22.07.14

xXx - Triple X (USA 2002)

xXx – TRIPLE X ist einer dieser Filme, die irgendwann unweigerlich kommen mussten. Und trotzdem, obwohl der Film auf der Hand lag, ist er ein Geniestreich! Nachdem James Bond, und dann und wann ein anderer Geheimagent, seine Berufslaufbahn damit zubrachte, die irrsinnigsten Stunts auszuführen, kam endlich jemand auf die Idee, das Ganze umzukehren.
Endlich machte man diejenigen zu Geheimagenten, die James Bonds spektakulärste Stunts als spaßiges Freizeitvergnügen betrachten: Extremsportler!
Der Film ist eine Kampfansage an den traditionellen Agentenfilm und überrollt ihn regelrecht.
© 2002 Revolution Studios Distribution Company, LLC. All Rights Reserved.

Marcos Blick:
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Die Szene beginnt klassisch. Der Mann ist schließlich Profi! Mit einem technischen Spielzeug überwältigt er den Kurier und knöpft ihm den Chip ab, der die Welt bedroht. Eilig zieht er sich um – und erscheint im perfekten Smoking. Er richtet sich her und flieht vor den Schergen durchs nächtliche Prag.
Doch seine Flucht führt ihn an einen wundersamen Ort: Ein von Feuersäulen geschmücktes Rammstein-Konzert in einer Kirche. Umgeben von Punkfrisuren, Lederfetisch und den strammen Gitarrenriffs des Titels „Feuer Frei!“ entdeckt ihn der Bösewicht des Films sofort. Sein Mann fürs Grobe, Kirill, steckt sich die brennende Zigarette hinters Ohr, legt an und schießt.
Tödlich getroffen fällt der ach so smarte Geheimagent in die Menge und wird feiernd auf Händen getragen.

Nicht einmal drei Minuten braucht xXx – TRIPLE X, um sein Revier zu markieren: Rück rüber Bond, das hier ist ‘ne Nummer zu hart für dich!

Die erste Szene schlägt James Bond wuchtig den Fehdehandschuh ins Gesicht – und der Kampf endet siegreich! Der Film krempelt das Genre des Agentenfilms quasi im Alleingang um. Obwohl das nicht ganz stimmt – denn TRIPLE X ist nur ein Teil einer kraftvollen Gruppe von Filmen, die innerhalb kürzester Zeit den amerikanischen Actionfilm neu definiert.

Wild West Club


Zu Beginn des neuen Jahrtausends verändert sich Hollywoods Actionfilm maßgeblich. Ursprünglich hat er sich aus dem amerikanischen Western der Vierziger und Fünfziger Jahre entwickelt. Nur dort können damals wilde und spektakuläre Schießereien und Verfolgungsjagden inszeniert werden. Natürlich noch hoch zu Ross! Erst in den Sechzigern, als der Italowestern die nahezu heilige Grenze zwischen Gut und Böse im Wilden Westen aufhebt, schwappt diese Inszenierungsform in die Kriminalfilme über. Aus diesen entstehen in den Siebzigern mit Klassikern wie DEATH WISH, BULLIT oder DER MANN DER NIEMALS AUFGIBT endlich die ersten reinrassigen Actionfilme: Der Held, die Bösen, und tausend Kugeln zwischen ihnen!
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Perfektioniert wird diese Form des Kinos allerdings in den Achtzigern. Das Jahrzehnt schreibt die Regeln des Genres: Rhythmus, Tempo, Blickwinkel, Montagen, Bildsprache, Erzählformen. Quasi jedes Klischee des Actionkinos entsteht in dieser Zeit. Von der niemals ausgehenden Munition des Helden, über den toten Polizisten am letzten Tag vor der Pensionierung bis zum Vietnamveteranen, der seine Kampfkünste an der heimischen Front austestet. Die Neuartigkeit des Genres ist es auch, die das Übermaß an Actionserien im Fernsehen rechtfertigt: von AIRWOLF über KNIGHT RIDER und STREET HAWK bis hin zu THE A-TEAM: Fliegende Autos, explodierende Hubschrauber und irrsinnige Stunts sind in Amerika en vogue!
Die Meister dieser goldenen Actionzeit sind reichlich: Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone, Chuck Norris, Bruce Willis, Mel Gibson, Jean Claude van Damme, Michael Dudikoff, Steven Seagal, Carl Weathers, Dolph Lundgren, und wer sonst noch so in THE EXPENDABLES mitspielt.
Tatsächlich brennen sich die Regeln des Actionkinos in den Achtzigern so fest ein, dass sie fast die gesamten Neunziger hindurch erhalten bleiben. Einzig eine kleine Variation der visuellen Ausarbeitung findet statt, als Mitte der Neunziger Michael Bay und John Woo ins Actionkino einsteigen.

