Jugend – Kino – Rebellion. Drei
Begriffe, die spätestens seit 1955 untrennbar miteinander verbunden
sind. Schon immer sind Kino und Film ein Spiegel der Gesellschaft,
eine Zeitkapsel sozialer Werte und Normen. Doch spätestens mit James
Deans verzweifeltem Auftritt in … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN
wird das Kino auch zum Megaphon der Jugend. Zu ihrer Stimme und ihrem
Werkzeug auf dem Weg zum Erwachsenwerden.
Im zweiten Teil unseres James Dean
gewidmeten Monats werfen wir einen kurzen Blick auf den Film als
Ausdruck der rebellischen Jugend.
Film ist, natürlich, vieles. Keine
Einzeldeutung wird dem Film oder dem Kino gerecht.
Unterhaltung, Kunst, Business, Bildung, Verarbeitung, Information,
Propaganda, Eskapismus, Aussage, Ausdruck, Statement , Schaustück–
jedem Film wohnen einer oder mehrere dieser Begriffe inne.
Dennoch verändert sich 1955 etwas.
Denn bis dahin ist Kino viel stärker in den Bereichen Unterhaltung,
Business, „Traumfabrik“ und - mit einigen Klassikern - der Bildung
vertreten. Welche Funktion Filme deutlich seltener einnehmen – ausgenommen
natürlich die Propagandawerke des Zweiten Weltkriegs – sind
die des Vehikels für ein Lebensgefühl. Noch dazu für ein rebellisches. Kino
versucht in der Regel, Skandal und ein Aufbegehren gegen die
Gesellschaft zu vermeiden, denn beides ist am Ende schlecht fürs
Geschäft.
Mit … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE
TUN wagt das Kino den großen Aufstand. Es klagt Eltern an, es klagt
die Gesellschaft an, es stellt den Status Quo in Frage und gibt
einer breiten, bisher kaum hörbaren Bevölkerungsschicht eine
Stimme. Das ist neu, großartig, und macht den Film nicht nur zu
einem Klassiker, sondern auch zum Startschuss einer neuen Funktion
des Kinos: Es wird zu einem weiteren Mittel der Jugend, sich von der
Elterngeneration zu lösen.
Form und Inhalt der Rebellion im Film
Diese Loslösung der Jugend ist das
Triebrad unseres sozialen Fortschritts. Psychologisch ist man sich
einig, dass Jugendliche sich, nach einer Kindheit in Abhängigkeit
und Nachahmung, in der Jugend möglichst weit von ihren Eltern
entfernen müssen, um ihre eigene Identität zu finden. Das geschieht
im Kleinen wie im Großen, und jede neue Generation verändert die
Gesellschaft, aus der sie kommt.
Diese „rebellischen Aufstände“ der
Jugend finden auch schon immer in der Kunst statt, etwa in der
Malerei (wir nennen das heute „Epochen“), in der Literatur (wir
nennen das heute „Gattungen“) und natürlich in der Musik. Musik
ist, spätestens seit Aufkommen der modernen Aufnahmetechniken, die
erste und vorderste Ausdrucksform, mit der Jugendliche sich von ihren
Eltern distanzieren: Jazz, Rock'n'Roll, Punk, Grunge, Techno, Justin
Bieber und Miley Cyrus – sie alle werden groß, weil die Eltern sie
ablehnen, was sie für die Kinder um so verführerischer macht.
Filme aber müssen sich diese Funktion
erst verdienen und nach 1955 ihre Nische finden. Interessant dabei
ist, dass Filme die Rebellion der Jugend auf zwei Arten unterstützen.
Quelle: DVD "Der Frühstücksclub" © Universal Pictures Germany |
Die erste Art sind dabei Filme, deren
Form die Loslösung der Jugend unterstützen. Das meint all
die Filme, die Jugendliche so lieben, weil ihre Eltern sich dabei die Haare raufen: A CLOCKWORK ORANGE, THE
TEXAS CHAIN SAW MASSACRE, MEET THE FEEBLES, BRAINDEAD, GESICHTER
DES TODES, FIGHT CLUB, PULP FICTION oder EMMANUELLE zum Beispiel.
Es ist kein Zufall, dass vor allem Gewalt- und Horrorfilme bei
Jugendlichen so beliebt sind. Filme, in denen die üblichen Regeln
nichts gelten und in denen die Anarchie gefeiert wird und häufig die Jugend triumphiert. Die
erfolgreiche Missachtung und Loslösung von Regeln ist ja genau das, was die
Rebellion der Jugend auszeichnet.
