Am 1. Oktober 1955 läuft eine
Nachricht durch Radio und Fernsehen, die die Jugend Amerikas bis ins
Mark erschüttert: Ihr Leinwandidol James Dean ist am Tag zuvor bei
einem Autounfall ums Leben gekommen.
Der Tod des jungen Schauspielers,
der erst einen Film ins Kino gebracht hat, soll erst der Anfang eines
Mythos werden, den es so nur einmal gibt.
Wie konnte der Tod eines nur wenig
bekannten Schauspielers ein solches Phänomen hervorrufen? Was
bewirkte sein Tod bei den nachfolgenden Generationen von
Jugendlichen? Wieso gilt Dean bis heute als Ikone, schmückt noch
immer Jugendzimmer und wirkt als Werbefigur?
Wir haben den September dem Wirken
James Deans gewidmet – in unserem letzten Betrag werfen wir einen
Blick zurück auf den tragischen und so folgenreichen Tod des
Schauspielers.
Auf den ersten Blick ist es erstaunlich, wie James Dean die noch heute spürbare Wirkung überhaupt erzielen konnte. Mit 1,73 war er weder besonders groß, noch imposant. Er war ein schmalbrüstiger Brillenträger, körperlich stets etwas unbeholfen, mit einer Wuschelfrisur, die sich, wie seine Figuren, nur schwer bändigen ließ.
Deans Wirkung ist aber nicht in seinem
Aussehen zu suchen. Er erzielte sie durch das, was er in sich trug
und dem er Ausdruck zu verleihen suchte – sein ganzes kurzes Leben
lang.
„Es war faszinierend, mit ihm
zusammen zu sein und ihn zu beobachten. Da war zum einen seine Art,
sich zu bewegen. Jimmy konnte ein Glas Wasser mit einer solchen Anmut
zum Mund führen, als hätte er nie zuvor ein Glas berührt, dessen
Gewicht noch nie mit seinen Händen durch die Luft bewegt. Zum
anderen war es die Art, wie er erzählte, die ihn interessant machte.
Was er sagte war eigentlich weder besonders klug noch
bemerkenswert, aber die Vortragsweise, die Gesten seiner Hände
besaßen ungeheuren Ausdruck“, beschreibt Joe Hyams, ein Freund aus
Indiana, Deans Aura.
Vieles davon findet sich auch heute
noch in Deans Filmen wieder. Doch reicht das, um die Faszination
der Menschen zu begründen?
Wir möchten in diesem Artikel
versuchen, ein paar Erklärungsansätze zu finden, die den Mythos
„James Dean“ möglich machten.
Die Zerrissenheit, die Rebellion, der Zorn – alles, was James Dean in seinen Figuren nach außen trug, trägt sicherlich zu seinem Mythos bei.
Quelle: DVD "...denn sie wissen nicht was sie tun" © Warner Home Video |
Schmerzvolle Kindheit und frühe Entwurzelung
Die Zerrissenheit, die Rebellion, der Zorn – alles, was James Dean in seinen Figuren nach außen trug, trägt sicherlich zu seinem Mythos bei.
Die spürbare Intensität dieser
Gefühle entspringt dabei einer traurigen Realität.
James Byron Dean wird am 8. Februar
1931 in Indiana geboren. Mir seiner Mutter verbindet ihn ein
besonders enges Verhältnis, sie fördert ihren Sohn bereits früh,
meldet den 7-Jährigen bei verschiedenen Theaterkursen an und erteilt
ihm Geigenunterricht. Der Vater findet nie eine Verbindung zu seinem
Sohn, ein Umstand, den James Dean bis zu seinem eigenen Tod zu
verändern sucht. Er ersehnt sich die Anerkennung seines Vaters,
versucht später, ihn mit seinen Erfolgen zu beeindrucken, erhält
sie jedoch nie.
