04.05.22

Top Gun (USA 1986) – Sprüche, Werbung und Psychosen

Unsere Welt ist voller ungelöster Mysterien: Was steht im Voynich-Manuskript? Wohin verschwanden die Siedler von Roanoke? Wer war Jack the Ripper? Wo steckt das Bernsteinzimmer? Und: Wie konnte ein derart schlechter Film wie TOP GUN zu einem der kultigsten Filme aller Zeiten werden? Vermutlich mit Magie ...

© Paramount Pictures (Universal Pictures)

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Marcos Blick:

Machen wir uns nichts vor: TOP GUN ist nicht nur kein guter Film, sondern im Endeffekt ein ziemlich schlechter. Und auch wenn es müßig erscheint, muss man sich die Freude machen, und sich die „Handlung“ auf der Zunge zergehen lassen:

Die Allerbesten

Nach einer fast absurd langen Einführungssequenz über den Arbeitsalltag auf dem Deck eines Flugzeugträgers werden wir unvermittelt ins Cockpit von Pete „Maverick“ Mitchell und seinem Copiloten Nick „Goose“ Bradshaw geworfen, die mit ihrer feschen F-14 Tomcat aus irgendeinem Grund herumfliegen. Ebenfalls vor Ort: Die F-14 von „Cougar“ und „Wizard“. Aus irgendwelchen Gründen nähern sich zwei MIG-28 und kommen bedrohlich näher. Nach einer physikalisch wie logistisch eher unwahrscheinlichen Flugeinheit von Maverick, bei der dieser in Rückenlage einen Meter über der MIG fliegt, ohne dass deren Pilot davon viel mitbekommt, rücken die MIGs wieder ab.
Aus nicht näher definierten Gründen erleidet „Cougar“ einen Nervenzusammenbruch und muss von „Maverick“ mit beruhigender Stimme zur Landung auf dem Flugzeugträger gezwungen werden.

Sprung ins Büro des Staffelführers „Stinger“ (James Tolkan (wieder mal) als Prototyp des cholerischen Vorgesetzten, einer Rolle, die in den 80ern ebenso zum Rolleninventar gehört wie die der Vietnam-Veteranen!), der „Maverick“ erst mal dessen halbe Lebensgeschichte samt psychologischem Profil auftischt (damit die Zuschauer auch was erfahren), bevor er zu einem der absurdesten Filmplots unserer Zeit ansetzt: Obwohl eigentlich „Cougar“ (ihr wisst – der Kampfpilot, der komplett ausgerastet ist, weil zwei feindliche Flugzeuge auf ihn zukamen!) der Beste der Besten war, war er am Ende doch nicht der Beste der Besten, denn er schmeißt nach seinem Aussetzer einfach hin. Vermutlich hatte er die Schnauze voll davon, in einem Verein zu dienen, in dem kein einziger Psychologe und keine einzige Tauglichkeitsprüfung seine schwache Psyche aufgedeckt hat, und ist Tischler geworden – der Film schweigt sich dazu aus.

© Paramount Pictures (Universal Pictures)
Nun ist also nicht mehr der fluguntaugliche „Cougar“ der beste Flieger der Staffel, sondern die vor Kurzem noch schlechteren (aber nicht weniger fluguntauglichen) Piloten „Maverick“ und „Goose“, die zur Belohnung für ihre rein zufällige „Beförderung“ spontan nach Miramar zur besten Flugschule der Navy – Spitzname „Topgun“ – dürfen, um dort an einer achtwöchigen Fortbildung teilzunehmen.

Nach ihrem Eintreffen lernen sie nicht nur ihren Ausbilder „Viper“ kennen (ein Vietnam-Veteran!), sondern auch den Piloten Tom „Iceman“ Kazansky, fortan „Mavericks“ ärgster Gegenspieler. Es folgt eine Ansprache Vipers, die pro Satz etwa drei Mal eine Kombination der Begriff „Beste“, „Besten“ oder „Beste der Besten“ enthält, damit man auch in der letzten Kinoreihe noch mitkriegt, dass hier nicht Max und Marie Mustermann ins Cockpit steigen, sondern die Spitze der obersten Schicht der Sahne von der Crème de la Crème der Elite des obersten halben Prozents. Kurz gesagt: Gut, besser, am besten, Avengers, Topgun. Und für alle, die immer noch nicht mitbekommen haben, dass man dort nur mit Y-Chromosom und Testosteron-Überschuss hinkommt, folgt noch die Bemerkung, dass die Liste der Besten dort drüben hängt und die Liste der zweitbesten unten in der Damentoilette.

