Als Robert Redford 1980 sein Regiedebüt
EINE GANZ NORMALE FAMILIE vorlegt, ist er 44 Jahre alt, seit über
zwanzig Jahren im Geschäft, ein weltweiter Filmstar, Hollywoodliebling und bereits von etlichen Schicksalsschlägen
gebeutelt.
An dem Punkt, den andere Stars als ihren Zenit bezeichnen würde, beginnt Redford, sein Werk massiv auszuweiten – und sich ganz neu zu erfinden. Mit der beginnenden Arbeit als Regisseur entwickelt Redford sein soziales Gewissen immer weiter. Die Arbeit dient ihm aber auch als heilsame Pflege, denn auch in Zukunft bleiben seiner Familie, die Redford über alles stellt, Unglücke nicht erspart.
An dem Punkt, den andere Stars als ihren Zenit bezeichnen würde, beginnt Redford, sein Werk massiv auszuweiten – und sich ganz neu zu erfinden. Mit der beginnenden Arbeit als Regisseur entwickelt Redford sein soziales Gewissen immer weiter. Die Arbeit dient ihm aber auch als heilsame Pflege, denn auch in Zukunft bleiben seiner Familie, die Redford über alles stellt, Unglücke nicht erspart.
Daneben gelingt es ihm aber auch, sein
Rollenfach vom kecken Helden zum gediegenen Charmeur umzuwandeln, und
so trotz steigenden Alters, nicht nur attraktiv für die Leinwand zu
bleiben, sondern einige seiner erfolgreichsten Filme überhaupt zu
drehen.
Biancas Blick:
Im ersten Teil unseres Porträts haben wir die Anfänge Redfords beleuchtet. Wir haben den jungen Künstler ein Stück begleitet, wie er entwurzelt und zutiefst verunsichert durch Europa zog, um den Tod seiner Mutter und seinen Alkoholismus zu verarbeiten, um Maler zu werden und schließlich in New York über Umwege zur Schauspielerei kam. Wir sahen einen Idealisten, der die Verantwortung des Kinos als Aufklärungsinstrument erkannte und zu nutzen wusste.
Wir lernten den wütenden und
energischen Redford kennen, der es sich zur Aufgabe machte, die Welt,
in der er lebte, zu verbessern und wachzurütteln.
Redford erklomm seinen schauspielerischen Zenit und war Ende der 70er Jahre einer der größten, bei Kollegen geachtetsten und bei Regisseuren ob seiner Streitbarkeit gefürchtetsten Künstler.
Redford erklomm seinen schauspielerischen Zenit und war Ende der 70er Jahre einer der größten, bei Kollegen geachtetsten und bei Regisseuren ob seiner Streitbarkeit gefürchtetsten Künstler.
Nun aber macht er sich
daran, im wahrsten Sinne des Wortes die Fäden der Filmkunst selbst
in die Hand zu nehmen.
Ende der 70er Jahre scheitert die Ehe von Robert Redford.
Das Sujet erweitert sich
Ende der 70er Jahre scheitert die Ehe von Robert Redford.
So tragisch diese Begebenheit für
Redford auch ist, bewirkt sie eine begrüßenswerte Veränderung im Sujets des
Künstlers. Bildeten zuvor vor allem politische, aufklärerische und
wirtschaftliche Themen einen Großteil seiner Filme ab, erweitert er
die Grundthemen seiner Geschichten nun schlagartig um die Punkte
Familie sowie die zwischenmenschlichen und sozialen Beziehungen der Menschen und das
Verantwortungsbewusstsein dem eigenen Tun gegenüber.
„Es war eine interessante Situation.
Meine Ehe war gescheitert […] Also begann ich, das menschliche
Verhalten zu analysieren und über soziale Unruhen nachzudenken, um
beides in Beziehung zu setzen.“
In den folgenden 20 Jahren wird
sich Robert Redford vermehrt, ja beinahe ausschließlich, mit eben
diesen sozialen Unruhen, zwischenmenschlichen Beziehungen und
familiären Strukturen auseinandersetzen.
Eine erste Arbeit in diese Richtung wird 1980 das sozialkritische Gefängnisdrama BRUBAKER.
Der Film behandelt die Beziehungen diverser Gefängnisinsassen, erweitert diese jedoch, anders etwa als der zweite große Gefängnisfilm seiner Zeit, DER UNBEUGSAME mit Paul Newman, um eine deutliche Kritik am maroden und korrupten Führungssystem amerikanischer Gefängnisse, welche die Gefangenen als Sklavenarbeiter ausbeuten, und so dicke Gewinne einfahren. Die Auswirkungen dieses Systems auf die Menschen, die darin gefangen sind, beschreibt BRUBAKER auf beeindruckende Art und Weise.
Eine erste Arbeit in diese Richtung wird 1980 das sozialkritische Gefängnisdrama BRUBAKER.
Der Film behandelt die Beziehungen diverser Gefängnisinsassen, erweitert diese jedoch, anders etwa als der zweite große Gefängnisfilm seiner Zeit, DER UNBEUGSAME mit Paul Newman, um eine deutliche Kritik am maroden und korrupten Führungssystem amerikanischer Gefängnisse, welche die Gefangenen als Sklavenarbeiter ausbeuten, und so dicke Gewinne einfahren. Die Auswirkungen dieses Systems auf die Menschen, die darin gefangen sind, beschreibt BRUBAKER auf beeindruckende Art und Weise.
Quelle: Blu Ray „Brubaker“ © Twentieth Century Fox |
Nachdem Murton so einen der größten Gefängnisskandale der USA ausgelöst hat, geschieht das, was aus heutiger Sicht zu erwarten war: Der um Aufklärung bemühte Murton wird seines Amtes als Direktor enthoben und verleumdet. Er findet nie wieder Arbeit im Vollzugssystem.
