Kaum ein Star ist je so tief gefallen wie Mel Gibson. Das bedeutet
allerdings auch, dass kaum ein Star je so hoch gestiegen ist.
In den Neunzigern ist der Australier einer der größten Weltstars Hollywoods: Frauenschwarm, Actionheld, erfolgreicher Komiker, Kassenmagnet, bedeutender Filmemacher und Wohltätigkeitsorganisator.
In den Neunzigern ist der Australier einer der größten Weltstars Hollywoods: Frauenschwarm, Actionheld, erfolgreicher Komiker, Kassenmagnet, bedeutender Filmemacher und Wohltätigkeitsorganisator.
Zehn Jahre später wird er als Antisemit, Rassist, Schläger
und ultrakonservativer Katholik zur Zielscheibe der Medien und Hassfigur einer
ganzen Generation und verschwindet für fünf Jahre komplett aus der
Öffentlichkeit.
Wie war es möglich, dass ein derart populärer und
talentierter Künstler innerhalb weniger Jahre zu einem der meistverhassten
Filmemacher der Welt wird?
Quelle: Blu Ray "Mad Max II - Der Vollstrecker" © Warner Home Video |
Marcos Blick:
Nachdem er einige Jahre lang nahezu unendlichen Nachschub für die Gazetten und Boulevardblätter der Welt lieferte, ist es heute kaum noch vorstellbar, dass Mel Gibson den größten Teil seiner 40-jährigen Karriere hindurch sein Privatleben komplett aus der Öffentlichkeit herausgehalten hat.
Nachdem er einige Jahre lang nahezu unendlichen Nachschub für die Gazetten und Boulevardblätter der Welt lieferte, ist es heute kaum noch vorstellbar, dass Mel Gibson den größten Teil seiner 40-jährigen Karriere hindurch sein Privatleben komplett aus der Öffentlichkeit herausgehalten hat.
Beinahe drei Jahrzehnte lang wird er ausschließlich über
seine Arbeit als Schauspieler, Produzent und Regisseur wahrgenommen – und dafür
zu Recht als einer der größten Stars Hollywoods gefeiert. Was hinter den
Kulissen des Mel Gibson vor sich geht, bleibt größtenteils unbekannt. Bis es ihn seine Karriere kostet.
Kurze Anfänge
Mel Gibson kommt unter dem klangvollen Namen Mel Colm-Cille
Gerard Gibson am 3. Januar 1956 in einer kleinen Stadt im US-Staat New York zur
Welt. Benannt wird er nach dem Heiligen Mél von Ardagh. Er ist das bereits
sechste von insgesamt elf Kindern, die seine Eltern bekommen sollen – dabei
aber erst der zweite Sohn.
Gibson baut eine enge Bindung zu seinem Vater, Hutton Gibson,
auf – einem radikalen Katholiken, auf den wir später noch zurückkommen werden.
Vorerst ist nur bedeutend, dass Hutton 1968 einen
bedeutenden Geldbetrag in der Fernsehquizshow JEOPARDY! gewinnt. Er nutzt das
Geld, um seine Familie – Mel ist mittlerweile 12 – nach Australien umzusiedeln.
Damit will er vor allem der amerikanischen Wehrpflicht ausweichen, die seine
Kinder nach Vietnam einziehen könnte.
Mel zeigt bereits in der Schulzeit eine große Liebe für die
Schauspielerei, verfolgt diesen Weg aber nicht weiter, sondern sucht sich
„richtige“ Arbeit. Es ist eine seiner Schwestern, die sein Talent unterstützen
will – und ihn hinter sinem Rücken am National Institute of Dramatic Art in
Sydney anmeldet. Die Ausbildung ist eher Theater-orientiert, und obwohl Gibson
kurz nach seinem Abschluss 1977 einen ersten Film dreht, und immer wieder im
Fernsehen zu sehen ist, bleibt er den australischen Theaterbühnen treu.
Zumindest solange, bis er für 15.000 Australische Dollar die Rolle in einem
kleinen Trahsfilmchen des Mediziners und Hobbie-Filmers George Miller
übernimmt: MAD MAX!
MAD MAX gilt als Initialzündung für Gibsons Karriere. Das
kleine Filmchen erhält zwei Fortsetzungen, wovon die erste, MAD MAX II, als
einer der bedeutendsten Filme Australiens gilt. Über Jahrzehnte wird MAD MAX
die Spitze der finanziell erfolgreichsten Filme Australiens anführen.
Zwei Jahre später wird Gibson den Schwung nutzen, um seine Weltkarriere
zu starten: Mit der Hauptrolle in Peter Weirs Weltkriegsdrama GALLIPOLI. Der
Film behandelt Australiens einzigen Einsatz im Ersten Weltkrieg: die
menschenverachtende, grausame Schlacht um die türkische Halbinsel Gallipoli.