Hat man das alles überstanden, ohne vor Fremdscham im Boden versunken zu sein, wird man mit einer absurden Musikeinlage und ein bisschen Ageism mit Charlie vertraut gemacht, die entgegen ihrem Namen tatsächlich eine Frau ist, was für den Film aber eher irrelevant ist.

Damit wir uns nicht länger als der Film mit der weiblichen Hauptrolle auseinandersetzen müssen, sei das hier kurz vorweggenommen: Charlie ist eine eisenharte Ausbilderin und Analytikerin, die „Mavericks“ Avancen direkt mit einem „Ich kriege hier alle acht Wochen 20 neue Jungspunde mit dickem Ego durchgeschleust“ abbügelt, nur um ihm drei Tage später ein „Die anderen sollen nicht wissen, dass ich mich in dich verliebt habe“ zuzuraunen, bevor sie ihre große Liebe nochmal zwei Wochen später mit einem „Pass auf dich auf“ verabschiedet, um nach Washington zu gehen. (In der Welt von TOP GUN werden offenbar sämtliche beruflichen Veränderungen innerhalb von zehn Minuten geplant und durchgeführt – man sollte also besser keine Pläne fürs Wochenende machen!)

© Paramount Pictures (Universal Pictures)

Parallel zu dieser tiefgreifenden weiblichen Charakterstudie folgen wir „Mavericks“ Fortbildung im Kampfjet-Nahkampf, die im Kern aus jeder Menge hübsch gefilmter und auf A-TEAM-Niveau zusammenmontierter Aufnahmen von Kampfflugzeugen, unerklärlicherweise durchgängig schwitzenden Männern, halbnackten Männern beim Beachvolleyball, kaugummikauenden Männern, Pilotenbrillen auf Männern und „Wer ist der Beste der Besten unter den besten Besten bei all diesen Besten?“-Sprüchen unter Männern besteht. Außerdem dudelt den ganzen Film über wahlweise Kenny Loggins' „Danger Zone“ oder Berlins „Take my Breath away“ in Dauerschleife aus den Boxen, je nachdem, ob „Maverick“ gerade seine F-14 oder Charlie reitet. Oh, es sei denn, das Bild zeigt einen von Auspuffhitze verschwommenen Sonnenuntergang, dann ertönen zur Abwechslung die Glockenklänge von Harold Faltermeyers „Top Gun Anthem“.

Irgendwann stirbt „Goose“ aufgrund eines technischen Defekts der eigentlich fürs Überleben gedachten Schleudersitzmechanik eines der 30 Millionen Dollar (nach Inflation heute 70 Millionen) teuren High-Tech-Flugzeuge, woraufhin „Maverick“, der Beste der besten Besten aller besten Besten der besten Besten unter den allerbesten besten Besten, jegliches Selbstvertrauen verliert – offenbar war er nie wirklich gut, sondern nur, wenn sein Copilot in seinem Rücken saß oder so (bekommt hier noch jemand Vibes von Inspector Gadget und seiner Nichte Sophie?), so richtig erklärt der Film das nicht. Doch nachdem ihn Charlie am Tiefpunkt seines Lebens sitzengelassen hat, um spontan in Washington zu arbeiten, kommt er noch rechtzeitig zur Übergabe der Fortbildungs-Teilnahmebescheinigung, die unterbrochen wird, weil am anderen Ende der Welt eine Suchaktion gestartet wurde, und man Piloten braucht, die irgendwie aufpassen. Und weil es offenbar auf der ganzen Welt keine anderen Piloten mehr gibt, geschweige denn die 20 Piloten, die vor acht Wochen ihre Fortbildung abgeschlossen haben, müssen unsere frisch gebackenen Beachvolleyballer ran und dürfen nicht mal mehr ihre Teilnahmebescheinigung zu Hause abgeben – ich kann nur wiederholen: In der Welt von TOP GUN ist jeder selbst Schuld, der nachmittags Pläne für den Abend macht, denn die Chance ist hoch, dass man dann bereits ein paar tausend Kilometer entfernt eine neue Arbeitsstelle hat.

