22.12.16

Kinokritik: Nocturnal Animals (USA 2016) – Die Beschreibbarkeit der Rache

Eine einsame Frau in L.A., ein verzweifelter Mann in der texanischen Wüste und ein gebrochenes Herz in New York. Und jede Menge Rache, Unglück und Grausamkeit.
Mit NOCTURNAL ANIMALS kommt zum Jahresende nochmal ein Thriller der eher ungewöhnlichen Sorte ins Kino. Ebenso edel wie dreckig, so straight wie verrätselt.
Warum der verschachtelte Thriller von Tom Ford äußerst sehenswert ist, aber eben nicht für jeden, in unserer Kinokritik.
© Universal Pictures International Germany GmbH
Marcos Blick: 
Mit seinem zweiten Film, der Romanadaption NOCTURNAL ANIMALS legt Regisseur und Autor Tom Ford einen in gleich mehrerlei Hinsicht sehenswerten Thriller vor, der jedoch nicht ohne Schattenseiten ist. Das Problem des Films: Er entscheidet sich, eine im Kern recht simple Rachegeschichte über Gebühr künstlerisch (Spötter würden wohl sagen: verkünstelt), elliptisch und mehrdeutig zu erzählen. Doch was des einen Leid, ist des anderen Freud.

Roman im Roman im Film


Es gibt in der Regel zwei Sorten von Filmen: Die einen, die verhältnismäßig verständlich eine Geschichte erzählen, der die Zuschauer schlicht zu folgen brauchen, und die ihnen entweder Spaß bringt oder nicht.
Die andere Sorte von Filmen sind all jene, bei denen der Zuschauer spürt, dass der Film etwas von ihm einfordert. Er soll sich mit dem Film beschäftigen, er soll ihn entschlüsseln, er soll das auf der Leinwand Gezeigte selbst mit einem Sinn füllen.

Fords NOCTURNAL ANIMALS gelingt, mit Abstrichen, das Kunststück, beide Sorten in einem Film zu vereinen.

Der Film erzählt von der unglücklich verheirateten Kunsthändlerin Susan Morrow, die eines Tages unerwartet Post erhält. Ihr Ex-Mann Edward, ein leidlich erfolgreicher Autor, schickt ihr seinen neuen Roman, der ganz und gar ihr gewidmet ist, und in dem er, so gibt er an, sein Innerstes enthüllt habe. Er schlägt ihr außerdem vor, dass beide sich treffen sollten, falls ihr der Roman gefalle. Das Ungewöhnliche daran: Susan hat seit 19 Jahren nichts von Edward gehört.
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Sie beginnt zu lesen, und der Film springt in eine zweite Erzählebene, die die Handlung des Romans wiedergibt.
Hier geht es um Tony Hastings (in der Romanvorlage ein Mathematiker), der mit seiner Frau und seiner Tochter nachts auf einer einsamen Landstraße in die Fänge dreier mehr als zwielichtiger Männer gerät. Für Tony der Beginn einer alptraumhaften Tortur.

Je weiter Susan in den Roman ihres Ex-Mannes vordringt, desto verstörter wird sie. Erst in der zweiten Hälfte des Films eröffnet sich eine dritte Ebene, die in Rückblenden die Ehe zwischen Susan und Edward wiedergibt. Und langsam kristallisiert sich heraus, worum es in Edwards Roman wirklich geht.

Aus Drei mach Eins


Es ist kein Geheimnis, dass ein Film mit drei Erzählebenen keine leichte Kost ist, sondern dem Zuschauer Konzentration abfordert. Und es ist auch kein Geheimnis, dass NOCTURNAL ANIMALS dem Zuschauer Geduld abfordert, denn erst in der zweiten Hälfte, wenn alle drei Erzählstränge verknüpft und verwoben werden, offenbart sich die eigentliche Geschichte, die der Film erzählt.
Wer sich auf diese Mühen jedoch einlässt, dem winkt ein rundheraus befriedigendes Ende.

Ein weiteres Problem auf dem Weg: Die drei Erzählstränge weisen enorme Unterschiede in ihrer emotionalen Tonalität auf.