Genau der richtige Stoff für Redfords Sujet in diesen Jahren. Kein Wunder also, dass er sich verstärkt für die Adaption des Berichtes einsetzt.
Regisseur Bob Rafelson und Redford geraten – wie sollte es anders sein – heftig aneinander. Während Rafelson sich noch um ein insgesamt komplexes Drehbuch bemüht, setzt sich Redford bereits mit seiner eigenen Interpretation auseinander.
Rafelson wird Drogenmissbrauch unterstellt, was zudem zu Stimmungsschwankungen und Spannungen am Set führt. Er soll sogar einen Verantwortlichen von Fox zusammengeschlagen haben, der nach Columbus geschickt wird, um zu recherchieren, weshalb der Drehplan bereits zu Beginn der Arbeiten so weit verzögert ist.
Murton selbst ist mit dem Drehbuch zu Beginn weniger zufrieden, Redford zieht sich am Set zurück und arbeitet an seiner Rolle als Brubaker, Murtons fiktionalisiertem Alter Ego. Ein sinnvolles Arbeiten ist so nicht möglich, und bald sitzt Rafelson nicht mehr auf dem Regiestuhl.
Manche Quellen berichten, Redford selbst habe sich für die Ablösung Rafelsons eingesetzt. Andere erzählen, dass Paul Newman, als er von den Zuständen am Set erfährt, seinem Freund Redford zu Stuart Rosenberg geraten haben soll, da Newman mit ihm äußerst erfolgreich an DER UNBEUGSAME gearbeitet hat. Wer nun hinter der Neubesetzung des Regisseurs steckt, bleibt ungewiss. Fest steht, dass Stuart Rosenberg als neuer Regisseur ans Set geschickt wird.
„[Rosenberg] besaß die Art Charakterstärke, von der ich hoffte, dass sie den Film vielleicht vorm Misserfolg bewahren könnte, denn die Schauspieler begannen bereits zu meutern“, schildert Redford die prekäre Situation.
Gedreht wird in einem realen Gefängnis, doch Rosenberg ist entsetzt: „Zum Beispiel hatte [Rafelson] das Dach des Drehorts einfach abgerissen – immerhin ein reales Gefängnis –, um Studioscheinwerfer einbauen zu können. Ich dachte nur: Was für eine Verschwendung! […] Das hat verhindert, eine Totale zu drehen.“
Auch ist ihm nach Sichtung der ersten
Muster klar, dass er nichts von dem bisher Gedrehten Material
verwenden kann.
Keine guten Voraussetzungen für einen so wichtigen und explosiven Film.
Rosenberg selbst kennt Murtons Bericht seit 10 Jahren und schätzt ihn sehr: „Aber ich hatte bezweifelt, dass es irgendwann verfilmt werden würde, weil es sich so kritisch mit unserem Strafvollzugssystem auseinandersetzte.“
Keine guten Voraussetzungen für einen so wichtigen und explosiven Film.
Quelle: DVD „Eine ganz normale Familie“ © Universal Pictures |
Rosenberg selbst kennt Murtons Bericht seit 10 Jahren und schätzt ihn sehr: „Aber ich hatte bezweifelt, dass es irgendwann verfilmt werden würde, weil es sich so kritisch mit unserem Strafvollzugssystem auseinandersetzte.“
Deshalb ist die Fertigstellung auch für
Rosenberg so wichtig und das Team arbeitet in den folgenden Wochen im
Eiltempo und nun hochmotiviert. Am Ende holt das Team so gut auf,
dass der Film trotz aller Querelen mit einer Verzögerung von nur
drei Wochen fertiggestellt wird!
In den letzten Tagen des Drehs jedoch ist Redford bereits mit seinem nächsten Herzensprojekt beschäftigt: seinem Regiedebüt.
Das Regiedebüt führt zum Oscar!
In den letzten Tagen des Drehs jedoch ist Redford bereits mit seinem nächsten Herzensprojekt beschäftigt: seinem Regiedebüt.
1979 reift in Redford der Entschluss, selbst Regie zu führen – und das entpuppt sich als gar nicht so einfach! Denn er weiß genau, welche Geschichte ihm aus der Seele spricht.
Drei jahre zuvor veröffentlicht Judith Guest ihre Novelle „Eine ganz normale Familie“, die schnell zur Pflichtlektüre an amerikanischen Schulen wird.
Redford sagt zu seinem Entschluss, sich für diese Vorlage entschieden zu haben: „Es war wie eine Flut, die ich nicht aufhalten konnte, als hätte ich all diese Erinnerungsfetzen mein ganzes Leben für diesen Moment aufbewahrt.“
Die Novelle erzählt von einer Familie, die am Unfalltod des ältesten Sohnes zerbricht; mit diesem schweren Trauma nicht umgehen kann. Der jüngere Sohn Conrad fällt in schwere Depressionen und versucht, seinem Leben ein Ende zu setzen. Und genau hier beginnt der Roman. In Gesprächen und kurzen Szenen wird das Bild der nach außen hin perfekten Familie ad absurdum geführt.
Die
zentrale Beziehung des Buches ist die zwischen Conrad und seiner
Mutter mit ihrem gegenseitigen Unvermögen, sich einander zu öffnen.
Redford erwirbt 1979 die Filmrechte und bittet Judith Guest um Mithilfe. Die Autorin äußert zunächst Zweifel, immerhin hat Redford bisher keinerlei Regieerfahrung. Doch sein Enthusiasmus imponiert ihr, und ebenso, dass Redford ein Gespür für die Anlage der Figuren zeigt, so dass sie ihre Zustimmung gibt, das Drehbuch zu überwachen.