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Zurück über dem indischen Ozean werden „Maverick“ und „Iceman“ kurz vor dem erlösenden Ende des Films staunende Zeugen des magischen MIG-Tricks, als aus einer MIG auf einmal sechs werden. Zum Glück sind die Piloten der „anderen Seite“ (hier bleibt der Film „schwammig“, welche andere Seite in der Nähe von Nordkorea 1986 wohl mit russischen MIGs aufläuft …) ausreichend inkompetent, sodass sie keine echte Gefahr darstellen. Leider ist „Iceman“, der gerade am Vormittag noch den Preis des „besten Besten aller besten Besten der Topgun-Besten“ in Empfang nehmen durfte, nicht in der Lage, außerhalb gemütlicher Trainingsflüge gut zu sein, sodass „Maverick“ selbst vier MIGs abschießen muss, bevor die restlichen den Schwanz einklemmen.

Großer Jubel auf dem Flugzeugträger, und der große Lacher am Ende:
Pete „Maverick“ Mitchell, bei Filmbeginn schlechter als ein völlig fluguntauglicher Pilot und nur durch die Inkompetenz der Navy-Psychologen zum besten aller besten Besten aufgerückt, der die achtwöchige Fortbildung vorzeitig abgebrochen hat, weil sein Copilot Opfer der mangelnden Kompetenz der Wartungscrew wurde, und einen (in Zahlen: 1) Einsatz gegen ein bis sechs der inkompetentesten Piloten der Welt geflogen ist, darf sich tatsächlich seinen nächsten Posten frei aussuchen und entscheidet sich für: Ausbilder bei Topgun!
Das ist ungefähr so, als dürfte der Verlierer der letzten Risiko-Partie zur Belohnung einen Posten als Fünf-Sterne-General antreten. Das wünscht man doch der schlimmsten Kaderschmiede nicht! Da lacht sich doch der KGB kaputt!

Der Film schließt mit einer Szene, in der Charlie „Maverick“ in irgendeiner kleinen Bar in (Achtung!) „Fightertown USA“ auflauert und sich wie ein Ninja offenbar durch Wände bewegt. Abspann, Tränen der Begeisterung beim männlichen Publikum, Anmeldung zum Navy-Dienst, zack, Kultfilm!

Und was das Beste ist? Der Film erklärt uns eindringlich, dass die Topgun-Fortbildung ins Leben gerufen wurde, weil die Piloten zu schlecht wurden: Während im Koreakrieg das Abschussverhältnis noch 12 gegnerische Maschinen zu 1 eigene Maschine betrug, sank das Verhältnis im Vietnamkrieg auf 4:1. Der Grund? Die Piloten wurden zu abhängig von ihren Raketen und hatten verlernt, den Gegner mit der vorne am Rumpf montierten Kanone im Nahkampf abzuschießen.

© Paramount Pictures (Universal Pictures)

Und wozu führt die Ausbildung im Film? Richtig: Die sechs gegnerischen MIGs schießen 1 amerikanische Maschine ab, und die Amerikaner schießen 4 MIGs ab – also ein Verhältnis von 1:4. Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen, feuert kein einziger Amerikaner auch nur einmal seine Kanone ab, sondern lediglich Raketen, während die MIGs die Maschine von „Iceman“ mit der Kanone zerlöchern. Manchmal fragt man sich, ob sich einer der Macher hier seinen eigenen Film vorher mal angesehen hat!

Und da haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, dass „Maverick“ und „Iceman“ am Ende des Films unbefugt in feindlichen Luftraum eindringen und dort Maschinen vom Himmel holen, was mit ziemlicher Sicherheit einen Weltkrieg ausgelöst hätte ... aber mittlerweile ist in diesem Film ja auch alles egal.