Elia Kazan wird diese Leere in Dean bei den Dreharbeiten zu JENSEITS VON EDEN gnadenlos instrumentalisieren. Die Parallelen zwischen Dean und seiner Figur Cal Trask, die beide nach der Liebe eines Vaters lechzen, spielen in Deans erstem Kinofilm eine zentrale Rolle. Kazan provoziert Dean zu echten Emotionen, wodurch der junge Star in der Steinbeck-Verfilmung JENSEITS VON EDEN wie entfesselt spielt und einen Blick in seine Seele freigibt wie in keinem anderen seiner noch folgenden Filme. Zu Recht wird er gefeiert und avanciert zu einem der hoffnungsvollsten Schauspieler einer neuen modernen Schauspielgeneration, die sich gerade in New York formiert.
Elia Kazan wird diese Leere in Dean bei den Dreharbeiten zu JENSEITS VON EDEN gnadenlos instrumentalisieren. Die Parallelen zwischen Dean und seiner Figur Cal Trask, die beide nach der Liebe eines Vaters lechzen, spielen in Deans erstem Kinofilm eine zentrale Rolle. Kazan provoziert Dean zu echten Emotionen, wodurch der junge Star in der Steinbeck-Verfilmung JENSEITS VON EDEN wie entfesselt spielt und einen Blick in seine Seele freigibt wie in keinem anderen seiner noch folgenden Filme. Zu Recht wird er gefeiert und avanciert zu einem der hoffnungsvollsten Schauspieler einer neuen modernen Schauspielgeneration, die sich gerade in New York formiert.
Quelle: DVD "Jenseits von Eden" © Warner Home Video |
Sein Vater ist mit ihm und der
Situation überfordert und schickt ihn zu seiner Großmutter und
seiner Tante väterlicherseits nach Fairmount, Indiana zurück. Der Kontakt bricht
einige Male ab. Tante und Onkel nennt James Dean bald „Mom“ und
„Dad“, zu seinem Cousin Markie verbindet ihn eine fast brüderliche Beziehung. Seine „neuen Eltern“ fördern seine künstlerischen Neigungen weiter, wie
es seine Mutter getan hat. Und davon hat Dean reichlich: Er zeichnet,
erstellt Skulpturen und Büsten, und schauspielert immer wieder.
Im Herbst 1946, Dean ist 15, begegnet
er zum ersten Mal Adeline Brookshire, bei der er einen Kurs in
Sprecherziehung besucht und die ihn stärker ans Theater heranführt.
So spielt er in vielen Theaterstücken an seiner Highschool mit und
beginnt den Weg zu gehen, der seinen Mythos begründet.
Anfang der 50er Jahre gelingt ihm eine
passable Karriere am Broadway. Er wirkt in vielen Theater- und
Fernsehproduktionen mit. Das Stück „Der Immoralist“ um einen
jungen Archäologen, der seine Homosexualität verleugnet und
heiratet, wird 1954 zu einem enormen Erfolg und öffnet Dean endlich
die Türen nach Hollywood. Er verlässt das Theater sofort, um für
Elia Kazan zu arbeiten.
Mit Sicherheit sind der frühe Verlust
seiner Mutter als Bezugsperson und die darauffolgende Entwurzelung
ein Grund für seine innere Zerrissenheit, die den Menschen James
Dean ein Leben lang begleiten soll, und immer wieder von Freunden und
Kollegen beschrieben wird. Die Suche nach Anerkennung wiederum – besonders
der seines Vaters – ist lange Zeit Deans Motor, nach immer
Höherem und Besseren zu streben, um sich und seinem Vater etwas zu
beweisen. Auch das spiegelt sich stets in seinen Rollen wider.
Sein Unvermögen, Bindungen und
Beziehungen einzugehen, am Set launisch und unnahbar zu wirken, lässt
ihm eine Mystik angedeihen, die Kollegen wie Elizabeth Taylor zwar zu
durchbrechen versuchen, doch gänzlich wird das niemandem je
gelingen. Im Nachklang umweht den Schauspieler Dean dadurch eine Aura des Undefinierten, des
Rätselhaften, ein Nebel, der sich in den
folgenden Jahrzehnten mit fortschreitender Ikonisierung des Stars nur
noch verdichten wird.
Sein Freund Joe Hyams beschreibt es so:
„Jimmy hielt nichts von dem, was er versprochen hatte. Ich wusste
nie genau, was er von mir wollte oder erwartete, und genauso wenig
wusste ich, was ich eigentlich von ihm wollte oder erwartete.“
Quelle: DVD "Giganten" © Warner Home Video |
Ähnlich erging es vielen Menschenum
ihn herum und genau solch eine Undurchdringlichkeit begründet die
meisten Mythen.
