälfte damit zubringt, wegzurennen. Spontan wird der
gesamte Drehplan umgeschmissen, und sämtliche Szenen, in denen
Hamilton rennen muss, ganz ans Ende gelegt. Dennoch gelingen ihr
diese Szenen nur mit immer wieder fest getapetem Knöchel und
Schmerzmitteln, und wer aufmerksam hinschaut, wird ein deutliches
Humpeln bei ihr feststellen.
Trotzdem haben alle bei den
Dreharbeiten durchaus Spaß. Schwarzenegger erlebt eine Episode, in
der er in einem kleinen Diner zu Mittag isst – und vergessen hat,
dass er noch in vollem Make up ist. Unter seiner Haut tritt deutlich
das Metallskelett zu Tage, was die Gäste um ihn herum schwer
verstört.
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Der eigens für den Film gebaute
Musikclub „Tech-Noir“ hingegen führt vor allem die Produktion in
Versuchung. Der Laden, dessen Name gezielt für den Film gewählt
wurde, um die Komponente der düster, schwarz (noir) und gefährlich
gewordenen Technik (Tech) auszudrücken, wirkt auch nach dem Ende der
dortigen Dreharbeiten äußerst einladend auf die Jugend von L.A. Am
nächsten Tag will eine ganze Horde von ihnen dort feiern, und für
eine Sekunde erwägt Hurd, die immer noch verzweifelt auf der Suche
nach weiteren Geldern ist, den Laden einfach zu öffnen und ein wenig
Eintrittsgeld zu kassieren.
Der Puls der Maschine
Neben den Effekten, für die Stan
Winston und sein Team eine aufwendige Mischung aus Go Motion
Sequenzen und einer animatronischen Puppe am Set erarbeiten, hilft
vor allem die Musik dabei, den Film zu dem Meisterwerk zu machen, das
er ist.
Komponist Brad Fiedel erinnert sich an
den Moment, als Cameron ihm das Projekt anbietet: „Damals kamen
andauernd irgendwelche Regisseure an, die mir von ihren Filmen
erzählten. Sie erzählten von den großen Emotionen und tiefen
Schichten ihrer Geschichten, von all der Magie und dem Zauber, den
sie auf Film gebannt hatten. Dann starteten sie den Projektor und ich
fragte mich jedes Mal: Wo ist der Film, von dem sie gerade erzählt
haben? Als Cameron seinen Film laufen ließ, saß ich nach zehn
Minuten da und dachte nur: Es ist alles da! Alles, wovon er erzählt
hat. Ich glaube in einer Szene habe ich ein ‚O mein Gott!‘
gerufen.“
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Fiedel hat, so Cameron und Hurd, den
Kern ihres Films augenblicklich begriffen, und ihn tatsächlich mit
einem (seinerzeit) modernen, stählern pochenden und gleichzeitig
tieftraurigen Soundtrack geschmückt.
Die Maschine erobert die Welt
Dieselbe Begeisterung, die Fiedel
erfasst hat, macht auch vor allen anderen Zuschauern nicht halt. Als
die Dreharbeiten beendet sind (später müssen einige Szenen, wie der
zugezogene Leichensack, Sarahs Endfahrt in die Wüste und selbst die
ikonische Szene, in welcher der Terminator-Schädel zerquetscht wird,
noch einmal im Guerilla-Filming-Style nachgedreht werden. Die fehlenden Genehmigungen bringen Cameron beinahe in ernste Schwierigkeiten), glauben
Cameron und Hurd, einen ganz passablen Film gedreht zu haben.
Die Geldgeber von Orion und Hemdale
haben allerdings wenig Interesse daran, einen Blick drauf zu werfen.
Sie halten das Werk weiterhin für ein kleines Exploitation-Filmchen,
das für junge Männer gedacht ist. Sie entwerfen eine lächerlich
kleine Werbekampagne, die nahezu ausschließlich auf dieses
Zielpublikum ausgerichtet ist, und wollen nach einem kurzen
Eröffnungswochenende möglichst bald auf den Videomarkt.
