28.08.15

Maggie (USA 2015) - Das melancholische Zombie-Experiment

Mit MAGGIE erscheint gerade ein Zombiefilm, der deutlich mehr Aufmerksamkeit erregt als die meisten anderen Filme seiner Zunft. Zum einen liegt das an seinem Hauptdarsteller: Arnold Schwarzenegger in einem kleinen Independent-Drama, noch dazu ganz wehrlos trotz seiner körperlichen Kraft? Ein Weltstar auf Abwegen.
Daneben spaltet der Film auch mit seinem Inhalt: ein ruhiges, betuliches Familiendrama aus dem Zombieversum – keine Horden, keine Kopfschüsse, kein blutiger Kampf ums Überleben. Kann so was funktionieren?
© Splendid Film
Jetzt auf Blu Ray und DVD
Marcos Blick:

Die erste Überraschung kam mit der Meldung, dass MAGGIE hierzulande nur als DVD, bzw. Blu Ray erscheint. Kein Kinostart! Ist je zuvor ein Film von Superstar Arnold Schwarzenegger direkt ins Videoregal gewandert? In jedem Fall nicht seit seinem Aufstieg als CONAN – DER BARBAR.
Und es ist tatsächlich ein bisschen bedauerlich, denn der Film entfaltet auf der großen Leinwand eine ganz eigene Atmosphäre, die er so auf dem Fernseher wohl nicht ausstrahlen wird – aber heutzutage liegen die Unterschiede von Großbildgeräten oder Beamern zum großen Kinobruder ja auch nur noch bei wenigen Quadratmetern.

Vor allem aber ist die Entscheidung verständlich. Denn: Im Kino hätte der Film wohl nicht funktioniert. Und das war die zweite Überraschung von MAGGIE: Selten zuvor ist uns ein derart spezieller Zombiefilm untergekommen, und nie zuvor ein derart spezieller Schwarzenegger-Streifen.

Atmosphäre im Ruhepuls


Zombiefilme leben grundsätzlich von ihrer Atmosphäre. Sei diese nun spritzig-bunt wie in ZOMBIELAND oder zuletzt WYRMWOOD, sei diese düster-prosaisch wie in der erfolgreichen Serie THE WALKING DEAD, sei sie erdig-realistisch wie in den Meisterwerken von George A. Romero oder Dario Argento. Wer MAGGIE lieben will, sollte sich jedoch lieber fragen, ob er einem Werk wie der Verfilmung von Cormac McCarthys Roman THE ROAD oder einem durchschnittlichen Lars von Trier Film etwas abgewinnen kann. Denn hier liegen die wahren Verwandtschaften zu MAGGIE.

MAGGIE ist, bei aller Ähnlichkeit, kein Zombiefilm per se. Eher wirkt er wie eine grüblerische Parabel auf das Leben, seinen Sinn, seinen Wert, und die Frage, wie wir abtreten wollen, und wie wir geliebte Menschen loslassen. Die Handlung ist so kurz wie pragmatisch:

Farmer Wade Vogel lebt mit seiner zweiten Frau und ihren beiden Kindern in einem Farmhaus in einer dystopischen Welt. Irgendwie ist irgendwann eine Zombie-Seuche ausgebrochen. Die Regierung schickt Infizierte zum Sterben in eine Quarantäne.
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Infiziert ist auch Wades Tochter aus erster Ehe, die pubertierende Maggie. Als Wade das erfährt, darf er sie bis zum Eintreten der wirklich gefährlichen Symptome noch einmal nach Hause holen. Die nächsten Tage verbringt die Familie dort, schweigt, sinniert, erinnert sich, bis der Tag kommt, an dem die Gefahr, die von Maggie ausgeht, unerträglich wird – die Quarantäne ruft.

