Das Fantasy Filmfest ist eines der erfolgreichsten
Filmfestivals Deutschlands; und das mit Filmen, die eindeutig unter Genre- oder
Spartenkino fallen. Für den allgemeinen Kinobesucher könnte es dadurch eher
unbedeutend wirken. Tatsächlich aber hat das Fantasy Filmfest – und mit ihm
andere fantastische Filmfestivals auf der ganzen Welt – eine enorme Macht und
ist mitbestimmend für die Entwicklung ganzer Genres.
Zeit für einen Überblick über die Klassiker des Fantasy
Filmfests.
Weltweit finden jährlich gut und gerne 3.000 Filmfestivals statt.
Am Anfang dieser Erfolgsgeschichte stehen vermutlich die
jährlich stattfindenden Filmfestspiele von Venedig. Sie laufen seit 1932 und
gelten als ältestes Filmfestival überhaupt.
Unheimliche Begegnung der dritten Form
Zu Beginn dienen Filmfestspiele als eine Art „Wettkampf“
unter künstlerischen Filmemachern, besonders in der internationalen Arena. Fast
alle großen, internationalen Filmfestivals, von Venedig über Cannes bis nach
Berlin, gehören noch heute dieser Kategorie an. Sie zeichnen künstlerisch oder
gesellschaftlich bedeutende Filme in einer Art Wettstreit aus.
Erst später entwickelt sich eine zweite Form von
Filmfestival, die vor allem der Präsentation dient. Hier wird unabhängig
produzierten Filmen oder Kurzfilmen oder anderen Werken, die durchs große
Studiosystem rutschen, eine Plattform geboten. Zu den berühmtesten gehören
heute das Toronto Filmfestival und das Sundance Filmfestival.
Erst viel später formt sich die dritte Art von Festival, die
beides mehr oder weniger kombiniert: Genre- oder Themenfestivals. Hier werden
Animationsfilmen, LGBTQ-Filmen, Asiatischen oder Afrikanischen Produktionen,
Film Noirs und anderen speziellen Themen ein Forum geboten. Als solches
gleichen sie beinahe Publikumsmessen.
Eine der letzten Formen von Genrefestivals, die in den
Achtzigern das Licht der Leinwand erblickt, sind fantastische Filmfestivals.
Ihr Spektrum bedient eine der am leidenschaftlichsten verfolgten Sparten des
Kinos: Horror, Science Fiction und alles, was sonst noch im übernatürlichen
oder fantastischen Bereich angesiedelt ist.
Mit dem portugiesisischen Festival Fantasporto gründet sich
1982 eines der ersten fantastischen Filmfestivals.
The Dawn of an Era
Dass diese Form der Festivals erst so spät in der
Kinogeschichte erscheint, hat einen simplen Grund: „Fantastische“ Filme sind
vor den Achtzigern nahezu Mangelware und echte Exoten. Oft gelten sie als
Schund oder Kinderfilm. Klassiker wie GODZLLA, 2001: ODYSEE IM WELTRAUM oder
Monsterfilme wie TARANTULA und FORMICULA haben es selbst vor zeitgenössischem
Publikum schwer. Selbst DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN wird automatisch als
Nachmittagsfilm für Kinder programmiert. Diese Form von Filmkultur scheint kein
Filmfestival zu rechtfertigen.
Einen Anfang macht immerhin der Filmhistoriker Donald A.
Reed. Er ist der Ansicht, dass Fantasy, Science-Fiction und Horrorfilme nicht
ausreichend gewürdigt werden und ruft 1972 den Saturn-Award ins Leben, mit dem
noch heute besondere Leistungen in diesen Bereichen gewürdigt werden.
Auf dem ersten Fantasy Filmfest begeistert HELLRAISER, Clive Barkers bitterböser Höllentrip. "Pinhead" wird zu einer Ikone des Genres. Quelle: Blu Ray "Hellraiser" © STUDIOCANAL |
Und so entstehen in den Achtzigern endlich die ersten
Filmfestivals, die sich auf fantastische Filme spezialisieren.