Ehrlich: TOP GUN ist einer der schlechtesten, unlogischsten, löchrigsten und albernsten Filme aller Zeiten. Doch das ändert nichts daran, dass er auch einer der beliebtesten Filme aller Zeiten ist, der (mit weitem Abstand) erfolgreichste Film des Jahres 1986, und für einen nicht unerheblichen Teil der (vornehmlich männlichen) Weltbevölkerung eine enorm prägende cineastische Erfahrung jener Zeit.
Das kann und muss man erst mal anerkennen.

Die Werbesache

Wofür TOP GUN heute fast noch berühmter ist als für Kenny Loggins, Berlin und Tom Cruise, ist das fast untrennbar mit dem Filmtitel verbundene Attribut „Werbefilm“. Immer wieder wird TOP GUN als Top-Werbefilm der Navy bezeichnet.

Und im Kern stimmt das ja auch. Die Navy ist von Anfang an bei der Realisierung des Streifens involviert. So ist etwa Tom Cruise äußerst zögerlich, überhaupt mitzuspielen, bis die Navy ihn auf einen Probeflug einlädt. Nachdem der Pilot Cruise durch eine Reihe von Schrauben, Überschlägen, Sturzflügen und andere Manöver gejagt hat, wankt Cruise direkt nach der Landung zum Telefon, bezeichnet das eben Erlebte als „großartigste Erfahrung meines Lebens“, und sagt für den Film zu.
TOP GUN wird schließlich auch der erste Film, bei dem Cruise hinter den Kulissen mitwirkt, etwa am Drehbuch.

Die Navy stellt der Filmcrew aber auch jede Menge Piloten und Flugzeuge zur Verfügung (nur das Kerosin muss Paramount bezahlen), darunter ein paar F-5, die sie schwarz anmalen, um als (fiktive) MIG-28 zu dienen. (Die Farbe lassen sie später dran und nutzen die Maschinen für die echte Top-Gun-Ausbildung.) Außerdem genehmigt die Navy zwei echte Raketenabschüsse, die aus verschiedenen Winkeln gedreht und reichlich im Film genutzt werden.

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Etwas weniger großzügig geht die Navy allerdings mit dem Script um. So soll „Cougar“ ursprünglich bei der Landung auf dem Flugzeugträger abstürzen, was eine deutlich bessere Erklärung dafür gewesen wäre, dass „Maverick“ und „Goose“ aufrücken, aber die Navy will nicht, dass die Zuschauer – also die potentiellen Rekruten – Angst vor dem Dienst bekommen, deswegen muss die dümmliche Geschichte mit dem Nervenflattern des vermeintlich besten aller besten Besten zusammengeschrieben werden.

Auch der Tod von „Goose“ soll ursprünglich eine andere Ursache haben, nämlich eine Kollision zweier Flugzeuge im Luftkampf. Erneut weigert sich die Navy – die Leute könnten Angst bekommen und keine Lust mehr auf einen echten Dienst haben. Also wird eine nicht weniger furchteinflößende Geschichte um eine tödliche(!) Lebensrettungsmaßnahme erfunden. Man kann das gar nicht oft genug erwähnen: TOP GUN zeigt, wie der Mechanismus, der den Piloten im Falle eines Abschusses das Leben retten soll, einen Piloten umbringt, und DAS soll die Leute motivieren, Kampfpilot werden zu wollen. Weiß der Ikarus, warum die Navy das besser fand!

