30.12.14

So flackerte 2014 - Gespräch über ein Kinojahr

Das war es also, das Kinojahr 2014!
Und was für eins es geworden ist! Klar ist: Das große Sommerkino steckt in der Krise, nach wie vor.
Dafür fanden sich abseits vom Blockbusterspektakel wahre Perlen – Kino wie es sein soll: kreativ, bildgewaltig, und eine Form der Unterhaltung und Erzählkunst, die noch immer so magisch sein kann wie vor über 100 Jahren!
Für uns von Duoscope war es das erste Kinojahr, das wir mit diesem Blog begleitet haben, und zum Abschluss wollen wir noch einmal seine Höhepunkte und faszinierendsten Augenblicke aufleben lassen!
Unsere neun Top-Filme des Jahres. Da ist für jeden was dabei. Warum gerade die, und was uns weniger gut gefallen hat, erfahrt ihr unten.
Collage von Duoscope - Der etwas andere Filmblog

Das Kinojahr 


Bianca:
2014 war sensationell! Ein hochklassiges „Indie-Filmjahr“! Ein Meisterwerk jagte das nächste und die Auswahl der Besten fällt mir sehr schwer!

Marco:
Eindeutig! Abgesehen von einer kurzen Flaute in den Sommermonaten (die man super für die WM aufwenden konnte!) kam man stellenweise gar nicht hinterher mit den vielversprechenden Titeln. Und wirklich enttäuscht hat kaum einer davon.

Bianca:
Oh ja, es gab noch soviele Filme, die wir einfach noch nicht geschafft haben. Vor allem der vielgerühmte MOMMY! Aber auch SPUREN, THE ROVER und THE ZERO THEOREM hätte ich gerne noch gesehen.

Marco:
Ja, die fehlen noch! Auch THE SALVATION hätte ich gerne gesehen und WIE DER WIND SICH HEBT. Und DRACHENZÄHMEN LEICHT GEMACHT 2 und DIE PINGUINE VON MADAGASCAR. Dieses Jahr gabs für mich keine Animations-Liebe! Für mich persönlich war es ein wunderschönes Jahr, weil unser Hamburger Savoy-Kino zwei Sparten gestartet hat, in denen es alte Klassiker zeigt. Da sind echte Träume in Erfüllung gegangen! Endlich einmal Evergreens wie DER WEIßE HAI, BLUES BROTHERS, VERTIGO, ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT und vor allem meinen heißgeliebten LAWRENCE VON ARABIEN auf der großen Leinwand zu erleben!

Bianca:
Ganze 55 Mal war ich dieses Jahr im Kino – mein persönlicher Rekord!

Marco:
Ich war aufgrund der vielen Klassiker öfter im Kino. 62 Mal, das habe ich zuletzt geschafft, als ich Fünfzehn war!

Die Top 3 Filme 2014


Bianca:
Für mich ist es echt schwer, nur drei Filme für die Hitparade auszuwählen. Mein erster Platz ist unumstritten, aber darunter wird es echt sehr eng. Es waren soviele herrliche Filme, und es fühlt sich fast an, als würde ich sie schlechter dastehen lassen als sie sind, nur weil sie nicht unter den ersten drei sind! 

Marco:
Sabbel nicht, trau dich! Wen hast du auf Platz 3? 

Bianca:
Na gut, ich muss ja. Also, mein Platz 3 dieses Jahr ist NIGHTCRAWLER! Dieses bissige Werk wartet nicht nur mit einem hervorragenden Drehbuch auf, sondern mit einem Hauptdarsteller, der den Film mit seinem diabolisch anmutenden Spiel zu einem cineastischen Erlebnis macht! 

Marco:
Ja, der war gut! Also mein Platz 3 ist SNOWPIERCER! Der ist extrem umstritten, und zu Recht. Er spaltet das Publikum. Aber ich steh auf diesen koreanischen Scheiß – die Filme sind unvorhersehbar, immer wieder over the top und hinreissend unterhaltsam. Außerdem gefiel mir die Videospielatmosphäre, ich kam mir vor wie in „Bioshock“. Oder als hätte Bong Joon-ho aus der Korridorszene in OLDBOY einen ganzen Film gestaltet! Ohne Hollywood-Beteiligung wäre er vermutlich noch besser geworden, aber er bleibt eines der kreativsten Werke des Jahres, und unglaublich intensiv! Hassen oder mögen, kalt lässt er keinen. 