Der grobe Strich


Man merkt MAGGIE in jedem Augenblick an, was er sein will: ein existentialistisches Arthouse-Werk. Dazu passt, dass ausnahmslos alles im Film mit groben Strichen gezeichnet ist. Dialoge gibt es nur äußerst wenige, und wenn, dann dienen sie vor allem dem Worldbuilding. Hintergründe bleiben kaum erwähnt und werden noch weniger erklärt. Man erhält eine ungefähre Ahnung, aber nie klare Antworten: Wie wurde Maggie infiziert? Warum ist sie fortgelaufen? Wie kam es zu der Seuche? Was geschieht damit? Was geschah mit Maggies Mutter?
Der Film reißt vieles an, führt es nie aus – und braucht das am Ende auch nicht, denn es ist nicht wirklich bedeutsam. Für Komplettisten, die auf alles und jedes eine Antwort, eine Erklärung brauchen, ist der Film dadurch aber unerträglich.

Der Film schaut so gut wie nie zurück, dafür fokussiert er sich ganz auf den Blick nach vorn, und stellt die Frage nach Maggies Schicksal. Im Laufe der Handlung werden so gut wie sämtliche Alternativen durchgespielt: Was geschieht, wenn Wade seine Tochter nicht in die Quarantäne gibt? Wenn er es doch tut? Wenn sie sich verwandelt? Wenn er ihr die staatliche Todesspritze setzt?

Keine der Alternativen ist wirklich erstrebenswert, und so verliert sich der Film in düsteren Bildnissen und düsteren Gedanken darüber, wie man einer unheilbaren, gefährlichen Krankheit gegenübertritt, die ein junges Mädchen, eine Tochter, befällt. Einen Feel-Good-Movie haben wir hier also nicht.
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Dennoch ist der Film durchaus unterhaltsam. Die Bildsprache ist sensationell, ebenso die Atmosphäre des Films. Es gibt tatsächlich nur eine einzige, sehr kurze, humorvolle Szene, und so wie die Figuren in diesem kurzen Augenblick Luft holen von der alles niederdrückenden Schwere des Unvermeidlichen, tut das auch der Zuschauer.
Das zeigt, dass der Film sein Ziel erreicht – er will die Zuschauer packen, will sie niederdrücken mit seiner unheilvollen, unfairen, unmenschlichen Prämisse, und liefert sie der Schwere des Films komplett aus.
Als solches ist Arnold Schwarzenegger die perfekte Besetzung – der große, starke Mann, der einst Baumstämme auf der Schulter trug, der ganze Armeen von Terroristen mit bloßen Händen besiegte, ist hier zur Handlungsunfähigkeit verdammt. Alles, was er tun kann, ist, mit seiner Tochter die letzten Tage zu Hause verbringen.

Die dritte Überraschung zeigt sich darin, wie hervorragend Schwarzenegger diese Rolle füllt. Man spürt seinen Frust, seine Wut, seine Hilflosigkeit, aber auch seine Furcht, seine Trauer. Der auch hier sehr schweigsame Kerl schreitet neben seinem Kind dem Unvermeidlichen entgegen und tut das letzte, was er noch tun kann: Sie lieben.
Am Ende ist MAGGIE also ein Film über die Liebe im Angesicht des Todes. Und ein sehenswerter noch dazu.

Kommt schon, tut irgendwas


Das heißt jedoch nicht, dass der Film problemfrei wäre.
MAGGIEs Hauptproblem liegt darin, dass Regisseur John Hobson und Autor John Scott 3 (der nennt sich wirklich so!) , übrigens beides Debütanten, jeden auch noch so kleinen Anflug von Melodramatik vermeiden wollen.
Ja, wir hätten auch nie erwartet, das zu sagen, aber es stimmt: Der Mangel an Melodramatik bricht dem Film beinahe das Genick.

