In unsere Reihe „Die bekanntesten
und beliebtesten Weihnachtsklassiker der Filmgeschichte“, die wir
2014 begonnen haben, gliedert sich WEIßE WEIHNACHTEN nur widerwillig
ein. Ist der Film in Amerika ein absoluter Weihnachtsklassiker,
fristet er bei uns ein nur mittelmäßig rühmliches Dasein. Dennoch
wird er jedes Jahr mindestens ein Mal über die Feiertage
ausgestrahlt und genießt besonders wegen eines Details die Zuneigung
einer stattlichen Fangemeinde: Das Lied „White Christmas“,
gesungen von Bing Crosby, ist der wohl berühmteste
Weihnachtsohrwurm. Er findet sich auf jeder
Best-Of-Weihnachtslieder-Kompilation und spült den Film in die
Annalen des klassischen Weihnachtsfilms.
Was kaum jemand weiß: Das Lied ist weit älter und berühmter als der Film dazu.
Quelle: DVD „Weiße Weihnachten“ ©
Paramount Pictures
|
Biancas Blick:
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Der Film WEIßE WEIHNACHTEN hat von Natur aus
nicht viele Pfunde, mit denen er wuchern kann, und am allerwenigsten
die Handlung, die, im Gegensatz zu anderen Weihnachtsklassikern, nun
wirklich nicht vor Kreativität oder Finesse sprüht, und sich
stattdessen hemmungslos dem Kitsch hingibt.
Worum es geht, ist schnell vergessen
Während des Zweiten Weltkriegs sind die Sänger
Bob und Phil in Europa stationiert und treten vor ihrer Kompanie auf.
Bereits zu Beginn des Films hat der Song „White Christmas“ seine
erste musikalische Einspielung.
Nach dem Krieg spielen Bob und Phil am Broadway. Die Umstände
wollen es, dass sie zwei ebenfalls singende Schwestern, Judy und
Betty, kennenlernen und ihnen aus einer argen Misere helfen. Nach
weiteren Verwicklungen und Missverständnissen kommt es
schlussendlich zu einem Happy End bei weißer Weihnacht, und Bob und
Betty, sowie Phil und Judy finden sich doch noch als glückliche
Paare zusammen.
Wem der Handlungsbogen arg zusammengefasst
wirkt, dem sei versichert, dass sich nicht viel mehr dahinter
verbirgt. Die Geschichte ist tatsächlich so trivial, vorhersehbar
und schrecklich kitschig, wie es sich anhört. Betrachtet man aber
die Zeit, in der der Film spielt und in welcher er seine Premiere
feiert, erkennt man, wie sehr es dem Publikum nach den Schrecken des
Zweiten Weltkriegs nach Frieden und Harmonie gedürstet hat. Leichte Geschichten, in denen die Alltagsdramen mundgerecht verpackt und mit
möglichst eingängiger Musik untermalt werden, stehen an der
Tagesordnung des amerikanischen Kinos der frühen 50er Jahre. WEIßE
WEIHNACHTEN passt perfekt in diese Formel: bunt, kitschig und mit
gutem Ende versehen, besonders zur Weihnachtszeit. Ein klassischer
Revuefilm mit dem damals größten Star: Bing Crosby.
Und wer war alles dabei?
Regie führt Michael Curtiz, der mit
dem Spionage-Drama CASABLANCA Filmgeschichte schreibt. Curtiz
inszeniert schon vor WEIßE WEIHNACHTEN eine imposante Mischung
musikalischer Filme wie ZAUBERNÄCHTE IN RIO, MEIN TRAUM BIST DU, DER
JAZZTROMPETER und JAZZ SINGER. Er arbeitet in seiner Karriere mit
Musikgrößen wie John Carson, Bing Crosby, Doris Day und Elvis
Presley zusammen, die ihm alle ein gutes Händchen für Timing und
Setting in diesem Genre bescheinigen, und – wie Doris Day –
mehrfach mit ihm zusammenarbeiten.
Quelle: DVD „Weiße Weihnachten“ © Paramount Pictures |
Unbedingt erwähnenswert
ist unter dem Darstellerstab Rosemary Clooney, die Betty spielt.
Clooney (ja, sie ist die Tante des beliebten George) ist ebenfalls
eine äußerst bekannte Jazz-Sängerin der 40er und 50er Jahre. WEIßE
WEIHNACHTEN ist ihr vierter Film und einer ihrer bekanntesten. Im
Gegensatz zu vielen Filmen der damaligen Zeit, und selbst heute noch,
ist die Schauspielerin tatsächlich mal sieben Jahre jünger als
die von ihr gespielte Figur. Der Song „I Wish I Was Back in the Army“,
den sie mit Danny Kay, Bing Crosby und Vera-Ellen singt, beweist Evergreenqualitäten.