Natürlich ist die Finanzierung ebenso schwer zu realisieren. Redford als Regisseur? Daran glauben die wenigsten Geldgeber. Auch, dass Redford auf der Besetzung Mary Tyler Moores als Mutter Beth Jarrett beharrt, schürt Zweifel, denn nach dem Willen der Produzenten soll Jane Fonda die Rolle spielen. Moore ist seinerzeit vor allem als witziger Fernsehstar bekannt, ihre Comedy-Sendung, die MARY TYLER MOORE SHOW, ist eine der erfolgreichsten ihrer Zeit. Eine dramatische Rolle wie die der Mutter Beth Jarrett traut ihr niemand zu – außer Redford.
Was Redford zu diesem Zeitpunkt nicht weiß: Die vermeintlich im Glück schwebende Moore hat gerade eine Scheidung hinter sich hat, den Selbstmord ihres Sohnes und ihrer Schwester zu verkraften, und erfahren, dass ihre Eltern schwer erkrankt sind. All das erfährt er erst später.
Redford erwirbt 1979 die Filmrechte und bittet Judith Guest um Mithilfe. Die Autorin äußert zunächst Zweifel, immerhin hat Redford bisher keinerlei Regieerfahrung. Doch sein Enthusiasmus imponiert ihr, und ebenso, dass Redford ein Gespür für die Anlage der Figuren zeigt, so dass sie ihre Zustimmung gibt, das Drehbuch zu überwachen.
Natürlich ist die Finanzierung ebenso schwer zu realisieren. Redford als Regisseur? Daran glauben die wenigsten Geldgeber. Auch, dass Redford auf der Besetzung Mary Tyler Moores als Mutter Beth Jarrett beharrt, schürt Zweifel, denn nach dem Willen der Produzenten soll Jane Fonda die Rolle spielen. Moore ist seinerzeit vor allem als witziger Fernsehstar bekannt, ihre Comedy-Sendung, die MARY TYLER MOORE SHOW, ist eine der erfolgreichsten ihrer Zeit. Eine dramatische Rolle wie die der Mutter Beth Jarrett traut ihr niemand zu – außer Redford.
Was Redford zu diesem Zeitpunkt nicht weiß: Die vermeintlich im Glück schwebende Moore hat gerade eine Scheidung hinter sich hat, den Selbstmord ihres Sohnes und ihrer Schwester zu verkraften, und erfahren, dass ihre Eltern schwer erkrankt sind. All das erfährt er erst später.
Quelle: DVD „Eine ganz normale Familie“ © Universal Pictures |
Moore erinnert sich
an das erste Treffen mit Redford: „Es war alles sehr förmlich, und
ich musste mich erstmal zwicken, um mich zu vergewissern, dass ich
dem Robert Redford gegenüberstand.“ Moore erkennt die Parallelen
des Romans zu ihrem eigenen Leben und weiß diese gekonnt in den
emotionalen Aufbau ihrer Figur einzubauen.
Donald Sutherland sagt sofort zu und übernimmt die Rolle des Vaters – Calvin Jarrett.
Der zwanzigjährige Timothy Hutton hat bis zu diesem Moment höchstens kleine Rollen im Fernsehen gespielt und ist völlig unbekannt, doch auch hier setzt Redford sich durch. Huttons Vater, der Schauspieler James Hutton, ist vier Monate zuvor an Krebs verstorben. Auch hier kommen die dadurch ausgelösten Gefühle der Rolle zugute. „Er öffnete sich, was für uns beide sehr hilfreich war“, erinnert sich Redford.
Redford ist in allen Bereichen des Films vertreten, überlässt nichts dem Zufall. Auch er hat ein Auge auf das Drehbuch, arbeitet am Storyboard mit, was Kollegen noch heute schmunzeln lässt. „Es frustrierte mich, mit John und den Technikern zu reden, weil ich meine Vorstellungen nicht richtig zum Ausdruck bringen konnte. Schließlich habe ich mir ein paar Zettel geschnappt und Strichmännchen mit dazugehörigem Lichteinfall gezeichnet. Von da an lief es wie am Schnürchen, denn ich konnte den Film buchstäblich malen“, so Redford später. Im Laufe der Jahre entwickelt er die Fähigkeit, prägnante Storyboards zu zeichnen und sich so fundiert mit seinen Technikern auseinanderzusetzen.
Die intensive Arbeit an der Drehbuchkonzeption verhindert, dass Redford sich zu diesem Zeitpunkt mit sich selbst oder dem Drama in seiner eigenen, zerbrechenden Familie auseinandersetzen kann.
Das Trauma im Zentrum des Films
kommt Redford nur allzu bekannt vor, erinnert es ihn doch sehr an die
familiäre Situation nach dem Tod seiner Mutter: „Ich hatte ein
Bild dieser Familie vor Augen, wie diese Menschen schlicht und
einfach daran zerbrachen, dass sie nicht miteinander redeten, und das
wollte ich auf die Leinwand bringen, wie in einem Kommentar über den
Zustand der Ehe im Amerika des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts.“
Erfreulich ist, dass die Adaption sich in vielen Szenen haargenau an die Buchvorlage hält. Gespräche, ja selbst Körperhaltungen werden detailliert übernommen.
Donald Sutherland sagt sofort zu und übernimmt die Rolle des Vaters – Calvin Jarrett.
Der zwanzigjährige Timothy Hutton hat bis zu diesem Moment höchstens kleine Rollen im Fernsehen gespielt und ist völlig unbekannt, doch auch hier setzt Redford sich durch. Huttons Vater, der Schauspieler James Hutton, ist vier Monate zuvor an Krebs verstorben. Auch hier kommen die dadurch ausgelösten Gefühle der Rolle zugute. „Er öffnete sich, was für uns beide sehr hilfreich war“, erinnert sich Redford.