Denn im Umkehrschluss sind sämtliche Figuren des Films von der ersten bis zur letzten Sekunde passiv. Jede Figur fügt sich in ihr Schicksal, nicht ein Mal, kein einziges Mal, begehrt auch nur irgendjemand auf. Dort rollt mal eine Träne, hier wird sich mal erschrocken, wenn plötzlich Maden aus dem eigenen toten Fleisch kriechen, aber sonst … pure Stoik.
Gerade Abigail Breslin, mit Sicherheit eine der talentiertesten Schauspielerinnen ihrer Generation, enttäuscht in MAGGIE. Nicht unbedingt, weil sie schlecht spielt, sondern weil sie nichts zu tun hat. Sie darf ein bisschen rumsitzen, ein bisschen telefonieren, ein bisschen mit ihrer Familie reden, ein bisschen mit Freunden reden, ab und an traurig gucken, das war's. Die Verwandlung zum Zombie liefert die Maskenabteilung. Das ist zwar stimmungsvoll, nur leider auch wirklich ein bisschen langweilig.
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Am Ende wünscht man sich beinahe, dass sie wenigstens ein einziges Mal irgendwie aufbegehren würde. Dass sie ihr Schicksal verflucht, dass sie damit hadert. Die oft zitierten Sieben Stadien der Trauer werden hier zu einer verkürzt: Hinnehmen. Selbst als ihr Freund in Quarantäne geschickt wird, steht sie nur schweigend daneben. Keine Diskussion, kein Einmischen, keine irgendwie aktive Handlung. Das mag der Figur entsprechen, vielleicht sogar dem Film, nur ist es eben leider auch langweilig, den Figuren neunzig Minuten lang zuzuschauen, wie sie nichts tun.

Denn auch ihr Vater Wade bleibt absolut passiv. Er diskutiert ein bisschen rum, erlöst mal einen Nachbarn, hackt ein bisschen Holz oder kabbelt sich mit der Polizei – doch in Bezug auf Maggie tut er nicht das Geringste. Vom dramaturgischen Gesichtspunkt aus eine Todsünde. So bleibt der Film atmosphärisch, hat aber keinerlei Konflikt zu bieten.

Am Ende bleibt tatsächlich nur Joely Richardson, die Maggies Stiefmutter spielt, die sich tatsächlich zur interessantesten Figur aufschwingt, weil sie die einzige ist, deren innerer Konflikt beinahe spürbar wird: Was tut man, wenn die Stieftochter als werdender Zombie ins Haus kommt, in dem noch die beiden eigenen Kinder leben? Man schickt diese zu Oma. Und was tut man, wenn man mit der Stieftochter allein ist, die mit einem Mal anfängt, herauszufinden, wie appetitlich die Stiefmutter riecht?
Ihr gehören damit auch die „packendsten“ Szenen und Momente, wenn man denn im Falle von MAGGIE von „packend“ reden will.

Am Ende


Am Ende bleibt ein durchwachsener Film: Die Ansätze sind frisch und clever, Schwarzenegger ist der absolute Besetzungscoup, ein personaler Geniestreich, und die dichte Atmosphäre des Films trieft einem zu jeder Zeit aus der Leinwand oder dem Fernseher entgegen.
Auf der anderen Seite ist das ganze Werk derartig behäbig, passiv, vergrübelt, existentialistisch und schwer, dass das Zielpublikum erschreckend klein ist. Wer an MAGGIE „Spaß“ haben will, muss schon aus besonderem Holz geschnitzt sein.
Wir halten den Film für sehr gut gemacht, und äußerst sehenswert, verstehen aber, dass er sein Publikum spaltet und befürchten, dass er mindestens ebenso viele Schwarzenegger-Fans wie Zombie-Fans enttäuscht zurücklassen wird.
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Biancas Blick:

MAGGIE erlebt schon im Vorfeld großen Medienrummel – ein Zombiefilm als Vater-Tochter Drama? Das macht neugierig. Das ist anders, das ist neu. Doch es ist nicht das, was die Filmpresse so in Entzückung versetzt.

Die eigentliche Sensation


Im März 2014 durcheilt eine Sensationsmeldung die sozialen Netzwerke und versetzt Filmfans auf aller Welt ins Staunen: Arnold Schwarzenegger spielt die Hauptrolle in einem Indie-Drama, das vermutlich weniger gekostet hat als seine Garderobe in anderen Filmen.

Auf dem Toronto Filmfestival überschlagen sich die Pressestimmen und bescheinigen Schwarzenegger seine wohl beste schauspielerische Leistung. Vermutlich zu Recht.
Doch warum genau sorgt diese Meldung für so ein Erstaunen und weshalb hat ihm das kaum ein Filmkenner zugetraut?

Von einem, der auszog, die Welt zu erobern


Um das verstehen zu können, lohnt es sich, die Persönlichkeit und Karriere Arnold Schwarzeneggers ein wenig näher zu betrachten.

