Jeder hat ihn, diesen einen Lieblingswitz! Wie oft man ihn auch hört, er bringt einen wieder und wieder zum Lachen. Ohne große Überraschungen, aber mit Wärme in der Brust.
Louis de Funès war Europas filmgewordener Lieblingswitz.
1964 erobert er mit seinem Gendarmen Ludovic Cruchot das Zwerchfell der Welt. Was folgt, ist eine wunderbare, 17-jährige Wiederholung derselben Filme, derselben Figur, desselben Humors - aber niemals derselben Gags.
Ohne auch nur eine Minute zu langweilen, bringt der kleine Franzose die Kinos zum Beben und beweist dabei viel mehr Kreativität und Kunstverstand, als man vermuten mag.
Quelle: DVD "Brust oder Keule" © Studiocanal |
Der Ruhm des Französischen Grimassenkönigs kommt spät! Als Louis de Funès seinen endgültigen Durchbruch feiert, ist er bereits 50 und hat in mehr als 100 Filmen und unzähligen Theaterstücken mitgespielt. Was er in den folgenden Jahren vor den Augen von Millionen Fans zelebriert, ist nur noch der Ausklang seiner mehr als geschäftigen Karriere. Doch dieser Ausklang brennt lichterloh. Er stellt über Jahre hinaus Beuscherrekorde auf. Filme mit weniger als 500.000 Besuchern, sagt er einmal, interessierten ihn nicht mehr. Er wolle möglichst viele Menschen mit möglichst vielen Gags erheitern. Und es wird ihm gelingen.
Sein Humor, und die von ihm zur Perfektion ausgearbeitete Figur des sympathischen Unsympaths, werden noch heute, 30 Jahre später, in höchsten Ehren gehalten.
Doch seine Berühmtheit und die leicht beschwingte Komik sind das Ergebnis harter Arbeit.
Wie zum Ruhm kommt Louis de Funès auch zur Schauspielerei erst sehr spät.
Geboren am 31. Juli 1914, einen Tag vor Beginn des ersten Weltkriegs, in der Nähe von Paris, ist er tatsächlich von adeliger, spanischer Abstammung. Doch davon ist wenig übrig außer seinem Namen. Sein Vater darf als Anwalt in Frankreich nicht arbeiten. Bald verlässt er die Familie um, erfolglos, als Diamantenhändler in Venezuela zu arbeiten.
De Funès' Mutter ist eine witzige Dame, und schon als Kind unterhält de Funès die Familie, indem er wahlweise sie, oder die Verkäufer der lokalen Marktstände trefflich zu imitieren versteht.
Der Erste Weltkrieg wird zu einer frühen, prägenden Erfahrung. Und vielleicht ist auch das ein Grund, dass de Funès Zeit seines Lebens Angst davor hat, zu hungern. Und er hungert viel. Und vielleicht ist es auch ein Grund, dass er zu einem Clown wird. Und zu einem Clown wird er früh!
Streiche und Schabernack scheinen das einzige zu sein, was dem kleinen Mann wirklich liegt. Zunächst fliegt er von der Berufsschule für Kürschner, und anschließend aus einer Kürschnerlehre, weil er mit seinen deftigen Streichen die Lehrer in Verlegenheit bringt. Anschließend will er Fotografie lernen, fliegt aber erneut, als er ein Feuer legt und zwei Lehrer sich in der Aufregung gegenseitig mit Löschwasser übergießen. Er beginnt als Industrizeichner, kann aber nicht gut genug zeichnen, was ihm auch als Autokonstrukteur zum Verhängnis wird. Er fängt als Buchhalter an, muss aber eingestehen, nicht rechnen zu können. Einen Job als Schaufensterdekorateur hält er eine Weile, bis der Krieg kommt, und Gebrauchsartikel so begehrt werden, dass man sie nicht mal mehr auszustellen braucht.
Mittlerweile ist es 1939. Die Armee sucht nach Kanonenfutter und der vorher ausgemusterte schmächtige junge Mann muss erneut zur Musterung. Eine vertauschte Krankenakte lässt ihn allerdings davonkommen.
Und dann findet er endlich Arbeit! In einem Tanzlokal am Pigalle sitzt er zwölf Stunden täglich am Klavier, das kann er gut, und spielt - Schlager! Für den eingeschworenen Jazzfan eine Tortur. Noch dazu ist das Publikum ungehalten. Er gibt an: "Ich habe oft mit nur einer Hand gespielt, damit ich mich mit der anderen vor Wurfgeschossen schützen konnte."
Um dem zu entgehen, besucht er eine berühmte Schauspielschule, wird aber schnell als zu klein und zu untalentiert wieder demotiviert. De Funès hält sich zu dieser Zeit für einen gutaussehenden, romantischen Schauspieler.
Also bleibt er im Tanzlokal, spielt Schlager, und verbringt seine Freizeit in einem Jazzclub. Dort lernt er bald Jeanne kennen. Sie ist klassische Pianistin mit berühmten Vorfahren - ihre Familie besitzt noch ein Schloss - und arbeitet in dem Club als Sekretärin. Sie ist sofort hin und weg vom musikalischen Talent des kleinen, humorvollen Pianisten. Der lädt sie in seinen Club zu edlem Essen und teuerstem Champagner ein, ohne ihr zu erzählen, dass ihm all das vom Lohn abgezogen wird.
Die beiden heiraten im August 1943. Nur fünf Monate später wird ihr erster gemeinsamer Sohn Patrick geboren.
Geboren am 31. Juli 1914, einen Tag vor Beginn des ersten Weltkriegs, in der Nähe von Paris, ist er tatsächlich von adeliger, spanischer Abstammung. Doch davon ist wenig übrig außer seinem Namen. Sein Vater darf als Anwalt in Frankreich nicht arbeiten. Bald verlässt er die Familie um, erfolglos, als Diamantenhändler in Venezuela zu arbeiten.
De Funès' Mutter ist eine witzige Dame, und schon als Kind unterhält de Funès die Familie, indem er wahlweise sie, oder die Verkäufer der lokalen Marktstände trefflich zu imitieren versteht.
Der Erste Weltkrieg wird zu einer frühen, prägenden Erfahrung. Und vielleicht ist auch das ein Grund, dass de Funès Zeit seines Lebens Angst davor hat, zu hungern. Und er hungert viel. Und vielleicht ist es auch ein Grund, dass er zu einem Clown wird. Und zu einem Clown wird er früh!
Quelle: DVD "Balduin das Nachtgespenst" © Studiocanal |
Erste Jobs und Inspirationen
Mittlerweile ist es 1939. Die Armee sucht nach Kanonenfutter und der vorher ausgemusterte schmächtige junge Mann muss erneut zur Musterung. Eine vertauschte Krankenakte lässt ihn allerdings davonkommen.