Aber: Die Kinomagie wirkt, und die Navy soll Recht behalten. Wenig subtil bauen sie in den größten Kinos des Landes Rekrutierungstische auf, um die armen Jungs, vollgepumpt mit Kenny Loggins, schnieken Fliegerjacken, Beachvolleyball, und den glänzenden Zahnreihen von Val Kilmer und Tom Cruise direkt hinter dem Ausgang vom Kinosaal abzufischen. Im folgenden Jahr registrieren sie eine 500-prozentige Zunahme an Bewerbungen für ihre Luftkampfgeschwader. Darüber hinaus produziert die Navy 1987 einen Werbefilm, der die Visualität des Films und die Melodie von „Danger Zone“ imitiert – ebenfalls äußerst erfolgreich.
Wie absurd das Ganze ist, zeigt sich, als Paramount dem Pentagon anbietet, dem Film bei der Videopremiere einen Werbefilm der Navy voranzustellen. Die für Werbung zuständige Abteilung des Pentagon lehnt das Angebot mit der Begründung ab, dass der Film selbst ausreichend Werbefilm sei, was einen gesonderten Werbefilm redundant mache.

TOP GUN started the Video Star

Apropos Videos: TOP GUN gilt bis heute als der Film, der dem Heimvideomarkt den entscheidenden Lebensfunken einhauchte.
Als Mitte der 80er das VHS-System den großen „Formatkrieg“ gewinnt, und die VHS-Geräte für zu Hause immer erschwinglicher werden, beginnt auch das große Zeitalter der Leihvideos. Endlich sind Filmfreunde (und Pornofreunde …) nicht mehr darauf angewiesen, dass ein Film im Fernsehen oder im Kino läuft, sondern sie können einfach in die nächstgelegene Videothek gehen, und sich ihren Wunschfilm ausleihen – vorausgesetzt jemand anderes ist ihnen nicht bereits zuvorgekommen.

© Paramount Pictures (Universal Pictures)

Dabei läuft das Geschäft anfangs noch strikt über die Verleiher: Die Videotheken müssen nicht nur die Verleihlizenzen kaufen, sondern auch sehr teure Verleihkassetten. Über die konkreten Preise (in Deutschland) herrschen heute stark schwankende Informationen, von denen einige durchaus ins Reich der Legenden gehören mögen, aber seinerzeit kursieren Zahlen von 200 bis über 1.000 Mark(!), die eine Verleihkassette kostet. (Inflationsbereinigt kann man mittlerweile einfach die Mark gegen Euro tauschen …)
In den USA sind Filme seinerzeit auch schon für den Privatgebrauch zu kaufen, kosten aber über 100 Dollar (heute 260 Dollar), womit sie schlicht unattraktiv sind.

TOP GUN hingegen soll günstig genug werden, um auch in großen Mengen gekauft zu werden – also schaltet Paramount einfach Werbung. Bei der Erstveröffentlichung der Videoauswertung ist dem Film ein Werbespot von Pepsi vorangestellt (bei dem ein Kampfjet-Pilot seine Pepsi nicht aus dem Getränkehalter bekommt, und deshalb auf dem Rücken fliegen muss, um sich einzuschenken … Nicht mal funktionierende Getränkehalter bekommt die Navy hin!), was es ermöglicht, die Kassette zu einem erschwinglichen Preis auf den Markt zu werfen.
Das Ergebnis übertrifft alle Erwartungen, woraufhin quasi sämtliche Studios ihre Kassetten so einpreisen, dass sie für den Endverbraucher erschwinglich sind. Der Heimvideomarkt startet voll durch.

Hinterm Horizont …

Bei dem Erfolg ist es kein Wunder, dass man zügig eine Fortsetzung plant, bei der Maverick als Ausbilder eine weibliche Pilotin gegenübergestellt werden soll, die ähnlich „draufgängerisch“ ist wie er selbst, doch das Projekt scheitert – ironischerweise an der Navy, denn die hat ihre Flugzeuge gerade technisch aufgerüstet (hoffentlich hat sie die Schleudersitze und Getränkehalter nochmal durchgetestet!) und will keine Kameras in die Nähe der neuen Technik lassen.

Weitere Versuche einer Fortsetzung scheitern ebenfalls, wohl auch, weil TOP GUN immer wieder vorgeworfen wird, den Krieg zu verherrlichen. In einem Interview zur Veröffentlichung von GEBOREN AM 4. JULI erklärt Cruise, er hätte es für unverantwortlich gehalten, Fortsetzungen zu TOP GUN zu drehen, weil zu viele Leute den Film, der als harmloser Abenteuerstreifen („a Rollercoaster-Ride“) dienen soll, eher propagandistisch sehen. Und so bleibt es den Nachahmern überlassen, den Flair des Films weiterzutragen. Unter all den Kopien und Imitatoren, die folglich die Videotheken, und manchmal selbst die Kinos fluten, stechen zwei nennenswert heraus.

