22.03.19

Der Junge muss an die frische Luft (D 2018) – Dat is’ wat ganz Besonderes!

Es ist Februar 2019 und noch immer beherrscht ein deutscher Film die Kinocharts – seit Dezember 2018!
DER JUNGE MUSS AN DIE FRISCHE LUFT, der zu dem Zeitpunkt gerade die magische Drei-Millionen-Besucher-Schallmauer durchbrach, ist ein wahrer Glücksfall, nicht nur für das deutsche Kino, sondern für das Kino im Allgemeinen. Obwohl der Film erst am 25. Dezember 2018 in den Kinos startete, erreicht er den 3. Platz der Kino-Jahrescharts 2018 (und sichert sich einen guten Platz unter unseren raren Jahreshighlights 2018)!
Und Mitte März läuft der Streifen, der Carolines Link größten Erfolg darstellt, noch immer zur besten Zeit in den großen Kinos des Landes.
Und ja, auch wir sind begeistert!
© Warner Bros. Pictures Germany

16.03.19

Nachgetragen – Duoscope hatte 5. Geburtstag


Irgendwie passt es zum letzten Jahr, dass wir unseren eigenen Geburtstag am 25. Februar verschwitzt haben.
Tatsächlich wurde unser fünftes Jahr von unserer ersten großen, vor allem inhaltlichen Krise beherrscht. Aber das heißt ja nicht, dass wir aufgeben.
© Duoscope


12.03.19

Destroyer (USA 2018) – Ein Zombie auf dem Rachepfad

Nicht falsch verstehen: Selbstverständlich ist DESTROYER kein Zombiefilm. Es werden keine Gehirne gefressen, es gibt keine Massenpaniken und keine modernden Leichen.
Und dennoch überkam uns beim Gucken von DESTROYER mehrmals das Gefühl, unerwartet in einem Zombiestreifen gelandet zu sein – und das liegt einzig und allein an der Hauptfigur, genial verkörpert von Nicole Kidman!
Biancas Blick

Nach dem eher mauen 2018 begann das Filmjahr 2019 hervorragend!
Nach DER JUNGE MUSS AN DIE FRISCHE LUFT und THE FAVOURITE stand mit DESTROYER ein weiteres Januar-Highlight an, das wir auf den Fantasy Filmfest Whites genießen durften.
„Obwohl es keinerlei Magie in DESTROYER gibt, gelingt es Regisseurin Karyn Kusama, Nicole Kidman komplett verschwinden zu lassen“, titelte passend der Collider.
Doch der Reihe nach …


Geduld zahlt sich aus


2003 wird Erin Bell gemeinsam mit einem Kollegen als verdeckte Ermittlerin in die Gang des Bankräubers Silas eingeschleust. Als ein Coup aus dem Ruder läuft, es Tote gibt und Silas untertaucht, zieht sie sich aus dem Leben zurück. Sie arbeitet weiter als Kriminalbeamtin in Los Angeles, obwohl sie im Laufe der folgenden Jahre körperlich und psychisch auf einem Tiefpunkt ankommt. Als sechzehn Jahre später plötzlich wieder Silas in der Stadt erscheint und Kontakt sucht, muss sie sich ihrer Vergangenheit stellen – und Fehler wieder gutmachen.
Geschickt werden diese zwei Zeitebenen – Anfang 2000er und 2018 – miteinander verwoben und bieten einen Blick in die Psyche einer Frau am Rande des Zusammenbruchs.

Und wo gibt’s nun die Zombies?