Da wäre die in der Realität spielende Gegenwart Susans, die unrealistischer kaum wirken könnte. Amy Adams schlendert mit glatt zur Seite gestriegeltem Haar und beinahe ausdrucksloser Miene durch ihr hochglanzerfülltes Luxusheim in den Hügeln von LA, designt bis in die letzte Pore: Designerkleider, Designermöbel, Designarchitektur, Designergarten, alles gefilmt in glattgeleckter Hochglanzfotografie. Ausdrucksarm, manchmal gar surreal, wie die Sequenzen sind, fehlt ihnen jegliche Anleitung: Was sollen wir als Zuschauer davon halten? Wieso wird das alles so überinszeniert?
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Im krassen Gegensatz dazu die Binnenhandlung mit Jake Gyllenhaal als verzweifeltem Tony Hastings. In warmen Farben hetzt der Mann durch den texanischen Staub auf der Suche nach Rache. Rotzende Sheriffs, durchgeknallte Kleinganoven, unverblümte Toilettengänge mit Klopapierkontrolle. Hier wird gemordet, vergewaltigt, gekotzt, geblutet und gestorben.
In sich ist dieser Strang der wohl verständlichste – ein beinahe klassischer Rachethriller der Hard-Boiled-Schule, in der Recht und Gesetz in der staubigen Prärie nen Scheiß wert sind.

Der dritte Handlungsstrang schließlich, der zwanzig Jahre zurückspringt und Susan und Edward (ebenfalls Gyllenhaal) zeigt, wie sie sich in New York treffen und verlieben, erinnert stellenweise an HARRY UND SALLY, und nicht zu Unrecht an eine romantische Komödie. Hier sprüht es – zunächst – vor Optimismus und Lebensfreude, vor Verliebtheit und dem Wunsch, das Beste im anderen sehen zu wollen. Doch wie wir wissen, ist die Beziehung nicht von Dauer, und die Trennung der beiden unvermeidlich ...

NOCTURNAL ANIMALS geht ein großes Risiko ein, dem Zuschauer keine Anleitung an die Hand zu geben, wie die drei Stränge zusammenführen, es dem einzelnen Zuschauer zu überlassen, daraus ein Gesamtwerk zu konstruieren, und doch ist es eben genau das, was ihn am Ende so sehenswert macht: Wie Denis Villeneuves in seinem grandiosen und durchaus vergleichbaren ENEMY (ebenfalls mit Jake Gyllenhaal in einer Doppelrolle, und noch zwei, drei Zacken rätselhafter) überlässt Ford es dem Zuschauer, die Leerstellen seiner Geschichte zu füllen und sich selbst zusammenzureimen, was das alles bedeuten soll. Damit spaltet der Film, wie die Kritiken zeigen, und nicht jeder kann dem Film eine Bedeutung abtrotzen.
Für die einen mag die Mühe zu groß sein, es überhaupt zu versuchen, so dass der Film wirkt wie ein etwas rotziger Rachethriller, umrahmt von einer überstilisierten, verkopften Psychogeschichte, welcher sie keinen Sinn entnehmen und die sie auch nicht interessiert.
Andere mögen den texanischen Rachethriller als pure Angstphantasie Edwards sehen, und sich am Ende wundern, dass die Erzählstränge nicht miteinander verbunden werden.

Dass es irgendeine Verbindung geben muss, erklärt die Bildsprache, die immer wieder einzelne Handlungsstränge miteinander verknüpft: Hier badet Susan in ihrer edlen Wanne in LA, dort badet Tony in einer dreckigen Motelwanne in der Wüste Texas'. Dort liegt eine Leiche auffällig drapiert in der Wildnis, und hier liegt eine andere Person in derselben auffälligen Pose auf dem Bett.
Aber fallen solche Hinweise überhaupt auf, in einem Film, der mit einer der vielleicht provokantesten Bilderstrecken des Jahres eröffnet? Schon die wuchtigen Eröffnungsbilder erwecken das Rätselraten im Zuschauer: Was will uns der Regisseur damit sagen? (Tom Ford erklärt übrigens, seine Eröffnungsbilder seien ein Statement zur amerikanischen Gesellschaft …)
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Nein, der Film macht es den Zuschauern nicht leicht. Immer wieder verunsichert er mit Bildern, die sich einer eindeutigen oder sofortigen Einordnung entziehen und sich nicht in die Gesamthandlung einfügen wollen. Viele davon bleiben bis zum Ende ungelöste Rätsel. Ganze Szenen werfen bis über den Abspann hinaus die Frage auf, welche Bedeutung ihnen im Gesamtwerk zufallen. Wer Lust am Konstruieren und Rätseln hat, findet darin vielleicht einen Grund zur Mehrfachsichtung, denn der Film schreit geradezu danach, all die Elemente zu einem stimmigen Gesamtwerk zusammenzufügen.

Wenn dich jemand liebt, musst du vorsichtig damit sein


Neben der durchaus spannenden Binnenhandlung ist es also einer der großen Späße von NOCTURNAL ANIMALS, einen Weg zu finden, ihn mit einem Sinn zu füllen. Wer also, wie einige Kritiker, ratlos vor dem Scherbenhaufen steht und nicht weiß, was das seltsame Psychospielchen zu bedeuten hat, den laden wir herzlich ein, sich unsere Deutung anzuschauen … und sie gerne zu kritisieren, wenn er sie nicht teilt.