Und dann findet er endlich Arbeit! In einem Tanzlokal am Pigalle sitzt er zwölf Stunden täglich am Klavier, das kann er gut, und spielt - Schlager! Für den eingeschworenen Jazzfan eine Tortur. Noch dazu ist das Publikum ungehalten. Er gibt an: "Ich habe oft mit nur einer Hand gespielt, damit ich mich mit der anderen vor Wurfgeschossen schützen konnte."
Um dem zu entgehen, besucht er eine berühmte Schauspielschule, wird aber schnell als zu klein und zu untalentiert wieder demotiviert. De Funès hält sich zu dieser Zeit für einen gutaussehenden, romantischen Schauspieler.
Also bleibt er im Tanzlokal, spielt Schlager, und verbringt seine Freizeit in einem Jazzclub. Dort lernt er bald Jeanne kennen. Sie ist klassische Pianistin mit berühmten Vorfahren - ihre Familie besitzt noch ein Schloss - und arbeitet in dem Club als Sekretärin. Sie ist sofort hin und weg vom musikalischen Talent des kleinen, humorvollen Pianisten. Der lädt sie in seinen Club zu edlem Essen und teuerstem Champagner ein, ohne ihr zu erzählen, dass ihm all das vom Lohn abgezogen wird.
Die beiden heiraten im August 1943. Nur fünf Monate später wird ihr erster gemeinsamer Sohn Patrick geboren.
Es ist eine der schwersten Zeiten für den mittellosen, hungrigen de Funès. Und doch wird in dieser schwarzen Stunde der Grundstein für seinen späteren Erfolg gelegt.
Mit Bauchschmerzen - de Funès ist schüchtern und bittet ungern um etwas - wendet er sich an den Besitzer seines Tanzlokals und fragt nach mehr Gehalt. Der Besitzer, ein unheilvoller Mann mit vielen Ticks, der seine Angestellten mies behandelt, beginnt, über die stetige Unpünktlichkeit seines Pianisten zu klagen. Da klingelt das Telefon. De Funès hört mit an, wie sein Chef in Verhandlungen gerät - er will einige Besitztümer verkaufen. Millionenbeträge werden durch die Leitung geschleudert. Anschließend wendet er sich seinem kleinen Angestellten zu und ist entsetzt. Ob dieser es ernst meine. Ob er ihn runieren wolle?
Mit Bauchschmerzen - de Funès ist schüchtern und bittet ungern um etwas - wendet er sich an den Besitzer seines Tanzlokals und fragt nach mehr Gehalt. Der Besitzer, ein unheilvoller Mann mit vielen Ticks, der seine Angestellten mies behandelt, beginnt, über die stetige Unpünktlichkeit seines Pianisten zu klagen. Da klingelt das Telefon. De Funès hört mit an, wie sein Chef in Verhandlungen gerät - er will einige Besitztümer verkaufen. Millionenbeträge werden durch die Leitung geschleudert. Anschließend wendet er sich seinem kleinen Angestellten zu und ist entsetzt. Ob dieser es ernst meine. Ob er ihn runieren wolle?
Der Lokalbesitzer soll später, zusammen mit Donald Duck, eine der großen Inspirationen für
die Figur werden, die de Funès unsterblich macht.
Kurz darauf trifft er einen alten Freund von der Schauspielschule. Der verschafft de Funès eine erste, kleine Rolle am Theater. Zwei Jahre lang verdient er sich so alle paar Monate etwas auf der Bühne dazu. Er zweifelt an sich. Doch sein Freund bestärkt ihn, nicht aufzugeben. Er mache sich ganz gut in Komödien.
Einer der wenigen Höhepunkte dieser Zeit - mittlerweile ist die kleine Familie zu viert, aber immer noch bettelarm - sind die Besuche auf dem Schloss, in dem die Tante seiner Frau lebt. Geldgeschenke lehnt der stolze de Funès stets ab, aber mit Essen und Ferien lässt er sich helfen.
Und er spielt. Er spielt, und spielt, und spielt. Wofür auch immer man ihn bezahlt. Manchmal tritt er in Filmen auf und spielt fünf Rollen. Oft ist er nur von hinten zu sehen. Zwischen 1948 und 1949 kriegt der mittlerweile nicht mehr so junge Schauspieler allmählich einen Namen.
Er spielt sogar einige Dramen, etwa eine der kleinen Rollen am Pokertisch in "Endstation Sehnsucht".
Allmählich knüpft er Kontakte. "Fufu", wie sein Spitzname lautet, ist beliebt. Viele wissen um seine prekäre finanzielle Situation und helfen, wo sie können. Sie vermitteln ihm Rollen und andere Unterstützung.
Als ein befreundeter Regisseur spürt, dass er krank wird, drängt er de Funès, jeden Tag möglichst früh am Set zu erscheinen. So ist der Kleindarsteller an acht Tagen bereits fertig geschminkt und drehbereit, als der Tag abgesagt wird, und er erhält seine volle Gage.
Von 1950 bis 1952 spielt er in einunddreißig Filmen mit. '53 und '54 noch einmal in fünfundzwanzig weiteren. Daneben spielt er fast durchgängig Theater und nimmt immer wieder gut bezahlte Synchronisationsjobs an. "Meine Tage", sagt er einmal, "bestanden daraus, morgens zu synchronisieren, am Nachmittag zu drehen, und abends auf der Bühne zu stehen."
Eines Tages empfiehlt ihn Sartre einer Regisseurin für die Rolle des Nekrassov zu spielen. Er hat den Vertrag bereits unterschrieben, als die Regisseurin ihn für unpassend erklärt. Doch das Theater kommt um die Abstandszahlung von 250.000 Francs nicht mehr herum.
Nur langsam und vereinzelt aber erkennt man, welches komisches Talent dort schlummert. Mitte der Fünfziger nimmt seine Karriere Fahrt auf. Als die Situation 1956 endlich zu seinen Gunsten kippt, hat er bereits in 80 Filmen mitgespielt. De Funès beginnt, sich seine Nische zu erarbeiten. Innerhalb der Filme in denen er mitspielt baut er mehr und mehr sein eigenes Stück auf, bis seine Auftritte beinahe den Charakter eines eingeschobenen Kurzfilms haben. Im Laufe der Jahre wird sich das so weit vertiefen, dass Regisseure und Autoren ihn gewähren lassen, bzw. sich erst am Set mit ihm absprechen, was er zu tun gedenke. De Funès beginnt, die Rollen zurückzulassen, die er spielen soll, und inszeniert sich selber. Und mit zunehmendem Erfolg. Bald schon übertrumpfen seine kurzen, beinahe in sich geschlossenen, Auftritte den Film, in dem sie vorkommen.