Fantastic! Allons-y!
1987 endlich startet auch in Deutschland das erste
fantastische Filmfestival: Das Fantasy Filmfest. Fast dreißig Jahre später hat
es sich zu Deutschlands mit Abstand größtem Genre-Festival gemausert und zu
einem der größten und einflussreichsten Genre-Festivals der Welt.
Stefan Rainer, der das Festival heute noch
leitet, organisiert mit zwei Freunden Filmvorführungen von Horrorfilmen in der Hamburger Markthalle, damals
noch umrahmt von Live-Auftritten diverser Musikgruppen.
Zu Beginn widmet sich das Festival vor allem den härteren Horrorfilmen
und spricht damit vornehmlich die „harten Jungs“ an. Erst als sich das Festival
nach einigen Jahren auch kleineren Filmen und der Arthouse Ecke öffnet, wird
das Publikum immer breiter.
Mittlerweile findet das Festival in mehreren Deutschen Städten
statt und bedient eine fast unermessliche Bandbreite.
Wichtig ist dabei vor allem, dass die Filme „gut“ sind. Das
bedeutet vor allem „ungewöhnlich“ oder wenigstens mit Eigensinn produziert.
Billig runtergedrehte oder auf Nischenerfolg gepolte Reißbrett-Werke fallen
dabei durch die Sichtungen. Nach eigenen Angaben sichtet das Team jährlich gut
1000 Filme, hinzu kommen diverse Einsendungen interessierter Produzenten.
Der Großteil der gezeigten Filme wird allerdings auf
internationalen Filmmärkten zusammengesucht.
Erstaunlich ist, dass das Festival trotz seines
Nischenthemas das wohl einzige ist, das bis heute ohne jegliche Förderung
funktioniert. Für die Mitarbeiter ist die Arbeit am Festival ein Vollzeitjob –
Ehrenamtliche Helfer oder Praktikanten bilden hier, anders als bei vielen
anderen Festivals, keine stützende Säule.
Genau das wird dem Festival gelegentlich aber auch zum Vorwurf gemacht. So wird dem Festival 2014 vorgeworfen, sich als Werbeveranstaltung für Verleiher ausnutzen zu lassen: Indem die gezeigten Filme eng mit dem DVD-Start verknüpft würden, würde die Kino-Verwertung unterbunden. So endet der Vorwurf mit der Aussage, das Fantasy Filmfest mache das Kino kaputt.
Genau das wird dem Festival gelegentlich aber auch zum Vorwurf gemacht. So wird dem Festival 2014 vorgeworfen, sich als Werbeveranstaltung für Verleiher ausnutzen zu lassen: Indem die gezeigten Filme eng mit dem DVD-Start verknüpft würden, würde die Kino-Verwertung unterbunden. So endet der Vorwurf mit der Aussage, das Fantasy Filmfest mache das Kino kaputt.
Tatsächlich bietet das Festival häufig die einzige Chance
für (gerade ausländische) Nischenfilme, überhaupt einmal auf der großen
Leinwand zu laufen, und oft auch die einzige Chance für ein breiteres Publikum,
wodurch eine Verwertung in Deutschland außerhalb des Importmarkts überhaupt
erst möglich wird.
Das Wohlwollen vieler ...
Wieso aber besitzt ein Spartenfestival überhaupt die Macht,
einen Film erfolgreicher zu machen, als er es vermutlich sonst geworden wäre?
Das Geheimnis liegt eben in dem Wörtchen „Sparte“.
Die meisten auf dem Fantasy Filmfest gezeigten Filme sind Spartenwerke,
die vermutlich kaum einen Verleih finden würden, einfach weil das Publikum für
sie zu klein ist. Das gilt besonders für Filme mit exotischen Sprachen, bei
denen die Synchronisierung noch ein wenig aufwändiger und teurer wäre.