Cameron und Hurd gelingt es jedoch, die
Agenten von Biehn und Schwarzenegger dazu zu überreden, sich den
Film anzuschauen. Das Ergebnis sind ein Jubelsturm und glühende
Telefonleitungen. Beide Agenturen drängen Orion dazu, den Film
unbedingt und unter allen Umständen der Presse vorzuführen – sie
halten ihn für das Beste, was ihre Klienten bisher abgedreht haben.
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Die überschwängliche Presse – und das ebenso begeisterte Publikum –
hilft: THE TERMINATOR startet am 26. Oktober 1984 in den
amerikanischen Kinos – und überrascht die gesamte Branche. Mit 4
Millionen eingespielten Dollar wird er zum erfolgreichsten Film des
Wochenendes, ein Ergebnis, das er am Folgewochenende mit 4,2
Millionen noch übertrumpfen kann – für einen blutigen, R-Rated
Actioner ein erstaunliches Ergebnis. Innerhalb einer Woche hat er
mehr als das Doppelte seines Budgets eingespielt, und ist noch lange
nicht fertig. Am Ende spielt er weltweit beinahe 80 Millionen Dollar
ein, und ist damit der achterfolgreichste Film des Jahres 1984. (Das,
wie
wir an dieser Stelle ausgeführt haben, als eines der besten und
kreativsten Filmjahre Hollywoods betrachtet werden kann!)
Und was keiner, nicht einmal die Macher
vorhergesehen haben: Der Film spricht das gesamte Publikum an! Nicht
nur junge Männer rennen in den Film, sondern mindestens ebenso viele
Frauen wollen den TERMINATOR sehen, der von allen Seiten für seine
überraschend wirksame Liebesgeschichte gepriesen wird.
Darüber hinaus spricht der Film
irgendetwas im gesamten Publikum an – eine Furcht vor dem
Nuklearkrieg, aber auch eine Furcht vor der immer schneller
fortschreitenden Technik, von der man fürchtet überrollt zu werden;
von der man fürchtet, man könne die Kontrolle über sie verlieren.
Vor allem aber weiß Cameron, der
manische Perfektionist, die Technik zu kontrollieren. Cameron weiß,
dass Technik, Tricks und Spezialeffekte dazu da sind, ihm zu dienen.
Und er nutzt sie als Unterstützung seiner Geschichte, nicht
andersherum. Im Kern ist die Geschichte von THE TERMINATOR eine
zutiefst simple, die Cameron atemlos schnell, elegant, kreativ und
mit genau dem richtigen Maß an Effekten erzählt, um seinen
Antagonisten ausreichend gefährlich wirken zu lassen.
Mit seiner Prämisse, dass im Grunde
jeder Mensch auf der Welt in jedem Augenblick seines Lebens plötzlich
wichtig werden könnte, dass er die Zukunft, das Wohlergehen, ja
vielleicht sogar das Überleben der Menschheit in seinen Händen
halten kann, bringt der Film etwas im Publikum zum Schwingen.
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Einer der Wenigen, die nicht allzu
begeistert sind (obwohl er den Film „okay“ findet), ist der
umtriebige und äußerst streitlustige Science Fiction Autor Harlan
Ellison. Der hat in den Sechzigern zwei Episoden der Fernsehserie THE
TWILIGHT ZONE verfasst, die sich beide mit Zeitreisen beschäftigen.
Die erste, „Soldier“, erzählt von zwei verfeindeten Soldaten,
die sich in der Gegenwart des Jahres 1964 bis aufs Blut bekämpfen,
in der zweiten „Demon with a Glass Hand“ wird ein Mann 1000 Jahre
in der Zeit zurückgeschickt, um in der Zukunft die Menschheit zu
retten. Ellison verklagt Cameron unter dem Vorwurf des Plagiats. Als
Orion sich für seine kleine Terminator-Produktion einem riesigen
Rechtsstreit ausgesetzt sieht, wollen sie einen außergerichtlichen
Vergleich mit Ellison. Cameron ist außer sich und will das
verhindern, bis Orion ihm die Pistole auf die Brust setzt: Sollte es
zur Verhandlung kommen, und Ellison Recht bekommen, müsse Cameron
die Entschädigungssumme aus eigener Tasche zahlen.
Zähneknirschend gibt Cameron nach, und
Ellison erhält neben einer nicht genannten Summe eine Anerkennung
als Autor in allen späteren Kopien des Films. (Er wird als zweiter
im Abspann genannt.)