Der mittlerweile halbwegs bekannte Komiker de Funés entwickelt zu dieser Zeit die zwei großen Running Gags seiner Karriere. Neben Charlie Chaplin, Oliver Hardy, Toto und anderen Stummfilmstars, ist auch Molière eines seiner Idole, und er träumt davon, einmal Der Geizige zu inszenieren. Immer wieder wird das Projekt anlaufen, und kommt doch nicht zustande. (Erst viel später, 1979, kann er den Stoff in LOUIS, DER GEIZKRAGEN endlich verfilmen!) Und er kündigt wieder und wieder an, einmal selbst Regie zu führen. Es ist mühsam, de Funès gut zu inszenieren. Und vielleicht weiß er, dass er selbst es ebenfalls nicht könnte. Ab einem gewissen Zeitpunkt wird er vor jedem neuen Projekt ankündigen, vielleicht Regie und ein bisschen Produktion zu übernehmen, doch er wird es niemals tun.
1961 schließlich gelingt de Funès der Durchbruch. Zunächst allerdings "nur" auf der Bühne. Die Komödie Oscar von Claude Magnier wird 1958 uraufgeführt, mit Jean Paul Belmondo als Buchhalter und Pierre Mondy als überfordertem Industriellen Barnier. Das Stück ist aber nur ein mäßiger Erfolg. Erst als Mondy 1961 die Regie übernimmt und de Funès die Rolle des Barnier spielt, wird das Stück ein gigantischer Publikumsmagnet. Insgesamt wird de Funès 600 Mal als Bertrand Barnier auf der Bühne stehen. Wer seine späteren Filme kennt, wird bei der Kritik im Le Figaro wissen, wie er sich den Auftritt vorstellen muss: "Sie haben aber vielleicht noch nicht Louis de Funès in 'Oscar' gesehen. Er zwinkert mit den Augen, senkt eine Augenbraue, zieht die andere bis zum Haaransatz hoch. Er schneidet Grimassen, täuscht komikhafte Wut vor. Er zeigt ungewohnte, spaßige Gebärden, tobt herum, setzt erzürnte, wütende, verblüffte Gesichter auf. Verstärkt drollige Ausdrücke, dreht sich um sich selbst, beißt sich auf die Lippen. Rümpft die Nase. Fährt zusammen. Wirkt wie auf Sprungfedern geschnallt. Zieht einen Flunsch. Er gerät in einen Wirbel."
Louis de Funès hat seinen Humor gefunden, und mit Oscar die Figur, die dazu passt. Und er beginnt, die Komik mehr und mehr zu erforschen.
Der Schauspieler weiß, was er tut. Er beherrscht die körperliche Komik seiner Idole: Buster Keaton, Charlie Chaplin, Laurel und Hardy (als einer der Wenigen bevorzugt de Funès Hardy, den herrischen, inkompetenten Befehlsgeber), aber auch ehemaliger französischer Stars wie Max Dearly oder italienischer Komiker wie Toto. Und er weiß, wie er aus herrischen Figuren mit übersteigertem Ego das Optimum an Komik herausholt.
Seine Masse an Auftritten auf der Theaterbühne ist die Basis für de Funès' Erfolg. Sein ausuferndes Mienenspiel ist, anders als es wirkt, genauestens geprobt, und mehr noch: es ist erprobt! Auf der Bühne hat er minutiös experimentiert, hat das Publikum mit leisen Mimiken zu ködern versucht, und bei fehlendem Erfolg eine andere Richtung eingeschlagen. Das direkte Feedback des Publikums auf seine Körpersprache hilft ihm, diese zu perfektionieren. Er weiß exakt, welche Mimik, welche Gestik in welcher Situation die größten Lacher produziert. Hinzu kommen Experimente. Einmal spielt er mit seinem Partner eine Komödie ernsthaft und ist erstaunt, wie winzig die Nuancen sind, um eine Szene ernst oder witzig wirken zu lassen. Louis de Funès erforscht das Lachen!
De Funès' Filmkarriere nimmt nun mehr und mehr Schwung auf. 1963 erscheint, beinahe wie eine Generalprobe, der Film QUIETSCH ... QUIETSCH ... WER BOHRT DENN DA NACH ÖL? Der Film lässt de Funès endlich auf dem Radar eines großen Publikums aufflimmern. Jetzt der richtige Zeitpunkt, nach all den Jahren seinen lange gehegten Traum zu verwirklichen, und, endlich, Molières Geizigen zu inszenieren. Doch da geschieht etwas Unvorhergesehenes: 1964 erscheint der Film, der de Funès Karriere explodieren lässt: DER GENDARM VON ST. TROPEZ.
Dass die freche Komödie um Ludovic Cruchot gerade zu dieser Zeit so ein Erfolg wird, ist rückblickend keine große Überraschung. Ebenso wenig, dass de Funès' Karriere von hier an in ihrem Zenit schweben wird.
Quelle: DVD "Die Knallschote" © Studiocanal |
Endlich Schauspieler
Kurz darauf trifft er einen alten Freund von der Schauspielschule. Der verschafft de Funès eine erste, kleine Rolle am Theater. Zwei Jahre lang verdient er sich so alle paar Monate etwas auf der Bühne dazu. Er zweifelt an sich. Doch sein Freund bestärkt ihn, nicht aufzugeben. Er mache sich ganz gut in Komödien.
Einer der wenigen Höhepunkte dieser Zeit - mittlerweile ist die kleine Familie zu viert, aber immer noch bettelarm - sind die Besuche auf dem Schloss, in dem die Tante seiner Frau lebt. Geldgeschenke lehnt der stolze de Funès stets ab, aber mit Essen und Ferien lässt er sich helfen.
Und er spielt. Er spielt, und spielt, und spielt. Wofür auch immer man ihn bezahlt. Manchmal tritt er in Filmen auf und spielt fünf Rollen. Oft ist er nur von hinten zu sehen. Zwischen 1948 und 1949 kriegt der mittlerweile nicht mehr so junge Schauspieler allmählich einen Namen.
Er spielt sogar einige Dramen, etwa eine der kleinen Rollen am Pokertisch in "Endstation Sehnsucht".
Allmählich knüpft er Kontakte. "Fufu", wie sein Spitzname lautet, ist beliebt. Viele wissen um seine prekäre finanzielle Situation und helfen, wo sie können. Sie vermitteln ihm Rollen und andere Unterstützung.