Viele dieser Filme erscheinen, wenn überhaupt, nur auf
Video/DVD, bzw. neuerdings vielleicht noch als Stream. Einen breiten Aufwand
sind sie oft nicht wert und ein Erfolg kaum einzuschätzen.
Genau an diesem Punkt setzen fantastische Filmfestivals an:
Sie bieten selbst kleinsten Nischenfilmen ein zwar begrenztes, dafür aber
leidenschaftliches Publikum! Denn wer auf ein Spartenfestival wie das Fantasy
Filmfest geht, gehört auch zur Kernzielgruppe der dort gezeigten Filme.
So bietet sich eine ideale, „individualisierte“ Werbung: Ein
paar limitierte Screenings mitten im Herzen der potentiellen Fans sind
kostengünstig und können enorme Wirkungen erzielen.
Natürlich entwickelt sich bei einer Masse von knapp siebzig
Filmen auch auf einem fantastischen Filmfestival ein Durchschnitt heraus –
manche Filme fallen sogar beim Publikum durch. Wenn allerdings ein Film hier
überzeugt, ist das meist ein Zeichen dafür, dass eine echte Perle in ihm schlummert!
Filme, die ein – in der Regel – so wählerisches und
erfahrenes Fachpublikum überzeugen wie man es auf dem Fantasy Filmfest und
ähnlichen Veranstaltungen findet, tun das meist dadurch, dass sie eben
besonders gut sind. So ist ein erfolgreiches Screening auf einem fantastischen
Filmfestival ein Gütesiegel in den Augen genau der Fans, die diese Art von
Filmen mögen.
Damit geraten viele, gerade exotische Filme in den Fokus der Fangruppe, erfahren eine größere Verbreitung und, wenn sie qualitativ halten, was sie versprechen, eben auch jenen Erfolg, der sie schlussendlich zu Klassikern macht.
Damit geraten viele, gerade exotische Filme in den Fokus der Fangruppe, erfahren eine größere Verbreitung und, wenn sie qualitativ halten, was sie versprechen, eben auch jenen Erfolg, der sie schlussendlich zu Klassikern macht.
The Chosen Ones
Anhand einer kleinen Auswahl wollen wir einige Klassiker des
fantastischen Films vorstellen, die nicht zuletzt dank des Fantasy Filmfests
ein breiteres Publikum gefunden haben um zum Klassiker zu werden – immer in dem
Wissen, dass einige davon vielleicht sonst hierzulande noch immer unbekannt
wären.
HELLRAISER (USA 1987)
Gleich während der ersten, damals noch sehr kleinen Veranstaltung in Hamburg, lief einer der populärsten und berühmtesten Horrorfilme seiner Zeit. Clive Barkers HELLRAISER – DAS TOR ZUR HÖLLE erschuf mit „Pinhead“ eines der ikonischsten Monster des Horrorfilms. Das Werk stellte Clive Barkers Spielfilmdebüt als Regisseur dar. Zwar hielt er sich in dem Fach nicht lange und konnte den sensationellen Erfolg nicht wiederholen, ist aber als Autor für Film (etwa CANDYMAN) und auch für Romane und Anthologien berühmt und geachtet.
Gleich während der ersten, damals noch sehr kleinen Veranstaltung in Hamburg, lief einer der populärsten und berühmtesten Horrorfilme seiner Zeit. Clive Barkers HELLRAISER – DAS TOR ZUR HÖLLE erschuf mit „Pinhead“ eines der ikonischsten Monster des Horrorfilms. Das Werk stellte Clive Barkers Spielfilmdebüt als Regisseur dar. Zwar hielt er sich in dem Fach nicht lange und konnte den sensationellen Erfolg nicht wiederholen, ist aber als Autor für Film (etwa CANDYMAN) und auch für Romane und Anthologien berühmt und geachtet.
Wie viele erfolgreiche Horrorfilme seiner Zeit zog
HELLRAISER eine Unschar an Fortsetzungen nach sich. Vier Filme liefen noch im
Kino, die nachfolgenden fünf kamen direkt auf Video heraus. Insgesamt ist
HELLRAISER von allen Horrorserien der Siebziger und Achtziger allerdings die
finanzielle erfolgloseste. Wenig überraschend dürfte sein, dass seit einiger
Zeit Pläne für ein Reboot im Raum stehen.