Bianca:
Auf Platz 2 landet bei mir HER! Es ist ein Werk voller Poesie und stiller Momente, über Einsamkeit und unerfüllte Liebe. Joaquin Phoenix hat sich mit dieser Rolle wieder in die A-Liga Hollywoods zurückkatapultiert! Großartig! 

Marco:
Und es ist der visuell herausragendste Film des Jahres! Ich hab auf Platz 2 allerdings NEBRASKA! Ein stiller Film, der ja irgendwie eher 2013 ist, aber erst dieses Jahr in Deutschland anlief. Sehr bewegend, und Bruce Dern liefert eine der besten Leistungen des Jahres und seiner Karriere ab! Toller, toller Film! Er trifft einen irgendwie ohne Vorwarnung mitten in die Magengrube! 

Bianca:
Also Platz 1: Der beste Film des Jahres kommt für mich tatsächlich aus Deutschland: JACK erzählt die mehrtägige Odyssee zweier kleiner, vernachlässigter Jungs auf der Suche nach ihrer Mutter im wilden Berlin. Unprätentiös, unaufgeregt und dabei zutiefst berührend. Das wahre Drama dieses Films aber ist es, dass er landesweit in nur 16 Kinos lief! Ein Desaster!
Einigkeit beim besten Film des Jahres: JACKs kindgerechter Wochenendtrip durch Berlin hat uns am meisten berührt, verzaubert und am nachhaltigsten beschäftigt. Nie wurde der Kampf zwischen Kindheit und Erwachsenwerden berührender erzählt oder besser gespielt!
© Camino Filmverleih
Marco:
Da bin ich mit dir d’accord! JACK war herausragend. Klein, unscheinbar, und voller Wucht! Die Kinder spielen überragend und besser als die meisten deutschen „Stars“! Ich bedauere es sehr, dass er nicht ins Oscarrennen geschickt wurde!

Die Top 3 Mainstreamfilme 2014


Marco:
Ich fürchte, wir sind uns einig: Independent war dieses Jahr der Tonangeber! Leider laufen die Filme oft an der breiten Masse vorbei, die guckt halt lieber was anderes. Vielleicht sollten wir eine Top 3 der, hmm, „Mainstream“-Filme aufstellen. 

Bianca:
Ich bin zugegebenermaßen nicht der Mainstream-Liebhaber im Kino, die sehe ich lieber mal auf DVD an einem regnerischen Abend. Aber: Ich sehe sie mir an und freue mich, wenn ich Filme finde, die mir die Schuhe ausziehen und da gab es tatsächlich einige dieses Jahr. 

Marco:
Joa, ein bisschen massentaugliche Ware war dabei, die mir gut gefallen hat! Auf Platz 3 landet bei mir GONE GIRL! Es war der Film, auf den ich mich dies Jahr am meisten gefreut habe, weil "Gone Girl" eines meiner beiden Lieblingsbücher von 2013 war (neben "World War Z")! Der Film ist überragend, einer der besten Thriller der letzten Jahre und Finchers bestes Werk seit seinen Thriller-Glanzzeiten von SIEBEN und THE GAME! 

Bianca:
Auf meinem Platz 3 tummelt sich die 5er Kombo der GUARDIANS OF THE GALAXY! Was für ein witziger und selbstironischer Superhelden-Film! Und ehrlich: Ich hasse Superhelden-Filme eigentlich ... Aber der war sensationell! 

Marco:
Ja, du und Superhelden! Sorry nochmal, dass ich dich in THE AMAZING SPIDER-MAN 2 genötigt habe! Aber die anderen waren echt gut. Vier Marvel-Filme dieses Jahr waren echt ne Menge. Aber allesamt von der besseren Sorte! 

Bianca:
Wen hast du denn jetzt auf Platz 2? 