Als ein befreundeter Regisseur spürt, dass er krank wird, drängt er de Funès, jeden Tag möglichst früh am Set zu erscheinen. So ist der Kleindarsteller an acht Tagen bereits fertig geschminkt und drehbereit, als der Tag abgesagt wird, und er erhält seine volle Gage.
Von 1950 bis 1952 spielt er in einunddreißig Filmen mit. '53 und '54 noch einmal in fünfundzwanzig weiteren. Daneben spielt er fast durchgängig Theater und nimmt immer wieder gut bezahlte Synchronisationsjobs an. "Meine Tage", sagt er einmal, "bestanden daraus, morgens zu synchronisieren, am Nachmittag zu drehen, und abends auf der Bühne zu stehen."
Quelle: DVD "Brust oder Keule" © Studiocanal |
Nur langsam und vereinzelt aber erkennt man, welches komisches Talent dort schlummert. Mitte der Fünfziger nimmt seine Karriere Fahrt auf. Als die Situation 1956 endlich zu seinen Gunsten kippt, hat er bereits in 80 Filmen mitgespielt. De Funès beginnt, sich seine Nische zu erarbeiten. Innerhalb der Filme in denen er mitspielt baut er mehr und mehr sein eigenes Stück auf, bis seine Auftritte beinahe den Charakter eines eingeschobenen Kurzfilms haben. Im Laufe der Jahre wird sich das so weit vertiefen, dass Regisseure und Autoren ihn gewähren lassen, bzw. sich erst am Set mit ihm absprechen, was er zu tun gedenke. De Funès beginnt, die Rollen zurückzulassen, die er spielen soll, und inszeniert sich selber. Und mit zunehmendem Erfolg. Bald schon übertrumpfen seine kurzen, beinahe in sich geschlossenen, Auftritte den Film, in dem sie vorkommen.
Geiziger Regisseur und Oscar
Der mittlerweile halbwegs bekannte Komiker de Funés entwickelt zu dieser Zeit die zwei großen Running Gags seiner Karriere. Neben Charlie Chaplin, Oliver Hardy, Toto und anderen Stummfilmstars, ist auch Molière eines seiner Idole, und er träumt davon, einmal Der Geizige zu inszenieren. Immer wieder wird das Projekt anlaufen, und kommt doch nicht zustande. (Erst viel später, 1979, kann er den Stoff in LOUIS, DER GEIZKRAGEN endlich verfilmen!) Und er kündigt wieder und wieder an, einmal selbst Regie zu führen. Es ist mühsam, de Funès gut zu inszenieren. Und vielleicht weiß er, dass er selbst es ebenfalls nicht könnte. Ab einem gewissen Zeitpunkt wird er vor jedem neuen Projekt ankündigen, vielleicht Regie und ein bisschen Produktion zu übernehmen, doch er wird es niemals tun.
1961 schließlich gelingt de Funès der Durchbruch. Zunächst allerdings "nur" auf der Bühne. Die Komödie Oscar von Claude Magnier wird 1958 uraufgeführt, mit Jean Paul Belmondo als Buchhalter und Pierre Mondy als überfordertem Industriellen Barnier. Das Stück ist aber nur ein mäßiger Erfolg. Erst als Mondy 1961 die Regie übernimmt und de Funès die Rolle des Barnier spielt, wird das Stück ein gigantischer Publikumsmagnet. Insgesamt wird de Funès 600 Mal als Bertrand Barnier auf der Bühne stehen. Wer seine späteren Filme kennt, wird bei der Kritik im Le Figaro wissen, wie er sich den Auftritt vorstellen muss: "Sie haben aber vielleicht noch nicht Louis de Funès in 'Oscar' gesehen. Er zwinkert mit den Augen, senkt eine Augenbraue, zieht die andere bis zum Haaransatz hoch. Er schneidet Grimassen, täuscht komikhafte Wut vor. Er zeigt ungewohnte, spaßige Gebärden, tobt herum, setzt erzürnte, wütende, verblüffte Gesichter auf. Verstärkt drollige Ausdrücke, dreht sich um sich selbst, beißt sich auf die Lippen. Rümpft die Nase. Fährt zusammen. Wirkt wie auf Sprungfedern geschnallt. Zieht einen Flunsch. Er gerät in einen Wirbel."
Louis de Funès hat seinen Humor gefunden, und mit Oscar die Figur, die dazu passt. Und er beginnt, die Komik mehr und mehr zu erforschen.
Der Schauspieler weiß, was er tut. Er beherrscht die körperliche Komik seiner Idole: Buster Keaton, Charlie Chaplin, Laurel und Hardy (als einer der Wenigen bevorzugt de Funès Hardy, den herrischen, inkompetenten Befehlsgeber), aber auch ehemaliger französischer Stars wie Max Dearly oder italienischer Komiker wie Toto. Und er weiß, wie er aus herrischen Figuren mit übersteigertem Ego das Optimum an Komik herausholt.
Quelle: DVD "Die Abenteuer des Rabbi Jakob" © Studiocanal |
De Funès' Filmkarriere nimmt nun mehr und mehr Schwung auf. 1963 erscheint, beinahe wie eine Generalprobe, der Film QUIETSCH ... QUIETSCH ... WER BOHRT DENN DA NACH ÖL? Der Film lässt de Funès endlich auf dem Radar eines großen Publikums aufflimmern. Jetzt der richtige Zeitpunkt, nach all den Jahren seinen lange gehegten Traum zu verwirklichen, und, endlich, Molières Geizigen zu inszenieren. Doch da geschieht etwas Unvorhergesehenes: 1964 erscheint der Film, der de Funès Karriere explodieren lässt: DER GENDARM VON ST. TROPEZ.
Zeit Für Komödien
Dass die freche Komödie um Ludovic Cruchot gerade zu dieser Zeit so ein Erfolg wird, ist rückblickend keine große Überraschung. Ebenso wenig, dass de Funès' Karriere von hier an in ihrem Zenit schweben wird.
Die Sechziger und Siebziger sind eine Zeit des Umbruchs in
Europa. Die Neuordnung nach Ende des Zweiten Weltkrieges trägt Früchte. Die
junge Generation befreit sich als Hippie, 68er oder Terrorist vom Muff der
Elterngeneration. Der wirtschaftliche Aufschwung führt zu einer
Bürokratisierung des zuvor eher handwerklich orientierten Berufslebens und die
Anspannung des Krieges weicht allmählich der Wiederentdeckung von Spaß und
Leichtigkeit.
Und so werden diese zwei Jahrzehnte zum fruchtbaren Boden
für eine über ganz Europa brandende Flut von „Marken-Komödien“, die weder
sehr originell, noch sehr anspruchsvoll sind, aber erfolgreicher als alles zuvor.