Clooney und Crosby verbindet nach WEIßE WEIHNACHTEN eine enge
Freundschaft. So steht er ihr zur Seite, als sie – nach Drogen- und
Alkoholproblemen – 1976 ein fulminantes Bühnencomeback feiert. Sie
nimmt bis zu ihrem Tod 2002 insgesamt 25 Alben auf und platziert
sechs Songs in den Top Ten.
Danny Kaye, der Bob spielt, zählt
in den 40er und 50er Jahren zu Amerikas bekanntesten Komikern. So
wird er in seinen 33 Kinoauftritten zumeist als Tolpatsch eingesetzt.
Seine berühmteste Rolle bleibt DER HOFNARR in dem 1956 erschienenen
gleichnamigen Film. Anders als Crosby, Clooney und Vera-Ellen besitzt
Kaye kein so markantes Gesangsrepertoire. Seine Musicalauftritte in
WEIßE WEIHNACHTEN sind allerdings fulminant.
Für seine Tätigkeit
als Botschafter für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen,
UNICEF, erhält Kaye 1955 den Ehrenoscar. Mit Benefiz-Konzerten
sammelt er über 10 Millionen Dollar und übernimmt die Organisation des Events,
als UNICEF 1965 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet
wird.The Best Things Happen While You're Dancing“ an der Seite von Danny
Kaye, sei hier unbedingt noch erwähnt.
Quelle: DVD „Weiße Weihnachten“ © Paramount Pictures |
Die Geschichte eines Songs
Wenn wir schreiben, dass der Film
besonders durch seinen Titelsong bekannt ist, dann ist das nur zum
Teil wahr.
Sicherlich ist das Lied "White Christmas" die bekannteste
Assoziation, die man mit dem Film verknüpft, aber das Lied wurde nicht
für diesen Film geschrieben. Sondern für einen anderen.
1942 feiert der Film MUSIK, MUSIK
Premiere (im Original HOLIDY INN und Namensgeber einer populären Hotelkette), ebenfalls mit Bing Crosby in der Hauptrolle. Fred Astaire
mimt seinen Freund und Kollegen. Bereits in diesem Streifen singt
Crosby das Lied „White Christmas“, das Irving Berlin 1940
komponiert, in jener legendären Szene am weihnachtlich geschmückten Kamin. Der Song wird 1943 mit dem Oscar für den besten Filmsong
ausgezeichnet.
Der Komponist Berlin ist Analphabet. Die Niederschrift seiner
Werke überlässt er daher seinem Sekretär Helmy Kresa. Die 48
Takte, die „White Christmas“ beinhaltet, bringt dieser im Januar
1940 in Notenform. Der Komponist ist überzeugt, es handle sich
„nicht nur um den besten Song, den ich jemals geschrieben habe,
sondern es ist der beste Song, den jemals irgendjemand geschrieben hat.“
Als Berlin Bing Crosby den Song vorstellt, ist dieser sofort
überzeugt, dass er ein Erfolg werden wird.
Der Film MUSIK, MUSIK, für den der Titel eingespielt wird, erweist sich als überaus erfolgreich und auch die Single „White Christmas“ erzielt hohe Verkaufszahlen. Nachdem er mit Crosby aufgenommen und im August 1942 veröffentlicht wird, avanciert er zum absoluten Verkaufsschlager. Allerdings erst ab Ende Oktober, da im August noch niemand ein Gefühl von Weißer Weihnacht hat. Am 20. November 1942 erklimmt das Lied die Spitze der US-Charts und thront dort ganze 10 Wochen lang!
Der Film MUSIK, MUSIK, für den der Titel eingespielt wird, erweist sich als überaus erfolgreich und auch die Single „White Christmas“ erzielt hohe Verkaufszahlen. Nachdem er mit Crosby aufgenommen und im August 1942 veröffentlicht wird, avanciert er zum absoluten Verkaufsschlager. Allerdings erst ab Ende Oktober, da im August noch niemand ein Gefühl von Weißer Weihnacht hat. Am 20. November 1942 erklimmt das Lied die Spitze der US-Charts und thront dort ganze 10 Wochen lang!
Nachdem Bing Crosby das Lied 1946 auch in dem Film
BLAU IST DER HIMMEL anstimmt und es einen erneuten Verkaufsschub
einleitet, muss Crosby das Lied 1947 neu einspielen, da das Masterband
durch die häufige Nutzung so stark beschädigt ist, dass es
unbrauchbar wird. Ein weiteres Mal steigen die Verkaufszahlen durch
die wieder in Bewegung gesetzte Werbetrommel.