Durchbruch als Racheengel: Dank des kleinen Genrefilms MAD MAX wird Mel Gibson mit 23 Jahren zur Kultfigur! Quelle: Blu Ray "Mad Max" © Warner Home Video |
Die Wucht von Down Under
Die Erfolge von MAD MAX und GALLIPOLI verschaffen dem „Neuen
Australischen Film“ seinen Durchbruch in Hollywood! Mit einem Mal werden auch
die Amerikaner auf die Filme von „Down Under“ aufmerksam. Innerhalb kürzester Zeit gelingt mit Peter Weir, George Miller und Mel Gibson gleich drei
erfolgreichen Australiern der Sprung über den Pazifik
Für Mel Gibson, der für MAD MAX II – DER VOLLSTRECKER nochmal
nach Australien zurückkehrt, wird es zunächst noch etwas problematisch in
Hollywood. Als Schauspieler wird er vor allem als Australier wahrgenommen.
Sowohl in EIN JAHR IN DER HÖLLE als auch im folgenden Remake von DIE BOUNTY
spielt er Australier, oder zumindest Engländer, die irgendwie im pazifischen
Raum leben.
Davon kann er sich in seinen folgenden Filmen, MENSCHEN AM
FLUSS und FLUCHT ZU DRITT zwar lösen, hat aber mit einem anderen Problem zu
kämpfen: Mel Gibson ist äußerst attraktiv, allerdings nicht auf eine kernige
Art. So wird er vornehmlich als „Schönling“ inszeniert, und spielt eben nur in
Dramen und Schmonzetten.
1985 steht er ein letztes Mal in seiner ikonischsten Rolle vor
der Kamera: In MAD MAX – JENSEITS DER DONNERKUPPEL liefert er als nahezu
einziger Beteiligter eine gute Leistung in einem ansonsten etwas wirren Film
ab, der erschreckend intensiv zum Tina Turner-Vehikel gerät.
Erst 1987 findet er allerdings die Rolle, die ihn fortan
filmisch definiert und ihm alles an die Hand gibt, was er für eine Weltkarriere
braucht!
Gutaussehender Actionhumor
Bereits mit seinem ersten Drehbuch landet Autor (und
mittlerweile Regisseur) Shane Black einen Volltreffer: LETHAL WEAPON reiht sich
zwar in eine nahezu unendliche Reihe von Cop-Buddy Movies der Achtziger ein,
sticht aber qualitativ weit aus der Masse hervor. Bis heute beherrscht Black
eine einmalige Mischung aus Action, Komik und smarten Krimi-Plots (Wenn er letzteres auch in THE NICE GUYS vermissen lässt). Seine Figur
des lebensmüden Vietnam-Veteranen und Los Angeles Drogenpolizisten Martin Riggs
ist Mel Gibson wie auf den Leib geschrieben – weit mehr als es zu jenem
Zeitpunkt den Anschein hat.
Dass Gibson schauspielern kann, hat er in Filmen wie
GALLIPOLI und EIN JAHR IN DER HÖLLE bewiesen. Dass er als Actionstar
funktioniert, haben die MAD MAX Filme gezeigt. Nur sein komisches Talent konnte
er noch nirgendwo ausspielen.
LETHAL WEAPON bietet ihm nun eine Bühne für all seine Talente: Trotz Vokuhila
sieht er gut aus, in den Action- und Nahkampfsequenzen überzeugt er restlos, und
er spielt den lebensmüden Cop, der Tag für Tag einen Grund sucht, sich nicht
umzubringen, mit einer Intensität, die unter die Haut geht.
Die von Richard Donner locker luftig inszenierte
Actionkomödie wird zum Megahit, und Mel Gibson zum absoluten Showstealer jeder
Szene, in der er vorkommt. Erstmals kann er die volle Bandbreite seines Könnens
ausspielen – und wird damit zum Weltstar.
Fortan dreht er einen Megahit nach dem nächsten und erhält
nur noch Rollen, die neben seinem Aussehen und seinen Actionkompetenzen vor
allem sein komisches Talent nutzen: TEQUILA SUNRISE, LETHAL WEAPON 2, EIN VOGEL
AUF DEM DRAHTSEIL, AIR AMERICA, LETHAL WEAPON 3, MAVERICK und WAS FRAUEN WOLLEN
verbinden allesamt grandiose Komik mit Gibsons Aussehen, Action oder Krimi.