Redford ist in allen Bereichen des Films vertreten, überlässt nichts dem Zufall. Auch er hat ein Auge auf das Drehbuch, arbeitet am Storyboard mit, was Kollegen noch heute schmunzeln lässt. „Es frustrierte mich, mit John und den Technikern zu reden, weil ich meine Vorstellungen nicht richtig zum Ausdruck bringen konnte. Schließlich habe ich mir ein paar Zettel geschnappt und Strichmännchen mit dazugehörigem Lichteinfall gezeichnet. Von da an lief es wie am Schnürchen, denn ich konnte den Film buchstäblich malen“, so Redford später. Im Laufe der Jahre entwickelt er die Fähigkeit, prägnante Storyboards zu zeichnen und sich so fundiert mit seinen Technikern auseinanderzusetzen.
Die intensive Arbeit an der Drehbuchkonzeption verhindert, dass Redford sich zu diesem Zeitpunkt mit sich selbst oder dem Drama in seiner eigenen, zerbrechenden Familie auseinandersetzen kann.
Quelle: DVD „Die Legende von Bagger Vance“ © Twentieth Century Fox |
Detailliertes Elend
Erfreulich ist, dass die Adaption sich in vielen Szenen haargenau an die Buchvorlage hält. Gespräche, ja selbst Körperhaltungen werden detailliert übernommen.
Tyler Moore, Sutherland, Judd Hirsch als Therapeut, der aus gesundheitlichen Gründen Richard Dreyfuss ersetzen muss, und vor allem Timothy Hutton zeigen Glanzleistungen, und die Regiepremiere Redfords kann als geglückt bezeichnet werden. Alles aus seinen Darstellern herauszukitzeln und ein Auge für frische Talente werden zu Markenzeichen des Regisseurs Redford.
Ebenso wie Clint Eastwood weiß Robert Redford, wie und auf welche Knöpfe er drücken
muss, um bestimmte Emotionen in den Darstellern zu wecken.
Redford bespricht die Anlagen der Figuren mit den Schauspielern genau, gibt aber in der Darstellung keine Vorgaben, sondern lässt lange improvisieren und formt daraus die Figuren, wie er es bei Mike Nichols gesehen hat, dessen Technik er sich zu eigen macht.
Sutherland erinnert sich: „Bob schenkte den Schauspielern absolutes Vertrauen. Er hatte selbst die Erfahrung gemacht, dass ein Schauspieler Raum braucht, um seine Rolle zu finden.“
Der Film erhält 1981 sechs Oscarnominierungen und nimmt den Preis für den Besten Film, die Beste Regie, den Besten Nebendarsteller (Hutton) und das Beste adaptierte Drehbuch entgegen. Tyler Moore und Hirsch bleiben nur nominiert. Damit schlägt der Film keinem geringeren Klassiker ein Schnippchen als WIE EIN WILDER STIER, der sich gegen Redfords Drama nicht durchsetzen kann.
Auch heute noch, 35 Jahre nach der Premiere, wirkt der Film nicht veraltet, sondern besticht durch viele kleine Nuancen und gelungene Dialoge.
Er wird Redfords rundum gelungenste und persönlichste Regiearbeit bleiben.
„Er erzählte mir freimütig, wie sehr er unter der Beurteilung und der Behandlung durch seinen Vater gelitten hatte. Aber er wirkte nicht verbittert. Er sprach trotz allem liebevoll von seinem Vater, aber ich hatte den Eindruck, dass er ebenso wie ich das Bedürfnis verspürte, diesen Teil seines Gefühlslebens ein für alle Mal zu bereinigen. Ich glaube, dass er in Beth etwas von seinem Vater sah“, erinnert sich Moore.
Redford bespricht die Anlagen der Figuren mit den Schauspielern genau, gibt aber in der Darstellung keine Vorgaben, sondern lässt lange improvisieren und formt daraus die Figuren, wie er es bei Mike Nichols gesehen hat, dessen Technik er sich zu eigen macht.
Sutherland erinnert sich: „Bob schenkte den Schauspielern absolutes Vertrauen. Er hatte selbst die Erfahrung gemacht, dass ein Schauspieler Raum braucht, um seine Rolle zu finden.“
Der Film erhält 1981 sechs Oscarnominierungen und nimmt den Preis für den Besten Film, die Beste Regie, den Besten Nebendarsteller (Hutton) und das Beste adaptierte Drehbuch entgegen. Tyler Moore und Hirsch bleiben nur nominiert. Damit schlägt der Film keinem geringeren Klassiker ein Schnippchen als WIE EIN WILDER STIER, der sich gegen Redfords Drama nicht durchsetzen kann.
Auch heute noch, 35 Jahre nach der Premiere, wirkt der Film nicht veraltet, sondern besticht durch viele kleine Nuancen und gelungene Dialoge.
Er wird Redfords rundum gelungenste und persönlichste Regiearbeit bleiben.
„Er erzählte mir freimütig, wie sehr er unter der Beurteilung und der Behandlung durch seinen Vater gelitten hatte. Aber er wirkte nicht verbittert. Er sprach trotz allem liebevoll von seinem Vater, aber ich hatte den Eindruck, dass er ebenso wie ich das Bedürfnis verspürte, diesen Teil seines Gefühlslebens ein für alle Mal zu bereinigen. Ich glaube, dass er in Beth etwas von seinem Vater sah“, erinnert sich Moore.
Quelle: Blu Ray „Der Unbeugsame“ © Sony Pictures Home Entertainment |
1988 kommt mit MILAGRO – DER KRIEG IM BOHNENFELD die zweite sehr ambitionierte Regiearbeit Redfords heraus, der sich in diesem kleinen Drama dem Kampf eines spanischen Dorfes um ein noch freies Stück Land – ein Bohnenfeld – widmet. Das Dorf widersetzt sich einem Immobilienunternehmer, der dort eine große Ferienanlage aufbauen will.