Schon im Mittelalter war es Aufgabe, Ziel und Wunsch(!) der Jugendlichen, zu ihren Eltern zu werden. Ihren Hof, ihr Gewerbe oder ihr Amt zu übernehmen. Es war völlig natürlich, dass die Kinder in die Fußstapfen ihrer Eltern traten. Dazu gehörte eine gewisse Gleichschaltung mit den Eltern.
Die zornige Jugend sucht eine Projektionsfläche
Schon im Mittelalter war es Aufgabe, Ziel und Wunsch(!) der Jugendlichen, zu ihren Eltern zu werden. Ihren Hof, ihr Gewerbe oder ihr Amt zu übernehmen. Es war völlig natürlich, dass die Kinder in die Fußstapfen ihrer Eltern traten. Dazu gehörte eine gewisse Gleichschaltung mit den Eltern.
In der Industrialisierung verlagerte
sich das auf die Politik: Die junge Generation wollte die politischen
Werte und Ziele ihrer Eltern wahlweise erhalten oder verändern. All
die Umbrüche zwischen Französischer Revolution, Vormärz und Weimarer Republik
entsprangen diesem Konflikt. Aber so oder so – die Werte der Eltern
wurden die Werte der Jugend. Nicht umsonst waren vor allem die jungen
Menschen so begeistert, in den Ersten Weltkrieg zu ziehen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg galt all das plötzlich nichts
mehr. Die Jugend wollte nicht mehr das, was die Eltern wollten. Sie
wollte etwas anderes. Sie wusste nur nicht was.
Die Filmwelt war auf diese Veränderung
nicht vorbereitet. Sie betrachtete die Jugendlichen noch immer als
das, was sie jahrhundertelang gewesen waren: Kleine Abziehbildchen
der Erwachsenen. Und wer das nicht war, war kaputt und musste im
schlimmsten Fall gesellschaftskonform erzogen werden.
Wie wir im vorangeganenen Artikel zu
...
DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN ausgearbeitet haben, ist die
Sichtweise der Jugendlichen noch in keinem Film zuvor ins Zentrum
gerückt worden. Die Jugendlichen der amerikanischen Nachkriegszeit
sind verunsichert, suchen sich selbst und Orientierung, und finden
kein Sprachrohr im Film. Zwar sind sie dabei, sich musikalisch klar und deutlich zu emanzipieren – der Rock 'n Roll beginnt, die
Tanzlokale zu füllen – doch im Medium Film gab es noch nichts
Äquivalentes.
Quelle: DVD "...denn sie wissen nicht was sie tun" © Warner Home Video |
Endlich sind Heranwachsende zu sehen,
die sich in der ihnen dargebotenen Gesellschaft nicht mehr zurecht
finden und auszubrechen versuchen. Aus Unsicherheit und wider
besseren Wissens, aus Suche nach Liebe und Verständnis.
... DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN
avanciert schnell zum erfolgreichsten Film des Jahres und zu einem
der erfolgreichsten des Jahrzehnts. Lange Schlangen bildeten sich vor
den Kinos, doch nicht nur um den Film zu bewundern, sondern vor allem
um den jungen Mann zu sehen, den sie als ihr Sprachrohr auserkoren
haben und der zu diesem Zeitpunkt bereits tot ist: James Dean.
Dean zeigt sich in seiner Rolle
verletzlich und zugleich ungestüm, verwirrt und doch sicher in
seinem Auftreten, also äußerst facettenreich, was die Jugend sofort
anspricht.
Stärke und Schwäche, Sensibilität und Machismo, und dazu genau die
Gedanken auf der Zunge, die die Jugend umtreibt: Was muss ein Mann
tun um ein Mann zu sein? Wo liegt seine Verantwortung? Was muss er
tun, um das Richtige zu tun? All die Fragen, die bis zum Krieg so
klar und deutlich vor den Jugendlichen lagen, und auf die sie nun
keine Antwort mehr finden. Die Frage richtet er an eine
Elterngeneration, die inzwischen selbst mit der neuen Situation komplett
überfordert ist und nichts zu entgegnen weiß. So bleibt Jim Stark
nichts anderes übrig, als sich selbst auszuprobieren und
auszutesten, damit er sich finden und von den Zöpfen der
vorangegangenen Generation befreien kann.