Erin Bell verliert durch den missglückten Raubüberfall ihren Lebensantrieb und lädt Schuld auf sich – das große Thema so vieler Rachethriller. Trotzdem muss sie sich in der Welt zurechtfinden. Sie funktioniert. Desillusioniert und zutiefst traumatisiert gibt sie sich ihrem Job als Polizistin hin, hart und kompromisslos. Ungepflegt, ungeschminkt und blass wandelt sie totengleich durch die Straßen von Los Angeles, trinkt und findet keinen Schlaf. Das Vertrauen ihrer Tochter hat sie längst verloren. Sieht man in Bells Gesicht, erkennt man den Nihilismus, die Trauer, die Härte, ja, den schon längst verlorenen Lebenswillen tief in ihrer Seele verankert.
Nicole Kidman ist nicht mehr zu erkennen, sie transzendiert in die Rolle und fordert sich eine der bisher beeindruckendsten Leistungen ihrer ohnehin erstaunlichen Karriere ab.
Mit schlurfendem, vornüber gebeugten Gang, schlaff, leblos, erinnert sie schon in ihren Bewegungen an einen Zombie – ein Eindruck, der in den vielen, vielen Nahaufnahmen ihrer gebrochenen Mimik nur noch verstärkt wird. Man muss sich als Zuschauer, gerade zu Beginn des Films, schon die Augen reiben, um zu erkennen, dass man im Thrillergenre und nicht in der Apokalypse gelandet ist.
Optisch – sowohl psychisch als auch physisch – agiert Kidman zombieesk!


Fern, fern, weit weg


Nicole Kidman ist nach dem Rollenangebot hin- und hergerissen. Instinktiv weiß sie, dass die Rolle sie herausfordern und dank der Charakterzeichnung aus ihrer „Komfortzone“ herausschleudern wird – alles reizvolle Argumente. Andererseits verehrt sie Regisseurin Kusama so stark, dass sie Angst davor hat, den Anforderungen der Rolle nicht gerecht zu werden.

DESTROYER fordert ihr psychisch und physisch tatsächlich alles ab. Optisch hat sie als Erin Bell letztlich nichts mehr, das man mit Kidman und ihren bisherigen Auftritten in Verbindung bringt: Attraktivität, Weiblichkeit, Filigranität, Zerbrechlichkeit – nichts ist mehr übrig. Sie bewegt sich in einem Raum, der ihr und uns unbekannt ist – und das macht ihr Angst: „Oh ich war sehr verängstigt. Besonders bei einer Rolle wie dieser, weil ich keine Erfahrung mit dieser Art Mensch habe, die ich darstellen sollte. Und so ging ich auf das Set, ohne zu wissen, was geschehen wird, denn die Figur war so weit von mir entfernt. Und dann kamen all die Gedanken: Ich werde wirklich scheitern und absolut schrecklich sein und die Leute werden hinter meinem Rücken flüstern: 'Wie können wir die bloß ganz schnell loswerden?' … Ehrlich! Genau das ist es, worüber man sich als Schauspielerin Sorgen macht. Denn der Film ist ein sehr, sehr verwundbarer Ort, an dem man sich selbst anbietet, und entweder es funktioniert oder eben nicht.“
Über Karyn Kusama, mit der sie unbedingt zusammenarbeiten wollte, sagt Kidman: „Karyn verfügt über zwei Jahrzehnte Erfahrung im Filmemachen, also ist sie sehr versiert in ihrem Beruf. Sie hat einen ganz besonderen Look und Stil und eine spezielle Arbeitsweise, die sie liebt. Sie arbeitet mit einem begrenzten Budget, so dass sie nicht in der Lage ist, einen Film wie HEAT zu machen – sie hat weder die Zeit noch die Ressourcen. Aber sie könnte es absolut tun. Wir arbeiten immer innerhalb unserer Grenzen. Wie können wir das Beste geben, das wir zu geben bereit sind? Es ist wirklich schwer - es ist wirklich sehr schwer. Ich denke, Karyn hat einen großartigen Film gemacht. Und eine solch komplexe Rolle zu bekommen, eine Frau zu spielen, die wirklich wütend ist, sich schämt, ist eine Herausforderung. Ich bin schließlich in jedem Bild des Films zu sehen, mit all diesen Emotionen, die in mir vibrieren.“

Wir tun das nicht allzu oft in unseren Besprechungen, aber hier verneigen wir uns tief vor Kidmans Leistung in DESTROYER und konstatieren, dass sich Mut in der Kunst ein Mal mehr ausgezahlt hat.