Erst mit der Inszenierung von Hamlet 1990 kehrt Gibson
wieder ein wenig ins dramatische Fach zurück, was er in den folgenden Jahren
immer wieder auch in seine Rollenwahl einfließen lassen wird: FOREVER YOUNG,
DER MANN OHNE GESICHT (beides Filme, die sich mit der schwindenden Schönheit
des ehemaligen Frauenschwarms Gibson beschäftigen), KOPFGELD, FLETCHERS
VISIONEN und PAYBACK fallen allesamt eher in die düstere Ecke.
Die Neunziger sind Gibsons Jahrzehnt. Wie kaum ein zweiter
Star steht er an der Spitze Hollywoods. Mit Icon Pictures hat er bereits in den
Achtzigern ein eigenes Produktionsstudio gegründet. Teil seines Erfolges ist
aber auch eine weitere Leidenschaft Gibsons, die ihn in ein gänzlich neues
Revier führt.
Historischer Füßetreter
Schon früh wollen die Studios, dass Gibson Regie führt, doch er fühlt sich noch nicht bereit. Erst mit DER MANN OHNE
GESICHT wagt er sich ein erstes Mal auf den Regiestuhl und liefert einen Achtungserfolg ab. Zum anerkannten Regisseur wird er aber erst mit BRAVEHEART!
BRAVEHEART wird für Gibsons Karriere zum selben Eckpfeiler wie zuvor MAD MAX und LETHAL WEAPON, denn es erweitert sein Œuvre bedeutend.
BRAVEHEART wird für Gibsons Karriere zum selben Eckpfeiler wie zuvor MAD MAX und LETHAL WEAPON, denn es erweitert sein Œuvre bedeutend.
Gibson ist passionierter Historiker, den vor allem Leitfiguren der Geschichte interessieren. Eine davon ist der schottische Freiheitskämpfer
William Wallace.
Gibson will unbedingt einen Film über Wallace drehen,
allerdings nicht die Hauptrolle spielen, da er sich zu alt fühlt. Das
finanzierende Studio besteht allerdings darauf, so dass Gibson schließlich
nachgibt.
Der Film wird zu einem herausragenden Erfolg. Im Fahrwasser
von DER MIT DEM WOLF TANZT sind historische Epen wieder akzeptiert, so
dass auch die Spielzeit von drei Stunden nicht für geringere Besucherzahlen
sorgt. Mel Gibson als Star zieht in jener Zeit sowieso (wie das Studio es erwartet hat). Vor
allem aber ist der Film grandios inszeniert.
Dennoch sorgt der Streifen auch für etliche Diskussionen. William Wallace ist ein durchaus strittiger Held in einem jahrhundertealten Konflikt zwischen Briten und Schotten – es ist also unvermeidlich, dass Gibson mit dem Film irgendjemandem auf die Füße tritt. Zusätzlich wird heftig über die für seine Zeit ungewöhnliche Brutalität des Films gestritten.
Dennoch sorgt der Streifen auch für etliche Diskussionen. William Wallace ist ein durchaus strittiger Held in einem jahrhundertealten Konflikt zwischen Briten und Schotten – es ist also unvermeidlich, dass Gibson mit dem Film irgendjemandem auf die Füße tritt. Zusätzlich wird heftig über die für seine Zeit ungewöhnliche Brutalität des Films gestritten.
Ein Streifen, der gezielt zeigen will, was genau Morgensterne und
andere mittelalterliche Waffen mit den Körpern der Menschen auf dem
Schlachtfeld anrichteten, verstört etliche Kritiker, die Gibson für seine Liebe
zum Detail bitter angreifen.
Keiner der
Kritiker ahnt, was noch folgen wird. Wie sehr Regisseur Gibson bereit ist, anderen
mit einem Film über strittige Persönlichkeiten auf die Füße zu treten. Keiner
der Kritiker ahnt außerdem, dass Gibsons BRAVEHEART einen neuen Trend im Genre
des historischen Epos setzen würde, was Brutalität betrifft. Und vor allem ahnt niemand, welchen Grad an „Detailtreue“ der Historiker Gibson noch auf die
Leinwand bringen wird!
Denn was den Grad an gezeigter Gewalt angeht, macht der
australische Topstar sich gerade erst warm.
Die Passion Gibson
Ende der Neunziger, Gibson ist Anfang Vierzig und kann sein Image als Frauenschwarm und leichter Komiker
nur noch bedingt halten, wendet der Filmemacher sein Interesse eher drastischen Themen zu. Schon Emmerichs DER PATRIOT zeigt deutlich, was Kanonenkugeln im amerikanischen Bürgerkrieg
anrichten konnten. Auch in WIR WAREN HELDEN, einem weiteren Heldenepos mit Gibson
in der Hauptrolle, wird äußerst bildlich dargelegt, was genau Maschinengewehrsalven und Granaten mit dem menschlichen
Körper anstellen.