Während in Italien Bud Spencer und Terrence Hill ihren Aufstieg zum Komikerduo
wagen, lebt Deutschland von einer unüberschaubaren Flut seichter und humorvoller Musikkomödien vor schönen Landschaften. In England feiert die
„CARRY ON …“ Reihe (in Deutschland als „IST JA IRRE …“ Filme vermarktet)
gigantische Erfolge mit bislang 30 Filmen.
In diesem Umfeld entwickelt sich de Funès zum König des neuen, europäischen Klamauks. Nach dem überragenden Erfolg von DER GENDARM VON ST. TROPEZ gehört er nicht mehr nur den Franzosen. Er wird zu einem europäischen Star. Mit angeblich bis zu 40 Grimassen in der Minute tobt und flucht er sich noch achtzehn Jahre lang durch immer denselben Film, teilweise drei oder vier Mal pro Jahr. Sein Humor ist international, selbst in die Sowjetunion und nach Japan werden seine Filme erfolgreich verkauft. Und das mit einer Hauptfigur, die im Kern verabscheuungswürdig ist!
Es ist de Funès Leistung, hart erarbeitet über mehr als zwanzig Jahre, dass er eine Figur erschafft, die aufgeblasen, eitel, kriecherisch, gemein, cholerisch und stellenweise garstig ist, und sie so darzustellen, dass sie lustig und sehenswert wird.
Und er verfügt über ein Alleinstellungsmerkmal! Die Helden in Komödien sind in der Regel die Kleinen, die Unterdrückten und die Schüchternen. De Funès erschafft als erster einen Komödienstar, der mächtig, stark und selbstsicher, ja sogar selbstsüchtig und egomanisch, ist.
In diesem Umfeld entwickelt sich de Funès zum König des neuen, europäischen Klamauks. Nach dem überragenden Erfolg von DER GENDARM VON ST. TROPEZ gehört er nicht mehr nur den Franzosen. Er wird zu einem europäischen Star. Mit angeblich bis zu 40 Grimassen in der Minute tobt und flucht er sich noch achtzehn Jahre lang durch immer denselben Film, teilweise drei oder vier Mal pro Jahr. Sein Humor ist international, selbst in die Sowjetunion und nach Japan werden seine Filme erfolgreich verkauft. Und das mit einer Hauptfigur, die im Kern verabscheuungswürdig ist!
Es ist de Funès Leistung, hart erarbeitet über mehr als zwanzig Jahre, dass er eine Figur erschafft, die aufgeblasen, eitel, kriecherisch, gemein, cholerisch und stellenweise garstig ist, und sie so darzustellen, dass sie lustig und sehenswert wird.
Und er verfügt über ein Alleinstellungsmerkmal! Die Helden in Komödien sind in der Regel die Kleinen, die Unterdrückten und die Schüchternen. De Funès erschafft als erster einen Komödienstar, der mächtig, stark und selbstsicher, ja sogar selbstsüchtig und egomanisch, ist.
Dabei lassen sich de Funès‘ Filme nach DER GENDARM VON ST. TROPEZ in kein direktes Genre
einordnen – sie sind ein ganz eigenes Genre. So wie de Funès früher schon seinen eigenen Film im Film gespielt hat, bringt er nun abendfüllende "Louis de Funès Shows" ins Kino. Diese sind vollständig auf den Komiker zugeschnitten und vermengen Kriminalfilme,
Slapstick, Klamotte, Screwball, Familienfilm, Sommerkomödien und dann und wann
einen Hauch von Science Fiction oder Spionage-Thriller. Doch geht es ohnehin nie darum, eine spannende oder
tiefgreifende Geschichte zu erzählen.
Das Publikum will de Funès!
Es will ihn toben sehen, springen sehen, grimassieren sehen. Es will ihn trietzen und
duckmäusern sehen, es will ihn, bis zu einem gewissen Grad, scheitern sehen –
gerade so weit, dass es einen Wutausbruch rechtfertigt.
Quelle: DVD "Die Abenteuer des Rabbi Jakob" © Studiocanal |
Der kleine Unterhaltungsriese
Wie in anderen europäischen Ländern kommt es zum Konflikt im
Kino. Die Zuschauerzahlen von de Funès' Filmen brechen alle Rekorde. Mehr als anderthalb Millionen Franzosen strömen in die Kinos. Mehr als in jeden Film je zuvor und lange danach. Auch in Deutschland schwärmen Millionen Zuschauer in die Säle und stellen jährlich einen neuen Rekord auf. In den Siebzigern sind de Funès' Filme millionenschwere Unterhaltungsmonstren geworden. Sieben Mal ist der finanziell erfolgreichste Film des Jahres ein "Louis de Funès"!
1978 werden für de Funès' neuen Film Produktionskosten von bis zu 21 Millionen Francs zur Verfügung gestellt. Im gleichen Jahr kostet EIN IRRER TYP mit Raquel Welch und Jean-Paul Belmondo nur fünf Millionen mehr. De Funès' DER QUERKOPF spielt als erster französischer Film überhaupt fast 15 Millionen Francs ein - mehr Zuschauer haben zeitgleich nur GREASE, SATURDAY NIGHT FEAVER und UNHEIMLICHE BEGEGNUNG DER DRITTEN ART (der de Funès zu LOUIS' UNHEIMLICHE BEGEGNUNG MIT DEN AUSSERIRDISCHEN inspiriert).
Und während in ganz Europa die Komödien zu Gelddruckmaschinen werden, mühen sich in Deutschland, Italien und Frankreich intellektuelle Filmemacher wie Rainer Werner Fassbinder, Luchino Visconti und François Truffaut ab, die Nachkriegszeit mit niveauvollen, künstlerischen Dramen aufzuarbeiten.
1978 werden für de Funès' neuen Film Produktionskosten von bis zu 21 Millionen Francs zur Verfügung gestellt. Im gleichen Jahr kostet EIN IRRER TYP mit Raquel Welch und Jean-Paul Belmondo nur fünf Millionen mehr. De Funès' DER QUERKOPF spielt als erster französischer Film überhaupt fast 15 Millionen Francs ein - mehr Zuschauer haben zeitgleich nur GREASE, SATURDAY NIGHT FEAVER und UNHEIMLICHE BEGEGNUNG DER DRITTEN ART (der de Funès zu LOUIS' UNHEIMLICHE BEGEGNUNG MIT DEN AUSSERIRDISCHEN inspiriert).