Quelle: DVD „Weiße Weihnachten“ © Paramount Pictures |
Sechs Jahre später
reift bei pfiffigen Produzenten und Studiobossen schließlich die
Idee, filmisch aus dem Song einen noch viel größeren Erfolg zu
ziehen als 1942. Es ist ein leichtes, um den populären Titel eine ähnliche Geschichte wie
1942 zu stricken und so das berühmteste Weihnachtslied seiner Zeit erneut in die
Kinos zu bringen. Wie offenherzig die Produzenten damit umgehen, dass der Film ein Marketingvehikel für das Lied wird (statt andersherum), zeigt sich am Cover. Denn statt, wie seinerzeit üblich, den Regisseur oder Produzent als übergeordneten Künstler zu erwähnen, prangt auf den Postern ganz offen der Titel "Irving Berlin's White Christmas".
Der Film wird – wie sollte es anders sein – ein
sensationeller Erfolg und treibt die Verkaufszahlen von „White
Christmas“ ein weiteres Mal auf die Spitze.
„White
Christmas“ gilt heute mit bis zu 125 Millionen verkauften
Tonträgern (die Angaben schwanken ein wenig) weltweit als
erfolgreichste (Weihnachts-)Single aller Zeiten und als einer der
berühmtesten Filmsongs der Kinogeschichte. Nach Elton Johns „Candle
in the Wind“ steht „White Christmas“ auf einem sicheren zweiten
Platz der ewigen Bestenliste.
Frank Sinatra, Michael Bublé und
Kelly Clarkson sind nur einige der Künstler, die den Song neu
eingesungen haben. Sinatra, der das Lied 1948 herausbringt, trägt es
1957 noch einmal im Duett mit Bing Crosby in seiner Fernsehshow vor.
Für Sinatra, der Crosby stets verehrt hat, ist das ein Höhepunkt in
seinem künstlerischen Schaffen.
Ein Ausnahmetalent
Natürlich kann man nicht über WHITE
CHRISTMAS philosophieren, ohne auch über Bing Crosby zu schreiben,
der mit Song und Film so eng verwoben ist.
Über Bing Crosbys
Kindheit ist wenig bekannt. Er wird 1903 (oder 1904, die Quellen sind
sich da nicht einig) in Washington geboren. Erste Anzeichen seiner
Gesangskarriere erscheinen erst zur Zeit seines Jurastudiums, da Crosby sich die Studiengebühren mit Auftritten in Bars und
Clubs verdient und nach eigener Aussage mehr Geld damit scheffelt,
als alle ihm bekannten Juristen. Um diese Erfahrung reicher,
konzentriert er sich nun ausschließlich auf seine
Gesangskarriere.
Quelle: DVD „Weiße Weihnachten“ © Paramount Pictures |
1930 gibt er in DER JAZZKÖNIG sein Filmdebüt
mit dem populären Whiteman Orchestra. Von da an ist er ein gefragter
Bühnendarsteller, Radio-Entertainer und Sänger mit stetig
steigenden Verkaufszahlen.
Gesanglich nähert sich Crosby Louis
Armstrong an, dem wohl bedeutendsten Instrumentalsolisten der 30er
Jahre. Armstrong sagt über seinen Kollegen: „Bings Stimme hat
eine Weichheit, die typisch für ihn ist. Sie ist wie Gold, das aus
einem Kelch fließt.“
Bis 1935 perfektioniert Crosby seinen
Stil und verinnerlicht die damaligen Jazz-Standards. Er avanciert
zu einem der erfolgreichsten Sänger der 30er und 40er Jahre. Als er
sein jugendliches Publikum zu verlieren droht, nimmt er Duette u.a.
mit Frank Sinatra auf und spült sich so stets in die Erfolgsliga
zurück.
Der Song „White Christmas“ bleibt aber bis heute sein
erfolgreichstes Lied. Ähnlich nachhaltig – wenn auch nicht so
gewinnbringend – ist der Titel „True Love“, den Crosby mit Grace
Kelly für den Film DIE OBEREN ZEHNTAUSEND aufnimmt,
der ebenfalls oscarnominiert wird und bis heute mehrfach gecovert
wurde, u.a. von Elton John und Kiki Dee. Damit entwickelt sich der
Titel zu Crosbys zweitem lukrativen Evergreen.
Erfolgreicher
Sänger, Moderator und Entertainer – da ruft natürlich bald Hollywood und versucht aus dem Gesangstalent Kapital zu schlagen.
Crosby selbst nimmt die Angebote nur allzu gern an, schließlich
steigern sie Popularität und – bei Erfolg – auch den
Marktwert.