BILL & TED’S VERRÜCKTE REISE DURCH DIE ZEIT (USA 1989)
BILL & TED’S EXCELLENT ADVENTURE, wie der Spaß im Original heißt, ist nicht nur das Vehikel, das Keanu Reeves zum Durchbruch verhilft, sondern wäre in Deutschland vermutlich auch sehr untergegangen. Die Komödie ist, selbst für die späten Achtziger, so schräg, albern und überzogen, dass ein Erfolg in Deutschland schwer werden muss. Hinzu kommen unzählige englische Wortwitze, die historische Details mit (damals) moderner Rock- und Metalmusik in Verbindung bringen und nicht übersetzt werden können.
BILL & TED’S EXCELLENT ADVENTURE, wie der Spaß im Original heißt, ist nicht nur das Vehikel, das Keanu Reeves zum Durchbruch verhilft, sondern wäre in Deutschland vermutlich auch sehr untergegangen. Die Komödie ist, selbst für die späten Achtziger, so schräg, albern und überzogen, dass ein Erfolg in Deutschland schwer werden muss. Hinzu kommen unzählige englische Wortwitze, die historische Details mit (damals) moderner Rock- und Metalmusik in Verbindung bringen und nicht übersetzt werden können.
Die Frage, ob und inwieweit das Fantasy Filmfest hier einen
hebenden Einfluss darauf hatte, dass der Film zum Klassiker unter Fans wurde,
ist schwer zu sagen. Der Film ist schräg genug, und selbst die Synchro
idiomatisch genug, dass er einfach auffällt.
RING (JP 1998)
Deutlich klarer liegt der Fall beim japanischen Horrorschocker RING. Japanische Filme sind seinerzeit selbst innerhalb des fantastischen Nischenpublikums nur den Eingeweihtesten vertraut. Außerhalb der Inselkette sind deren Legenden und Mythen, die in den Film eingewoben werden, völlig unbekannt. Der Film ist zwar in Japan ein großer Erfolg und der bis dahin finanziell erfolgreichste Gruselfilm aller Zeiten, dennoch wäre er wohl ein lokales Phänomen geblieben, wenn er nicht mithilfe der fantastischen Filmfestivals um die Welt getragen worden wäre.
Deutlich klarer liegt der Fall beim japanischen Horrorschocker RING. Japanische Filme sind seinerzeit selbst innerhalb des fantastischen Nischenpublikums nur den Eingeweihtesten vertraut. Außerhalb der Inselkette sind deren Legenden und Mythen, die in den Film eingewoben werden, völlig unbekannt. Der Film ist zwar in Japan ein großer Erfolg und der bis dahin finanziell erfolgreichste Gruselfilm aller Zeiten, dennoch wäre er wohl ein lokales Phänomen geblieben, wenn er nicht mithilfe der fantastischen Filmfestivals um die Welt getragen worden wäre.
Auch auf dem Fantasy Filmfest ist er eines der Highlights
des Jahres. Wer auch immer den Film sieht, weiß, dass er hier etwas vollkommen
Neuartiges, noch dazu sensationell Gutes vor sich hat. Wie bei wenigen anderen
Filmen sorgt der exzellente Ruf, den RING sich auf dem Fantasy Filmfest erwirbt
dafür, dass er einem breiten Publikum bekannt wird. Sein Einfluss auf die nachfolgenden
Horrorfilme ist kaum zu überschätzen.
CUBE (CA 1997)
Auch CUBE ist einer dieser kleinen, in diesem Falle kanadischen Filme, die ohne die fantastische Festivalkultur wohl niemals einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden wäre.
Auch CUBE ist einer dieser kleinen, in diesem Falle kanadischen Filme, die ohne die fantastische Festivalkultur wohl niemals einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden wäre.