Und doch ist auch das nur ein Vorgeplänkel.
Bereits in den frühen Neunzigern will Gibson einen Film über
die Passion Christi drehen, also über Jesus‘ Leidensweg auf dem Weg zur
Kreuzigung. In der katholischen Tradition ist dieser Leidensweg das Symbol für
die Sünden der Menschheit: Jesus nimmt all die Sünden auf sich, leidet für sie,
stirbt für sie am Kreuz – und befreit die Menschheit damit im Auge Gottes von
ihren Sünden.
Erst 2004 erscheint der Film DIE PASSION CHRISTI – Gibsons
dritte Regiearbeit und sein mit Abstand persönlichstes – und verstörendstes –
Werk. Dass Gibson der Film so wichtig ist, hat viele intime Gründe - zu denen wir noch kommen.
Andere Motivationen liefert Gibsons Glauben. Denn der erfolgreiche Star ist auch ein großer Wohltäter und Menschenfreund. Gemeinsam mit seiner Frau Robyn, mit der er seit 1980 verheiratet ist, spendet er Unsummen von Geldern für den guten Zweck. Er engagiert sich für den Regenwald, für archäologische Arbeiten zum Erhalt alter Zivilisationen (etwa der Maya), er setzt sich für die Ureinwohner beider amerikanischer Kontinente ein, für Umweltschutz in Dritte Welt Ländern, für katholische Organisationen zur Prävention von Drogen- und Alkoholmissbrauch, und, und, und. Gibson selbst erklärt seine Wohltätigkeitsarbeit damit, dass er dazu neige, an sich selbst zu denken. Die Arbeit für andere rücke seine Perspektive wieder gerade.
Andere Motivationen liefert Gibsons Glauben. Denn der erfolgreiche Star ist auch ein großer Wohltäter und Menschenfreund. Gemeinsam mit seiner Frau Robyn, mit der er seit 1980 verheiratet ist, spendet er Unsummen von Geldern für den guten Zweck. Er engagiert sich für den Regenwald, für archäologische Arbeiten zum Erhalt alter Zivilisationen (etwa der Maya), er setzt sich für die Ureinwohner beider amerikanischer Kontinente ein, für Umweltschutz in Dritte Welt Ländern, für katholische Organisationen zur Prävention von Drogen- und Alkoholmissbrauch, und, und, und. Gibson selbst erklärt seine Wohltätigkeitsarbeit damit, dass er dazu neige, an sich selbst zu denken. Die Arbeit für andere rücke seine Perspektive wieder gerade.
Christus‘ Leidensweg stellt für Gibson etwas Positives dar. Er sieht in Jesus‘ Opfer eine gute Tat, und die Menschen in der Verantwortung, dieses
Opfer zu würdigen. Für ihn ist sein Film ein Appell an das Gute im Menschen,
eine Aufforderung, dass Menschen füreinander einstehen sollten.
DIE PASSION CHRISTI wird ein handwerklich hervorragender
Film – und zu einem der erfolgreichsten Skandale der Filmgeschichte!
Jahrelang findet Gibson keine Geldgeber, und zahlt die 25
Millionen Dollar Produktionskosten schließlich aus eigener Tasche. Die Dreharbeiten
sind strapaziös, besonders Hauptdarsteller Jim Caviezel erleidet enormen
körperlichen Schaden.
Als Regisseur - und Finanzier - kann Gibson seinem Hang zur
Detailgenauigkeit freien Lauf lassen: Er schildert die letzten zwölf Stunden in Jesus‘ Leben nicht nur mit zuvor nie gesehener Brutalität und Detailversessenheit, sondern nimmt den Film in den zu Jesus' Zeiten gängigen
Sprachen Latein und Aramäisch (sowie einiger Brocken Hebräisch) auf.
Ursprünglich will er weder eine Filmmusik, noch Untertitel haben, sondern die
Bilder und die Geschichte ganz für sich allein sprechen lassen. Von beidem
bringt ihn der Verleih schließlich ab, auch wenn Gibson die Untertitel auf ein
notwendiges Minimum beschränkt.
2006 wird DIE PASSION CHRISTI zum kontroversesten Film aller Zeiten
gewählt. Weltweit löst der blutige Streifen heftige Diskussionen unter Gläubigen aus.
Christen finden ihn fehlgeleitet, Juden fühlen sich von dem Film
angegriffen, Kritiker und Fans stören sich an den detailierten
Gewaltdarstellungen (Caviezel sitzt bis zu zehn Stunden in der Maske, um seine
Wunden aufgetragen zu bekommen), Kritiker verspotten den Film mit Titeln wie
„The Jesus Chainsaw Massacre“ und beklagen, dass Gibson sich allein auf die Gewalt,
nicht aber auf Jesus‘ Lehren der Liebe und Menschlichkeit konzentriere. Mit
einem Mal steht Gibson im Kreuzfeuer der Kritik, gilt als Antisemit und
religiöser Hardliner.