Die zweite Art von Filmen meint solche,
deren Inhalt sich um die Rebellion der Jugend dreht. Wie eben
in … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN. Diese Filme sind nicht so
sehr schockierend, stattdessen sprechen sie etwas in den
Jugendlichen an. Sie sind kein Mittel der Rebellion, sondern eine
Stimme der Rebellion. Irgendwie, irgendwo, finden Jugendliche sich in
diesen Filmen wieder. Sie sehen darin ihre eigenen Gedanken, Ängste,
Sorgen und Gefühle wiedergegeben und blicken in den Spiegel des
Erwachsenwerdens.
Die Klassiker der Jugendrebellion
Wir möchten heute einige Filme dieser
zweiten Kategorie näher betrachten, weil diese in direkter
Abstammung zu … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN stehen, und zu
dem, was James Dean damals verkörperte: Das Spiegelbild einer
Jugend, und ihren Aufstand gegen die alte Generation.
… DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN (USA 1955)
Wir bereits erwähnt stellt dieser Film
eine Art Startschuss dar. Er ist zwar nicht der erste Film, der sich
mit der Problematik von Jugendlichen beschäftigt, allerdings ist er
der erste, der ihren Standpunkt einnimmt. In allen Vorläufern
sind problematische Jugendliche eben das: ein Problem. In … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN werden sie erstmals zur Folge, zum
Symptom eines ganz anderen Problems: der Eltern.
Hier findet sich eine ganze Generation
Jugendlicher wieder, die im Sumpf ihrer von Wohlstand ertränkten,
vom Krieg traumatisierten Eltern aufgewachsen sind, und die -
vielleicht als eine der ersten Generationen überhaupt - einen Mangel
an Vorbildern beklagen muss. Ironischerweise wird mit James Dean,
oder seiner Figur des Jim Stark, ausgerechnet einer der Ihren zu
ihrem Vorbild.
DIE HALBSTARKEN (D 1956)
Auch wenn der Film heute immer ein
wenig als „Deutscher Klon“ von … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE
TUN abgetan wird, ist er eigentlich viel mehr als das. Als der Film
1956 in die deutschen Kinos kommt, gibt auch er der damaligen Jugend
erstmals eine Projektionsfläche. Das deutsche Nachkriegskino wird
von Heimat- und Heile-Welt-Filmen überschwemmt. Realismus ist nach
der noch frischen Wirklichkeit des Zweiten Weltkriegs nach wie vor kein
allzu gefragtes Kulturgut. Dass DIE HALBSTARKEN sich bemüht, ein realistisches
Bild der deutschen Nachkriegsjugend zu zeichnen, spricht daher Bände.
Der Journalist Will Tremper ist für die Erzählung und das Drehbuch
tief in die Jugendsubkultur abgetaucht und bringt sie originalgetreu
auf die Leinwand. Selbst die Jugendsprache mit Begriffen wie
„Backfisch“ findet hier eine korrekte Anwendung.
Den Jugendlichen gefällt es. Sie
fühlen sich von der verbrecherischen Bande im Film derartig gut
vertreten und motiviert, dass es nach den Vorführungen regelmäßig zu Randalen
und Belästigungen in den Kinos kommt.
Quelle: DVD "Die Halbstarken" © STUDIOCANAL |
1996 produziert Bernd Eichinger ein
TV-Remake des Films mit Til Schweiger, der deutlich aufzeigt, dass
DIE HALBSTARKEN eben nur ein Spiegelbild einer Generation sein
konnte. Statt wie das Original die Jugend zu zelebrieren, feiert das Remake die Zeit, in der er spielt. Für die Zuschauer der Neunziger
bietet er damit keinerlei Projektionsfläche mehr und wird zur reinen
Hommage an ein Jahrzehnt, die die Zuschauer allerdings kalt
lässt.
GRAUSAME GESCHICHTEN ÜBER DIE JUGEND (JP 1960)
Wie in
japanischen Filmen üblich, ist hier nichts so, wie es scheint.
Regisseur und Autor Nagisa Ōshima
nutzt sein von der Nouvelle Vague inspiriertes, brutales Meisterwerk
für die unvermeidliche Verbindung zwischen Jugend und Politik.
Damit
gibt er dem ganzen Land Japans eine Stimme, das sich 1960 noch immer
wie ein bevormundeter Jugendlicher fühlt: Das einst stolze und
mächtige Land steht seit Kriegsende unter der strengen Fuchtel der
amerikanischen Besatzer, die das Land gnadenlos verwestlichen.