Schwarzenegger wird 1947 in Österreich geboren. Er wächst in Thal auf, einem kleinen Ort bei Graz. Dort absolviert er Schule und Wehrdienst.
Er ist ein extrem ehrgeiziger junger Mann, der alles erreichen will – in allem. Und so geht er schon früh seinen mit Erfolg gepflasterten Weg.
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Ab Mitte der 60er Jahre wird Schwarzenegger zunächst Gewichtheber, um die Grundlagen fürs Bodybuilding zu schaffen. Denn dort ist „mehr“ drin, das weiß Schwarzenegger. Es sind die 60er Jahre – das Bodybuilding erlebt seine erste große Blüte in Europa und noch ausgeprägter in Amerika, wo es bereits als Leistungssport etabliert ist. Hier ist viel Geld zu verdienen, hier kann er Karriere machen, hier kann er berühmt werden, und er tut alles daran, Amerika auf sich aufmerksam zu machen.
1966 wird er Zweiter bei der Weltmeisterschaft in London, bereits ein Jahr später allerdings an gleicher Stelle mit gerade mal 19 Jahren zum jüngsten „Mister Universum“ aller Zeiten.

Der zweite Titel, 1968, öffnet ihm die ersehnte Tür nach Amerika. Da die Amerikaner bessere Trainingsmöglichkeiten haben, verliert Schwarzenegger dort gegen einen 15kg leichteren Konkurrenten, kann sich den Titel „Mister Universum“ aber ein Jahr später zurückholen. Nun visiert Schwarzenegger den noch begehrteren Titel „Mister Olympia“ an, der noch wertiger ist. Zur Wahl des „Mister Olympia“ treten die Weltmeister aller Verbände gegeneinander an. Nach einer Niederlage holt er sich 1971 auch diesen Titel, nachdem er zum vierten Mal „Mister Universum“ geworden ist.
Bis 1975 bleibt Schwarzenegger der unangefochtene König aller Bodybuilder, der erfolgreichste überhaupt, dann zieht er sich aus dem Leistungssport zurück, um seine anlaufende Schauspielkarriere voranzutreiben.

Doch sein großer Traum umfasst viel mehr: Er will noch reicher werden. Und noch berühmter.
1968, während seine Bodybuilder-Karriere richtig Fahrt aufnimmt, verdient er in Amerika bereits ein Millionenvermögen als Immobilienmakler. Er studiert Wirtschaftslehre und schließt das Studium 1979 in Wisconsin ab.
Dabei zeigt bereits sein Studium die Hartnäckigkeit und den Erfolgswillen, der Schwarzenegger immerzu antreibt und der ihn später berühmt machen wird: Da er nur ein begrenztes Visum besitzt, ist es ihm nicht erlaubt, sein Studium an EINER Universität zu absolvieren. Er darf an jeder Universität Amerikas nur eine begrenzte Anzahl von Kursen besuchen. Wo andere aufgeben würden, beißt Schwarzenegger sich durch, tingelt jahrelang durch Amerika und schafft den Abschluss schließlich mit Bravour!
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Mit gut dreißig ist Arnold Schwarzenegger das Musterbeispiel des Amerikanischen Traums: Geboren in einem kleinen Ort auf einem anderen Kontinent ist er jetzt Spitzensportler, Unternehmer und Millionär, bereit für den nächsten Schritt, der ihn zum Weltstar machen soll – es scheint, als würden sich all seine Träume erfüllen. Alles, was er anfasst wird zu Gold. Und dabei steht er noch am Anfang!

Der stärkste Schauspieler der Welt


Ebenfalls Ende der 60er Jahre setzt Schwarzenegger einen Fuß in die Tür der Filmstudios. Er will, wie seine europäischen und amerikanischen Bodybuilding-Vorbilder, Schauspieler werden. In Helden- und Sandalenfilmen – als muskulöser Held. Ambitionen als Charaktermime hat er keine. Geld will er verdienen und Ruhm. Mehr nicht.

Und so spielt er 1969 in seinem Debüt HERCULES IN NEW YORK genau das: den starken Herkules, dem im Olymp langweilig wird und der daraufhin nach New York gesandt wird.
Der Film erlangt dank seines Trash-Faktors und seiner unfreiwilligen Komik Kultstatus. Schwarzeneggers österreichischer Akzent ist zudem so eklatant, das er synchronisiert werden muss. Heute ist sein Öschi-Akzent sein Markenzeichen, und man vermutet stark, dass er ihn nur noch spielt!