Interessant in diesem Zusammenhang ist,
dass der Mensch James Dean ebenso ambivalent gewesen zu sein scheint
wie seine Figur Jim Stark.
Nach seinem Tod melden sich etliche
seiner Freunde und Kollegen, Regisseure und Wegbegleiter zu Wort und
beschreiben ihn jeder nach seinem Empfinden als heterosexuell,
asexuell, bisexuell oder homosexuell, als großzügig oder bösartig,
als trübsinnig oder aber Partygänger, als machohaft bis feminin,
als reif bis sehr jungenhaft. Einige beharren auf einer immer klar zu
Tage tretende und tief verwurzelte Todessehnsucht, die in ihm spürbar gewesen sein soll, andere
bescheinigen ihm eine überschäumende Lebenslust.
Vielleicht ist es genau diese
Ambivalenz – sei sie durch den frühen Verlust und die innere
Zerrissenheit entstanden, oder einfach nur ein Manierismus – der
Grund dafür, dass Dean in seinen und durch seine Filme tief im
Publikum seiner Zeit etwas berühren konnte, das sie bewegt hat und
ihm nacheifern ließ.
Quelle: DVD "...denn sie wissen nicht was sie tun" © Warner Home Video |
Fest steht, dass die Jugendlichen den
Tod ihres Idols nur schwer akzeptieren können. Mit aller Macht
versuchen sie, ihn am Leben zu halten, indem sie ihm huldigen, ihm
nacheifern, Poster mit seinem Konterfei an die Wand hängen, Blue
Jeans und rote Bomberjacken tragen, rauchen und beginnen, die
Elterngeneration ebenso kritisch zu betrachten wie Jim Stark es getan
hat.
Schnell bildet sich ein kommerzieller
Markt, der mit allem, was James Dean zeigt, Werbung macht. Es gibt sogar Touren nach Indiana zur Farm seines
Vaters, wo James Dean aufwuchs.
Dennis Stock, ein junger aufstrebender Fotograf des LIFE-Magazines, begegnet Dean auf einer Party und ist so fasziniert von diesem jungen Mann, dass er mit Dean eine Fotostrecke vereinbart. Daraufhin begleitet er ihn Streifzüge durch New York, auf Partys und sogar auf Dreharbeiten. Dean ist zu diesem Zeitpunkt noch kein Star, und niemand ahnt, welch immense Bedeutung diese Fotos wenige Monate später gewinnen werden – sie werden zum Sinnbild des Stars und festigen den Mythos in einer Weise, wie es selbst seine Filme nie geschafft hätten. Sie machen Dean zum Symbol für Einsamkeit, Rebellion und Sensibilität. Besonders das berühmte „Trenchcoat-Foto“ mit der Zigarette in Deans Mundwinkel wird zum unsterblichen Porträt des toten Stars und schmückt seither Tausende Jugendzimmer – selbst heute noch.
Was auch immer der junge Fotograf in
diesem aufstrebenden Star entdeckt hat, er bannt es gekonnt in seine
Bilder und untermauert damit Deans Bild als einsamer Rebell.
Ein findiger Fotograf erschafft den Mythos
Dennis Stock, ein junger aufstrebender Fotograf des LIFE-Magazines, begegnet Dean auf einer Party und ist so fasziniert von diesem jungen Mann, dass er mit Dean eine Fotostrecke vereinbart. Daraufhin begleitet er ihn Streifzüge durch New York, auf Partys und sogar auf Dreharbeiten. Dean ist zu diesem Zeitpunkt noch kein Star, und niemand ahnt, welch immense Bedeutung diese Fotos wenige Monate später gewinnen werden – sie werden zum Sinnbild des Stars und festigen den Mythos in einer Weise, wie es selbst seine Filme nie geschafft hätten. Sie machen Dean zum Symbol für Einsamkeit, Rebellion und Sensibilität. Besonders das berühmte „Trenchcoat-Foto“ mit der Zigarette in Deans Mundwinkel wird zum unsterblichen Porträt des toten Stars und schmückt seither Tausende Jugendzimmer – selbst heute noch.