Marco:
GODZILLA bleibt der König der Monster! Auch wenn es vielen Fans aufgestoßen ist, mir hat Gareth Edwards‘ Ansatz, GODZILLA immer hinter irgendwas zu verstecken, gut gefallen. Es brachte frischen Wind in das Genre! Leider hat das Drehbuch echte Schwächen – aber bei Monsterfilmen bin ich da gnädig, solange es rummst und kracht. Freue mich auf die Fortsetzung. 

Bianca:
Hmm ... Mein Platz 2 ist ähnlich umstritten. Es ist sogar wohl der zu Recht umstrittendste Film des Jahres! THE WOLF OF WALL STREET! Für mich einer der missverstandendsten Streifen dieses Jahr, mit einem Leonardo DiCaprio, der spielt, als hinge sein Leben von dieser Rolle ab! Böse? Ja! Lang? Oooooh ja! Sehenswert? Unbedingt! 

Marco:
Die Dame, die hinter mir saß, war etwas perplex, dass er drei Stunden geht. Hehe.
Okay, also zum Platz 1: Bei mir definitiv GUARDIANS OF THE GALAXY. Der spricht einfach jeden an. Ein riesiger Kinospaß für die ganze Familie, und kaum Kritikpunkte! Und ich vergöttere den Film dafür, dass er in einer Ära, in der Superhelden-Filme kaum noch unter zweieinhalb Stunden laufen, in 120 Minuten fünf Hauptfiguren etabliert, eine Handlung erzählt, und noch Raum für einen ausufernden Endkampf hat! Perfektes Massenkino und der beste Soundtrack des Jahres!
Pure Verwüstung an der Mainstream-Spitze: Was die GUARDIANS OF THE GALAXY stehen lassen, walzt unser Lieblings-Kaiju GODZILLA nieder! Das arme Siegertreppchen!
Quelle: Blu Ray"Godzilla" © Warner Home Video
Bianca:
Auf meinen Platz 1 walzt sich unser Chubby-Kaiju, das sich leider bösen Gewichtsverleumdungen ausgesetzt sah und gekonnt über sie hinwegstapfte: GODZILLA! Wow! Wow! Doppel-Wow! Nicht alles war gelungen an diesem Blockbuster, aber hey: Es ist ein Monsterfilm!

Die Top 3 Enttäuschungen 2014


Bianca:
Leider gab es auch einige Filme, die meine Erwartungen nicht erfüllt haben. Auch wenn ich da dieses Jahr wohl auf hohem Niveau jammere. 

Marco:
Joa, das wäre auch ne Top 3 wert. Welche Filme haben dich mit runterhängender Flappe in den Abspann entlassen? 

Bianca:
Platz 3 meiner Enttäuschungen ist ein Film, der hochbejubelt und weltweit gefeiert wurde: 12 YEARS A SLAVE. Ja, es ist ein sehr ambitioniertes Werk, und doch hat es mich seltsam kalt gelassen. Die Chance dieses Werkes wäre ein größerer Bogen gewesen, eine Art Allgemeingültigkeit, und dennoch verkümmert es in der Schilderung eines Einzelschicksals mit Bildern der Gewalt, die für mich überflüssig waren. Der Abolitionismus wird nur angeschnitten, dabei ist es die entscheidenende Gegenbewegung zur Sklaverei gewesen und noch nie wirklich filmisch verarbeitet. Chancen verpasst – schade! 

Marco:
Ja, der konnte seine Vorschusslorbeeren nicht halten. Mein Platz 3 ist PLANET DER AFFEN: REVOLUTION. Auch wenn er nicht langweilig war, hatte ich mir, gerade nach dem Trailer, mehr erhofft. Am Ende war die Handlung irgendwie belanglos. Während des Schauens dachte ich mir noch „Joa, okay, nett“, aber jetzt, einige Monate später, weiß ich kaum noch, was passiert ist. 

Bianca:
Auf Platz 2 liegt für mich der steeeerbenslangweile AMERICAN HUSTLE! Klar, Amy Adams ist scharf, Christian Bale sensationell. Aber was zu Himmel wollte der Film erzählen? David O. Russell und ich werden wohl nie Freunde! 