Bis im Jahr 1999 der Film FIGHT CLUB die erste Regel des Actionfilms fundamental ändert! Bis hierhin hatten Actionhelden zuvor stets irgendeine Kampfausbildung genossen! Cops, Soldaten, Veteranen, Gangster, Agenten … Actionstars waren breit gebaut und kampferprobt.
Und mit einem Mal erscheint Tyler Durden auf die Bildfläche: drahtig, dürr, im Kampf völlig unerfahren, zeigt er, wie ein erschreckend realistischer Actionfilm aussehen kann.
Erst kurz vorher schlägt THE MATRIX bereits in eine ähnliche Kerbe – auch hier ist der Held eher schmächtig, verfügt aber, wenn auch mit etwas Schummelei, über diverse Kampfkünste! („Ich kann Kung Fu!“) 
Der Erfolg beider Filme nimmt das Actiongenre völlig auseinander. Nicht nur die Regeln, auch die typische Optik eines Actionfilms definieren sie neu. Natürlich waren Actionfilme schon immer „cool“ für ihre jeweilige Zeit, aber nach THE MATRIX und FIGHT CLUB wirken die alten Actionfilme mit einem Mal beinahe bieder. Ab sofort eifern fast alle Filmemacher diesen zwei Meilensteinen nach. Die Anschläge vom 11. September bringen das Genre kurz zum Ruhen, doch mit nur leichter Verspätung erweist sich dann das Jahr 2002 als der Wendepunkt, von dem aus es kein Zurück mehr gibt.

An sich grandiose Actionfilme wie MINORITY REPORT oder STIRB AN EINEM ANDEREN TAG wirken in diesem Jahr wie „Opa-Kino“ neben den neuen, schrillen Actionfilmen. Unter diesen finden sich etwa der eher als Geheimtipp laufende EQUILIBRIUM, der deutlich von MATRIX inspiriert ist, oder DIE BOURNE IDENTITÄT, der im Alleingang die heute noch gültigen Regeln aufstellt, wie intensiv ein Nahkampf in engen Räumen auszusehen hat.

Und eben xXx - TRIPLE X!

Der Film besitzt eine geradezu alberne Handlung, die jedem gestandenen Agenten zu den Ohren rausgekommen wäre: Bösewicht will Großstädte vernichten und das pure Chaos auslösen, vermengt mit ein paar Agenten, Doppelagenten und Agenten, die die Seiten wechseln.
Was den Film so hervorhebt, ist der Mut, mit dem er ein altes Genre in ein gänzlich neues Gewand packt!
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Der deutsche Satiriker Oliver Kalkofe fasst das nach der Premiere passend zusammen: „Während James Bond im Casino elegant ein Gläschen Martini schlürft, setzt sich Xander Cage nackt bis auf einen Pelzmantel vorm Kamin die Vodkaflasche an den Hals!“

Falls Sie noch jemanden losschicken, der die Welt retten soll, klären Sie vorher, ob sie dem Typen auch gefällt


xXx - TRIPLE X macht alles anders: Er ist cool, er ist jung, er ist wild. Wie kein Agentenfilm vorher nutzt er eine jugendliche Subkultur, die bisher allenfalls hinter den Kulissen des Films tätig werden durfte. Der Held ist kein Agent oder zerschlissener Cop, sondern ein selbstbewusster, tätowierter Extremsportler. Einer, der sich ohne mit der Wimper zu zucken von einer Brücke stürzt und dabei noch jauchzt. Xander Cage verkörpert wie kein anderer Held seiner Zeit die Quintessenz des neuen Actionkinos! Waren Actionszenen vorher nur für den Zuschauer ein Spaß – für die Helden ging es meist um Leben und Tod –, sind sie nun auch für den Helden ein gezieltes Vergnügen. Zwar zeigten schon FIGHT CLUB und THE MATRIX Helden, die die Action genießen konnten. xXx – TRIPLE X allerdings treibt dieses neue Selbstverständnis von „Spaß im Angesicht der Gefahr“ auf die Spitze und macht die Action zum entscheidenden Antrieb des Helden.
Xander Cage will nicht die Welt retten oder edel sein – er will all die übertrieben irrsinnigen Aktionen erleben, die andere Agenten als notwendiges Übel ihrer Arbeit verstehen.
xXx – TRIPLE X gibt der alternativen, adrenalinsüchtigen Spaßgesellschaft eine Stimme und ihren eigenen Geheimagenten!

