I am a poor wayfaring stranger
While traveling thru this world of woe
Yet there's no sickness, toil or danger
in that bright world to which I go.
Ich bin ein armer Wandersmann in der Fremde
Der durch diese Welt voller Leid reist,
Doch es gibt weder Krankheit, Leid noch Gefahr
In dem Licht, das mein Ziel ist.
© Pandora |
- Spoilerwarnung -
Dieser Beitrag enthält Details zur Handlung
THE BROKEN CIRCLE BREAKDOWN ist der wohl traurigste Liebesfilm der letzten Jahre.
Elise und Didier lernen sich kennen und lieben. Elise führt ein Tattoostudio, Didier ist ein erfolgreicher Bluegrass-Sänger. Elise schließt sich der Band als Frontsängerin an. Sie bekommen eine kleine Tochter, Maybelle, und das Glück scheint perfekt zu sein. Doch als Maybelle an Leukämie erkrankt, steht allen Beteiligten eine leidvolle Erfahrung bevor. Der Versuch, mit der unaussprechlichen Tragödie umzugehen, wird zur Zerreißprobe für Liebe, Seele und den Glauben.
THE BROKEN CIRCLE basiert auf dem Theaterstück THE BROKEN CIRCLE BREAKDOWN FEATURING THE COVER-UPS OF ALABAMA von Johan Heldenbergh, der den Didier sowohl auf der Bühne als auch im Film spielt.
Liebe – mehr braucht es nicht, oder?
Wenn ich mich im Nachhinein frage, worum es in diesem Drama geht, dann bleibt nur ein Wort: Liebe.
Es geht um wachsende Liebe, um Liebe zu einem Menschen, zu einem Kind, zur Musik. Es geht auch um den Umgang mit Liebe. Fragiler Liebe, sterbender Liebe, Liebe zu sich selbst und zu seinem Leben.
Diametral steht dem der Verlust gegenüber.
Bereits zu Beginn des Films zeigt sich, wie Elise mit dem Verlust von Liebe umgeht: All die tätowierten Liebesbekundungen auf ihrer Haut wurden überstochen. Neue Bilder gleichbedeutend mit Vergessen? Sie kennt noch jeden Namen ihrer einstigen Liebhaber und die Stellen, an denen sie einst zu lesen waren. Scheinbar sind sie nicht im Vergessen verlorengegangen, sie behalten ihren Platz, sind nur nicht mehr zu sehen. Aber kann das reichen?
Dieses Verhalten wird sich nach dem Tod von Maybelle wiederholen, doch diesmal ist der Verlust so schmerzvoll, dass die Strategie nicht mehr greifen kann.
Didier dagegen ist ein Mann, der, bis er Elise kennenlernte, für sich lebte, ohne Verantwortung für andere, ohne Glauben an ein Leben nach dem Tod, eher pragmatisch mit dem Thema umgehend. Angst vor Verantwortung, Angst vor Bindung.
Auch er verändert sich durch das Erleben der Krankheit seiner Tochter und dem Zwang, sich damit auseinanderzusetzen.
Für ihn bedeutet der Tod eines Lebewesens das Verschwinden aus der physischen Welt. Erst als seine kleine Tochter, bereits von der Krankheit gezeichnet, einen toten Vogel findet, muss er sich mit der Frage auseinandersetzen, wohin der Vogel nach dem Tod geht, denn Maybelle drängt ihn dazu, es ihr zu erklären. Er will den Vogel auf den Müll werfen „aber nicht auf den Kompost, wegen der Knochen“, ist sein erster Gedanke, als Maybelle ihm den Vogel hinhält. „Er wird zu einem Sternchen“, sagt Maybelle und erweckt in Didier erstmals den Gedanken an ein Weiterleben jenseits der physischen, wissenschaftlich erklärbaren Welt. Er beginnt zu verstehen, dass manche Menschen daran glauben und es brauchen, um den Tod zu akzeptieren und anzunehmen.
Kurz bevor seine Tochter stirbt ringt er der wissenschaftlichen Erklärung für einen Stern noch etwas Metaphysisches ab: Ein Stern, der eigentlich schon verglüht ist, wenn wir ihn auf der Erde wahrnehmen, lebt weiter, strahlt an uns vorbei zu anderen, die ihn sehen, immerfort, immerdar.
Nach Maybelles Tod beginnt ein neuer Abschnitt in der Liebe zwischen Didier und Elise.
Didier versucht, den Schicksalsschlag zu verarbeiten, weiterzuleben, mit seiner Frau, mit seiner Musik.
Elise kann das nicht. Sie will - muss - verstehen, sie braucht Gründe, um es zu verarbeiten.