Marco:
Der war für mich keine Enttäuschung. AMERICAN HUSTLE war genau so mistig, wie ich ihn erwartet habe. Ich weiß nicht, weshalb ich ihn gesehen habe. Ehrlich nicht. Amy Adams' Dekolleté war das einzig Sehenswerte daran!
Ich habe tatsächlich BOYHOOD auf Platz 2. Irgendwie ... ich weiß nicht! Ich habe ihn leider erst auf DVD gesehen, aber mit dem Hype konnte er nicht mithalten. Das Experiment ist gigantisch und super, und Ethan Hawke und Patricia Arquette sind toll, aber insgesamt fehlte mir dem Film das erzählerische Skelett. Der gigantische Aufwand hat für mich das, was ich aus dem Film mitnehmen konnte, nicht gerechtfertigt.
Und jetzt sag, wer hat dich am meisten enttäuscht? 
Enttäuschend, wenn auch meist auf hohem Niveau: ein moralarmes Jugendexperiment, eine nicht erinnerungswürdige Revolution, ein kaltlassendes Sklavendrama, viel zuviel Film um ein hübsches Dekolleté herum, ein unglaubwürdiger Ehethriller und ein inkohärentes Fantasy-Spektakel.
Copyrightvermerke von l.o. nach r.u.: Universal Pictures / 20th Century Fox / TOBIS / 20th Century Fox / Warner Bros.
Bianca:
Ich weiß, du hörst es nicht gerne, aber: Mein Platz 1 ist GONE GIRL! Ich bin David Fincher-Fan, gerade im Thrillerbereich ist er einer der besten. GONE GIRL aber ist leider so schrecklich unglaubwürdig, was an der Buch- und Drehbuchvorlage liegt, dass Fincher besser die Finger davon gelassen hätte. Da helfen auch die guten darstellerischen Leistungen einer Rosamund Pike und die sehr stimmungsvoll eingefangenen Bilder nix. Verpufft! 

Marco:
Pff, du hast ihn nur nicht verstanden! So!
Nein, Spaß beiseite. Mein Platz 1 ist ja ähnlich populär: INTERSTELLAR. Ich jammere da auf ganz hohem Niveau, aber hier hat mein geliebter Christopher Nolan sich wirklich überhoben! Hätte er einen schlichten Science-Fantasy Streifen gedreht, hätte ich ihn vollkommen abgefeiert! Aber er musste ja betonen, wie „realistisch“ der Film sei, und dass Kip Thorne seine ganzen astrophysischen Spezialtheorien einbauen konnte. Schön und gut, aber wenn der Film die einfachsten Regeln über innere Konsistenz nicht einhält, bin ich echt enttäuscht. Der Film war nett, aber ich hoffe, Nolan backt beim nächsten Mal wieder kleinere Brötchen: Existentialistische Dramen und Nolans (exzellentes!) Fantasy-Kino passen nicht zusammen!

Die Geheimtipps 2014:


Marco:
Okay, alle Top 3 Listen und Kategorien beiseite: Welche Filme haben dich echt überrascht und leider viel zu wenig Publikum gefunden? Was sind deine „Geheimtipps“ des Jahres? 

Bianca:
Du meinst außer JACK? Meine Geheimtipps dieses Jahr entspringen allesamt meinen Besuchen der Fantasy Filmfest Nights und des Fantasy Filmfests dieses Jahr. 

Marco:
Oh ja, da waren ein paar echte Perlen dabei! 

Bianca:
Eben. Zum Beispiel dein SNOWPIERCER. SNOWPIERCER ist schräg! SNOWPIERCER ist schmutzig! SNOWPIERCER ist sehenswert!

Marco:
Sach ich ja!