Und während in ganz Europa die Komödien zu Gelddruckmaschinen werden, mühen sich in Deutschland, Italien und Frankreich intellektuelle Filmemacher wie Rainer Werner Fassbinder, Luchino Visconti und François Truffaut ab, die Nachkriegszeit mit niveauvollen, künstlerischen Dramen aufzuarbeiten.
In Frankreich ist das die Nouvelle Vague. Sie will das bestehende Erfolgskino aufbrechen, vorhersagbare Strukturen beenden, Neues und Anderes etablieren und dem französischen Kino so wieder zu Größe verhelfen. Und sie muss zusehen, wie die Massen in den –zigsten Streifen mit de Funès rennen, die völlig austauschbar scheinen.
Ende der Sechziger wirft selbst die Kritik de Funès vor, mit einfachsten Mitteln und anspruchslosen Filmen die Massen ins Kino zu locken.
Je erfolgreicher de Funès wird, desto mehr wird er zur
Marke. Nicht seine Filme locken die Menschen ins Kino, sondern er
selbst. Bald reduzieren die deutschen Verleiher seine Filme nur noch auf den Star. Sie heißen "Oscar, der ...", „Balduin, der ...“ und
schließlich schlicht „Louis, der ...“ – welche Figur de Funès im Film darstellt, ist
irrelevant geworden.
Doch auch die Filme selber konzentrieren sich ganz auf ihren Star. Nebenhandlungen, tiefere Figurenzüge oder Überraschungen gibt es nicht. Genau zwei Sorten von Szenen existieren in de Funès‘ Filmen: Szenen, in denen de Funès selbst auftritt, und Szenen, in denen über de Funès' Figur gesprochen wird.
Es scheint, als wolle man nicht nur jede Sekunde ein
Höchstmaß an Bewegung bringen, sondern auch dafür sorgen, dass die Zuschauer
keine Sekunde vergessen, um wen es hier geht!
Und sehr zu de Funès Unmut schlagen auch die französischen Verleiher Kapital aus seinem Ruhm. Alte Filme, in denen er nur wenige Minuten auftritt, werden unter neuem Namen wieder herausgebracht, und zu passablen Erfolgen.
Nur noch ein einziges Mal, direkt nach DER GENDARM VON ST. TROPEZ, wird er als zweite Rolle gebucht. In FANTOMAS soll er neben dem eigentlichen Star spielen. Der Film ist als Vehikel für Jean Marais gedacht. Doch gegen de Funès' Dampfmaschine kommt Marais‘ smartes Spiel nicht an. De Funès lässt sich schon lange nicht mehr in eine Rolle stecken und reißt den Film, im besten Sinne, an sich. Als Reaktion auf den Erfolg wird Marais in den Fortsetzungen, wie alle Co-Stars von de Funès, zum Stichwortgeber reduziert.
Und sehr zu de Funès Unmut schlagen auch die französischen Verleiher Kapital aus seinem Ruhm. Alte Filme, in denen er nur wenige Minuten auftritt, werden unter neuem Namen wieder herausgebracht, und zu passablen Erfolgen.
Die Scham der ersten Geige
Nur noch ein einziges Mal, direkt nach DER GENDARM VON ST. TROPEZ, wird er als zweite Rolle gebucht. In FANTOMAS soll er neben dem eigentlichen Star spielen. Der Film ist als Vehikel für Jean Marais gedacht. Doch gegen de Funès' Dampfmaschine kommt Marais‘ smartes Spiel nicht an. De Funès lässt sich schon lange nicht mehr in eine Rolle stecken und reißt den Film, im besten Sinne, an sich. Als Reaktion auf den Erfolg wird Marais in den Fortsetzungen, wie alle Co-Stars von de Funès, zum Stichwortgeber reduziert.
De Funès verabscheut übrigens die Intellektuellen und die Nouvelle Vague Anhänger
ebenso, wie diese ihn verachten. Sein Sohn Patrick erzählt Jahre später, wie sehr de Funès
es hasst, in schicken Restaurants zu essen, was er nur tut, weil ihn dort
niemand erkenne. Er setzt sich stundenlang um, damit er mit dem Rücken zum Raum
ungestört essen kann – Essen ist die große Liebe des Mannes, der so oft
hungern musste.
Der Erfolg ist ihm immer ungenehm – und er macht ihm Angst.
Von den Millionen, die er verdient, kauft er das Schloss, in dem seine Frau geboren wurde. Manche werfen ihm Größenwahn vor, doch er liebt den großen Garten, den er mit Bienen und Rosen bevölkert. Der Tier- und Naturschützer verbietet die Jagd auf seinen Ländereien. Und er kauft das Schloss vor allem wegen der Erinnerungen an die Ferien, die er dort verbrachte in Zeiten, als er nichts hatte.
Und doch verschließt er alle Räume, kontrolliert nachts die Türen, steht neben seinen erwachsenen Söhnen, während sie schlafen, aus Furcht, sie könnten am plötzlichen Kindstod sterben. Eine Weile trägt er sogar bei der Gartenarbeit stets eine Waffe bei sich und bleut seinen Kindern ein, ihn ja nicht zu erschrecken.
Er hasst es, erkannt zu werden und Autogramme zu geben. „Alain Delon“, erzählt sein Sohn einmal, „habe man immer in Ruhe gelassen, aus Angst, eine aufs Maul zu bekommen. Ihn nannten alle nur ‚Monsieur Delon‘.“ De Funès wird auf offener Straße bei seinem Spitznamen „Fufu“ gerufen und mit einem Schulterklopfen begrüßt. Seine Filme ziehen vor allem die Leute in die Kinos, die unter seinen herrischen Figuren zu leiden haben: die unteren Bediensteten, die Arbeiter, das Volk. Ihnen macht es den meisten Spaß, de Funès zuzuschauen, wie er auf der Leinwand für seine großspurig cholerischen Eskapaden und Tritte nach unten die Rechnung serviert bekommt. Und trotzdem, oder vielleicht deshalb, akzeptieren sie ihn als einen der Ihren.
De Funès will, anders als die Nouvelle Vague, nichts Neues erfinden. Nur Neues bieten! Er nimmt den Humor ernst, und weiß, wie schwer das Publikum zu unterhalten ist: "Ich nehme das Lachen so ernst wie mein Publikum". Dafür geht er bis zum Äußersten.
Er verfolgt die Uraufführung von HASCH MICH, ICH BIN DER MÖRDER, macht sich Notizen über die Reaktionen des Publikums, und passt den Rhythmus des Films anschließend noch etwas an.
Ein Gag, bei dem Farbe auf Uniformen spritzen soll, und der im fertigen Film wenige Sekunden dauert, braucht mehrere Drehtage, da die Uniformen nach jedem Take gereinigt werden müssen.