So zählt Crosbys künstlerische Vita bis zu seinem Tod 103 Auftritte in Kino und Fernsehen, seine Songs werden in diversen Filmen und Serien bis heute 277 Mal genutzt, letztmalig in den TV-Serien BATES MOTEL und 12 MONKEYS.
So zählt Crosbys künstlerische Vita bis zu seinem Tod 103 Auftritte in Kino und Fernsehen, seine Songs werden in diversen Filmen und Serien bis heute 277 Mal genutzt, letztmalig in den TV-Serien BATES MOTEL und 12 MONKEYS.
Bing Crosby wird drei Mal als Bester
Hauptdarsteller für einen Oscar nominiert: 1945 und 1946 für seine
Rolle als Pater an der Seite von Ingrid Bergmann (die ebenfalls
nominiert wird) in DER WEG ZUM GLÜCK und DIE GLOCKEN VON ST. MARIEN
und 1955 für seine Rolle eines Alkoholikers in EIN MÄDCHEN VOM
LANDE (für ihre Rolle als verzweifelte, den Ehemann deckende Frau
bekommt Grace Kelly ihren einzigen Oscar). Bereits seine erste
Nominierung beschert ihm 1945 den begehrten Filmpreis.
Quelle: DVD „Weiße Weihnachten“ © Paramount Pictures |
Auf dem „Walk Of Fame“ zieren drei Sterne den Erfolgsweg Crosbys:
einer für seine Verdienste beim Radio, einer für seine Leistung als
Sänger und einer für den Schauspieler Bing Crosby
Privat sieht es düster aus in Crosbys
Leben und dem seines Familienclans. Beide Ehen werden geschieden,
sein Sohn Gary aus erster Ehe beschreibt seinen Vater in seiner
Biografie, die bis heute sehr umstritten ist, als „tyrannisch“
und „autokratisch“. Sein Sohn Lindsay begeht, nachdem das Erbe
durchgebracht ist, und er nie mit dem emotionalen Missbrauch seines
Vaters und seiner Alkoholsucht umgehen konnte, 1989 Selbstmord. Sein
Bruder Dennis verwindet das nie, und beendet sein Leben 1991
ebenfalls. Bing Crosby erlebt das jedoch nicht mehr. Eine seiner
Affären nach dem Tod seiner ersten Frau wird später seine
Schwiegertochter, als sie Gary heiratet.
Seine Enkeltochter Denise Crosby (die Tochter von Dennis Crosby) ist dem heutigen Publikum als Schauspielerin wohl noch am vertrautesten. Ihre bekannteste Rolle als Tasha Yar in RAUMSCHIFF ENTERPRISE – DIE NÄCHSTE GENERATION gibt sie aufgrund mangelnder Entfaltungsmöglichkeiten früh ab, ist aber bis heute immer wieder in populären Serien und als Teil des STAR TREK Universums zu sehen.
1977 stirbt Bing Crosby nach einer Runde Golf an Herzversagen.
Crosby gilt bis heute als einer der bedeutendsten und prägendsten Künstler und Entertainer unserer Zeit. Er beeinflusst während seiner Schaffensperiode Kollegen wie Frank Sinatra und Dean Martin. 396 seiner eingesungenen Titel landen in den Hitparaden, und 38 davon werden Nummer-Eins-Hits.
Auch wenn WEIßE WEIHNACHTEN kein filmischer Weihnachtsklassiker ist, so steht er doch stellvertretend für einen der größten Künstler und eines der populärsten (und, ja, auch besten) Weihnachtslieder, die die besinnlichste Zeit des Jahres für uns so magisch machen.
Seine Enkeltochter Denise Crosby (die Tochter von Dennis Crosby) ist dem heutigen Publikum als Schauspielerin wohl noch am vertrautesten. Ihre bekannteste Rolle als Tasha Yar in RAUMSCHIFF ENTERPRISE – DIE NÄCHSTE GENERATION gibt sie aufgrund mangelnder Entfaltungsmöglichkeiten früh ab, ist aber bis heute immer wieder in populären Serien und als Teil des STAR TREK Universums zu sehen.
1977 stirbt Bing Crosby nach einer Runde Golf an Herzversagen.
Crosby gilt bis heute als einer der bedeutendsten und prägendsten Künstler und Entertainer unserer Zeit. Er beeinflusst während seiner Schaffensperiode Kollegen wie Frank Sinatra und Dean Martin. 396 seiner eingesungenen Titel landen in den Hitparaden, und 38 davon werden Nummer-Eins-Hits.
Auch wenn WEIßE WEIHNACHTEN kein filmischer Weihnachtsklassiker ist, so steht er doch stellvertretend für einen der größten Künstler und eines der populärsten (und, ja, auch besten) Weihnachtslieder, die die besinnlichste Zeit des Jahres für uns so magisch machen.
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