Bianca:
Genau wie THE MULE! Ein kleiner australischer Film mit einem sehr ungewöhnlichen Thema. Was zunächst als Ekelfilm daherzukommen scheint, entpuppt sich am Ende als spannendes Drama, bei dem der Hauptdarsteller ums nackte Überleben kämpft. Gelungen!
Dann THE BABADOOK. Ein Horrorfilm, bei dem der Horror nur das Gewand für eine andere, tieferliegende Thematik ist. Und das ist so subtil und fein inszeniert, dass es dieser Streifen in meine Geheimtipps geschafft hat.
Unsere Geheimtipps: Dänische Werwolf-Identität, Australischer Verstopfungs-Thriller, ein innovatives Rachedrama, grübelnde Zombies nach der Apokalypse, fieser Alleinerziehenden-Horror und Jake Gyllenhaals innigster Feind.
Copyrightvermerke von l.o. nach r.u.: Prokino / Noch kein Verleih für "The Mule" / Falcom Media / Ascot Elite Home Entertainment / Noch kein Verleih für "The Babadook" / Alive - Vertrieb und Marketing
BLUE RUIN ist ein kleines Rachedrama. Hier geht es nicht um die Rache eines gewieften Helden, sondern eines Durchschnittsbürgers, der ungewollt eine Spirale der Gewalt lostritt, die er am Ende nicht mehr aufhalten kann. Großes Kino!
THE RETURNED schließlich ist ein Zombiefilm ohne Zombies. Der Film schafft es, die Zombiekalypse zu einem gesellschaftskritischen Werk zu erheben, wobei Bezüge zum Nationalsozialismus oder der AIDS-Hysterie in den 80er Jahren nicht von der Hand zu weisen sind. Brillant!

Marco:
Ich kann dir bei jedem einzelnen nur zustimmen! Wirklich tolle Filme! Allesamt!
Mir bleibt noch WHEN ANIMALS DREAM: Einer der besten Werwolffilme, die ich seit vielen, vielen, vielenvielenvielen Jahren gesehen habe. Sehr skandinavisch!
Oh, und natürlich ENEMY. Kein Film für die Masse, aber der neue Großmeister des Mindfucks! Wie ein Konzentrat von DONNIE DARKO. Und Jake Gyllenhaal war dieses Jahr einfach nur zum Niederknien, auch in NIGHTCRAWLER. Er hat nächstes Jahr vier Filme in der Pipeline! Ich bin gespannt.

Schauspielerische Sensation 2014 - weiblich:


Bianca:
Apropos Schauspieler: Wir sollten unsere besten Leistungen des Jahres  küren. Sagen wir – drei Namen. Und natürlich Ladies first.

Marco:
Fein. Hmm. Also:
ROSAMUND PIKE  in GONE GIRL. Für mich hat sie bewiesen, wie gut sie ist. Ich kam aus dem Saal und wusste sofort, dass sie eine Oscarnominierung erhalten wird. Der Preis wird es nicht, aber sie kommt unter die besten Fünf, und das zu Recht. Sie spielt die vielen Facetten von Amy Elliott-Dunne so meisterlich, dass man wirklich Angst bekommt!
MACKENZIE FOY in INTERSTELLAR. Einer der Hauptründe, dass ich den Film mag und empfehle, ist, dass die Geschichte des Vater-Tochter Konflikts funktioniert. Und das ist vor allem MacKenzies Verdienst. Sie spielt so gut, dass gestandene Stars wie Jessica Chastain und Ellen Burstyn den Rest des Films davon zehren, wenn sie ihre Figur übernehmen und im Vergleich zu Foy wirklich blass bleiben.
FELICITY JONES in DIE ENTDECKUNG DER UNENDLICHKEIT. Wahnsinn, wie sie es schafft, ihrer Jane Hawking nur mit subtilem Mienenspiel all die unzähligen Emotionen und Erkenntnisse abzuringen, die ihre wechselhafte Beziehung zu ihrem Mann Stephen Hawking ausmachen. All das bringt sie super nachvollziehbar - und nachfühlbar - auf die Leinwand. Eigentlich wollte ich noch Tilda Swinton in ONLY LOVERS LEFT ALIVE anbringen, aber der Film muss dann mit einer kurzen Ehrenerwähnung leben. Er ist übrigens noch ein Geheimtipp von mir!
Du bist dran.