- Spoilerwarnung - 
Der Rest dieses Abschnitts enthält in einem Deutungsversuch quasi sämtliche Inhalte des Films! Wer ihn noch nicht kennt und nichts wissen will, springt gerne zum nächsten Abschnitt „Tony und Susan“.

Ein Wort der Warnung vorweg: In den folgenden Absätzen spoilern wir gnadenlos, bis an den Rand der Nacherzählung! Wenn ihr euch überraschen lassen wollt, oder selbst miträtseln, springt zum nächsten Abschnitt und kommt gerne nach dem Kinobesuch noch einmal zurück.

Also: Was soll das alles? Worum geht es in NOCTURNAL ANIMALS?

Wie erwähnt, handelt es sich um eine recht simple, jedoch elegant erzählte doppelte Rachegeschichte. Denn die Rachegeschichte des Romans spiegelt in gewisser Weise die Rachegeschichte der Rahmenhandlung wider.

„Wenn dich jemand liebt, musst du vorsichtig damit sein“, lautet einer der elementaren Dialoge zum Ende des Films, der gleichsam wie ein Schlüssel zur Lösung wirkt. Denn es ist Susan, die ganz und gar grausam mit Edwards Liebe zu ihr umgeht.
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Der Film mag in LA beginnen und sich über Texas bis New York bewegen, doch eigentlich bewegt sich die Handlung andersherum: Sie beginnt in New York, mit einer jungen Liebe. Edward verliebt sich unsterblich in Susan. Er, der Autor, der mit seiner Kreativität kämpft, sieht in Susan, der pragmatischen, realistischen Frau, eine Träumerin, eine Kreative, so wie ihn. Doch es zeigt sich, dass sie das nicht ist. Ihre Liebe zu Edward schwindet, sie attestiert ihm mangelndes Talent, schließlich betrügt sie ihn, verlässt ihn, heiratet einen anderen.
Und zu allem Überfluss zeigt sich, dass sie bereits schwanger von Edward war und sie das Kind abtreiben lässt.
Ja, Susan ist grausam zu Edward: Sie schmettert seine Liebe ab, interessiert sich nicht für seine Kunst, betrügt ihn, und raubt ihm das gemeinsame Kind.

„Irgendwann werde ich das bereuen“, sagt sie ihrem neuen Liebhaber in einem kurzen Augenblick von Klarheit.
Zwanzig Jahre später ist dieser Moment gekommen, und Edward erhält seine Rache. Denn der Roman, den er Susan widmet, ist nicht nur sagenhaft gut – er erzählt auch, allegorisch, die Geschichte ihrer Trennung aus Edwards Sicht.

Es ist kein Zufall, dass Gyllenhaal nicht nur den Autor Edward spielt, sondern auch die Romanfigur Tony, und es ist auch kein Zufall, dass Isla Fisher Tonys Frau spielt. Fisher ist gut mit Amy Adams befreundet, doch die äußerliche Ähnlichkeit bis hin zur Verwechslungsgefahr der beiden ist legendär. Eine Anekdote besagt, dass Fisher und ihr Mann, der britische Haudrauf-Komiker Sacha Baron Cohen, einst eine Weihnachtskarte an die Familie schickten, auf der sie Fishers Gesicht gegen Adams austauschten. Niemand soll es bemerkt haben.
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Tony muss hilflos mit ansehen, wie ein anderer Mann ihm seine Frau und sein Kind stiehlt. Eine Szene von bestechender Intensität. Beide sterben – seine Frau eher schnell, das Kind hingegen deutlich brutaler, was seinen Schmerz noch vergrößert. Beide sind raus aus seinem Leben, unerreichbar und für immer verloren – so wie Susan und das abgetriebene Kind es für Edward sind.

Was folgt, ist Tonys jahrelange Suche nach Seelenfrieden. Aber auch nach Rache. Als er schließlich Rache nimmt, entstellt sie ihn. Doch er findet darin auch Frieden, wenn auch im Tod.