Dabei wird der Film ein Erfolg. In den USA hält er bis heute einige Rekorde: Die meisten Vorverkaufstickets aller Zeiten, der finanziell erfolgreichste Film mit einem R-Rating und der finanziell erfolgreichste Film in fremder Sprache oder mit Untertiteln.
Weltweit wird es der umsatzstärkste religiöse Film aller Zeiten - am Ende hat er beinahe 400 Millionen Dollar eingespielt.
Trotzdem beendet der Film Gibsons Karriere.
Absturz ins Private
Nachdem Gibson für DIE PASSION CHRISTI von allen Medien und
Glaubensvertretern beschossen worden ist, gerät erstmals sein Privatleben in
größerem Maße in die Öffentlichkeit – und auf einmal liefert Gibson auch hier
genügend Stoff!
Er wird wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen, seine Frau
lässt sich nach 26 Jahren Ehe scheiden, seine neue Frau (und Mutter seines
siebenten Kindes) geht mit Tonbandaufnahmen an die Öffentlichkeit, auf denen
Gibson sie brutal bedroht. Betrunken lässt Gibson immer wieder
antisemitische, rassistische, homopohobe oder anderweitig diskriminierende
Kommentare fallen – jeder einzelne davon wird öffentlich breitgetreten.
Als Schauspieler tritt er nach 2003 schlagartig nicht mehr
in Erscheinung. Als Regisseur bringt er 2006 noch APOCALYPTO ins Kino. Erneut
frönt Gibson seiner Leidenschaft für detailversessene Historik: Diesmal widmet
er sich den letzten Tagen der Maya, erneut mit äußerster Brutalität und erneut in
Originalsprache, diesmal die der Maya. Der
Film wird durchweg positiv aufgenommen, erreicht aber nicht den Erfolg
von DIE PASSION CHRISTI. Mittlerweile werden die Skandale um Gibson so groß,
dass er anschließend komplett von der Bildfläche verschwindet.
Heute gilt Gibson als einer jener Stars, die sich innerhalb
kürzester Zeit komplett demontiert haben.
Aber war das wirklich so? Gibson schweigt sich lange zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen aus, seine zweite Frau geschlagen und bedroht zu haben. Seine erste Frau erklärt, dass er ihr gegenüber niemals gewalttätig geworden sei. Irgendwann lässt er sich zu dem Statement bewegen, dass die Tonbandaufnahmen manipuliert seien, dass er aber eine einfache Philosophie fahre: Alles für die Familie! Anstatt sich auf einen jahrelangen Gerichtskrieg einzulassen, in dessen Verlauf seine Familie in die Öffentlichkeit gezerrt würde, habe er sich entschlossen, die Hiebe einzustecken und damit zu leben.
Auch langjährige Freunde wie Whoopie Goldberg oder Jodie Foster sprechen sich immer wieder öffentlich für Gibson aus.
Aber war das wirklich so? Gibson schweigt sich lange zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen aus, seine zweite Frau geschlagen und bedroht zu haben. Seine erste Frau erklärt, dass er ihr gegenüber niemals gewalttätig geworden sei. Irgendwann lässt er sich zu dem Statement bewegen, dass die Tonbandaufnahmen manipuliert seien, dass er aber eine einfache Philosophie fahre: Alles für die Familie! Anstatt sich auf einen jahrelangen Gerichtskrieg einzulassen, in dessen Verlauf seine Familie in die Öffentlichkeit gezerrt würde, habe er sich entschlossen, die Hiebe einzustecken und damit zu leben.
Auch langjährige Freunde wie Whoopie Goldberg oder Jodie Foster sprechen sich immer wieder öffentlich für Gibson aus.
Hier ist nicht der Ort, darüber zu entscheiden, ob Gibson
der häuslichen Gewalt schuldig ist. Fakt ist allerdings, dass er ein zutiefst katholischer
Mensch ist, der seine antisemitischen, rassistischen oder homophoben Äußerungen
zwar bedauert, aber nicht leugnet.
Um herauszufinden, wieso das so ist, muss man den Star Mel
Gibson persönlich betrachten.