Der Film wird von der Kritik wohlwollend aufgenommen, fällt aber beim Publikum durch. Auch hier vermischen sich wieder die Themen zwischenmenschlicher Beziehungen, die aufgrund einer von außen einwirkenden, sozialen Bedrohung neu geordnet werden müssen.
Doch obwohl EINE GANZ NORMALE FAMILIE viel von Redfords Jugendtraumata abarbeitet, ist er noch nicht fertig. Und so wählt er 1992, in seinem dritten Film, erneut einen äußert persönlichen Stoff, um dieses Kapitel endlich abschließen zu können.
Brad Redford
AUS DER MITTE ENTSPRINGT EIN FLUSS ist vielleicht Redfords handwerklich beste, auf jeden Fall aber seine schönste Regiearbeit. Die stark biografischen Themen wie Sehnsucht nach vergangenen Zeiten, die Freuden und Leiden des Familienlebens und das Geheimnis um die eigene Herkunft ziehen Redford 1981, als er die zugrunde liegende Novelle liest, sofort in seinen Bann.
"Ich werde von Wassern verfolgt", lautet die letzte Zeile des Buches. Sie trifft Redford direkt ins Herz.
Verfasst wird die Geschichte 1976 von Norman McLean als dramatisierte Memoiren. Sie gilt als unverfilmbar – bis Redford sich für die Realisierung einsetzt. Das Buch hat nur 104 Seiten, keinerlei Dialog und ergeht sich im Zentrum 55 Seiten lang ausführlich über das Fliegenfischen.
Redford
muss McLean, der eine Filmadaption rigoros ablehnt, erst persönlich
in Chicago besuchen, um ihn von seinem Vorhaben zu überzeugen, aus
dem meditativ wirkenden Roman ein Familiendrama zu kreieren.
Wie
schon Judith Guest ist auch McLean vom Enthusiasmus und der
ehrlichen, direkten Art Redfords angetan und gibt einer ersten
Drehbuchfassung von Richard Friedenberg grünes Licht. Das ihm
vorgelegte Drehbuch überzeugt McLean letztendlich und das Projekt
geht in die Produktion.
Im Zentrum des Films stehen die Brüder Norman und Paul, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während Norman den ihm vom Vater vorbestimmten Weg geht, gleitet Paul immer mehr in die Illegalität und die Trunksucht ab. Unterschiedliche Werte in einer sich stetig verändernden Welt werden von beiden Brüdern symbolisiert. Norman versucht vergeblich, seinen Bruder zu retten und muss darüber hinaus sich und seinen Platz in der Welt finden.
Die Hauptrolle des Norman McLean übernimmt Craig Sheffer, der damals als hoffnungsvolles Nachwuchstalent gilt. Seinen Bruder, Paul McLean, die deutlich spannendere Figur, spielt ein junger Schauspieler, der gerade in THELMA UND LOUISE in einer kleinen Rolle als Gelegenheitsgauner für Furore gesorgt hat: Brad Pitt.
Er sieht dem jungen Redford zum Verwechseln ähnlich, was die Vermutung nahelegt, dass Redford ihn als sein Alter Ego besetzt. Obwohl er von Pitts Vorsprechen alles andere als überzeugt ist („Er trug ziemlich dick auf, was mich eher abstieß“), besetzt er den jungen Schauspieler, der das „Nein“ nicht akzeptiert und um einen weiteren Vorsprechtermin bittet, den er jedoch nicht mehr benötigt.
Quelle: Blu Ray „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“ © Universum Film GmbH |
Im Zentrum des Films stehen die Brüder Norman und Paul, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während Norman den ihm vom Vater vorbestimmten Weg geht, gleitet Paul immer mehr in die Illegalität und die Trunksucht ab. Unterschiedliche Werte in einer sich stetig verändernden Welt werden von beiden Brüdern symbolisiert. Norman versucht vergeblich, seinen Bruder zu retten und muss darüber hinaus sich und seinen Platz in der Welt finden.
Die Hauptrolle des Norman McLean übernimmt Craig Sheffer, der damals als hoffnungsvolles Nachwuchstalent gilt. Seinen Bruder, Paul McLean, die deutlich spannendere Figur, spielt ein junger Schauspieler, der gerade in THELMA UND LOUISE in einer kleinen Rolle als Gelegenheitsgauner für Furore gesorgt hat: Brad Pitt.
Er sieht dem jungen Redford zum Verwechseln ähnlich, was die Vermutung nahelegt, dass Redford ihn als sein Alter Ego besetzt. Obwohl er von Pitts Vorsprechen alles andere als überzeugt ist („Er trug ziemlich dick auf, was mich eher abstieß“), besetzt er den jungen Schauspieler, der das „Nein“ nicht akzeptiert und um einen weiteren Vorsprechtermin bittet, den er jedoch nicht mehr benötigt.
Während der Vorproduktion des Films verstirbt Redfords Vater an Alzheimer. Vielleicht sind die Vater-Sohn-Szenen in Redfords Drama auch deshalb so sensibel, berührend und am Ende verzeihend inszeniert. Redford weiß um die Parallelen zu seinem eigenen Leben und einmal mehr ist ein von ihm inszenierter Film ein Stück Verarbeitung eigenen Schmerzes.
„Es
sind die, mit denen wir leben und die wir lieben, und die wir kennen
sollten, die sich uns entziehen ...“ lautet einer der letzten Sätze
des Films – und er sagt viel über Redford aus.