Jegliche „alte Generation“ wird aufgelöst und das ganze Land neu
konstruiert. Die Japaner haben auch 15 Jahre nach ihrer Kapitulation
– im besten Jugendalter also – noch Schwierigkeiten, sich an ihr
neues, unterdrücktes Leben zu gewöhnen.
1960 wird zum großen Verdruss der Bevölkerung auch noch der „Sicherheitspakt“ zwischen Japan und den USA erneuert. Eine Selbstständigkeit steht also in weiter Ferne.
1960 wird zum großen Verdruss der Bevölkerung auch noch der „Sicherheitspakt“ zwischen Japan und den USA erneuert. Eine Selbstständigkeit steht also in weiter Ferne.
GRAUSAME
GESCHICHTEN ÜBER DIE JUGEND erzählt von einem jugendlichen Pärchen, das
ältere, wohlhabende Herren erpresst und seine Wut und ihren Frust an
ihnen auslässt. Die Gefühle, die das Volk nicht ausleben kann,
dürfen die Filmfiguren stellvertretend erleben.
Ōshima
setzt hier also den Zorn der Jugend mit dem Zorn der japanischen
Bevölkerung gleich. Eine ganze Nation als unterdrückte Teenager –
einen größeren Wirkungsbereich findet kein anderer Film auf unserer
Liste.
A CLOCKWORK ORANGE (GB 1971)
UHRWERK ORANGE, wie der Film nach
Anthony Burgess' Roman auf deutsch heißt, ist einer der sperrigsten Vertreter der filmischen Jugendrebellion, und
zugleich einer der einflussreichsten, da er sich die Jugend, die er
vertritt, einfach selbst erschafft: die Punker.
Ungewöhnlich ist zunächst, dass der
Film nicht von einer „alten“ und einer „neuen“ Generation
handelt, sondern eher kreisförmig die Frage danach stellt: Wer
erschafft die Gesellschaft, und wer rebelliert gegen sie?
Auch wenn der Film gängige Probleme
anspricht, etwa die für Erwachsene rätselhafte Jugendsprache, wird
Gewalt zum dominanten Rebellionswerkzeug der Jugend. Das auf
Herumlungern, Gewalt und „Drogen“ konzentrierte Leben von Alex
und seinen „Droogs“, sowie ihre scheinbare Emotionslosigkeit gerät hier zum rebellischen Fokus. Der
Film nimmt dabei keine klare Perspektive ein, denn er spart an
Motivationen. In die Welt der jugendlichen Rebellen erhält man nur
oberflächlichen Einblick, in die der ratlosen Eltern und der
Gesellschaft jedoch auch.
Quelle: DVD "Uhrwerk Orange" © Warner Home Video |
Der Film löst nach Erscheinen enorme
Diskussionen über Gewaltverherrlichung aus. Auch wenn er heutzutage
äußerst zahm wirkt (Die FSK Freigabe wurde mittlerweile von 18 auf
16 runtergesetzt), bietet er 1971 selten gesehene, scheinbar sinnlose Gewaltakte.
Die Jugendlichen im Film sind komplett triebgesteuert, anarchisch und
scheinen keinerlei Moral oder andere innere Regelfunktionen zu
besitzen. Damit bieten sie eher ein Schreckensbild einer Jugend statt
ein Spiegelbild.
Für einige scheint das jedoch auch eine Motivation zu sein: In England kommt es zu vermeintlichen Nachahmungstaten und Kubrick lässt den Film kurz nach Erscheinen und nach Drohungen gegen seine Familie in England aus dem Verleih nehmen. Erst siebenundzwanzig Jahre später, nach Kubricks Tod 1999, wird das Verbot aufgehoben.
Für einige scheint das jedoch auch eine Motivation zu sein: In England kommt es zu vermeintlichen Nachahmungstaten und Kubrick lässt den Film kurz nach Erscheinen und nach Drohungen gegen seine Familie in England aus dem Verleih nehmen. Erst siebenundzwanzig Jahre später, nach Kubricks Tod 1999, wird das Verbot aufgehoben.