Hinter den Kulissen
Gibson gesteht einmal, seit seinem 13. Lebensjahr zu
trinken. Dass Alkoholismus in seiner Familie liege, und er in den Fluch
hineingeboren sei. Regisseur Richard Donner schildert, er habe es kaum glauben
können, dass Gibson bereits 1987, während der Dreharbeiten zu LETHAL WEAPON,
fünf Pints Bier zum Frühstück getrunken habe. Bereits in den frühen Neunzigern
lässt Gibson sich immer wieder einweisen, besucht die Anonymen Alkoholiker und
versucht, einen Weg zu finden, vom Alkohol wegzukommen.
Eines seiner möglichen Probleme: Der Star gesteht, manisch-depressiv zu sein, eine Erkrankung unter der etliche
Schauspieler leiden, und die sie mit Drogen und Alkohol zu bekämpfen versuchen.
Anfang der Neunziger geht es Gibson so schlecht, dass er nahezu täglich mit dem Gedanken an Selbstmord spielt. Doch zwei Dinge geben ihm den Halt, weiterzumachen: Das eine ist seine Familie, das andere ist die Passion Christi! Gibson betet täglich mehrfach, und zieht aus Jesus' Kraft in dessen letzten Stunden seine eigene Kraft, weiterzumachen. Dies wird eine der größten Triebfedern auf seinem Weg, DIE PASSION CHRISTI zu realisieren. Er dreht den Film als Therapie, als Kampf gegen seinen Drang zum Selbstmord – und baut sich selbst in den Film ein. Die Hände, die Jesus ans Kreuz nageln sind seine – er will damit seine eigenen Sünden personifizieren. Auch die Füße, die ans Kreuz genagelt werden sind seine, sowie die Hände, die den Strick knüpfen, an dem Judas sich erhängt. Auch die späteren Schreie Jesus‘ sind Gibsons eigene.
Anfang der Neunziger geht es Gibson so schlecht, dass er nahezu täglich mit dem Gedanken an Selbstmord spielt. Doch zwei Dinge geben ihm den Halt, weiterzumachen: Das eine ist seine Familie, das andere ist die Passion Christi! Gibson betet täglich mehrfach, und zieht aus Jesus' Kraft in dessen letzten Stunden seine eigene Kraft, weiterzumachen. Dies wird eine der größten Triebfedern auf seinem Weg, DIE PASSION CHRISTI zu realisieren. Er dreht den Film als Therapie, als Kampf gegen seinen Drang zum Selbstmord – und baut sich selbst in den Film ein. Die Hände, die Jesus ans Kreuz nageln sind seine – er will damit seine eigenen Sünden personifizieren. Auch die Füße, die ans Kreuz genagelt werden sind seine, sowie die Hände, die den Strick knüpfen, an dem Judas sich erhängt. Auch die späteren Schreie Jesus‘ sind Gibsons eigene.
Kann aber ein erklärter Menschenfreund, einer der
charismatischsten Stars und tiefgläubiger Katholik wirklich Rassist, Antisemit
und homophob sein?
Hier kommen wir auf Gibsons Vater, Hutton Gibson zurück!
Hutton ist tiefgläubiger,
traditioneller Katholik. Er will zunächst Priester werden, beginnt bereits die
Ausbildung, arbeitet dann aber doch lieber als Eisenbahner.
Doch er bleibt strenggläubig. Später tritt er der
katholischen Splittergruppe der Sedevakantisten bei, einer Gruppe radikaler
Katholiken, die das 2. Vatikanische Konzil ablehnen.
Das 2. Vatikanische Konzil von Oktober 1962 bis November 1965 brachte diverse Reformationen und Modernisierungen der Katholischen Kirche mit sich. Darunter die Anerkennung anderer Religionen und das Recht auf Religionsfreiheit.
Das 2. Vatikanische Konzil von Oktober 1962 bis November 1965 brachte diverse Reformationen und Modernisierungen der Katholischen Kirche mit sich. Darunter die Anerkennung anderer Religionen und das Recht auf Religionsfreiheit.
In den Augen einiger traditioneller Katholiken ist das
Blasphemie. Für sie gilt weiterhin, dass es nur eine Religion, nur einen Gott gibt! Sie weigern sich, das 2. Vatikanische Konzil
anzuerkennen, und betrachten keinen seither gewählten Papst mehr als gültig,
sehen den päpstlichen Stuhl (sede) also als leer (vacant) an – daher
„Sedevakantisten“.
Oder anders ausgedrückt: Hutton Gibson ist höchst aktiv in
einer katholischen Unterströmung, deren Religionsbild noch im Mittelalter
hängt, und derzufolge nur wahre Katholiken ins Himmelreich einkehren, während
alle anderen Gläubigen und besonders die Nichtgläubigen, verdammt sind. (Hinzu
kommt, dass Hutton Gibson ein Holocaust-Minimierer ist, der einst meinte, die
Deutschen hätten gar nicht ausreichend Gas besessen, um so viele Juden zu
ermorden.)