Patrick Markey erinnert sich: „Er sprühte vor Energie. Es war das schönste Dreherlebnis, das ich je hatte. Es floss nur so aus ihm heraus […] Stattdessen hatte man das Gefühl, als würde er eine Familiensaga, vergleichbar mit einem Werk von Flaubert oder Proust, zu diesem perfekten kleinen Film verdichten.“
Patrick Markey erinnert sich: „Er sprühte vor Energie. Es war das schönste Dreherlebnis, das ich je hatte. Es floss nur so aus ihm heraus […] Stattdessen hatte man das Gefühl, als würde er eine Familiensaga, vergleichbar mit einem Werk von Flaubert oder Proust, zu diesem perfekten kleinen Film verdichten.“
Der Film erhält 1993 drei Oscarnominierungen, doch
nur die herausragende Kameraarbeit von Philippe Rousselot wird
ausgezeichnet.
Brad Pitt gelingt mit seiner Darstellung ein weiterer Schritt zum Charakterdarsteller und in die A-Liga Hollywoods, in der er bis heute thront, Craig Sheffer hingegen kann an seine früheren Erfolge nicht mehr anknüpfen.
Neben der optischen Ähnlichkeit gibt
es auch sonst viele Parallelen zwischen Pitt und Redford – auch
wenn Pitt bislang nicht selber inszeniert, sondern sich auf die
Produktion beschränkt, ist auch er, wie Redford, ein künstlerisch
breit aufgestellter Frauenschwarm, der sich seiner sozialen
Verantwortung bewusst ist, der er nachzukommen versucht, und der
darüber hinaus vor allem für seine Familie lebt. Die häufig
gehörten Aussage, Brad Pitt wäre der Robert Redford seiner
Generation, oder andersherum, hat damit eine solide Basis.
Mit AUS DER MITTE ENTSPRINGT EIN FLUSS scheint Redford seine persönlichen Themen ausgeschöpft zu haben.
Brad Pitt gelingt mit seiner Darstellung ein weiterer Schritt zum Charakterdarsteller und in die A-Liga Hollywoods, in der er bis heute thront, Craig Sheffer hingegen kann an seine früheren Erfolge nicht mehr anknüpfen.
Quelle: Blu Ray „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“ © Universum Film GmbH |
Variationen derselben Themen
Mit AUS DER MITTE ENTSPRINGT EIN FLUSS scheint Redford seine persönlichen Themen ausgeschöpft zu haben.
Was in EINE GANZ NORMALE FAMILIE
noch ein wütendes Aufbegehren gegen die Stille und Unfähigkeit zu
trauern in seiner Familie war, findet in seinem zweiten Familiendrama das für Redford so
wichtige Ende. Eine Friedensfindung mit sich selbst und seiner
Vergangenheit.
Und tatsächlich entwickelt er sich in der Folge als Regisseur nicht mehr weiter. Dennoch inszeniert er bis 2012 noch sechs weitere Filme, in denen er seine ihm am Herzen liegenden Themen immer wieder neu und sehenswert darstellt.
Und tatsächlich entwickelt er sich in der Folge als Regisseur nicht mehr weiter. Dennoch inszeniert er bis 2012 noch sechs weitere Filme, in denen er seine ihm am Herzen liegenden Themen immer wieder neu und sehenswert darstellt.
In QUIZ SHOW etwa verarbeitet er nicht nur seine eigenen Erfahrungen im Fernsehen der 50er Jahre, sondern auch den moralischen Konflikt des Individuums in der korrupten Maschinerie der medialen und politischen Welt.
Der Film erhält vier Oscarnominierungen, erneut für den Besten Film und die Beste Regie, bleibt aber ohne Oscar. Dafür gibt es eine weitere Tragödie in der Familie: Redfords Sohn James, der an einer Lebererkrankung leidet, und seit Jahren auf einen Spender wartet, soll ursprünglich das Drehbuch schreiben. „Mit dieser Geste schenkte er mir Hoffnung, er gab mir ein Ziel, für das es sich durchzuhalten lohnt.“ Schließlich aber muss James einer zweiten Transplantation unterzogen werden und kann das Angebot daher nicht annehmen.
Mit VON LÖWEN UND LÄMMERN, DIE LINCOLN-VERSCHWÖRUNG (seinem einzigen Historienfilm) und DIE AKTE GRANT wendet er sich politischer Verantwortung und den Konsequenzen der Taten Einzelner zu, aber auch, wie schon in den 70er Jahren, der Bedeutung und Verantwortung der Presse als vierter Macht und der Politik im Amerika nach Vietnam und Watergate. Immer wieder geht es um den Kampf des Einzelnen gegen „den Apparat“, auch um dessen Notwendigkeit, erzählt anhand von zwischenmenschlichen Beziehungskonflikten.
Quelle: DVD „Von Löwen und Lämmern“ © Twentieth Century Fox |
Selbstfindungsprozesse, auch in eine Familientragödie gebettet, verarbeitet er in einem weiteren Herzensprojekt, DER PFERDEFLÜSTER (für den er mit Scarlett Johannsson bereits den dritten Jungstar entdeckt und fördert, der später Karriere macht), in dem er sich erstmals auch selbst inszeniert, und in DIE LEGENDE VON BAGGER VANCE, einer der schwächeren Filme Redfords, von dem vor allem die Bilder von Michael Ballhaus in Erinnerung bleiben.
Festgefahren im Rollenimage
In den 80er Jahren hat Redford drei weitere schwere familiäre Schicksalsschläge zu verkraften.
1983 wird der Verlobte seiner Tochter Shauna von einem Kleinkriminellen erschossen, der bis heute nicht gefasst ist. Durch die Prominenz seiner Tochter gelangen viele Details der Tat in die Öffentlichkeit, was eine fundierte Trauerarbeit zunächst verhindert. Vielleicht kämpft Redford auch deshalb bis heute so um Verschwiegenheit, was seine Familie betrifft.
1985 schließlich wird seine Ehe nach fast 30 Jahren, und fünf Jahren Trennungskampf, geschieden. Ein Umstand, der den Familienmenschen Redford schwer trifft.