Da hat sich der Film jedoch längst
durchgesetzt, denn eine ganze Jugendgeneration, besonders in England und
Deutschland, ist von dem gewaltbereiten, der Gesellschaft ins Gesicht
rotzenden, anarchischen Attitüde des Films begeistert. Aus der
Fangemeinde entwickelt sich eine ganz eigene Jugendkultur –
vielleicht die drastischste von allen: Der Punk. Dessen Aufstieg in den Siebzigern ist der Gegenschlag der Jugend gegen die gesamte Gesellschaft. Ein Feuerwerk der Anarchie, ja ein Versuch, die Anarchie als Lebens-
und Gesellschaftsform zu etablieren. In diesen Kreisen wird A
CLOCKWORK ORANGE zum Kultfilm, zum Vorbild und Spiegelbild
gleichermaßen. Die Jugendkultur, die der Film erschaffen hat, fühlt
sich davon am ehesten wiedergegeben.
Das
macht A CLOCKWORK ORANGE zum vielleicht einflussreichsten und
wuchtigsten Film dieser Liste.
EIS AM STIEL (IL 1978)
Auch
Liebe und Sexualität sind ein entscheidender Punkt, in dem Jugendliche
sich von ihren Eltern lösen müssen, und kein Film hat den Konflikt
der Generationen so einfühlsam und smart auf die Leinwand gebracht
wie das israelische Drama von 1978.
Quelle: DVD "Eis am Stiel" © Universum Film GmbH |
Jugendliche
erhalten keine Gebrauchsanleitung für ihre ersten Gefühle, und
Erwachsene sind da weder eine Hilfe noch ein Vorbild, wie der Film
eindringlich zeigt. Auch er spielt in den späten Fünfzigerjahren
und handelt von dem jungen Benny, der seine erste Verliebtheit kaum
ertragen kann. Ihm gegenüber stehen die Erwachsenen, für die Liebe
und Sex aus Gewohnheit, gegenseitiger Missachtung, Fremdgehen und Prostitution
bestehen. Auch sein älterer Freund Momo, bereits tiefer im
Erwachsensein verwurzelt als Benny, hat für die Zartheit der Liebe
nichts mehr übrig. In dieser Welt, in der das Erwachsensein mit
verrohten Liebesgefühlen gleichgesetzt wird, ist Bennys Beharren
auf Romantik und Zärtlichkeit eine ganz eigene Form der Rebellion.
Auch
wenn der Film durchaus als Komödie angelegt ist, ist es dennoch bedauerlich,
dass die Reihe im Anschluss vor allem von deutschen Produzenten immer
mehr zum Fummelklamauk runtergenudelt wird. So ist der erste Teil
als sensibles Jugenddrama heute kaum noch im Bewusstsein.
THE OUTSIDERS (USA 1983)
Die Achtziger sind das Jahrzehnt, das
am stärksten Bezug auf die 50er und 60er Jahre nimmt, beide Jahrzehnte erleben in dieser Zeit beinahe eine Renaissance. Vermutlich, weil jetzt
all die Regisseure und Autoren den Weg ins Kino finden, die in dieser
Zeit aufgewachsen sind.
1983 inszeniert Francis Ford Coppola
gleich zwei Jugendramen, von denen eines eine klare Hommage an die
60er Jahre ist und in Form und Inhalt klare Reminiszenzen an …
DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN aufweist.
Im Zentrum des Klassikers THE OUTSIDERS
stehen zwei rivalisierende Banden, von denen jede auf ihre Art gegen die
Gesellschaft aufbegehrt. Dabei kommen sie sich schnell und dramatisch in die Quere. Es
geht um die Aufrechterhaltung von Moral und Menschlichkeit innerhalb
der Gruppe.
Und es geht um eine Freundschaft
zwischen zwei Jugendlichen, die sich über die Regeln der Gruppe
hinwegsetzen. Das Finden eines Seelenverwandten, eines Freundes, der
die Sensibiltät und die Einsamkeit ebenso teilt. Ein Freund, der das
Leben anderer höher einschätzt als das eigene und somit eine
Alternative zur Gewalt innerhalb der Gruppe bietet.
Quelle: DVD "Die Outsiders" © STUDIOCANAL |
Das
Ende des Films ist am deutlichsten angelehnt an das Ende von ... DENN
SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN, denn so scheint der vermeintliche
Unfall eher ein Selbstmord zu sein, da das Alleinsein innerhalb der
Gruppe keine Perspektive zu bieten scheint.
Spannend
ist dabei, dass der Film gleichzeitig wie ein Nachsatz zu … DENN
SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN wirkt. Denn im Klassiker von 1955 hat
das Tun der Figuren keine sichtbaren Konsequenzen. Obwohl zwei
Menschen sterben, werden die Konsequenzen dieser Taten größtenteils
ausgespart, der Film bleibt ganz beim Innenleben der Figuren.