Als Susan den Roman liest, hat sie längst den Preis für das bezahlt, was sie Edward angetan hat. Aus der kleinen, liebevollen Familie ist eine kalte, leblose Scheinwelt geworden. Wo Edward einst nur das Beste in ihr sah, ignoriert ihr neuer Mann sie komplett. Ihn interessieren ihre Ausstellungen nicht, und er hat Affären. Susan ist schon jetzt einsamer und unglücklicher als sie es je mit Edward war.
Edwards Roman jedoch vollendet das Werk auf zweierlei Art. Zum einen fühlt sie seinen Schmerz. Immer wieder muss Susan die Lektüre abbrechen, sie weint, sie leidet mit Tony mit, spürt das Grauen, das ihm angetan worden ist, und den Wunsch nach Rache. Edward lässt Susan durch seinen Roman all das spüren, was er selbst vor neunzehn Jahren spüren musste.
Zum anderen beweist Edward ihr, dass sie Unrecht hatte. Einst sagte Susan ihm, er könne nie etwas Großes schreiben, dass er nur in der Lage wäre, über sich zu schreiben, was ihn bremsen würde.
Jetzt aber beweist er ihr, dass er ein großartiger Autor ist, nicht obwohl, sondern weil er über sich schreibt. Dass er das Buch nach Susan benennt und es ihr widmet, ist ein weiterer Schlag. „Du warst das“, sagt er damit klar und deutlich. „Du hast mir das angetan!“
Den letzten Schritt seiner Rache vollführt Edward am Ende.

Man sieht, wie die unglückliche Susan durch die Lektüre des Buches wieder so etwas wie Liebe für Edward zu empfinden beginnt. Wie sie ihren Fehler erkennt.
Und wie sie Hoffnung schöpft. Edward hat ihr den Roman mit den Worten geschickt, dass sie sich treffen könnten, wenn sie es wolle. Und tatsächlich geht Susan darauf ein. Sie macht sich hübsch für das Treffen und wartet hoffnungsvoll auf ihren Ex-Mann, dem es gelungen ist, sie mit seiner Kunst zum Weinen zu bringen, und der all das in ihr wiedererweckt hat, was in zwanzig Jahren an der Seite ihres neuen Mannes abgestorben zu sein schien.
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Doch Edward kommt nicht.
Dass er Susan versetzt, ist sein letzter Mittelfinger an sie. Nicht nur, dass er sie mit ihrem Schmerz allein lässt, so wie sie ihn einst allein gelassen hat, sondern auch, dass er sie heute nicht mehr braucht. Das letzte Bild offenbart Susans Erkenntnis, wie umfassend Edward sich an ihr gerächt, dass er diesmal mit ihrer Liebe nicht vorsichtig umgegangen ist – und dass sie genau das verdient hat.

Es ist also wirklich eine grundsätzlich simple Rachestory, die NOCTURNAL ANIMALS erzählt, eingehüllt in eine dreilagige Geschichte, und die es dem Zuschauer überlässt, sie zusammenzusetzen. Oder eben nicht.

Tom Ford erklärt ausdrücklich, dass er genau das dem Zuschauer auch überlassen will. So gibt es noch ganz andere Deutungen dafür, dass Edward am Ende nicht zu dem Treffen erscheint. Etwa, dass er Susan noch immer liebt, und es zu schmerzhaft für ihn wäre, sie zu sehen, oder dass er durch sie Inspiration für sein Meisterwerk gefunden hat, und sie nun nicht mehr braucht. All das will Ford bewusst dem einzelnen Zuschauer überlassen.

Aber mal im Ernst: Gibt es ein schöneres Ende als die Rache eines verlassenen Mannes?

Tony und Susan


NOCTURNAL ANIMALS basiert auf dem 1993 erschienenen Roman „Tony und Susan“ von Austin Wright. Der Roman gilt heute als eines der Meisterwerke der „Roman im Roman“-Geschichten und hat eine durchaus bewegte Geschichte hinter sich.
Von elf Verlagen abgelehnt, erscheint Wrights Buch schließlich bei einem Kleinverlag, wird von der Kritik gefeiert und erhält zwei Auflagen und Übersetzungen in dreizehn Sprachen.
Schon früh sichert sich Universal die Filmrechte, die später zu HBO wandern. Doch niemand findet einen Weg, den verschachtelten Stoff zu verfilmen.
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Gelobt wird vor allem Wrights Prosa-Stil, der sich mit Sicherheit als eigenwillig entpuppt. Während Tony Hastings Geschichte etwa wie gewohnt im Präteritum verfasst ist, wird Susans Handlungsstrang, während sie liest, in einem eher zusammenfassenden Stil im Präsens niedergeschrieben. Auf den ersten Blick wirkt der Roman so wie seine eigene Zusammenfassung.

1994 kauft Warner Books die Rechte am Roman und veröffentlicht diesen neu, diesmal als Taschenbuch, doch mit wenig Erfolg. Viele halten ihn zu künstlerisch für einen Massenerfolg.
Schließlich schläft der Roman ein, bis er 2010 erstmals in England veröffentlicht wird. Der dortige Erfolg lässt den Roman auch in den USA neu aufleben.