Quelle: DVD "Jenseits von Eden" © Warner Home Video |
2015 inszeniert Anton Corbijn die
Geschichte dieser Fotostrecke mit Robert Pattinson als Fotograf Stock
und Dane DeHaan als James Dean in seinem Film LIFE.
Viele Autoren und Filmkritiker finden bis heute nur einen Grund für Deans Unsterblichkeit und Mythos: seinen frühen Tod.
Früher Tod im Zenit des Schaffens
Viele Autoren und Filmkritiker finden bis heute nur einen Grund für Deans Unsterblichkeit und Mythos: seinen frühen Tod.
So makaber es auch klingen mag, aber
ganz Unrecht haben sie damit nicht. Denn was wäre geschehen, wenn
Dean weitergelebt hätte und vielleicht 80 geworden wäre? Wäre sein
Mythos so unsterblich geworden, wie er es heute ist?
Objektiv betrachtet war Dean zwar ein
intuitiver, aber kein sehr ausgefeilter Schauspieler. Sein Spiel
wirkt noch ungelenk und nicht selten trägt er zu dick auf. In seinen
drei Filmen, von denen JENSEITS VON EDEN sein schauspielerisch
intensivster, ... DENN SIE WISSEN NICHT WAS SIE TUN sein
wegweisendster und GIGANTEN sein reifster und weitschauendster Film
ist, spricht er dennoch etwas in der Jugend, im Publikum an. Etwas,
das die Zuschauer von damals ihn in den Himmel heben lässt. Doch
hätte er diese Position über Jahre und Jahrzehnte hinweg halten
können?
Was wäre geschehen, wenn Dean gealtert
wäre? Irgendwann wäre er kein Symbol der Jugend mehr gewesen. Hätte
er auch dann noch als Ikone getaugt? Oder speist sich ein Teil seines
Mythos aus seiner „ewigen Jugend“, die er dank seines frühen
Todes gewonnen hat?
Quelle: DVD "Jenseits von Eden" © Warner Home Video |
Und hätte er sich seinen Status als
Star so lange erhalten können? Er sagte seiner Agentin einst: „Ich
will nur Hauptrollen spielen. Hauptrollen, die mir etwas bedeuten.“
Sie belächelte ihn damals, aber in seinen drei Filmen hat er genau
das geschafft. Doch wollten das nicht alle Ikonen der damaligen Zeit?
Die Rolle ihres Lebens spielen und das bis zum Ende ihres Lebens?
Einen kleinen Einblick liefert Deans
letzter Film GIGANTEN: Dort spielt Dean einen ehemals rebellischen
und nach sich selbst und seinem Lebensinhalt suchenden Jungen, der,
nach schnellem Reichtum und Ruhm, alt, alkoholkrank und
bemitleidenswert vor sich hinvegetiert, belächelt und allein
gelassen. Alt, unattraktiv und ein Schatten seiner Selbst.
Natürlich bleibt es Spekulation, zu
vermuten, dass auch Dean selbst so geendet wäre, aber schaut man
sich die großen Stars und Idole der 50er Jahre an, bekommt man
zumindest einen Eindruck, was aus dem strahlenden Jungstar hätte
werden können.
Elizabeth Taylor, einst die schönste
Frau der Welt, machte zuletzt mehr durch ihre Trunksucht und acht
Ehen Schlagzeilen.
Marlon Brando bezeichnete sich selbst
als „Hure“, der immer wieder nur des Geldes wegen mittelmäßige
Filme drehte. Selbst als er mit DER PATE noch einmal Ruhm erntete,
und mit APOKALYPSE NOW faszinierte, war von seinem einstigen Image
als wilder Schönling, der auf einer Stufe mit James Dean stand,
nichts mehr übrig. Zudem kompensierte er seine Suche nach Liebe in
Unmengen an Essen.
Grace Kelly suchte nach der ultimativen
Rolle und glaubte, sie als Fürstin von Monaco gefunden zu haben. Es
ist heute kein Geheimnis mehr, dass sie diese Entscheidung schon bald
bereute.