THE OUTSIDERS nun
konzentriert sich vor allem auf die Konsequenzen der Taten, nicht für
die Personen selbst, sondern für ihre Zugehörigkeit in der Gruppe.
Er wirkt damit deutlich realistischer als der etwas ätherische …
DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN.
DER FRÜHSTÜCKSCLUB (USA 1985)
DER FRÜHSTÜCKSCLUB ist vermutlich der
bedeutsamste aller hier genannten Filme, weil er die dichteste Essenz
enthält. Zumindest ist er für das Genre der Jugendrebellionsfilme
deutlich höher einzuschätzen als … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE
TUN.
Fünf Jugendliche, fünf Archetypen
dessen, was ein Jugendlicher 1984 sein konnte – eine Prinzessin,
ein Sportfreak, ein Streber, ein Rebell und eine Verrückte –,
verbringen einen gemeinsamen Samstag beim Nachsitzen. Fünf
Jugendliche, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, die im
normalen Leben niemals irgendeinen Kontakt miteinander haben würden,
erfahren plötzlich, dass sie trotz ihrer Unterschiedlichkeit alle
gleich sind – sie alle lehnen sich gegen ihre Eltern auf.
DER FRÜHSTÜCKSCLUB ist neben … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN der einzige Film, der direkt auf den Konflikt zwischen Eltern und Jugendlichen abzielt. Der Film lotet die Formen des Widerstands gegen die Eltern aus. Und wie … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN spricht er die Ängste der Jugendlichen direkt und explizit aus: „Wenn du erwachsen wirst, stirbt dein Herz“ oder „Mein Gott, werden wir etwa wie unsere Eltern?“ sind einige der vielen, vielen Kernsätze des Films.
DER FRÜHSTÜCKSCLUB ist neben … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN der einzige Film, der direkt auf den Konflikt zwischen Eltern und Jugendlichen abzielt. Der Film lotet die Formen des Widerstands gegen die Eltern aus. Und wie … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN spricht er die Ängste der Jugendlichen direkt und explizit aus: „Wenn du erwachsen wirst, stirbt dein Herz“ oder „Mein Gott, werden wir etwa wie unsere Eltern?“ sind einige der vielen, vielen Kernsätze des Films.
Was die Rebellion der Jugend betrifft, gibt es keinen besseren, pointierteren und klassischeren Film als DER
FRÜHSTÜCKSCLUB, denn all die Ängste, all die Mechanismen, all die
Vorurteile, welche die Basis des Films bilden, sind noch heute das
Fundament der Gefühle Jugendlicher. Die Archetypen mögen sich
geändert haben, aber die Beweggründe haben es nicht.
FERRIS MACHT BLAU (USA 1986)
Wenn es einen Film gibt, der „Spaß“
zum Mittel der Rebellion macht, dann ist es FERRIS MACHT BLAU! Auch
er entstammt der Feder und Regie von John Hughes, dem vermutlich
größten filmischen Genie der Jugendrebellion, ein Idol, wie es
James Dean noch überstrahlen würde – wenn er seine rebellischen
Filme nicht immer mit fremden Gesichtern geschmückt hätte.
Quelle: DVD "Ferris macht blau" © Paramount Home Entertaiment |
Hatte Hughes sich ein Jahr zuvor noch
dem Eltern-Kinder Konflikt gewidmet und dabei tief philosophische
Töne angeschlagen, frönt er nun dem Hedonismus der Jugend: „Das
Leben geht ziemlich schnell vorbei. Wenn ihr nicht ab und zu anhaltet
und euch umseht, könntet ihr es verpassen“, drückt Ferris die
Prämisse des Films – und die große Sorge der Jugend aus.
Hughes trifft erneut einen Nerv, denn tatsächlich fällt es als Jugendlicher oft schwer, einfach mal locker zu lassen und Spaß zu haben. Dieser Grundangst stellt Hughes den tiefenentspannten, bis zur Haarspitze selbstbewussten Ferris Bueller entgegen (ein absolutes Novum! Nur selten werden durch und durch selbstbewusste Teenager zum Star eines Films über Jugendrebellion), der einfach mal die Schule schwänzt und mit seinem besten Freund und seiner Freundin einen drauf macht – und dabei genügend erlebt, dass es für eine ganze Jugend reicht.