Redford zieht sich zurück, auch von Freunden, wird eigenbrötlerisch. Jamie sagt dazu: „Ich glaube, es hat ihn verletzt, dass nur wenige Freunde uns in der schweren Zeit damals beigestanden haben. Es war eine Zeit der Besinnung. Wenn man mit einem Fuß im Grab steht, bekommen Dinge wie Liebe und Wahrheit eine andere Bedeutung.“
Vielleicht erklären diese Schicksalsschläge die wenigen Rollen, die Redford in den 80er Jahren spielt, und vor allem die Art dieser Rollen, die der sonst so politisch engagierte Redford mit einem Mal annimmt, und die sich so auffällig von den kritischen Tönen unterscheiden, die er als Regisseur anschlägt.
Aus heutiger Sicht ist manch eine Rollenanwahl Redfords, der sich in den 70er Jahren mit politischen Stoffen wie DIE UNBESTECHLICHEN oder DIE DREI TAGE DES CONDORS einen Namen gemacht hat, nur schwer nachzuvollziehen.
Denn Redfords Filme als Schauspieler der 80er und 90er Jahre zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie gefälliger, massentauglicher sind.
Am auffälligsten ist, dass Redford mit
einem Mal als der große Charmeur und Verführer ins Licht gerückt
wird, eine Rolle, die er nie zuvor gespielt hat. Finanziell
erfolgreich, aber von der Kritik oft belächelt, gibt er etwa in
JENSEITS VON AFRIKA den großen Hausfrauentraum, in STAATSANWÄLTE
KÜSST MAN NICHT das männliche Love-Interest und natürlich den
Inbegriff des Traummannes in EIN UNMORALISCHES ANGEBOT. Wie kommt es,
dass Redford mit einem Mal derartig „seichte“ Rollen in blanken
Unterhaltungsfilmen spielt?
Einer der Gründe ist, dass sich das Kino verändert und Redford, der sich immerhin der Fünfzig nähert, sich an die neuen Gegebenheiten anpasst. Das Publikum liebt ihn als den großen Charmeur, und so bedient er diese sympathische, aber eben auch massenkompatible Rolle.
Quelle: DVD „Ein unmoralisches Angebot“ © Universal Pictures |
Redford, der nie den romantischen Helden geben wollte, findet schlicht keine Rollen mehr, die ihn als smarten Whistleblower oder reformatorischen Aufklärer besetzen, also beginnt er, das Image zu bedienen, das ihm noch möglich ist: Den smarten Charmeur.
Schaut man sich Redfords Filme der 80er an, stellt man schnell fest, dass sie allesamt finanziell sehr erfolgreich sind, aber eben nur das Publikum erreichen, nicht die Kritiker. Und dabei sind es nur drei Filme, die Redford nach BRUAKER in dem Jahrzehnt spielt. Und doch, schaut man genauer hin, entdeckt man auch in diesen Filmen immer noch Redfords moralische Grundlinie, der er treu bleibt.
So etwa in DER UNBEUGSAME. (Redford stellt vermutlich einen Rekord auf – als größter Star, der die meiste Verwirrung an deutschen Verleihtiteln stiftet. Denn neben DIE UNBESTECHLICHEN gibt es auch von DER UNBEUGSAME zwei gleichlautende Filmtitel, die immer wieder verwechselt werden.)
Der Film ist ein Sportlerdrama, bei dem es wieder um Selbstfindung und Angstüberwindung geht, vor allem aber um Redfords Jugendliebe, den Baseball.
Als nächstes JENSEITS VON AFRIKA, in dem er neben Meryl Streep einen freiheitsliebenden Einzelgänger spielt, der sich nicht binden und damit seine Freiheit aufgeben will, ein weiteres häufiges Thema des sich nicht unterordnenden Redfords.
Quelle: Blu Ray „Jenseits von Afrika“ © Universal Pictures Germany GmbH |
All diese Filme sind erfolgreich und Redford ist in allen gut, aber ihnen fehlt die Bissigkeit, die Konsequenz, und die Sprengkraft der vorrangegangenen zwei Dekaden. Es sind Unterhaltungsfilme.
Redfords langer Weggefährte Sidney Pollack, der sieben Filme mit Redford dreht, erkennt zehn Jahre später die Schwierigkeit, mit der Redford sich zunehmend herumschlagen muss: Sämtliche Versuche, aus diesem erfolgreichen Rollenklischee auszubrechen, werden von der Kritik und dem Publikum nicht akzeptiert.
„Redford verkörpert die Filmindustrie selbst, in all ihrer kalifornischen Verträumtheit“, vermutet Pollack, und denkt, dass deswegen keine Abkehr vom Image des romantischen Helden möglich ist. Es spricht von der Problematik, „das Spiel“ vom „Mega-Starruhm“ zu trennen: „Es ist ein Widerspruch, der sich unmöglich auflösen lässt, denn diese Art von Starruhm hat den Schauspieler mit den Bedürfnissen des Publikums besetzt.“
Redford ist, vor allem durch seinen enormen Erfolg, gefangen im Image, das er so sehr hasst.
Die Trennung zweier Seelenverwandter
Die 90er werden für den mittlerweile auf die Sechzig zugehenden Redford wieder anspruchsvoller, beginnen aber mit einem weiteren, diesmal künstlerischen Verlust. Denn Redfords erster Film des neuen Jahrzehnts ist das Spionagedrama HAVANNA, das deshalb erwähnenswert ist, weil es zum endgültigen Bruch zwischen Redford und Pollack führt.
Nachdem Redford nun selbst immer wieder Regie führt, wird beiden Künstlern eine stetige Rivalität unterstellt.
Die Streitigkeiten bei HAVANNA beginnen mit der Besetzung der weiblichen Hauptrolle. Redford will Jane Fonda, Pollack will Lena Olin und er setzt sich durch, ein Zustand, den der sonst so sture Redford nicht gewöhnt ist.