Das eigene falsche Gesicht 


Auch sonst geht der Film neue Wege. Xander Cage ist kein Profi. Er wird zu dem Auftrag genötigt (Was natürlich nicht neu ist, und schon in DIE KLAPPERSCHLANGE gut funktionierte), kommentiert aber die ständige Lebensgefahr nur mit rotzigem Sarkasmus und Nihilismus. Die Gegner sind keine eleganten Schurken, die den Helden fangen und ihm im Angesicht des Todes ihren Welteroberungsplan offenbaren wollen, sondern dekadente Anarchisten, die sich nicht lange mit Notwendigkeiten aufhalten.
Musikalisch setzt der Film von Anfang an ein Zeichen: Rammstein, Rock und Punk. xXx – TRIPLE X macht keinen Hehl daraus, dass er sich selbst nur so ernst nimmt wie notwendig. Lieber will er seiner genau definierten Zielgruppe etwas bieten. Und das sind die Extremsportfans!

Und dafür fährt er lecker auf! sämtiche Actionsportarten wie Basejumping, Free-Skiing, Skating, Freestyle-Motocross, Para-Sailing, Freeclimbing oder ähnliches bieten schon seit den frühen Neunzigern einer wachsenden Schar Jugendlicher ihre eigenen Sportarten, die sich von Tennis, Golf und Football abheben sollen. (Einige davon werden sich in den kommenden Jahren bis zur Olympiareife hocharbeiten, besonders im Wintersport.) Der Film wartet dann auch mit Gastauftritten von zeitgenössischen Größen wie Tony Hawks, Mike Vallely oder Carey Hart auf.

Die große Ironie dabei: Extremsportler wirken schon seit Jahren in Agentenfilmen mit. Sie leihen den Agenten als Double ihre Fähigkeiten, oder jagen ihnen als Schurken hinterher, zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Nun bekommen sie endlich ihren eigenen Agentenfilm – und noch immer dürfen sie lediglich ihren Körper und ihre Fähigkeiten ausleihen. Zwar versucht Vin Diesel, möglichst viele seiner Stunts selbst zu machen, doch etwa den berühmten Sprung von der Brücke absolvierte ein Stuntman in einer Vin Diesel Maske. Ob der Star wirklich krank ist, oder ob die Versicherung der Szene einen Riegel vorschob, ist ein wenig umstritten.
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Und doch funktioniert der Film gut als Werbeplattform für die neuen Sportstars. So ist die spektakulärste Szene des Films nicht getrickst! Der Freestyle-Motocross Superstar Jeremy "Twitch" Stenberg springt tatsächlich über eine riesige Halle, die direkt unter ihm in die Luft gejagt wird (einzig das Feuer wird später digital etwas nachbearbeitet). Regisseur Rob Cohen ist so begeistert, dass er dem Star später noch eine 30.000 Dollar Maschine schenkt.
Überhaupt sprüht der Film vor Leidenschaft für den Extremsport, obwohl Unfälle nicht ausbleiben. Der Motocross-Freestyler Larry "Link" Linkogle kollidiert während der nächtlichen Sprünge im "Drogenfeld" mit dem Heckrotor eines Hubschraubers - sein Helm rettet ihm das Leben, dennoch verletzt er sich.
Nur eine einzige Tragödie überschattet das filmische Actionsport-Festival. Am letzten Drehtag soll der Stuntcoordinator und gefeierte Fallschirmspringer Harry L. O'Connor, der schon an diversen Actionfilmen mitgearbeitet hat, als Vin Diesels Stuntdouble an einer Para-Gliding-Leine hinabrutschen und unter einer Brücke hindurchkommen. Nachdem der erste Take glückt (und im Film zu sehen ist), geht beim zweiten Take etwas schief. O'Connor kollidiert mit dem Brückenpfeiler und erliegt seinen Verletzungen.