Bianca:
Klare Sache:
JULIANNE MOORE ist in MAPS TO THE STARS einfach großartig! Unprätentiös, schräg, schrill und wunderbar wechselnd zwischen liebenswert und unsympathisch. Toll!
JUDI DENCH ist einfach herzerwärmend! Mit PHILOMENA eroberte sie mein Herz im Sturm. Sie spielt diese etwas naive alte Dame, die ihren Sohn sucht, so humorvoll und liebenswert verstaubt, dass sie den Film allein durch ihr Spiel zu einem der besten des Jahres macht.
Die besten Schauspielerinnen des Jahres in ihren Rollen: ein verzweifeltes Opfer der Wirtschaftskrise, eine herzensgute Mutter auf dem Weg in ihre düstere Vergangenheit, ein Hollywoodstar am Rande ihres Verstands, eine Ehefrau, der man nicht widerstehen kann, die vermutlich beste Tochter der Welt und die stärkste Partnerin, die man sich wünschen kann.
Copyrightvermerke von l.o. nach r.u.: Alamode/ Universum Film / MFA / 20th Century Fox / Warner Bros. / Universal Pictures
MARION COTILLARDs Darstellung in ZWEI TAGE, EINE NACHT ist subtil und berührt deshalb so tief. Ihr Spiel sind nie die großen Gesten, sondern die darunterliegende Emotion. Und das macht sie zu einer der besten europäischen Schauspielerinnen, die es derzeit gibt!

Schauspielerische Sensation 2014 - männlich:


Marco:
Oh, alles eine gute Wahl. Kann ich vielleicht noch tauschen? Nein? Na gut, dafür fängst du bei den Gentlemen an! 

Bianca:
Genau so klar:
TOM HARDY ist einer der herausragendsten Schauspieler 2014 für mich! In NO TURNING BACK schafft er eine beeindruckende Leistung – ganz allein, nur in einem Auto, trägt er die Story achtzig Minuten lang! In THE DROP wiederum spielt er einen nach außen hin etwas einfach gestrickten und naiv wirkenden Barkeeper, der am Ende Facetten zeigt, die man ihm nicht zugetraut hätte! Zu Recht startet der Brite 2015 mit fünf Projekten durch! Ich will mehr Hardy!
ROBERT REDFORD und BRUCE DERN haben es beide auf meine Liste geschafft: Beide fast achtzig Jahre alt, schaffen sie in ALL IS LOST bzw. NEBRASKA großartige darstellerische Leistungen! Redford als ein ums Überleben kämpfender Schiffbrüchiger mit genau vier Zeilen Text und Bruce Dern als grumpeliger alter Mann, der auf dem Weg zu seinem vermeintlichen Lottogewinn sich selber findet. Ich verneige mich zutiefst vor diesen „Alterswerken“.
Und fehlen darf natürlich nicht der Mann, der mich zwei Mal sprachlos gemacht hat dieses Jahr: JAKE GYLLENHAAL: In ENEMY und NIGHTCRAWLER zeigt er solch bestechende Leistungen, dass ich mich immer wieder frage: Wie macht der Kerl das? Sein Mienenspiel, seine Gestik, die Erschaffung ganz eigener Manierismen und eigener Gestiken ist herausragend! Einfach beeindruckend!!!