Redford beginnt an Pollacks Fähigkeiten zu zweifeln: „Ich hatte mittlerweile auch Erfahrung als Regisseur gesammelt, und manche Dinge habe ich einfach anders gesehen als er. Er wusste das und vielleicht hat das ja zu Spannungen geführt. Außerdem war ich nicht bereit zu akzeptieren, dass er sich in mein Verhältnis zur Hauptdarstellerin einmischte, wie er es bei JENSEITS VON AFRIKA getan hatte.“
Quelle: „Elliot, der Drache“ © Walt Disney |
Brad Pitt vermutet 1991 beim Dreh von AUS DER MITTE ENTSPRINGT EIN FLUSS in Redford den Wunsch, mit diesem Werk Pollacks Erfolg von JENSEITS VON AFRIKA zu übertrumpfen. Nachzuweisen ist das allerdings nicht.
HAVANNA wird ein finanzielles Fiasko, Redford und Olin werden von der Kritik jedoch mit wohlwollenden Worten bedacht.
Von nun an gehen Redford und Pollack getrennte Wege und werden bis zu Pollacks Tod im Jahr 2008 auch keinen Frieden miteinander schließen.
Alte Stärken in kleinen Portionen
Redford hadert in jener Zeit mit sich und dem sich wandelnden Kino. Sein Freund und Manager Bryan Lourd berichtet: „Er wollte nicht die Richtung einschlagen, in die Mike Ovitz (Begründer der Künstleragentur, die Redford vertrat) ihn lavierte. Er sagte, es gehe ihm in erster Linie um bedeutende Filme, nicht um bedeutende Schecks. Ihm war klar, dass der Zeitgeist sich gewandelt hatte, und er war bereit, sich darauf einzulassen, was jeder intelligente Künstler tun musste, aber er wollte seine langfristigen Ziele nicht aus den Augen verlieren. Er wollte irgendwann auf ein bedeutendes Lebenswerk zurückblicken können.“ Später fügt Lourd noch hinzu: „Es stand aber außer Frage, dass er sich einer neuen Generation des Publikums annähern musste. […] Er war der Megastar der Siebziger Jahre, aber die Zeit vergeht und so weiter. Er musste diesen (neuen) Markt erobern.“
Quelle: Blu Ray „Sneakers - Die Lautlosen“ © Universal Pictures Germany GmbH |
In EIN UNMORALISCHES ANGEBOT lotet er die Grenzen der zwischenmenschlichen Moral aus, und provoziert die weltweite Schlagzeile: „Welche Frau würde für eine Million Dollar nicht mit Robert Redford ins Bett steigen?“
1996 landet er erneut in einem medienkritischen Film über Fernsehen und Journalisten in der leider arg romantisch geratene Medienschelte AUS NÄCHSTER NÄHE.
Er beschließt das Jahrzehnt als DER PFERDEFLÜSTERER, in der er sich selbst wieder als verwundbaren, aber heilenden Mann inszeniert.
EIN UNMORALISCHES ANGEBOT bleibt Redfords finanziell erfolgreichster Film und spült ihn zurück ins Epizentrum des modernen Kinos.
Ich lege mich nicht mehr fest!
Ab den 2000ern scheint Redford sich endlich freigeschwommen zu haben. Er spielt das, worauf er Lust hat, das, was ihm etwas bedeute. Dabei sind die Rollen so bunt gemischt wie der Tuschkasten eines Erstklässlers, immer jedoch bleibt er seinen Themen treu:
In dem brillanten, kammerspielartige Drama DIE LETZTE FESTUNG nimmt der idealistische Redford seine Grundthemen Gerechtigkeit und marode Gefängnisjustiz wieder auf. In SPY GAME spielt er erneut neben Brad Pitt in einem Film, der, erneut, Amerikas Geheimdienste kritisiert.
Dabei wird auch klar, dass ein Thema immer wieder Redfords Werk durchzieht: Amerika. Konsequent wie wohl kein anderer Filmemacher bringt Redford immer wieder ein Thema auf die Leinwand: Seine Heimat. Das spricht für einen großen Patrioten.
Doch geht es ihm jedes Mal darum, neben der offensichtlichen Liebe für sein Land eben auch dessen Probleme anzusprechen, sein Land zu kritisieren, und aufzuzeigen, in welche Richtung er sich wünschen würde, dass es sich entwickelt; welches ungenutzte Potential er in seinem Land sieht. Das macht Redford gleichermaßen zu einem der amerikanischsten und dabei kritischsten Filmemacher Hollywoods.
Quelle: Blu Ray „Der Pferdeflüsterer“ © Walt Disney |
ALL IS LOST stellt ironischerweise auch die erste Rolle in einem Independentstreifen dar, die der Pate des Independent-Kinos jemals spielt, was Redford lakonisch kommentiert: „Es ist seltsam. In all den Jahren in Sundance hat mich niemals auch nur ein Filmemacher angesprochen, ob ich in seinem Film mitspielen möchte.“ J.C. Chandor scheint tatsächlich der erste zu sein.
Zuletzt war Redford als verantwortungsbewusster Anchorman in dem grandiosen DER MOMENT DER WAHRHEIT zu sehen, als nächstes in dem Disney-Film ELLIOT, DER DRACHE. Es bleibt also bunt und doch vertraut.
Redford, der stets vom Unglück Getriebene, der auf der Leinwand stets die Ruhe ausstrahlt, die sein Leben selbst ihm nur selten bot, wirkt angekommen. Und er hinterlässt schon jetzt ein Lebenserk, das Seinesgleichen sucht – und er scheint noch lange nicht müde zu sein.
„Ich könnte nie
mit der Schauspielerei aufhören, denn dann würde ich meine Neugier
aufgeben und damit mich selbst.“
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