CONAN, DER BARBAR und die Fortsetzung CONAN, DER ZERSTÖRER festigen Schwarzeneggers Status als starker, etwas tumber und – aufgrund seines immer noch starken Akzents recht wortkarger – Prügel-Held.

Eine Marke entsteht


1984 realisiert James Cameron mit TERMINATOR einen Indie-Film, der zum Geniestreich wird. Und er besetzt Arnold Schwarzenegger als Tötungsmaschine, die viel mordet und wenig redet. Und das mit solcher Brutalität, dass es den Zuschauer in die Kinositze fesselt. Ausgerechnet abseits vom Heldenkino bringt ein kleiner Streifen und die Rolle als Bösewicht Schwarzenegger den Durchbruch. Obwohl er zunächst nicht an den Erfolg des billig finanzierten Action- und Endzeitspektakels glaubt – sogar hofft, dass ihn kaum einer sieht – wird der Film zum Kulthit und „Arnie“ selbst zum Megastar. In James Cameron, einem ebenso durchsetzungsstarken Ehrgeizling wie er selbst, jemand, der Erfolge sucht und sammelt, wie kein Zweiter im Hollywood der 80er und 90er Jahre, findet er einen kongenialen Partner und Förderer. Mit Cameron dreht Schwarzenegger noch T2 und TRUE LIES. (Andere geplante Projekte, wie etwa Schwarzeneggers Rolle als Doctor Octopus in Camerons geplanter Spider-Man Verfilmung kommen nie zustande.)
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Wie kaum ein zweiter definiert Schwarzenegger das Actionkino seiner Zeit: PREDATOR, RED HEAT, TOTAL RECALL, PHANTOM COMMANDO, RUNNING MAN, TERMINATOR 2 und ERASER bleiben dabei wohl seine erfolgreichsten Actionkracher. Er streicht zweistellige Millionengagen ein. Er ist auf seinem Zenit angekommen. Misserfolge scheint Schwarzenegger nicht zu kennen.

Doch was Schwarzenegger auszeichnet, ist, dass er mit der Zeit geht. Und kein Risiko scheut. Als die Ära der muskulösen Kinohelden sich ihrem Ende zuneigt, ist er sich nicht zu schade, selbstironisch zu agieren, oder das Genre zu wechseln.
KINDERGARTEN COP zeigt ihn als (auch darstellerisch!) vollkommen überforderten Cop, der gezwungenermaßen in einem Kindergarten arbeiten muss, um einen Hauptverdächtigen zu überführen.
Nein, schauspielerisch ist der Film keine Glanzleistung, aber der Film macht trotzdem Spaß! Wie auch TWINS an der Seite von Danny DeVito.
In TRUE LIES und vor allem dem herausragenden, zu seiner Zeit leider missverstandenen LAST ACTION HERO nimmt er Mitte der 90er das Actionfach, dessen Klischees und seine eigene Rolle darin aufs Korn.


Und es ist noch nicht genug!


1986 heiratet er Maria Shriver, eine Nichte von JFK, und erhält damit Zugang in die politischen Kreise Amerikas.
Ende der 90er gerät seine Filmkarriere ins Wanken. Erste, teilweise schwere Flops (Wie BATMAN & ROBIN) erscheinen in seiner Vita. 2003 ist er politisch in Kalifornien bereits sehr aktiv, filmisch wird er durch schwache Filme wie END OF DAYS und THE 6TH DAY bestimmt, sowie die Diskussion seines (vorerst) letzten großen Auftritts in COLLATERAL DAMAGE, der aufgrund der Anschläge vom 11. September lange verschoben wird.
Da kandidiert Schwarzenegger für das Amt des kalifornischen Gouverneurs. Noch im selben Jahr wählt man ihn zum 38. Gouverneur Kaliforniens. 2007 gelingt ihm sogar die Wiederwahl. Ein höheres politisches Amt ist für den nicht in Amerika geborenen Amerikaner nicht möglich. Der Österreicher mit amerikanischer Staatsbürgerschaft erreicht auch politisch alles, was ihm in Amerika möglich ist, und was er sich vorgenommen hat.
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Nach seiner Rückkehr aus der Politik muss Schwarzenegger sich neu definieren und finden. Er ist über 60, die Welt und das Kino haben sich verändert. Viele Filmemacher, und vor allem große Teile des Publikums kennen die 80er mittlerweile nur noch aus dem Kino, und den knackigen Actionhelden nimmt ihm keiner mehr ab. Dennoch versucht er sich zunächst einmal mit einigen kleinen Auftritten auf vertrautem Terrain, doch Filme wie SABOTAGE, ESCAPE PLAN oder THE LAST STAND (in denen er immer wieder eine gute Leistung abliefert) zeigen, dass diese Art von Filmen heute einfach nicht mehr gefragt ist. So spielt er neben etlichen Leidensgenossen und dickem Augenzwinkern den Action-Opi in THE EXPENDABLES und wird im desaströsen TERMINATOR: GENISYS als selbstironischer T800 zum Höhepunkt des Films.