Jahre später äußert sich Cameron
trotz einer Klausel, die ihm den Mund verbietet, über den
klagefreudigen Autor (der auch heute noch gerne Produktionsfirmen und
Autoren Plagiate seiner alten Ideen vorwirft): „Ja, wir haben ihm
damals etwas gezahlt. Harlan Ellison ist ein Schmarotzer, der mich am
Arsch lecken kann.“
Der Terminator der Zukunft
THE TERMINATOR erschafft auf einen
Schlag zwei Stars. Schwarzenegger profitiert von seiner Rolle als
wortkarger Bösewicht (von dem es heißt, er sei der größte
Spezialeffekt im Film: Wer Arnold hat, wird gewitzelt, brauche nichts anderes
mehr, um glaubhaft zu zeigen, dass er eine unaufhaltsame
Kampfmaschine sei) mehr als von all seinen bisherigen
Versuchen als Held, und wird auf einen Schlag zum Megastar der
Achtziger.
Und auch James Cameron hat bewiesen,
welche unbändig kreative Kraft in ihm steckt. Wer ihn persönlich
kennt, mag damals schon ahnen, welch große Karriere ihm bevorsteht,
doch 1984 ist das noch schwer abzusehen. Noch bevor THE TERMINATOR
zum Welterfolg wird, steckt Cameron bereits in den Vorbereitungen für
seinen nächsten Film, mit dem er das Kino für immer revolutionieren
sollte – am Set von ALIENS nimmt den jungen Low Budget
Tricktechniker aus der Roger Corman Schmiede niemand wirklich ernst.
Doch das wird sich bald ändern. Denn
nach ALIENS und der vom Studio bis zur Unkenntlichkeit zerschnittenen
Kinofassung von THE ABYSS erfüllt sich Cameron mit seinem vierten
Film endlich seinen Alptraum. In TERMINATOR 2 dreht er 1991 ein quasi
Remake des ersten Teils. Die Tricktechnik ist endlich soweit, dass er
sich seinen Terminator aus flüssigem Metall erfüllen kann, und auch
das Budget ist endlich ein anständiges: TERMINATOR 2 wird der erste
Film, dessen Budget die Schallmauer von 100 Millionen Dollar
durchbricht.
Oder wie Cameron es im Gespräch mit
Schwarzenegger ausdrückt: „Wir haben den ersten Teil damals für
dieselbe Summe gedreht, die dein Wohnwagen im zweiten gekostet hat,
oder?“
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Und der TERMINATOR? Er wird zu einer
der bekanntesten und populärsten Filmfiguren unserer Zeit, kaum ein
Cineast oder Actionfan, der zumindest die ersten beiden Filme nicht
kennt, der nicht Brad Fiedels eingängige Titelmelodie mitsummen
kann. Schwarzeneggers Onliner „I’ll be back“ wird zu seinem
Markenzeichen, und Filmfans auf aller Welt können Kultzeilen wie
„Komm mit mir, wenn du leben willst“, „Get out!“ oder
Typenbezeichnungen wie T-800 und Cyberdine Systems Model 101
mitsprechen.
Zwei glorreichen Filmen (nach denen
sich Mastermind James Cameron aus dem Franchise zurückzieht) folgt
ein schwer umstrittener dritter Teil, eine passable Fernsehserie, ein
allgemein als miserabel angesehener vierter Teil, etliche Videospiele
(die meisten von Bethesda, von denen das
erste, 1990 erschienen, das wohl
kreativste ist) und bald, im Juli 2015, eine heißerwartete vierte
Fortsetzung, die sich wieder ganz dem Original widmen soll – und
die Geschichte kreativ umschreiben.
THE TERMINATOR ist ein weiterer
cineastischer Höhepunkt, für den sich, wie schon bei ALIEN,
unmessbares Talent mit viel Glück, grandioser Team-Kreativität und
dem Mut der Verzweiflung sowie der Freiheit, an keine Erwartungen
oder Vorgaben gefesselt zu sein, zusammenballten. Das Ergebnis ist
einer der besten Sci-Fi Filme der Welt, ein Klassiker, der, wie sein
Titelheld, unaufhaltsam, unzerstörbar, und schier gnadenlos ist.
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