Bereits ein Jahr vorher spendieren Vin Diesel und Regisseur Rob Cohen gemeinsam einer adrenalinfreudigen Subkultur ihren eigenen Actionfilm. Mit THE FAST AND THE FURIOUS huldigen sie der Autotuning-Szene und heben eines der erfolgreichsten Actionfranchises des neuen Jahrtausends aus der Taufe.
Diesen Erfolg wird das neue Agentenfranchise nicht teilen. Zwar ist der Film ein Erfolg und, außerhalb Deutschlands, noch heute unglaublich populär und weit verbreitet. Und der direkte Angriff auf James Bond trifft ins Herz (siehe unten). Der britische Geheimagent kann sich freuen, dass das Studio und die Filmmacher von xXx - TRIPLE X sich nicht über die Bedingungen einer Fortsetzung einig werden. So wird das Konzept für Teil 2 umgestellt, schwenkt ordentlich ins Rap und Hip-Hop Genre ab, und ist deutlich weniger erfolgreich.

Allerdings: Im Januar 2014 kündigt Vin Diesel zur Freude der weltweiten Fangemeinde des Films an, einen dritten Teil anzustreben, in Originalbesetzung – und für gewöhnlich hält der Mann sein Wort.

Raus mit dem Alten, rein mit dem Neuen


xXx – TRIPLE X profitiert enorm von der Zeit, in der er entsteht. So kann er eine herrlich „ranzige“ Optik bieten, weil sich gerade jetzt eine neue Form der Filmproduktion entwickelt. Nachdem das Drehen in Amerika immer teurer wird, locken europäische Staaten die Filmproduktionen mit günstigen Preisen und ein paar Steuererleichterungen. Und mit der Tschechei im Allgemeinen und Prag im Besonderen eröffnet sich ein völlig unverbrauchtes Setting. Innerhalb weniger Monate schaffen es die Filme BLADE II und xXx – TRIPLE X, Prag einen visuellen Wiedererkennungswert zu geben und die etwas marode Schönheit der Stadt ideal einzufangen.
Zusätzlich kommt dem neuen Agentenfilm die anarchistische, nihilistische Selbstverständlichkeit der Jugend entgegen, die immer populärer werdenden Extremsportarten, die neuen Gepflogenheiten im Actionfilm: Alles spielt dem Film in die Hände. So gelingt es nahezu perfekt, den klassischen Agentenfilm in die Neuzeit zu übertragen, in der Tattoos, Rockmusik und die Abenteuer der Extremsportler einen Lifestyle wiedergeben, der in seinen Alltäglichkeiten die Höhepunkte üblicher Agentenleben bei weitem übertraf.

Auch Styletechnisch trifft xXx - TRIPLE X ins Schwarze. Bonds Smokings mögen in den Sechzigern hip gewesen sein, mittlerweile aber trägt man Pelz! So entwickelt sich der Pelzmantel, den Vin Diesel in xXx - TRIPLE X trägt, zum noch heute begehrten Fashion-Item - und zeigt, wie bedeutsam gutes Kostümdesign ist.
Kostümdesignerin Sanja Milkovich, die bereits für THE FAST AND THE FURIOS mit Cohen gearbeitet hat, sieht in Xander Cage ein Tier, das gleichzeitig kuschelig und wild ist, und schneidert ihm einen Pelzmantel auf den Leib, der genau dieses Image widerspiegelt: In seinem Pelzmantel wirkt Cage tatsächlich wie ein wilder Bär und hat gleichzeitig eine sensible, kuschelige Aura. Für alle Interessierten: Den Mantel gibt es nicht zu kaufen, wer etwas Ähnliches sucht, sollte nach einem Bieberpelzmantel mit Lammfellfutter suchen. (Aber bitte keinen echten Pelz!)

Die Mission von xXx - TRIPLE X wird ein voller Erfolg! Es gelingt ihm, dem festgefahrenen, antiquierten Genre des Agentenfilms neues Leben einzuhauchen, ihn für junge Kinogänger wieder ansprechend aufzubereiten und "Feuer unter den Füßen" zu machen, wie Produzent Todd Garner es ausdrückt.
Vin Diesel, Richy Müller, Rob Cohen und Werner Daehn auf der Premiere
Kein Film macht diesen Erfolg deutlicher, als der nur wenige Wochen später gestartete James Bond Streifen STIRB AN EINEM ANDEREN TAG. Obwohl er einer der besten James Bonds der letzten zwanzig Jahre ist, wirkt er im direkten Vergleich vollkommen überholt. Pierce Brosnan scheint als smarter Agent nicht mehr in diese neue Zeit des Action- und Agentenfilms zu passen. Vielleicht auch deshalb wird es sein letzter Auftritt als James Bond.