Hughes trifft erneut einen Nerv, denn tatsächlich fällt es als Jugendlicher oft schwer, einfach mal locker zu lassen und Spaß zu haben. Dieser Grundangst stellt Hughes den tiefenentspannten, bis zur Haarspitze selbstbewussten Ferris Bueller entgegen (ein absolutes Novum! Nur selten werden durch und durch selbstbewusste Teenager zum Star eines Films über Jugendrebellion), der einfach mal die Schule schwänzt und mit seinem besten Freund und seiner Freundin einen drauf macht – und dabei genügend erlebt, dass es für eine ganze Jugend reicht.
Angeheizt wird der Wert dieses Tages
noch durch seine Feststellung, dass es der letzte schöne Tag sei, im
letzten Jahr der High School, bevor das Leben so richtig losgeht.
Wenn nicht jetzt, wann dann?
Hughes verdichtet hier das Leben eines Jugendlichen auf die Türschwelle zum Erwachsenwerden. Auf den letzten schönen Tag als Jugendlicher. Seine Figuren wissen, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Ihnen bleibt nur noch die bevorstehende Düsternis eines Lebens als Erwachsener. Hier wird der Spaß, die „Sause“ zum Mittel der Rebellion: Während die Eltern schuften, der Rektor die Regeln einzuhalten versucht, und die missgünstige Schwester darauf beharrt, dass ihr Bruder sich endlich wie ein Erwachsener zu benehmen hat, dreht Ferris allen eine lange Nase und nimmt das Leben nochmal leicht – solange er noch kann.
Hughes verdichtet hier das Leben eines Jugendlichen auf die Türschwelle zum Erwachsenwerden. Auf den letzten schönen Tag als Jugendlicher. Seine Figuren wissen, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Ihnen bleibt nur noch die bevorstehende Düsternis eines Lebens als Erwachsener. Hier wird der Spaß, die „Sause“ zum Mittel der Rebellion: Während die Eltern schuften, der Rektor die Regeln einzuhalten versucht, und die missgünstige Schwester darauf beharrt, dass ihr Bruder sich endlich wie ein Erwachsener zu benehmen hat, dreht Ferris allen eine lange Nase und nimmt das Leben nochmal leicht – solange er noch kann.
HEATHERS (USA 1989)
HEATHERS kracht in die Filmwelt wie ein
Paukenschlag und entpuppt sich als rotzige Grunge-Schwester des
poppigen Jugendfilms. Wenn ein Film die Jugend der Neunziger einleitet, dann dieser.
Nachdem Jugendliche im Film jahrzehntelang bedeutungsschwer gehadert, gewütet und sich vergnügt haben,
dürfen sie der Welt nun den desinteressierten Mittelfinger zeigen. Da ist es kein Zufall, dass die von Christian Slater gespielte, bitterböse Anti-Version von James Dean ausgerechnet "J.D." heisst.
HEATHERS wirkt generell wie das dunkle Gegenstück aus dem Spiegeluniversum von John Hughes' gefühlsduseligen Teenyfilmen. Hier respektieren die Jugendlichen nichts und niemanden, am allerwenigsten sich selbst. Sie begehren gegen ausnahmslos alles auf, vor allem gegen die eigenen Gruppenstrukturen. Hatten sich die unterschiedlichen Jugendkulturen in DER FRÜHSTÜCKSCLUB noch mit Gesprächen und Gefühlsduseleien auf ihre Gemeinsamkeiten besonnen, schleudern sie sich in HEATHERS Crocketschläger und brennende Dynamitstangen um die Ohren. Ein wichtiger Film, der die Weichen für eine ganze Generation legt: Wer in den Neunzigern „cool“ sein will, dem musste alles egal sein, inklusive der eigenen Peer-Group und im Zweifelsfalle das eigene Leben.
HEATHERS wirkt generell wie das dunkle Gegenstück aus dem Spiegeluniversum von John Hughes' gefühlsduseligen Teenyfilmen. Hier respektieren die Jugendlichen nichts und niemanden, am allerwenigsten sich selbst. Sie begehren gegen ausnahmslos alles auf, vor allem gegen die eigenen Gruppenstrukturen. Hatten sich die unterschiedlichen Jugendkulturen in DER FRÜHSTÜCKSCLUB noch mit Gesprächen und Gefühlsduseleien auf ihre Gemeinsamkeiten besonnen, schleudern sie sich in HEATHERS Crocketschläger und brennende Dynamitstangen um die Ohren. Ein wichtiger Film, der die Weichen für eine ganze Generation legt: Wer in den Neunzigern „cool“ sein will, dem musste alles egal sein, inklusive der eigenen Peer-Group und im Zweifelsfalle das eigene Leben.