Schwarzenegger hat Schwierigkeiten, wieder Fuß zu fassen, experimentiert herum und versucht, sich selbstironisch und altersgerecht zu inszenieren. Doch weiterhin im Actionkino.

Experiment geglückt?


Gerade deshalb ist sein Auftritt in einem Indie-Drama (seinem zweiten nach TERMINATOR), und dann noch in einem Debüt an der Seite der deutlich erfahreneren Abigail Breslin eine Sensation. Arnie weint? Ist gebrochen? Kann mit seiner Kraft nichts ausrichten? Undenkbar!
Und dennoch: Arnold Schwarzenegger gelingt, was ihm niemand zugetraut hat: Er erschafft eine Vaterfigur, die verletzlich und hilflos mit ansehen muss, wie die eigene Tochter von einem Virus dahingerafft wird. Und sein Spiel bewegt.
Was aber noch überraschender ist: Er spielt Abigail Breslin quasi an die Wand, stiehlt ihr die Show und reißt den Film an sich.
Schwarzenegger ist früh an dem Drehbuch interessiert. Es steht seit Monaten auf der „Black List“, Hollywods Liste der begehrtesten, noch unverfilmten Drehbücher. Den Zuschlag für die Regie bekommt der gerade 34-jährige Henry Hobson, der wenig Dreherfahrung hat und über ein geringes Budget verfügt. Doch Schwarzenegger wittert seine Chance in der Rolle, die ihm auf den wortkargen Leib geschnitten zu sein scheint und nimmt die ihm angebotene Rolle an, für einen Bruchteil seiner üblichen Gage. Hobson und Schwarzenegger erarbeiten die Rolle in Kleinstarbeit, der Regisseur schreibt seinem Star endlose innere Monologe der Figur in jede Szene. Das Monolog-Buch umfasst am Ende fast 200 Seiten.

Und das Experiment glückt. Fast. Zar überzeugt Schwarzeneggers Spiel, sein Neuversuch, doch der Film floppt in Amerika auf ganzer Linie und spielt selbst sein kleines Budget nicht annähernd wieder ein. Hierzulande wirft ihn nur das Fantasy Filmfest auf die Leinwand, beinahe parallel zur Veröffentlichung als Blu Ray und DVD.
Schade.
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Ob der erfolgsverwöhnte Schwarzenegger ein solches Experiment noch einmal wagen wird, darf bezweifelt werden. Sicherlich hat Schwarzenegger seine schauspielerisch Grenzen. Er ist kein Gyllenhaal, Bale oder DiCaprio, und das will er auch nicht sein. Dennoch hat er erfolgreich gezeigt, dass sein Rollenspektrum auch Dramen umfasst und das wesentlich besser als ihm zunächst zugetraut wurde.

Schwarzeneggers Zukunft steht aktuell auf unsicheren Beinen. Obwohl er mit LEGEND OF CONAN und DRILLINGE zwei Fortsetzungen seiner alten Erfolge im Gespräch hat, zeigt sich, dass er den Actionstar nicht ewig wird spielen können. Wir sind überzeugt, dass ihm auch im dramatischen Fach einige potentielle Rollen liegen können, und sind gespannt, was der Alleskönner als nächstes anpackt.

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