Vier Jahre später hat sich der Agent im Geheimdienst ihrer Majestät allerdings erholt: Mit CASINO ROYALE startet ein James Bond, der verstanden hat, was xXx – TRIPLE X ihm zu sagen hatte. CASINO ROYALE beginnt mit der Verfolgungsjagd eines Parcour-Künstlers (Ebenfalls eine beliebte Actionsportart!) und James Bond, die in ihrer Machart den Konflikt zwischen klassischem und neuem Agentenfilm aufzeigt. Als wolle er eine Antwort auf die Rammstein-Konzert-Szene bieten, sieht man den Parcour-Künstler durch enge Löcher schlüpfen, während Bond einfach durch die Wand bricht. Ein Konflikt, in dem Bond sich schließlich in der Mitte postiert – ohne sich gänzlich aufzugeben, nutzt er die neuen, von Filmen wie xXx – TRIPLE X eingebrachten Tugenden des Agentenfilms.

Biancas Blick:

Ein neuer alter Hollywood-Trend


Bereits in den 30er und 40er Jahren spielen deutsche oder deutschsprachige Schauspieler in amerikanischen Produktionen mit: O.E. Hasse, Peter Lorre, Marlene Dietrich oder Elisabeth Bergner, um nur einige zu nennen.
Es sind Künstler, die aufgrund der politischen Situation in Deutschland emigrieren und in Amerika weiterarbeiten. Sie agieren in Filmen als Nazis, Spione und zwielichtige Persönlichkeiten unbekannter Herkunft.
Zwar sind sie in ihrem Rollenspektrum sehr eingeschränkt, aber dennoch oft Teil großartiger Werke wie ICH BEICHTE, GEHEIMAGENT, CASABLANCA oder ARSEN UND SPITZENHÄUBCHEN.
Marlene Dietrich macht nach DER BLAUE ENGEL aus Amerika heraus eine Weltkarriere. Durch ihren starken Akzent bleibt auch sie zwar in einer begrenzten Rollenauswahl hängen, aber dennoch einzigartig.

In der 60er Jahren schafft es ein Schweizer, in Amerika Fuß zu fassen und sich sogar den Oscar als bester Hauptdarsteller zu erspielen: Maximilian Schell. Sein Monolog in DAS URTEIL VON NÜRNBERG ist über Jahre ein beliebter Vorsprechtext an amerikanischen Schauspielschulen und schreibt Filmgeschichte.

Danach wird es ruhiger um die deutschen Schauspieler in Hollywood.

Seit den 2000ern sieht man jedoch  immer mehr deutsche oder deutschsprachige Schauspieler in großen internationalen Produktionen.
Das liegt zum einen an den Produktionsbedingungen, die sich verändern (Hollywood dreht sehr gern in Deutschland und Deutschland beteiligt sich ebenso gern an den großen internationalen Produktionen), zum anderen an den talentierten und charismatischen Schauspielern, die Deutschland aufweisen kann.
Den Anfang macht DUELL – ENEMY AT THE GATES (Ein Film, an dem im Laufe der langen Produktion gefühlt jeder aus der deutschen Filmbranche einmal mitarbeitet), in dem neben Werner Daehn auch Eva Mattes und Sophie Rois auftreten. Es folgen xXx – TRIPLE X erneut mit Werner Daehn und Richy Müller, die BOURNE-Filme, die Franka Potente in Amerika etablieren und in denen Daniel Brühl ihren Bruder spielt, WANTED, in dem August Diehl einen Kurzauftritt neben Angelina Jolie hat und natürlich INGLOURIOUS BASTERDS, in dem Til Schweiger, Daniel Brühl, August Diehl und Diane Kruger mehr oder weniger präsente Rollen aufweisen.