Auch sein Sohn Mel wächst in diesem extremen religiösen Umfeld
auf – und steht dazu. In einem Interview sagt er: „Mein Vater hat mich
meinen Glauben gelehrt, und ich glaube daran, was er mich gelehrt hat. Der Mann
hat mich kein einziges Mal in meinem Leben belogen.“
Der Mann mit zwei Gesichtern
Eine Meinung zu Mel Gibson ist schwer zu fassen. So
bleiben einem nur die Fakten:
Gibson ist ein katholischer Familienmensch – mit zehn Geschwistern und sieben Kindern nur allzu deutlich.
Gibson ist ein katholischer Familienmensch – mit zehn Geschwistern und sieben Kindern nur allzu deutlich.
Er hat seine Familie und sein Privatleben stets aus der
Öffentlichkeit herausgehalten, ebenso wie seine Religiosität. Stattdessen hat
er lieber seine Liebe für derbe Späße und die THREE STOOGES in seine Arbeit
eingebracht. (Schon in LETHAL WEAPON wird seine Liebe zu den STOOGES deutlich,
aber auch darüber hinaus macht er keinen Hehl daraus. Im Jahr 2000 produziert
er sogar einen Dokumentarfilm über das Komikertrio!)
Mel Gibson ist seit seiner Jugend Alkoholiker und vermutlich manisch-depressiv.
Er wächst in einem Haushalt auf, in dem ein traditioneller
Katholizismus gelehrt wird, der Nächstenliebe propagiert, alle Andersgläubigen jedoch ablehnt. Sein Vater ist
offener Antisemit, Holocaust-Minimierer und religiöser Fanatiker.
Kurz gesagt: Privat rummst es bei Gibson bereits sein Leben
lang.
Künstlerisch hat Gibson immer mit Einsatz und Talent
geglänzt. Er ist ein charismatischer Schauspieler, der Action und Dramatik
ebenso beherrscht wie Komik. Der sich selbst nicht ernst nimmt, dafür aber seinen Beruf. Der Talente
fördert und nur selten sein Privatleben
einbringt – und wie sich schließlich zeigt, aus gutem Grund! Bereits seine
erste zarte Mischung aus privaten Vorlieben und filmischem Schaffen,
BRAVEHEART, zieht viel Kritik auf sich – gewinnt allerdings noch fünf Oscars
und die Herzen der Zuschauer.
Erst als er mit DIE PASSION CHRISTI seine Arbeit und sein
Privatleben endgültig zu verschmelzen versucht, implodiert diese saubere
Trennung. Das Problem dabei: Gibsons traditionelle Glaubensausrichtung ist nur
schwer mit unserer modernen Zeit zu vereinen.
Gibson selbst behauptet, niemals einen Menschen aufgrund
seines Glaubens, seiner Herkunft, seines Geschlechts oder anderer Attribute
schlechter behandelt oder diskriminiert zu haben.
Das zu überprüfen ist uns an dieser
Stelle nicht möglich, allerdings ist auch kein Fall bekannt, an dem Gibson in
derartiger Weise gehandelt hätte.
Seine Ansichten mögen dem entgegenstehen - und das ist ihm durchaus bewusst. So erklärt Gibson in einem Interview, dass seine damals Noch-Ehefrau einer der gütigsten
und besten Menschen auf der Welt sei. Sie sei nur keine Katholikin, und werde
daher nicht ins Paradies einziehen. Das sei es, was sein Glaube ihm sage, und
das sei es, womit er sich abfinde.
Gibson zeigt also durchaus die Fähigkeit, zwischen seinem
Glauben (der mit Sicherheit Homosexualität und Andersgläubige ablehnt!) und der
Realität seiner Welt zu unterscheiden - eine seiner engsten Freundinnen ist immerhin Jodie Foster, eine mittlerweile offen Homosexuelle!
Denkbar wäre, dass ihm im Fahrwasser der Dispute um DIE
PASSION CHRISTI die Dämme weggebrochen sind, mit denen er Zeitlebens seinen
Glauben und die Realität voneinander getrennt hat. Sicher ist, dass Gibson
sich seiner Probleme bewusst ist: In den Jahren während und nach all seinen Skandalen begibt er sich immer wieder in Behandlung.
Zartes Comeback
Nach über fünf Jahren Abstinenz kehrt Gibson 2010 erstmals
wieder auf die Leinwand zurück. Zunächst in dem Actionfilm AUFTRAG RACHE, etwas
später dann besetzt ihn seine alte Freundin Jodie Foster in ihrem Film DER
BIBER. Letzterer erhält exzellente Kritiken, aber beide Filme finden kaum
Publikum. (Zwei Filme mit Mel Gibson in der Hauptrolle ohne Publikum wären zehn
Jahre zuvor noch undenkbar gewesen!)