Auch hier gelingt es dem Film, die Festivalzuschauer zu
begeistern. Die ungewöhnliche, wenn auch nicht durchgängig packende Story und das
kreativ durchdachte Setting reizen das Publikum und verschaffen dem Film
schnell einen Ruf als sehenswerter kleiner Independentfilm.
DIE FABELHAFTE WELT DER AMÉLIE (FR 2001)
Vermutlich wäre Jean-Pierre Jeunets lange gereifter Märchenfilm auch ohne jegliche Festivalbeteiligung zu dem Klassiker geworden, der er ist. Jeunet konnte schließlich bereits auf eine große Fangemeinde zurückgreifen (gewachsen aus seinem Fantasy Filmfest-Hit DELICATESSEN!) und war spätestens mit ALIEN 4 (Ja, es gibt ihn leider wirklich) als Regisseur im Mainstream angekommen.
Vermutlich wäre Jean-Pierre Jeunets lange gereifter Märchenfilm auch ohne jegliche Festivalbeteiligung zu dem Klassiker geworden, der er ist. Jeunet konnte schließlich bereits auf eine große Fangemeinde zurückgreifen (gewachsen aus seinem Fantasy Filmfest-Hit DELICATESSEN!) und war spätestens mit ALIEN 4 (Ja, es gibt ihn leider wirklich) als Regisseur im Mainstream angekommen.
Dennoch ist der Film eine nette Ergänzung, weil er beweist,
dass es, entgegen einiger Kritiker, nicht nur blutspritzende Slashermovies oder
verquere Psychotrips das Publikum des Fantasy Filmfests begeistern und
überzeugen können, sondern dass der Schwerpunkt des Festivals auf
ungewöhnlichen, unterhaltsamen Filmen abseits des Mainstreams liegt.
Amélies Erfolg auf den Festivals hebt ihn zumindest aus der
Ecke des reinen Liebes- und Märchenfilms und akkreditiert ihn als kreativen,
sehenswerten Fantasy-Film, womit er sein Publikum deutlich erweitern kann.
SAW (USA 2004)
Deutlich mehr in Richtung dessen, was die breite Bevölkerung sich unter dem Fantasy Filmfest vorstellt, geht der Überraschungshit SAW. Die sadistisch-brutale Rätseljagd um den verspielten „Jigsaw“ ging als kleines Independent-Werk an den Start. Regisseur James Wan liefert damit seinen ersten Spielfilm ab und dreht gerade mal achtzehn Tage an dem Film, der ursprünglich direkt für den Videomarkt produziert werden soll.
Deutlich mehr in Richtung dessen, was die breite Bevölkerung sich unter dem Fantasy Filmfest vorstellt, geht der Überraschungshit SAW. Die sadistisch-brutale Rätseljagd um den verspielten „Jigsaw“ ging als kleines Independent-Werk an den Start. Regisseur James Wan liefert damit seinen ersten Spielfilm ab und dreht gerade mal achtzehn Tage an dem Film, der ursprünglich direkt für den Videomarkt produziert werden soll.
Die düstere Stimmung und clevere, wendungsreiche Story begeistert
allerdings auf den Testscreenings so sehr, dass dem Film eine kleine
Kinoverwertung gegönnt wird.
Der Rest ist Geschichte: SAW räumt auf sämtlichen
Filmfestspielen vollkommen ab (selbst auf dem Sundance!) und wird einer der
Publikumslieblinge des Jahres. Der 1,2 Millionen Dollar teure Film erscheint in
der Halloweennacht 2004 und hat bis zum Jahresende weltweit über 100 Millionen
Dollar eingespielt – einer der profitabelsten Horrorfilme aller Zeiten.
Leider können die mittlerweile sechs(!) Fortsetzungen weder
die Klasse noch die Finesse des Originals halten. Aus dem cleveren, an SIEBEN
erinnernden Plot wird eine „Torture-Porn“ Reihe, die mehr und mehr darauf
ausgelegt ist, schlicht mit möglichst gräßlichen (Selbst-)Verstümmelungen zu
„unterhalten“.