So ganz hat sich die Jugendkultur bis heute nicht von dieser Scheißegal-Haltung – in
HEATHERS nimmt sie ihren filmischen Ursprung. Der Streifen prägt
damit so gut wie jeden Jugendfilm der Neunziger: Ein bisschen
Mir-doch-egal Mentalität muss anschließend einfach sein, sonst
wirkt ein Filme spießig oder Achtziger-verkitscht.
HEAVENLY CREATURES (NZ 1994)
Der vielleicht
konsequenteste Vertreter seiner Gattung: Als zwei jugendliche Mädchen
sich von ihrem Traumleben ausgegrenzt sehen, wählen sie die wohl
bitterste Form der jugendlichen Auflehnung und Loslösung: Den
Elternmord!
Peter Jacksons Drama nimmt
auch deshalb so eine Sonderstellung ein, weil es möglicherweise der
einzig bedeutsame Jugendrebellionsfilm ist, dessen Handlung auf
wahren Tatsachen beruht. Es ist erstaunlich, dass diese letzte,
konsequenteste Form des Widerstands gegen die Eltern keinem Autor für
seine fiktive Geschichte eingefallen ist, sondern dass sie aus der
Realität gezogen werden musste.
Einer der eindringlichsten
Filme dieser Liste.
KIDS (USA 1995)
Vermutlich der krasseste Titel auf
dieser Liste, und eine echte Ausnahme, weil es ihm gelingt, die
erste, auf Schockierung der Eltern abzielende Art des Jugendfilms,
und die zweite, auch inhaltlich von der Rebellion der Jugend
erzählende Art, perfekt kombiniert.
Mit (damals) Laiendarstellern
wie Cloe Sevigny und Rosario Dawson inszeniert Larry Clark das wütende Drehbuch von Harmony Korine. Nie
zuvor (und selten danach) werden Teenager als derart perspektivlose
Rotzlöffel porträtiert. Wo die Teenager in allen vorhergehenden
Filmen eher hilflos waren und Vorbilder, Antworten, einen Plan oder
wenigstens einen Zipfel von Spaß und Erleuchtung suchten, suhlen
sich die verlorenen Kinder in KIDS wohlig in ihrem eigenen Dreck. Man
füllt den Tag mit verprügelten Pennern, mit Alkohol, Drogen, Sex,
Vergewaltigung und allem anderen, was einer Jugend ohne jede
Perspektive den Tag verschönert.
Das perfide dabei: Mitte der Neunziger,
noch immer im brandaktuellen Thema AIDS gefangen, wird allein diese
Krankheit zum roten Faden der „Handlung“, und die Moral endet darin, dass
zumindest einige der Jugendlichen ohnehin keine Zukunft haben, und
jeder Versuch, erwachsen zu werden daher zwecklos ist.
Quelle: DVD "Kids" © Universum Film GmbH |
Die Teenager in KIDS rebellieren aus
vollen Rohren, doch sie tun es weder zielgerichtet noch mit einem
nennenswerten Ergebnis – sinnloser, zynischer und bösartiger hat
kaum ein anderer Film den Aufstand der Jugend je gezeigt.
HUNGER GAMES REIHE (USA 2012-2015)
Die HUNGER GAMES Reihe bietet den wohl
modernsten Einblick in die Jugendrebellion. Sie gehört zu den
wenigen Literaturverfilmungen und funktioniert vermutlich ein wenig
anders, als die meisten anderen hier aufgeführten Filme. Dennoch
erachten wir sie als gültig.
Auf den ersten Blick wird klar, wieso:
Ein (erwachsenes) totalitäres Regime zwingt seine (jugendlichen)
Bewohner, sich in tödlichen Arenakämpfen zu beweisen. Im Laufe der
Handlung begehrt das (von der jugendlichen Katniss angeführte) Volk
gegen das Regime auf und befreit sich. HUNGER GAMES bietet damit eine
klare und saubere Metapher auf den jugendlichen Aufstand: Die Jugend
verweigert sich den alteingesessenen Regeln und fegt, in diesem Falle
mit Gewalt, die alte Generation fort, um eine neue aufzubauen.
Interessant ist dabei, wie sehr HUNGER
GAMES den zeitlichen Ablauf umkehrt: Das „Erwachsene“ Regime
beschreibt eine dystopische Zukunft. Die „jugendliche“ Revolte
hingegen strebt die Rückkehr zum vergangenen „gegenwärtigen“
Status an. Hier sind die Jugendlichen der reaktionäre (und zugleich
die Welt verändernde) Part.