Einen Sturz in eine Jauchegrube wiederholt de Funès elf Mal.
Für eine witzige Szene als Dirigent nimmt er wochenlang Unterricht im Dirigieren.
Am Drehbuch von DIE ABENTEUER DES RABBI JAKOB schreibt er mit seinen Gagschreibern zehn Monate, und bereitet acht Wochen lang die 1500 Gags darin vor. Anschließend dreht er bis zu 20 Stunden am Tag mit diversen Kostümwechseln. Manche Szenen wiederholt er zwanzig Mal, bis er und der Regisseur zufrieden sind. De Funès feilt mit seinen Autoren und den Regisseuren an jedem einzelnen Gag, selbst an jeder Improvisation, bis alles stimmt. Für die berühmte Szene, in der er in einen Bottich mit Kaugummimasse fällt, verbringt er mehrere Nächte im Kalten, völlig durchnässt, um sich anschließend stundenlang die Kunstmasse von der Haut zu kratzen. Bei diesen Dreharbeiten ist er beinahe 60! Und noch mit 64 macht er, zum Entsetzen seines Regisseurs, seine Stunts selber.
Bis zum Ende will Louis de Funès seine Zuschauer unterhalten. Er will neue Gags, neue Inspirationen, neue Situationen erschaffen. "Jetzt, da sich mir durch meine Lage vielleicht die Möglichkeit bieten würde, habe ich keine Lust, zum Weinen zu bringen und dramatische Rollen zu spielen. Ich habe eine umfassende Bildung als Schauspieler, aber auf dem Gebiet der Clownerie."
Auch wenn seine Figur des Cholerikers stets gleich bleibt und gleich reagiert, sind die aberwitzigen Situationen und Verkleidungen, in denen sie landet, immer wieder neu, immer wieder anders. Und immer wieder versteckt de Funès einen Hauch von Gesellschaftskritik in seinen Werken, ohne je wirklich politisch zu werden.
Es ist auch dieser Suche nach dem Neuen im Alten zu verdanken, dass seine Filme bis zum Schluss niemals langweilig werden!
Von den Millionen, die er verdient, kauft er das Schloss, in dem seine Frau geboren wurde. Manche werfen ihm Größenwahn vor, doch er liebt den großen Garten, den er mit Bienen und Rosen bevölkert. Der Tier- und Naturschützer verbietet die Jagd auf seinen Ländereien. Und er kauft das Schloss vor allem wegen der Erinnerungen an die Ferien, die er dort verbrachte in Zeiten, als er nichts hatte.
Und doch verschließt er alle Räume, kontrolliert nachts die Türen, steht neben seinen erwachsenen Söhnen, während sie schlafen, aus Furcht, sie könnten am plötzlichen Kindstod sterben. Eine Weile trägt er sogar bei der Gartenarbeit stets eine Waffe bei sich und bleut seinen Kindern ein, ihn ja nicht zu erschrecken.
Er hasst es, erkannt zu werden und Autogramme zu geben. „Alain Delon“, erzählt sein Sohn einmal, „habe man immer in Ruhe gelassen, aus Angst, eine aufs Maul zu bekommen. Ihn nannten alle nur ‚Monsieur Delon‘.“ De Funès wird auf offener Straße bei seinem Spitznamen „Fufu“ gerufen und mit einem Schulterklopfen begrüßt. Seine Filme ziehen vor allem die Leute in die Kinos, die unter seinen herrischen Figuren zu leiden haben: die unteren Bediensteten, die Arbeiter, das Volk. Ihnen macht es den meisten Spaß, de Funès zuzuschauen, wie er auf der Leinwand für seine großspurig cholerischen Eskapaden und Tritte nach unten die Rechnung serviert bekommt. Und trotzdem, oder vielleicht deshalb, akzeptieren sie ihn als einen der Ihren.
Ein Knochenjob
De Funès will, anders als die Nouvelle Vague, nichts Neues erfinden. Nur Neues bieten! Er nimmt den Humor ernst, und weiß, wie schwer das Publikum zu unterhalten ist: "Ich nehme das Lachen so ernst wie mein Publikum". Dafür geht er bis zum Äußersten.
Er verfolgt die Uraufführung von HASCH MICH, ICH BIN DER MÖRDER, macht sich Notizen über die Reaktionen des Publikums, und passt den Rhythmus des Films anschließend noch etwas an.
Ein Gag, bei dem Farbe auf Uniformen spritzen soll, und der im fertigen Film wenige Sekunden dauert, braucht mehrere Drehtage, da die Uniformen nach jedem Take gereinigt werden müssen.
Einen Sturz in eine Jauchegrube wiederholt de Funès elf Mal.
Für eine witzige Szene als Dirigent nimmt er wochenlang Unterricht im Dirigieren.
Am Drehbuch von DIE ABENTEUER DES RABBI JAKOB schreibt er mit seinen Gagschreibern zehn Monate, und bereitet acht Wochen lang die 1500 Gags darin vor. Anschließend dreht er bis zu 20 Stunden am Tag mit diversen Kostümwechseln. Manche Szenen wiederholt er zwanzig Mal, bis er und der Regisseur zufrieden sind. De Funès feilt mit seinen Autoren und den Regisseuren an jedem einzelnen Gag, selbst an jeder Improvisation, bis alles stimmt. Für die berühmte Szene, in der er in einen Bottich mit Kaugummimasse fällt, verbringt er mehrere Nächte im Kalten, völlig durchnässt, um sich anschließend stundenlang die Kunstmasse von der Haut zu kratzen. Bei diesen Dreharbeiten ist er beinahe 60! Und noch mit 64 macht er, zum Entsetzen seines Regisseurs, seine Stunts selber.
Quelle: DVD "Die Abenteuer des Rabbi Jakob" © Studiocanal |
Auch wenn seine Figur des Cholerikers stets gleich bleibt und gleich reagiert, sind die aberwitzigen Situationen und Verkleidungen, in denen sie landet, immer wieder neu, immer wieder anders. Und immer wieder versteckt de Funès einen Hauch von Gesellschaftskritik in seinen Werken, ohne je wirklich politisch zu werden.
Es ist auch dieser Suche nach dem Neuen im Alten zu verdanken, dass seine Filme bis zum Schluss niemals langweilig werden!
Zu Tode gelacht
De Funès Arbeitseifer kennt kaum Grenzen. 1965 landet er vier gigantische Kassenschlager! Daneben steht er weiter dauerhaft auf
der Theaterbühne – was ihm schließlich zum Verhängnis wird. Denn auch dort spielt er
den aufbrausenden, herumfuchtelnden Wirbelsturm, Abend für Abend, stundenlang.