Marco:
Hmm - da bringst du mich jetzt in Schwierigkeiten. Ich hätte eigentlich dieselben Drei genannt. Einigen wir uns also darauf, dass Gyllenhaal, Hardy und Dern die besten des Jahres sind.
Damit das nicht so langweilig wird, nenne ich aber noch drei Jungs, die wirklich sehenswert waren - und dicht dahinter liegen (Das Feld war dieses Jahr wirklich extrem eng!)
BRYAN CRANSTON in GODZILLA. Cranston zeigt, dass er selbst einen Toaster mit einer Glaubhaftigkeit spielen könnte, dass ich ihn mit Brotscheiben füttern würde. In dem Film sticht er so stark heraus, dass man Godzilla eigentlich in zwei Teile spalten kann: Den mit, und den ohne Cranston. Ein sagenhaftes Talent, das hoffentlich bald mal mehr gute Rollen kriegt.
Diese Schauspieler haben uns dieses Jahr am stärksten begeistert: Jake Gyllenhaal spielt aktuell in einer eigenen Liga, Tom Hardy bleibt ihm aber dicht auf den Fersen, Bruce Dern hat seine grandiose Karriere gekrönt, während Ivo Pietzcker als Debütant begeistert, Eddie Redmayne hat uns als ALS-Genie berührt und Bryan Cranston selbst in einem Monsterfilm aufgespielt, als ginge es um einen Oscar. Großartige Leistungen!
Copyrightvermerke von l.o. nach r.u.: Concorde/ 29th Century Fox / Paramount Pictures / Camino Filmverleih / Universal Pictures / Warner Home Entertainment
IVO PIETZCKER als JACK! Ich hätte nicht gedacht, dass ein Zehnjähriger so spielen kann! Wahnsinn! Und habe nie einen Kinderstar so erlebt – nicht mal Haley Joel Osment kommt da mit!
EDDIE REDMAYNE in DIE ENTDECKUNG DER UNENDLICHKEIT.
Eigentlich hatte ich Matthew McConaughey erwähnen wollen. Er hat für DALLAS BUYERS CLUB nicht umsonst den Oscar erhalten. Quasi am letzten Tag hat sich aber Eddie Redmayne dazwischengeschoben. Seine Verwandlung in den ja doch sehr ikonischen Stephen Hawking ist einfach sensationell. Vor allem ist es erstaunlich, und zeugt von viel Talent, dass es ihm gelingt, umso mehr Emotionen zu vermitteln, je weniger er sich bewegen (und schließlich nicht mal mehr sprechen) kann. Da reichen ein kurzes Aufblitzen der Augen oder ein mühsames, verschmitztes Lächeln, um all die Facetten seines nicht gerade einfachen Lebens spürbar zu machen. Er wird, wie auch seine Partnerin Felicity Jones, zu Recht als einer der großen Oscarfavoriten gehandelt.
Das Jahr war einfach super! Was war denn dein bemerkenswertestes Kino-Erlebnis dieses Jahr?


Das Kinoerlebnis 2014


Bianca:
PRIDE! Bei diesem Film, den ich leider erst sehr spät in diesem Jahr gesehen habe, hat mich fast nichts mehr auf dem Sitz gehalten! Eine britische Filmperle, die perfekt Humor und Drama mischt und mit einem verdammt guten Schauspiel-Ensemble auffahren kann! Und einem Soundtrack, der einfach „moved“ – und wie! YAAAAAY!

Marco:
Meins war DER WEIßE HAI. Und BLUES BROTHERS. Und JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES. Und all die anderen Lieblingsfilme meiner Jugend auf der Leinwand.

Bianca:
Aber die sind doch alle schon so oll.

Marco:
Aber ich hab sie dieses Jahr im Kino gesehen. Das zählt!

Sonderpreis 2014:


Bianca:
Na gut. Dann müssen wir aber noch einen Sonderpreis 2014 vergeben.

Marco:
Und wer erhält den bei dir?

Bianca:
Der deutsche Genre-Film!
Immer wieder wird er totgesagt. Gehen diese Schwarzseher überhaupt ins Kino? 2013 hat mich das Slackermovie OH BOY schon vom Hocker gerissen und dabei war das scheinbar nur der Anfang für die Wiedergeburt des deutschen Genrefilms!
WHO AM I ist einer der besten Hacker-Filme weltweit! Smart, stimmungsvoll, rasant und gut gespielt, erobert er sich ein Genre, dass man wohl eher den Amerikanern zugetraut hätte. (Die prompt ein Remake angekündigt haben!)
Und STEREO ist einer der besten Thriller der letzten Jahre, mit einem bestechend guten Jürgen Vogel! Er nimmt gekonnt Bezüge zu FIGHT CLUB auf, emanzipiert sich aber und schafft ein eigenständiges Meisterwerk. Toll!
Außerdem möchte ich noch WHEN ANIMALS DREAM erwähnen! Der Film ist mehr als ein Werwolf-Flick! Er ist ein Drama um das Suchen und Finden einer eigenen Identität. Wunderbare Bilder, wunderbare Atmosphäre, wunderbares Spiel!