FINAL DESTINATION (USA 2000)
Ein ähnliches Schicksal ereilt auch die Fortsetzungen von FINAL DESTINATION. Der clever perfide Horrorfilm der AKTE-X Autoren Glen Morgan und James Wong (der auch die Regie übernahm) lief zwar als Vollproduktion, ist mit seinem Budget von 23 Millionen Dollar aber immer noch recht günstig.
Ein ähnliches Schicksal ereilt auch die Fortsetzungen von FINAL DESTINATION. Der clever perfide Horrorfilm der AKTE-X Autoren Glen Morgan und James Wong (der auch die Regie übernahm) lief zwar als Vollproduktion, ist mit seinem Budget von 23 Millionen Dollar aber immer noch recht günstig.
Der Film wird auch deshalb so beliebt, weil er eine
Liebeserklärung an das Horrorgenre und seine Fans ist. Den ganzen Film hindurch
sind Hinweise versteckt. So sind etwa alle Figuren nach Größen des Horrorfilms
der Zwanziger und Dreißiger benannt. Auch sonst kann das Publikum viele
versteckte Hinweise und Anspielungen in dem Film entdecken.
Die Grundidee (die ursprünglich einer AKTE-X Folge dienen
sollte) ist frisch und originell und begeistert allein dadurch die
Festivalbesucher.
Wie bei der SAW-Reihe, wenden sich die (vier) Fortsetzungen bald von der cleveren Grundstory ab, und beschränken ihre Kreativität darauf, möglichst perfide, blutige und effektlastige Todesarten für ihre Protagonisten zu finden.
Wie bei der SAW-Reihe, wenden sich die (vier) Fortsetzungen bald von der cleveren Grundstory ab, und beschränken ihre Kreativität darauf, möglichst perfide, blutige und effektlastige Todesarten für ihre Protagonisten zu finden.
THE BLAIR
WITCH PROJECT (USA 1999)
Zusammen mit RING krempelt THE BLAIR WITCH PROJECT innerhalb eines Jahres das Horrorgenre vollkommen um.
Zusammen mit RING krempelt THE BLAIR WITCH PROJECT innerhalb eines Jahres das Horrorgenre vollkommen um.
Auch wenn der Natur-Schocker umstritten dafür ist, das
Monster zwar dauernd anzudeuten, aber kein einziges Mal zu zeigen, gewinnt er
die Herzen der Zuschauer mit einem simplen Kniff: Die Macher behaupten, die im
Film genutzten Filmaufnahmen („Footage“) im Wald gefunden zu haben. Das Genre
des „Found Footage“ Films ist geboren.
Einige einfachere Geister glauben sogar heute noch, dass die
gesehenen Szenen sich wirklich so zugetragen haben, was auch durch eine
Webseite (im damals noch recht jungen Internet) gestützt wird, mit der die
Macher ihren Film bewerben. So wird, ganz nebenbei, auch noch das virale
Marketing geboren. Denn statt einer klassischen Werbekampagne nutzen die Macher
ihre Webseite, von der aus die Massen die Informationen bereitwillig an Freunde
und Bekannte weitergeben.
Das Ergebnis ist nicht nur erfrischend neu und kreativ,
sondern ein finanzieller Triumph sondergleichen: Mit knapp 30.000 Dollar
Produktionskosten in acht Tagen Drehzeit und dank des viralen Marketings so gut
wie nicht existenter Werbekosten, spielt der Film mehr als 250 Millionen Dollar
ein!
DER BLUTIGE PFAD GOTTES (USA 1999)
THE BOONDOCK SAINTS, wie der Film im Original heißt, ist einer der besten Werke im Fahrwasser von PULP FICTION, und sorgt auf dem Fantasy Filmfest für einiges Aufsehen.
THE BOONDOCK SAINTS, wie der Film im Original heißt, ist einer der besten Werke im Fahrwasser von PULP FICTION, und sorgt auf dem Fantasy Filmfest für einiges Aufsehen.