Toughe Frauen in toughen Filmen


Karyn Kusama dreht seit knapp zwanzig Jahren Filme und hat bereits eine beeindruckende Liste von Werken vorzuweisen. Vornehmlich sind es außergewöhnliche Frauenrollen, die sie kreiert und denen sie einen Rahmen bietet. 
Die 1968 geborene New Yorkerin wird durch Filme wie GEFÄHRLICHE FREUNDIN, KOMM UND SIEH‘, LAUTER NETTE MÄDCHEN, ROSEMARY'S BABY oder Warren Beattys REDS beeinflusst und in ihrem Wunsch, Regisseurin zu werden, bestärkt. 
Ihren Stil entwickelt sie durch das Studieren von Dokumentarfilmen. „Ich habe anfangs eine Art persönliche Dokumentarfilme gemacht. Ich interessierte mich sehr für diese Art der experimentellen Erzählung. Dokumentarfilme waren mir damals wirklich hilfreich, um die Mechanik des Geschichtenerzählens zu verstehen. Und ich finde immer noch, dass ein guter Dokumentarfilm ebenso mitreißend ist wie ein gut erzählter Film.“
2000 gibt sie mit GIRLFIGHT ihren Einstand als Regisseurin. Michelle Rodriguez agiert als Boxerin Diana und wirbelt die Szene ordentlich auf. Gebettet ist diese Milieustudie in eine Romanze, doch haben die Figuren genügend Raum, sich vollends zu entfalten und nachzuwirken. In AEON FLUX kämpft sich 2005 Charlize Theron durch eine dystopische Zukunft. Der Film hat zwar ein großes Budget und bringt die Fanbase der erfolgreichen Anime-Serie mit, wird aber trotzdem weder ein Publikums- noch ein Kritikererfolg – dennoch wartet auch er mit einer toughen und starken Frauenfigur auf. Emanzipiert und auf Opfer gierend, kommt 2009 dann Megan Fox in JENNIFER'S BODY daher. Tough, hart, lasziv, betörend – zerstörend. 
Mit THE INVITATION gelingt Kusama 2015 ein Achtungserfolg, diesmal sowohl bei Zuschauern als auch bei Kritikern. Die Einladung zur Party seiner Ex-Frau gerät für einen Mann zu einem verstörenden, gefährlichen Wiedersehen.
Nach Ausflügen ins Serienfach (u.a. Folgen für CHICAGO FIRE, THE MAN IN THE HIGH CASTLE, CASUAL und MASTERS OF SEX) kehrt Kusama 2018 mit DESTROYER auf die Kinoleinwand zurück. Und wie!
Und sie hat aus ihren Erfahrungen gelernt. „Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder an einem Film arbeiten werde, ohne den 'Final-Cut' zu haben. Ich habe erkannt, dass ich eine sehr intuitive Regisseurin bin und ein klares Gespür dafür habe, was, und wie ich es tun möchte. Ich möchte eigenverantwortlich arbeiten und bin mir nicht sicher, dass die Studios unbedingt die lehrreichsten Orte sind, um eine emanzipierte Filmemacherin zu sein, außer vielleicht, um etwas über die harten Realitäten von Handel und Kunstpanschung zu erfahren.“
Da ist sie nun ähnlich kompromisslos wie ihre Figuren.