Quelle: DVD "Jenseits von Eden" © Warner Home Video |
Marilyn Monroe, die Sexgöttin,
ertränkte ihre sinnlose Suche nach Anerkennung und Liebe in Alkohol
und machte sich selbst durch ihre Liebschaften und ihr immer
unkontrollierbares Auftreten zur Lachfigur der Gazetten. Ihr
tragischer Tod mit gerade Mal 36 Jahren ist bis heute ungeklärt.
Montgomery
Clift, eines von Deans großen Vorbildern, und schon Jahre vorher
so jung und schön und unglaublich talentiert, ein Superstar, der das Schauspiel
revolutioniert hatte, starb mit 46 Jahren an den Folgen seines
jahrelangen schweren Alkoholmissbrauchs. Am Ende war er nur noch ein
abgemagerter Schatten seiner Selbst, der keine Rollen mehr erhielt,
da er zum Risiko jeder Produktion wurde, in der er mitspielte.
Elvis Presley, bis heute eine der
Coolness-Ikonen des Rock 'n Roll der 50er und 60er Jahre, schaufelte
Unmengen an Essen und Medikamenten in sich hinein. In Vegas wird er
zur glitzernden Lachnummer seines einstigen Selbst (auch wenn diese
zweite INkarnation des "King of Rock 'n Roll" noch immer verehrt wird) und stirbt, stark übergewichtig, mit 42
Jahren zurückgezogen auf seiner Ranch.
Quelle: DVD "Giganten" © Warner Home Video |
Zumal er mit seiner problematischen
Kindheit (selbst Brando, der ihn kannte, bescheinigte ihm, ein „von
Problemen geplagtes Kind“ gewesen zu sein) alle Voraussetzungen
dafür erfüllte, irgendwann ebenfalls an irgendeiner Sucht zu
erkranken. Auch die Gerüchte um seine Homosexualität hätten ihm,
sollten sie denn wahr gewesen sein, spätestens in den 60er Jahren zu
schaffen gemacht.
Jede Erfahrung spricht dafür, dass
Deans Karriere ins Wanken gekommen wäre, dass er alt geworden wäre
(und wer weiß, wie er einen Karriereknick verkraftet hätte?), und
dass sein Stern bei den Jugendlichen damit irgendwann ebenso gesunken wäre
wie der der meisten anderen Idole seiner Generation.
Natürlich gibt es mit Audrey Hepburn
und Paul Newman auch Gegenbeispiele. Ikonen, die bis zum Ende ihrer
Karriere, und selbst heute noch für Anmut, Stil und große
Schauspielkunst stehen. Vielleicht wäre auch das Deans Weg geworden.
Dennoch sind Deans früher Tod, seine
Konservierung im Augenblick der größtmöglichen Deckungsgleichheit
mit einer ganzen Generation, und die Mythen, die sich dadurch
überhaupt erst um ihn ranken konnten, ein wichtiges
Fundament, auf dem die Ikone, das Idol gebaut werden konnte, das er
bis heute ist.
Ebenfalls sind natürlich auch findige Marketingstrategen an dem beteiligt, was nach dem 30. September 1955 geschieht.
Geschicktes Marketing
Ebenfalls sind natürlich auch findige Marketingstrategen an dem beteiligt, was nach dem 30. September 1955 geschieht.
Schnell erscheinen Bücher, Utensilien,
Poster, Bildersammlungen, Kissen, Bettwäsche und vieles mehr mit
James Deans Konterfei darauf. Dokumentationen und Verfilmungen über
Deans Leben oder Teile daraus schmücken bis heute in regelmäßigen
Abständen die Kinoleinwand und sorgen stets um neue Diskussionen
über jeden noch so winzigen Fitzel neuer Informationen über Dean
und sein Leben.
Noch heute gibt es Touren nach Indiana
zu der Farm, auf der Dean als Kind aufwächst, bevor er nach
Kalifornien umzog. Deans Vater ist bis zu seinem eigenen Tod mit dem
Hype um seinen Sohn und die Anfeindungen durch dessen Fans
überfordert.