In einem der schmerzvollsten Momente des Films, in dem man den Protagonisten Ruhe und Frieden wünscht, ereifern sie sich im Streit, wer Schuld an dem Tod trägt, warum ihre Tochter sterben musste. Die Vorwürfe verletzen beide zutiefst und offenbaren, dass ihre Liebe zu zerbrechen droht.
In einem letzten Versuch einigen sie sich darauf, Elises bisher so erfolgreiche Strategie anzuwenden: Sie lösen das Kinderzimmer auf, übermalen die Kinderbilder an den Wänden und bauen den Schrein ab, den Elise zur Erinnerung an ihre Tochter aufgebaut hat. Für Didier reicht es. Elise aber kann diesmal nicht vergessen. Sie geht.
Sie baut den Schrein in ihrer neuen Unterkunft wieder auf. Und mit ihm all den Schmerz, all die Trauer.
Didier sucht weiterhin Gründe, Schuldige und findet sie im amerikanisch-christlichen Fundamentalismus, der die Stammzellenforschung blockiert und damit eine mögliche Heilungschance für Maybelle um Jahre verzögert. In einem Moment, in dem Didier begreift, dass seine Liebe, sein Leben zerstört ist, ergießt er sich in einer Tirade gegen das Publikum und zieht es in seinen Zorn hinein. Schuld am Elend sei der Glaube, der verlogen und falsch ist, da "Jahwe" selbst verlogen und falsch sei. Was bleibt, ist Fassungslosigkeit. Hilflosigkeit. Auf allen Seiten.
THE BROKEN CIRCLE BREAKDOWN. Selten war ein Titel passender für einen Film.
Der Kreis des Lebens, der Liebe, ist zerbrochen. Aber das, was bleibt, nämlich die beiden sich Liebenden, zerbricht ebenso an der Tragödie. Ein doppelter Bruch. Schmerzvoll. Konsequent.
Zu Beginn der Dreharbeiten spielt Johan Heldenbergh den Didier bereits seit fünf Jahren, steht abends auf der Bühne und vormittags vor der Filmkamera. In einem Interview wird er gefragt, wie er all den dargestellten Schmerz aushält.
Gar nicht.
An einem arbeitsfreien Sonntag sitzt er weinend am Frühstückstisch und weiß selbst nicht mehr, wohin mit all dem Leid. Jetzt, nach dem Film, nach fünf Jahren, ist das Kapitel Didier für ihn endgültig abgeschlossen. Verständlich.
Die Musik ist wunderbar in den Film eingebunden. Ist sie zu Beginn fröhlich und gut gelaunt, wandelt sie sich nach dem Verlust in Töne von Hoffnung und Glauben. Die Texte kommentieren die Handlung und offenbaren die emotionale Verfassung der Figuren. "If I needed you" ist das letzte gemeinsame Lied der Liebenden und erzählt vom Zueinanderstehen in der Not, zeigt aber auf der Bühne die Distanz, die unüberbrückbar scheint.
Ich habe lange darüber nachgedacht, ob der Film in chronologischer Erzählfolge besser gewesen wäre.
Nein.
Ich glaube inzwischen, dass die Umsetzung der Erzählstruktur die richtige ist. Der Film springt in den Zeiten hin und her, in die Gegenwart, sieben Jahre zurück, dann wieder zwei Jahre vor und so fort. Das verlangt dem Zuschauer einiges ab und bedarf immer einer kurzen Zeit der Orientierung, macht diese Liebesgeschichte aber umso transparenter. Die Rückblenden sind gut gewählt, zeigen das Paar in Momenten des Verlustes, in Momenten der aufkeimenden Liebe, des Aufbruchs, der Hoffnung, des Kampfes um das Leben und die Liebe, stets unterbrochen vom Fortgang in der Gegenwart.
Viele kleine Nuancen und Details werden aufgegriffen und weiter erzählt. Etwa ein Vogel, der sich am Fenster der verstorbenen Maybelle Futter zu suchen scheint und für Elise ein Zeichen der Wiedergeburt ihrer Tochter ist.
Dieser Film berührt mich so tief, dass er immer noch schmerzt. Er enthält so viele schöne Details, dass ich noch seitenlang darüber schreiben und nachdenken könnte. Aber das behalte ich in mir. Danke der Welt des Films für dieses wunderbare Werk.
Tod - warum?
Nach Maybelles Tod beginnt ein neuer Abschnitt in der Liebe zwischen Didier und Elise.
Didier versucht, den Schicksalsschlag zu verarbeiten, weiterzuleben, mit seiner Frau, mit seiner Musik.