Ein bisschen Mäkeln muss dann doch sein


Nachdem wir voller Lob für Kidmans grandiose Leistung und die durchaus beeindruckende Expertise von Karyn Kusama waren, muss DESTROYER doch ein wenig Kritik ertragen, die vor allem das Drehbuch betrifft.
Denn die Figuren um Erin herum bleiben allesamt fad und blass; sie dienen fast ausschließlich der Charakterisierung Erins, besitzen keine eigenen Ziele oder Motivationen, was schade ist. Denn so bleibt DESTROYER vor allem eine One-Woman-Show, die mehr zu bieten gehabt hätte, wenn man dem Film eine breitere Basis, etwas mehr Geschichte spendiert hätte. Besonders Toby Kebell wirkt als Antagonist Silas reichlich verschenkt; bis auf ein, zwei pseudo-sektenhafte Ansprachen hat er so gut wie nichts zu tun und bleibt bis zum Schluss mysteriös, undurchsichtig und seltsam unmotiviert.
Die Mutter-Tochter-Beziehung, die eigentlich den emotionalen Schwerpunkte der Handlung ausmacht und die wichtigste Motivation für Erins Handeln darstellt, bleibt unausgegoren und muss sich den Vorwurf gefallen lassen, mit Klischees erfüllt zu sein. Zwar spielt sich auch hier Kidman die Seele aus dem Leib, aber so richtig fassbar wird das Wesen der verkorksten Mutter-Kind-Beziehung trotzdem nicht, was übrigens auch für Erins Beziehung zum Vater der Tochter und ihrem aktuellen Freund gilt. Schade!
So spannend die Transzendenz und das Spiel – und damit auch die Rolle – von Kidman bzw. Erin Bell auch ist, so schwach sind all ihre Beziehungen im Film dargestellt. Und Kidmans Spiel allein macht DESTROYER zwar mehr als sehenswert, kann aber die zwei Stunden Spielzeit allein nicht füllen. 

Zurück bleibt ein wunderschöner Film mit teilweise atemberaubenden Bildern, einer Glanzleistung von Kidman und einer Welt, die so düster und hoffnungslos daherkommt, dass es einen nicht einmal überraschen würde, wenn am Ende doch noch ein echter Zombie um die Ecke gewankt käme, und der vor allem in der Zeichnung der Motivationen und Beziehungen schwächelt und dadurch knapp an einem kleinen Meisterwerk vorbeischrammt.

Das letzte Wort …


… überlassen wir der Filmkritikerin Mandalit del Barco, denn besser könnten wir es nicht zusammenfassen:
"DESTROYER ist ein sehr gut gemachter Thriller. Nicole Kidmans Auftritt ist einer der besten ihrer Karriere. Sie hat sich wirklich in eine Person verwandelt, die sich von jeder Figur, die wir je von ihr gesehen haben, vollkommen unterscheidet: die Sorte von amoralischem 'hard-boiled'-Detective, die sonst eher Männer spielen. Es ist ein ziemlich verdrehter und dunkler Film, den man gut am Weihnachtsfeiertag sehen kann – oder vielleicht auch eher am Tag danach."

03.03.19

Green Book (USA 2018) – Ein Roadmovie der anderen Art

“Weißt du, mein Vater hat immer gesagt, was immer du tust, tu es hunderprozentig. Wenn du arbeitest, arbeite, wenn du lachst, lache und wenn du isst, dann iss.“
Tony Lip (alias Tony Vallelonga) beweist uns in GREEN BOOK, dass er all die genannten Dinge in der Tat zu hundert Prozent tut. Und ja, besonders essen. Aber auch seine Loyalität stellt er über die eigenen Ansichten und Urteile.
© Entertainment One

10.01.19

Das Filmjahr 2018 – Katastrophe mit Folgen

2018 war ein Jahr, an das wir uns noch lange erinnern werden.
Seit wir 1983 mit DAS DSCHUNGELBUCH unseren ersten Kinobesuch erlebten, gab es kein Kinojahr mehr, das uns weniger Spaß gemacht hätte als dieses. Ja, 2018 war eine cineastische Katastrophe – und eine mit Folgen.
Denn tatsächlich hat uns das Jahr einen nicht unerheblichen Teil unserer Lust an unserem liebsten Hobby gekostet.
Aber von vorne …

Fotocollage © Duoscope