Auch mit GET THE GRINGO findet er nicht zu alter Form zurück,
dafür erhalten seine Gastauftritte in MACHETE KILLS und THE EXPENDABLES 3 positive
Schlagzeilen.
Auch als Regisseur kommt er langsam zurück. Ein lange
geplantes Werk über die Wikinger (erneut in Originalsprache!) ruht noch, seit
Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio ausgestiegen ist. Aktuell bereitet er einen
Kriegsfilm vor – über einen Militärarzt, der sich in der Schlacht um Okinawa
verdient macht, obwohl er es offen ablehnt, Menschen umzubringen!
Darüber hinaus plant Gibson einen weiteren Film über eine historische Leitfigur: In THE MACABEES will er das Leben des jüdischen Freiheitskämpfers Judas Macabäus verfilmen, einer der größten und wichtigsten historischen Figuren im jüdischen Glauben. Aktuell kommt er nicht voran, da große Teile der jüdischen Gemeinde versuchen, die Teilnahme Gibsons an dem Projekt zu verhindern.
2016/17 sorgt Gibson mit seinem Regiewerk HACKSAW RIDGE für ein furioses Comeback! in diesem Streifen, der in den Wirren des Zweiten Weltkrieges angesiedelt ist, steht ein junger Soldat namens Desmond Doss, der sich weigert, eine Waffe in die Hand zu nehmen und dennoch nach dem Krieg mit der Medal of Honor ausgezeichnet wird. Basierend auf einer wahren Begebenheit.
Darüber hinaus plant Gibson einen weiteren Film über eine historische Leitfigur: In THE MACABEES will er das Leben des jüdischen Freiheitskämpfers Judas Macabäus verfilmen, einer der größten und wichtigsten historischen Figuren im jüdischen Glauben. Aktuell kommt er nicht voran, da große Teile der jüdischen Gemeinde versuchen, die Teilnahme Gibsons an dem Projekt zu verhindern.
2016/17 sorgt Gibson mit seinem Regiewerk HACKSAW RIDGE für ein furioses Comeback! in diesem Streifen, der in den Wirren des Zweiten Weltkrieges angesiedelt ist, steht ein junger Soldat namens Desmond Doss, der sich weigert, eine Waffe in die Hand zu nehmen und dennoch nach dem Krieg mit der Medal of Honor ausgezeichnet wird. Basierend auf einer wahren Begebenheit.
In seinen Themen bleibt Gibson sich also treu:
Freiheitskämpfer, Menschenfreunde, historische Persönlichkeiten!
Schlusswort eines Freundes
Mel Gibson, das ist klar geworden, ist eine äußerst polarisierende, beinahe
gespaltene Persönlichkeit: Ausgrenzender Katholik, der gleichzeitig Freiheit und Frieden propagiert, homosexuelle Freunde hat, eine zutiefst zerrüttete Seele voller Dämonen, und ein gnadenlos talentierter und interessierter Künstler ist, der im Filmgeschäft schmerzlich abwesend ist.
Das Schlusswort überlassen wir daher einem der aktuell
populärsten Stars der Welt: Robert Downey, Jr.!
Downey, Jr. gerät in den Neunzigern immer wieder in die
Schlagzeilen. Der ebenfalls manisch-depressive Schauspieler wandert aufgrund
unzähliger Drogenvergehen und öffentlicher Fehltritte so oft ins Gefängnis,
dass sich vermutlich eine Drehtür gelohnt hätte. Er verliert diverse Rollen, wird weltweit kritisiert und
verachtet – oder wenigstens belächelt.
Im Oktober 2011 wird ihm von der amerikanischen
Film-Organisation American Cinematheque ein Ehrenpreis für sein
Lebenswerk verliehen. Downey, Jr. bittet seinen langjährigen Freund Mel Gibson,
ihn vorzustellen. In seiner Dankesrede schließlich widmet Downey, Jr. sich ganz
dem gefallenen Star an seiner Seite, und wendet sich ans filmliebende Publikum:
Mit aller Bescheidenheit bitte ich euch darum, solange ihr
nicht ohne Sünde seid – und dann seid ihr ohnehin im falschen verdammten Business – meinem
Freund hier seine Fehltritte zu vergeben und ihm dieselbe Möglichkeit für einen
Neuanfang zu bieten, die ihr mir gegeben habt, damit er fortfahren kann, seinen
großartigen und unermüdlichen Teil zu unserer gemeinsamen Kunst beizutragen,
ohne sich auf jedem Schritt entschuldigen zu müssen.
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