Die Liste wird erfreulicherweise immer länger. Mittlerweile konnten „unsere“ Jungs in einigen Großproduktionen glänzen. Etwa in RUSH, der Brühl den Durchbruch in Amerika und eine Golden Globe Nominierung bringt oder mit INGLOURIOUS BASTERDS und DJANGO UNCHAINED, die Christoph Waltz zwei Oscars bescheren und Thomas Kretschmann, der in großen Filme wie BLADE II, KING KONG und DER PIANIST mitspielt.
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Der Mann, der James Bond erschoss 


Die in xXx – Triple X bedeutende Rolle des russischen Killers Kirill bringt einem deutschen Schauspieler seinen ersten größeren Auftritt: Werner Daehn. Er spielt den „Aufräumer“ des Bösen, der in der Eröffnungsszene niemand geringeren als James Bond ermorden darf, und dem schließlich seine Kettenraucherei zum Verhängnis wird – was für ein schönes, augenzwinkerndes Gimmick!

Werner Daehn wird 1967 in Worms geboren und absolviert seinen Eltern zuliebe zunächst eine kaufmännische Ausbildung, bevor er sich seiner Ausbildung im Schauspielstudio & Film Atelier Langhanke in Berlin widmet.
Anschließend sieht man ihn in einigen Fernsehserien wie HELICOPS oder OPERATION PHÖNIX, bevor er als Soldat Politruk in DUELL – ENEMY AT THE GATES seine erste Rolle in einem großen internationalen Film hat, neben Ed Harris, Rachel Weisz und Jude Law.
Der endgültige Durchbruch gelingt ihm ein Jahr später in xXx – TRIPLE X.

Dabei ist seine Besetzung als Kirill einigen Zufällen und Glück geschuldet: Daehn spielt 2000 neben Brian Cox in einem englischsprachigen Kurzfilm, der dem Caster von xXx  – TRIPLE X auffällt, woraufhin er prompt eingeladen wird. Was folgt, ist inzwischen Geschichte.
Werner Daehn trainiert sich einen russischen Akzent an und wird monatelang im Umgang mit echten Waffen trainiert, wovon der Schauspieler noch heute schwärmt – nur das Rauchen habe er schon vorher beherrscht, „allerdings weniger exzessiv“, wie er in einem Interview berichtet.
Noch heute, 12 Jahre nach xXx – TRIPLE X, wird Werner Daehn in Amerika, Osteuropa und Australien als „Kirill“ immer wieder auf der Straße erkannt. (Was einmal mehr aufzeigt, welche Bedeutung der Film weltweit hat. In Deutschland als schmaler Actionfilm abgestraft, bleibt zu hoffen, dass seine Wirkung und Leistung noch einmal auch hierzulande anerkannt wird.)

Was Daehns Schauspielkunst auszeichnet, ist nicht nur sein markantes Aussehen und hoher Wiedererkennungswert, sondern vor allem sein reduziertes Spiel.
Mit nur wenig Mimik, aber sehr transparenten Emotionen, gelingt es ihm, seinen Charakteren viel Ausdruckskraft zu verleihen.
Werner Daehn und sein "Stunt Double" - nach dem Raketeneinschlag.

© Sony Pictures
Nach xXx – TRIPLE X geht es steil bergauf für Daehn.
Er spielt in DAS LEBEN DER ANDEREN und OPERATION WALKÜRE. In Letzterem spielt er neben Tom Cruise und verleiht seiner Figur Major Ernst John von Freyend eine unterschwellige Grausamkeit, die sich hinter situativer Ahnungsosigkeit zu verstecken scheint.
Werner Daehn bleibt dem Genre des Actionfilms treu: Er hat Rollen in AKTE KAJINEK, dem sehr erfolgreichen THE BERLIN FILE und in ALEX CROSS.
Hier arbeitet er erneut mit Regisseur Rob Cohen zusammen, der die Rolle des Erich Nunemacher extra für ihn schreibt, weil er von der Zuammenarbeit in xXx - TRIPLE X so begeistert ist, dass er diese wiederholen will!
In dem oscarprämierten Film DIE FÄLSCHER bricht Daehn mit seinen gängigen Rollen und spielt einen dem Tode entgegenblickenden Juden.

Werner Daehn ist ein sehr disziplinierter Schauspieler, der hart für seine Karriere arbeitet.
Mittlerweile zeigt seine Vita fast 50 Rollen auf, DER STILLE BERG hatte unlängst eine gefeierte Premiere und wartet auf seinen Deutschlandstart.
Desweiteren ist das amerikanische Bürgerkriegsdrama FIELD OF LOST SHOES abgedreht, dessen erste Bilder eine sehr nüchterne und angenehm reduzierte Herangehensweise an das Bürgerkriegsthema erahnen lassen.
Sicherlich werden wir noch einiges von diesem ruhigen und charismatischen Schauspieler sehen.

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