An Suzanne Collins' Romanreihe wird
schon an unzähligen anderen Stellen heruminterpretiert (die Romane
bieten reichen Stoff für die Literaturwissenschaften), so dass wir
es uns hier ersparen wollen, weisen aber auf die interessanten
Mechanismen und Umkehrungen hin, die die Filme mit sich bringen. Und
natürlich darauf, dass hier, anders als in vielen anderen Filmen,
die Jugendlichen nicht innerlich rebellieren, sondern äußerlich.
Auch andere Filme, wie aktuell die MAZE RUNNER Reihe schlagen in diese Kerbe, in der die Welt der Erwachsenen als von Jugendlichen zu überwindende Dystopie dargestellt wird.
Auch andere Filme, wie aktuell die MAZE RUNNER Reihe schlagen in diese Kerbe, in der die Welt der Erwachsenen als von Jugendlichen zu überwindende Dystopie dargestellt wird.
Es
bleibt abzuwarten, ob sich hier ein neuer Trend etabliert, und Filme
über Jugendrebellion in Zukunft öfter diesen Weg beschreiten.
Die bewahrte Jugend
Man erkennt also klare
Gemeinsamkeiten, aber auch klare Unterschiede in den Filmen, die den
Aufstand der Jugend zum Thema haben. Gemeinsam ist ihnen, dass sie
stets nur die Jugend ihres Augenblicks porträtieren können.
Zwischen … DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN, DER FRÜHSTÜCKSCLUB
und KIDS liegen Welten – oder eben einfach Jahrzehnte und
Generationen.
Das ist etwas, das auch
bleiben wird. Jede kommende Generation wird die alte schockieren, und
immer werden die Filme kommen, die es kommentieren und dieser
Generation ein Gesicht, eine Stimme geben.
Deutlich sichtbar ist
auch, dass jeder Film einen anderen Schwerpunkt darauf legt, womit
oder weswegen sich Jugendliche auflehnen. Manchmal gegen die Eltern,
manchmal die Gesellschaft oder die Erwartungen. Manchmal wehren sie
sich mit Gewalt, mit Trotz oder mit Spaß. Auch das entspricht der
Vielseitigkeit des gesellschaftlichen Vorgangs, um den es hier geht.
Quelle: DVD "Heavenly Creatures" © Senator Home Entertainment |
Ein Überblick wie dieser
kann auch nicht komplett sein. Je nachdem, wie eng man die Maßstäbe
anlegt, gibt es noch Dutzende, vielleicht Hunderte Filme, die sich mit
dem Konflikt zwischen Jugend- und Elterngeneration beschäftigen. Von
FREAKY FRIDAY (sowie sämtliche folgenden Körpertauschkomödien wie
etwa BIG) über DIE GOONIES, AUF KURZE DISTANZ, WEST SIDE STORY,
GREASE, oder BATTLE ROYALE (eigentlich der Vorläufer zu THE
HUNGER GAMES) gibt es noch etliche Filme, die sich dem Thema Jugend
widmen, und damit zwangsläufig auch dem Protest. Wer die Grenzen
noch großzügiger steckt, könnte sogar Filme wie KEVIN ALLEIN ZU HAUS oder REQUIEM
FOR A DREAM zu den Rebellionsfilmen zählen – immer dort, wo es zu
Konflikten zwischen Alt und Jung, zwischen Jugend und Gesellschaft
kommt, sind Spuren dessen enthalten, was mit James Dean einst begann.
Wir wollten uns hier auf
die etwas deutlicheren Vertreter konzentrieren, und auf die, die in
gewisser Weise etwas Neues oder Einzigartiges eingebracht haben.
Viele von uns, gerade die ältere
Generation, vergessen schnell, wie gut es uns geht. Dass „wir“ als
Gesellschaft über Kunstformen verfügen, die uns die Stimme der
Jugend verständlich machen. Und die in den Filmen „von damals“
unsere eigenen Stimmen gut konserviert aufgezeichnet haben.
Vielleicht tut es gut, dann und wann einmal hinzuhören, was die
Jugend von einst zu sagen hatte, um die heutige besser zu verstehen
und uns die eigene ein bisschen zu bewahren. Denn, wir wiederholen es
gerne: Das Leben geht ziemlich schnell vorbei. Wenn ihr nicht ab
und zu anhaltet und euch umseht, könntet ihr es verpassen.
(In unserem dritten Teil widmen wir uns wieder James Dean und den Folgen seines Todes persönlich!)
(In unserem dritten Teil widmen wir uns wieder James Dean und den Folgen seines Todes persönlich!)
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