Marco:
Mein Sonderpreis geht ans Erzählkino 2014.
Dieses Jahr wurde wieder enorm diskutiert, dass das Kino unkreativ sei, und dass all die guten Geschichten mittlerweile im Fernsehen stattfinden. Es stimmt natürlich, dass Serien wie BREAKING BAD, GAME OF THRONES, TRUE DETECTIVE und die anderen vielzitierten Meisterwerke enorm tolle Geschichten erzählen, während das Kino seit einigen Jahren etwas platter wird. Ich finde aber, dieses Jahr hat gezeigt, dass auch im Kino packende Geschichten und hervorragende Figuren stattfinden. Natürlich haben sie mit eineinhalb bis drei Stunden Erzählzeit weniger Raum als Fernsehserien, aber es gibt sie eben noch. Ob nun in THE DROP, in PHILOMENA, A LONG WAY DOWN, THE MULE, HER, THE BABADOOK, STEREO, WHO AM I, PRIDE oder JACK. Selbst ein INTERSTELLAR kommt mit packenden Figuren in einem Popcornfilm daher. Es gibt irre gute, smarte Drehbücher da draußen, die auch auf der Leinwand landen!
Dieses Jahr war das Kino deutlich besser als sein Ruf!

Unser Ausblick: 2015 here we come


Marco:
Jetzt bin ich gespannt auf das nächste Jahr. Worauf freust du dich am meisten?

Bianca:
Ich liiiieeeeebe Kino und hibbele schon 2015 zu! Vor allem JURASSIC WORLD, JAMES BOND – SPECTRE, UNBROKEN, FOXCATCHER, THE BIRDMAN, STILL ALICE und vielen, vielen weiteren Sensationen! 

Marco:
Ich bin auf die nachgeschobenen Oscarfavoriten gespannt. Das wird noch aufregend bis Ende Februar! AMERICAN SNIPER, WHIPLASH, THE IMITATION GAME. Außerdem will ich sehen, ob BIRDMAN seinem US-Hype gerecht wird.
Ich bin gespannt auf die Fortführungen dreier Franchises, die mir sehr am Herzen liegen: JURASSIC WORLD, TERMINATOR: GENISYS und STAR WARS VII. Und auf mein persönliches "Guilty-Pleasure" Movie: ENTOURAGE! Ich liebe die Jungs einfach!
Sieger des Blockbusterrennens wird wohl THE AVENGERS 2 werden, auf Whedon ist meistens Verlass.
Der erfolgreichste Film wird aber JAMES BOND  SPECTRE werden. Wenn SKYFALL nur irgendein Indikator ist, kommen all die 10 Millionen Besucher wieder ins Kino, die seit dem letzten Bond nur gestreamt haben.
Ich persönlich freue mich aktuell am meisten auf Ridley Scotts Verfilmung von THE MARTIAN. Ich lese grade das Buch und bin schwer begeistert. Hier könnte Scott wirklich wieder ein Meisterwerk abliefern, auch wenn der Stoff eher auf Ron Howards Wellenlänge liegt!
Zumindest dürfte es wiedermal ein spannendes Kinojahr werden. Wir sollten schonmal Karten reservieren! 

Wir danken all unseren Lesern für die Treue, das Interesse, das Feedback und ihre Zeit. Habt ein spannendes, lustiges, friedliches und unterhaltsames Jahr 2015!

2 Kommentare:

  1. Dank an euch Beiden!
    Es macht wahrlich Freude
    eure Zeilen zu lesen - zudem habe ich
    hin und wieder auch neues erfahren,
    viel gelernt und Spaß am Lesen gehabt!

    Kommt mir gut ins Neue Jahr und macht bitte weiter wie bisher.

    Ludwig Durden

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  2. Vielen Dank, lieber Ludwig, für das nette Kompliment. Wir freuen uns, wenn es uns gelingt, Freude zu verbreiten. Das "neues erfahren" gibt es gratis obendrauf, erfreut uns aber auch. Wir bemühen uns, das aufrecht zu erhalten.
    Guten Rutsch und viel Erfolg im neuen Jahr.

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