Nach den strapaziösen Dreharbeiten zu DIE ABENTEUER DES RABBI JAKOB steht er fast zweihundert Mal für die Farce "Der Walzer des Toreros" auf der Bühne und erleidet im März 1975 innerhalb einer Woche zwei Herzinfarkte. Von da an tritt er deutlich kürzer. Ab 1976 macht er diszipliniert nur
noch einen Film pro Jahr.
Zudem fürchtet er, die Zuschauer zu langweilen. Stellenweise läuft er in 25 Pariser Kinos mit acht oder neun Filmen gleichzeitig, während er Abend für Abend den Theatersaal füllt und Fernsehfilme mit ihm wiederholt werden.
Auch deshalb wendet er sich von der ewigen Rolle des Großindustriellen ab, spielt einen Rabbi, einen Diktator und schließlich einen Restaurantkritiker. Mit BRUST ODER KEULE dreht er 1976 nach langer Genesungspause einen seiner größten Hits. Die Rolle ist ruhiger angelegt und er ist deutlich abgemagert, aber auch deshalb schafft er es, seiner Figur so etwas wie Tiefe zu geben, ohne die klassischen Klamaukelemente auszublenden, die er und sein Publikum so lieben.
Auch deshalb wendet er sich von der ewigen Rolle des Großindustriellen ab, spielt einen Rabbi, einen Diktator und schließlich einen Restaurantkritiker. Mit BRUST ODER KEULE dreht er 1976 nach langer Genesungspause einen seiner größten Hits. Die Rolle ist ruhiger angelegt und er ist deutlich abgemagert, aber auch deshalb schafft er es, seiner Figur so etwas wie Tiefe zu geben, ohne die klassischen Klamaukelemente auszublenden, die er und sein Publikum so lieben.
Trotz seines weltweiten Erfolgs konzentriert sich der
Hauptteil von de Funès‘ Ruhm neben Frankreich, das ihm zu Füßen liegt, vor allem auf Deutschland.
Einerseits trifft der gegen biedere Autoritäten gerichtete Humor voll in den
Nerv der deutschen Wirtschaftswunderzeit. Andererseits trägt die
Synchronisation einen großen Teil dazu bei, der ohnehin überdrehten französischen
Klamotte noch eine dicke Portion oben drauf zu setzen. Wie seinerzeit üblich,
nimmt sich der Dialogautor alle Freiheiten, das Original um diverse Sprüche, Kommentare
und Kalauer zu erweitern und damit nicht nur zu übersetzen, sondern an den
deutschen Klamauk-Geschmack anzupassen. Eine Technik, die auch andere Filme wie
die bereits erwähnten Bud Spencer, Terrence Hill oder „IST JA IRRE ...“ Filme
über sich ergehen lassen müssen.
Dabei wurde de Funès' größte Leistung hier noch gar nicht erwähnt: Er bleibt fast zwanzig Jahre lang vollkommen populär, ohne auch nur
geringfügig in seiner Beliebtheit einzubrechen. Obwohl er schauspielerisch
stark limitiert ist, und während seiner Hochphase in jedem Film nahezu dieselbe Rolle
spielt, liebt ihn das Publikum bis zum Schluss. Selbst in den frühen Achtzigern zieht sein 1982 gedrehter, mittlerweile sechster Gendarmenfilm
LOUIS UND SEINE VERRÜCKTEN POLITESSEN weiterhin massenhaft Menschen ins Kino.
In Deutschland erscheint der Film im März 1983.
Zwei Monate vorher erleidet Louis de Funès, mittlerweile 68, seinen dritten Herzinfarkt, von dem er sich nicht wieder erholt. Der kleine Mann, der die Massen so sehr bewegt hat wie sich selbst, stirbt am 27. Januar 1983.
Zwei Monate vorher erleidet Louis de Funès, mittlerweile 68, seinen dritten Herzinfarkt, von dem er sich nicht wieder erholt. Der kleine Mann, der die Massen so sehr bewegt hat wie sich selbst, stirbt am 27. Januar 1983.
Heute, mehr als dreißig Jahre nach seinem Tod, hat der energiegeladene Clown nichts von seinem Witz oder seiner Popularität verloren. Seine Filme unterhalten noch immer, selbst wenn man sie bereits unzählige Male gesehen hat. Mit seiner Erforschung des Lachens gelang es Louis de Funès, eine Formel zu finden, die keine Grenzen und kein Alter kennt. Immer wieder freut man sich auf seine energiegeladene Spielweise, seinen körperlichen Witz, seine Fähigeit,
ein ganzes Feuerwerk an Grimassen abzufeuern.
Es ist kaum zu glauben, doch seine in Deutschland bekannteste Phrase ist über vierzig Jahre alt und stammt aus dem 1971 gestarteten HASCH MICH, ICH BIN DER MÖRDER.
Ja, die ist wirklich so alt.
Nein.
Doch.
Oooh!
Bis heute ist Louis de Funès einer der beliebtesten Komiker, und mehr noch, einer der beliebtesten Franzosen der Welt.
Es ist kaum zu glauben, doch seine in Deutschland bekannteste Phrase ist über vierzig Jahre alt und stammt aus dem 1971 gestarteten HASCH MICH, ICH BIN DER MÖRDER.
Ja, die ist wirklich so alt.
Nein.
Doch.
Oooh!
Bis heute ist Louis de Funès einer der beliebtesten Komiker, und mehr noch, einer der beliebtesten Franzosen der Welt.
In Frankreich, dem Land, das seine Helden verehrt wie kaum ein anderes, scheint seine Zeit niemals wirklich geendet zu haben. Noch heute schalten Abermillionen Zuschauer ein, wenn seine Filme im Fernsehen laufen. Noch immer erreicht er Marktanteile von bis zu 43%.
Immer wieder erzählte Louis de Funès die Ankedote eines Kritikers, der über einen Komiker sagte: "Es ist schwer, ihm zu widerstehen", und als Antwort erhielt: "Ihm widerstehen? Was für eine komische Idee!"
Feydeau hat gesagt: 'Der Schwache ist es, der die
Fußtritte erhält, die zum Lachen bringen.' Und ich glaube wohl, dass es
keine Regel gibt, denn ich selbst bringe zum Lachen, indem ich
denjenigen spiele, der die Fußtritte austeilt. Ich verkörpere sehr gern
die Typen, die sich ernst nehmen und sich Respekt verschaffen wollen, um
sie dann lächerlich zu machen. Ich finde gern das kleine Detail, das
Sandkorn, das diese vor Eitelkeit aufgeblasene Person zusammenbrechen
lässt.
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