Das Haus in Fairmount, in dem Dean bei Tante und Onkel lebt, wird heute von seinem Cousin Markie betreut, der darin ein Museum mit privaten Gegenständen errichtet hat.
Deans Beifahrer während der
Todesfahrt, Rolf Wütherich, erlebt die Schattenseiten des Mythos'.
Er wird zum Hassobjekt der trauernden Massen. Er überlebt den Unfall
schwerverletzt und erhält noch Jahrzehnte später Briefe von
Dean-Fans, die ihm die Schuld am Unfall geben. Nach einem
Suizidversuch 1966 bleibt Wütherich in psychiatrischer Behandlung,
ein Jahr später versucht er dennoch erneut, sich selbst und seine
Frau zu töten. Wütherich, ein Rennfahrer und Porsche Mechaniker,
der bereits etliche Unfälle überlebt hat, stirbt schließlich am
20. Juli 1981 – bei einem Verkehrsunfall. Doch den Rest seines
Lebens verbringt er psychisch labil im Schatten des toten James Dean.
Das Haus in Fairmount, in dem Dean bei Tante und Onkel lebt, wird heute von seinem Cousin Markie betreut, der darin ein Museum mit privaten Gegenständen errichtet hat.
Quelle: DVD "...denn sie wissen nicht was sie tun" © Warner Home Video |
Sowas gab's noch nicht
Abschließend sei noch ein letzter Punkt angesprochen, der zu Deans unsterblichem Mythos beiträgt. Denn Dean schenkt der Welt etwas, das es vorher nicht gab: Coolness.
Wer aufmerksam hinschaut, wie Jugendliche
in alten Berichten, Fotos, Dokumentationen und nicht zuletzt Filmen
vor 1955 dargestellt werden, wird schnell erkennen, dass es nicht
gerade das oberste Ziel der Jugendlichen war, „cool“ zu sein. Wie
oben erwähnt, waren sie vor allem strebsam, eifrig, darauf bedacht,
korrekt und wirkungsvoll zu sein und stets mit dem Ziel, das Werk
ihrer Eltern fortzusetzen.
All das ändert sich schlagartig nach
dem Krieg. Die Jugend, die kein Ziel mehr kennt, findet eines in
James Dean: Coolness. Damit begründet Dean einen bis heute gültigen
Pardagimenwechsel. Bis heute ist es das oberste Ziel der
Jugendlichen, cool zu sein, lässig, sich von den Unbillen des Lebens
nichts anmerken zu lassen. Die Moden ändern sich – von der roten
Bomberjacke zu Haartollen, Schlaghosen, toupierten Haaren, Piercings
und Arschgeweihen bis hin Baggy-Pants. Wann immer ein Teenager
versucht, cool und lässig zu sein, eifert er dem nach, was James
Dean einst (unterstützt von Monty Clift und Marlon Brando) ins Leben
ruft. Auch das Kino trägt dem Rechnung, und gibt bis heute Raum,
damit Filme
über die Rebellion der Jugend überhaupt erzählt werden können.
Quelle: DVD "Giganten" © Warner Home Video |
James Dean ist also auch deshalb heute
noch so populär, weil er der Begründer all der Werte ist, die bis
heute unser aller Jugend entscheidend mitprägen.
In James Deans Nachlass findet sich ein Gedicht von Emily Dickinson, das er aus einem Gedichtband gerissen und in sein Notizbuch geklebt hat:
Was bleibt, ist Hingabe und Verehrung
In James Deans Nachlass findet sich ein Gedicht von Emily Dickinson, das er aus einem Gedichtband gerissen und in sein Notizbuch geklebt hat:
Ich starb für
Schönheit – doch ich war
ins Grab gekommen kaum,
als einer, der für
Wahrheit starb
kam in den nächsten
Raum.
“Wofür gestorben?”,
fragt er sacht.
“Für Schönheit”,
sage ich -
“Und ich für
Wahrheit – die zwei sind eins,
was uns Brüder macht”,
er spricht.
Und als Verwandte,
nachtbekannt,
der Raum viel
Zwiesprach' weckt,
bis Moos der Lippen
Rand erreicht
und uns're Namen bald
bedeckt.
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