2015 schließlich erhält Fords Plan einer Verfilmung grünes Licht. Sein Script, das er nach dem Roman im Roman betitelt, statt nach dem Roman selbst, nimmt einige Veränderungen und Vereinfachungen vor, bleibt der Grundprämisse aber treu. Unter dem Titel des Films erhält schließlich auch der Roman eine weitere Neuauflage.

Auf der Frankfurter Buchmesse 2016 erhält der Film übrigens den Preis für die Beste Internationale Literaturverfilmung!

Fazit


NOCTURNAL ANIMALS ist ein spannender Film mit vielen Stärken.
Herausragend und wunderschön fotografiert von Seamus McGarvey (längst überfällig für einen Oscar!) erzählt er eine „simple“ Rachegeschichte so tiefsinnig und vielschichtig, dass es ein Fest für jeden Kinozuschauer ist, der Spaß daran findet, sich im Kino einzubringen, sich das Gezeigte selbst zu erschließen. Wer auf reinen Eskapismus aus ist, und im Kino lediglich entspannt unterhalten werden will, könnte mit dem Film seine Schwierigkeiten haben, da er dafür über weite Strecken zu artifiziell wirkt. Ihnen bleibt immerhin eine straighte Rachegeschichte in der Filmmitte.
Die glänzt übrigens mit einer der packendsten und intensivsten Szenen des Jahres, denn der Zusammenstoß der Familie Hastings mit den drei undurchsichtigen Fieslingen hält einen konstant auf der Kante des Kinosessels und ist ein Jahreshighlight des Spannungskinos.

Darstellerisch glänzt NOCTURNAL ANIMALS auf ganzer Linie. Allen voran Jake Gyllenhaal, der wieder einmal eine fein nuancierte Doppelrolle ausfüllt, und durchgängig zu bewegen weiß. Aaron Taylor-Johnson zeigt als schmieriger Hinterwäldler wieder einmal, wie wandelbar er ist (wofür er mit einer Golden Globe Nominierung geehrt wird), und Michael Shannon beweist erneut, dass seine Zeiten als Nebendarsteller und Knallcharge endgültig vorbei sind, und vollführt einen weiteren Schritt auf dem Weg zum ernstzunehmenden Charakterdarsteller.
Amy Adams macht ihre Sache ebenfalls gewohnt gut, hat jedoch eine so reduzierte Rolle, dass sie darin kaum glänzen kann. Dennoch gibt es immer wieder Einzelmomente, in denen sie mit einem Blick oder einer kargen Mimik erstaunlich viel über ihre Figur verrät. Dennoch überzeugt sie aktuell in ARRIVAL deutlich mehr, was auch daran liegt, dass sie mehr zu tun hat.
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Alle Beteiligten vor und hinter der Kamera werden zu Recht für diverse Preise nominiert, wenn es auch zumeist bei der Nominierung bleibt.

Das wird dem Film gerecht, denn bei allen Stärken – es gibt sie, die Schwächen. Am Ende gelingt es Ford nicht, die so wichtige emotionale Bindung der Figuren wirklich mit Nachdruck zu vermitteln. Gerade die eigentlich bedeutsamen Momente zwischen Edward und Susan, die das Fundament für die Geschichte legen, überzeugen nicht. Man gewinnt eine Ahnung, wo es zwischen ihnen hakt, doch die Beziehung der beiden wird nie wirklich lebendig. Dadurch verpasst es der Film, den Zuschauer emotional dorthin mitzunehmen, wo die wirklich spannende Ebene der Geschichte liegt: In den Gefühlen, die Susans Trennung von Edward begleiten. Dieser Aspekt wird durch die losgelöste Inszenierung nur schwer greifbar und lässt viele Zuschauer mit Sicherheit ratlos und unberührt zurück.
Auch ist es riskant und nicht für jeden Geschmack geeignet, einen Film derartig zu verrätseln, und am Ende manchmal ganz eklatante Handlungselemente unerfüllt liegen zu lassen.

So reiht sich NOCTURNAL ANIMALS ein, in ein exzellentes Thrillerjahr. Für Leute, die ein wenig Kunst im Kino vertragen können, ist er mit Sicherheit einen Blick wert, für alle, die Kunst im Kino lieben, ist er ein Pflichtbesuch.
Wer mit allzu viel Kunst nichts anfangen kann und seine Thriller lieber geradlinig und leicht verständlich mag, könnte seine Schwierigkeiten haben und sollte sich den Besuch daher zwei Mal überlegen.

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