Elise kann das nicht. Sie will - muss - verstehen, sie braucht Gründe, um es zu verarbeiten.
In einem der schmerzvollsten Momente des Films, in dem man den Protagonisten Ruhe und Frieden wünscht, ereifern sie sich im Streit, wer Schuld an dem Tod trägt, warum ihre Tochter sterben musste. Die Vorwürfe verletzen beide zutiefst und offenbaren, dass ihre Liebe zu zerbrechen droht.
In einem letzten Versuch einigen sie sich darauf, Elises bisher so erfolgreiche Strategie anzuwenden: Sie lösen das Kinderzimmer auf, übermalen die Kinderbilder an den Wänden und bauen den Schrein ab, den Elise zur Erinnerung an ihre Tochter aufgebaut hat. Für Didier reicht es. Elise aber kann diesmal nicht vergessen. Sie geht.
Sie baut den Schrein in ihrer neuen Unterkunft wieder auf. Und mit ihm all den Schmerz, all die Trauer.
Didier sucht weiterhin Gründe, Schuldige und findet sie im amerikanisch-christlichen Fundamentalismus, der die Stammzellenforschung blockiert und damit eine mögliche Heilungschance für Maybelle um Jahre verzögert. In einem Moment, in dem Didier begreift, dass seine Liebe, sein Leben zerstört ist, ergießt er sich in einer Tirade gegen das Publikum und zieht es in seinen Zorn hinein. Schuld am Elend sei der Glaube, der verlogen und falsch ist, da "Jahwe" selbst verlogen und falsch sei. Was bleibt, ist Fassungslosigkeit. Hilflosigkeit. Auf allen Seiten.
Der zerbrochene Kreis bricht zusammen
THE BROKEN CIRCLE BREAKDOWN. Selten war ein Titel passender für einen Film.
Der Kreis des Lebens, der Liebe, ist zerbrochen. Aber das, was bleibt, nämlich die beiden sich Liebenden, zerbricht ebenso an der Tragödie. Ein doppelter Bruch. Schmerzvoll. Konsequent.
Zu Beginn der Dreharbeiten spielt Johan Heldenbergh den Didier bereits seit fünf Jahren, steht abends auf der Bühne und vormittags vor der Filmkamera. In einem Interview wird er gefragt, wie er all den dargestellten Schmerz aushält.
Gar nicht.
An einem arbeitsfreien Sonntag sitzt er weinend am Frühstückstisch und weiß selbst nicht mehr, wohin mit all dem Leid. Jetzt, nach dem Film, nach fünf Jahren, ist das Kapitel Didier für ihn endgültig abgeschlossen. Verständlich.
Die Musik ist wunderbar in den Film eingebunden. Ist sie zu Beginn fröhlich und gut gelaunt, wandelt sie sich nach dem Verlust in Töne von Hoffnung und Glauben. Die Texte kommentieren die Handlung und offenbaren die emotionale Verfassung der Figuren. "If I needed you" ist das letzte gemeinsame Lied der Liebenden und erzählt vom Zueinanderstehen in der Not, zeigt aber auf der Bühne die Distanz, die unüberbrückbar scheint.
© Pandora |
Ich habe lange darüber nachgedacht, ob der Film in chronologischer Erzählfolge besser gewesen wäre.
Nein.
Ich glaube inzwischen, dass die Umsetzung der Erzählstruktur die richtige ist. Der Film springt in den Zeiten hin und her, in die Gegenwart, sieben Jahre zurück, dann wieder zwei Jahre vor und so fort. Das verlangt dem Zuschauer einiges ab und bedarf immer einer kurzen Zeit der Orientierung, macht diese Liebesgeschichte aber umso transparenter. Die Rückblenden sind gut gewählt, zeigen das Paar in Momenten des Verlustes, in Momenten der aufkeimenden Liebe, des Aufbruchs, der Hoffnung, des Kampfes um das Leben und die Liebe, stets unterbrochen vom Fortgang in der Gegenwart.
Viele kleine Nuancen und Details werden aufgegriffen und weiter erzählt. Etwa ein Vogel, der sich am Fenster der verstorbenen Maybelle Futter zu suchen scheint und für Elise ein Zeichen der Wiedergeburt ihrer Tochter ist.
Dieser Film berührt mich so tief, dass er immer noch schmerzt. Er enthält so viele schöne Details, dass ich noch seitenlang darüber schreiben und nachdenken könnte. Aber das behalte ich in mir. Danke der Welt des Films für dieses wunderbare Werk.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ihr seid unserer Meinung? Ihr seht was anders? Wir freuen uns über eure Ansichten, über Lob und Kritik! Aber bitte seid nett zu uns. Und zueinander!