© Paramount Pictures (Universal Pictures)

1990 erscheint mit AIRBORNE die Geschichte um einen von Nicolas Cage gespielten jungen Kampfhubschrauberpiloten, der im Grunde der beste der Besten ist, nun aber im Luftkampf fortgebildet werden soll, weil ein böses Drogenkartell den besten der Besten der besten Besten hat, und Cage damit nicht der Beste genug ist. Der Film ist sich nicht zu fein, direkt auf dem Poster (und Videocover) auf TOP GUN zu verweisen, und gilt heute – nicht zu Unrecht – als „TOP GUN mit Hubschraubern“. Tatsächlich ist der Film eine recht schamlose Kopie, besitzt aber ausreichend Charme und ist – wenn wir ehrlich sind – auch nicht schlechter als TOP GUN.

Deutlich spannender und heutzutage fast kultiger ist hingegen der 1991 in die Kinos gekommene HOT SHOTS!, dem das Kunststück gelingt, fast besser als das Original zu sein. Tatsächlich erzählt der Film die Handlung von TOP GUN mit so viel Aufmerksamkeit und Liebe zum Detail nach, und setzt dessen Schwächen (etwa „Mavericks“ psychologische Unzulänglichkeit) so geschickt in Szene, dass er den Film mit viel Eleganz entblößt. Und eben weil TOP GUN seine alberne Handlung so ernst nimmt, und HOT SHOTS! nicht, hinterlässt letzterer den besseren Eindruck. Besonders interessant dabei: Für längere Zeit ist Charlie Sheen für die Rolle von „Maverick“ im Gespräch, bevor Tom Cruise zuschnappt.

2013 wird TOP GUN in einer 3D-Version noch einmal ins Kino gebracht und 2021 – als die Fortsetzung längst fertig im Schrank liegt – kommt er zum 35. Jubiläum noch einmal (in 2D) in die Kinos.

Erst 2022 – Tom Cruise ist mittlerweile selbst erfahrener Pilot und inzwischen älter als es Tom Skerritt in TOP GUN war – schafft es die Fortsetzung von TOP GUN in die Kinos. Fertiggestellt ist er schon früher, nämlich 2019, doch die Corona-Pandemie zögert die Veröffentlichung immer weiter hinaus.
Interessant dabei: Kelly McGillis ist in der Rolle von Charlie nicht mehr mit an Bord – doch in TOP GUN wird erwähnt, dass „Maverick“ einst in Schwierigkeiten kam, weil er mit der Tochter eines Generals ausging. Genau diese Tochter wird nun, gespielt von Jennifer Connelly, „Mavericks“ neue Freundin, was zumindest ein Stirnrunzeln hervorrufen sollte, wenn man bedenkt, dass „Maverick“ in TOP GUN 23 Jahre alt war, Jennifer Connelly zu der Zeit aber gerade mal 15 …  aber gut, Miles Teller, der jetzt den Sohn von „Goose“ spielt, war 1986 noch nicht einmal geboren, und am Ende ist Film ja auch immer irgendwie ein bisschen Magie.

Und es ist wohl auch diese unerklärliche Kino-Magie, dank der ein schräger, irgendwo zwischen albern und unlogisch changierender Streifen voller Adrenlin, Testosteron und Kerosingeruch, der einen bei nüchterner Betrachtung nur mit dem Kopf schütteln lässt, eine ganze Generation junger Menschen in eine Welt voller Abenteuer und Freiheit entführt, sie fasziniert, begeistert – und der Navy in die Arme treibt.

© Paramount Pictures (Universal Pictures)

2 Kommentare:

  1. Ich habe TOP GUN nie gesehen. Danke für diesem Artikel. So brauche ich ihn auch nie zu sehen. Ich weiss jetzt alles darüber :-)

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