Er bietet eines der besseren Beispiele für einen Low Budget
Film, dem jegliches Werbeetat fehlt, der dieses aber auch nicht brauchte. Die rabenschwarze
Selbstjustizballade begeistert eben genau die Zuschauer auf den Festivals, die
er begeistern will. Schnell ist der Film in aller Munde, und wird der Tipp
weitergereicht, diesen in seiner Mischung aus rotziger Gewalt, unchronologischer
Erzählweise und verquerer Moral einzigartigen Streifen unbedingt anzuschauen.
Vermutlich kann man jedoch auch Willem Dafoes Rolle
mitverantwortlich machen. Mit seinem Paul Smecker liefert er die wohl
beeindruckendste Performance neben seinem genial widerlichen Boby Peru in WILD
AT HEART ab.
Kenner finden in Sean Patrick Flanery außerdem den jungen
Indiana Jones wieder. Beinahe bedauerlich: Norman Reedus ist seinerzeit noch vollkommen
unbekannt, soll aber spätestens elf Jahre später dank THE WALKING DEAD jedem
Fan fantastischer Stoffe ein Begriff werden.
Bis heute hält sich der Film als Geheimtipp, zementiert nicht zuletzt vom Mythos seines Regisseurs Troy Duffy, der den kleinen Erfolg seines Streifens nur schlecht verkraftete, was in der Doku OVERNIGHT packend festgehalten wird.
Bis heute hält sich der Film als Geheimtipp, zementiert nicht zuletzt vom Mythos seines Regisseurs Troy Duffy, der den kleinen Erfolg seines Streifens nur schlecht verkraftete, was in der Doku OVERNIGHT packend festgehalten wird.
SCREAM (USA 1997)
Wie zwei Jahre später RING und THE BLAIR WITCH PROJECT, bringt SCREAM wenigstens ein bisschen frischen Wind ins Horrorgenre.
Wie zwei Jahre später RING und THE BLAIR WITCH PROJECT, bringt SCREAM wenigstens ein bisschen frischen Wind ins Horrorgenre.
Auch SCREAM gewinnt einige Saturn Awards und sorgt unter
Horrorfans, besonders auf dem Fantasy Filmfest, für Aufsehen.
Ungewöhnlich ist in diesem Falle vor allem das Drehbuch von
Kevin Williamson, dem es Ende der Neunziger gelingt, einigen Formaten (etwa der
Teenie-Soap) neue Impulse zu geben. Bei SCREAM liegt der Geniestreich darin,
dass es endlich ein Horrorfilm über
Horrorfilmfans ist! Statt ahnunsgloser Opfer werden hier jugendliche
Horrorfilmfans das Opfer eines gnadenlosen Slashers.
Williamsons Drehbuch spielt so gekonnt mit den Regeln und
Klischees des Genres, dass jedem Fan das Herz aufgeht. Gleichzeitig aber gelingt
es ihm, einen wirklich gruseligen Slasherfilm zu schreiben.
Das Ganze reichert er mit einer unerwarteten Schlusswendung
an und der Szene, auf die jeder Horrorfilmfan gewartet hat: Endlich wartet das
„Opfer“ nicht darauf, dass das „Monster“ wieder aufspringt sondern geht vorher
schon auf Nummer sicher!
Das beste Gimmick ist allerdings, dass für den beinahe
parodistischen Meta-Horrorfilm auch noch Wes Craven als Regisseur gewonnen
werden kann. Ausgerechnet der Altmeister, der in den Siebzigern und Achtzigern
fast im Alleingang das Slashergenre begründet hat, liefert nun einen
topmodernen, ironischen Beitrag zu „seinem“ Genre. Die Fans sind begeistert!
Erst 2012 können Drew Goddard und Joss Whedon (der in
vielerlei Hinsicht einem modernen Kevin Williamson gleicht) mit THE CABIN IN
THE WOODS einen ähnlichen Meta-Genre-Schocker landen.
SO FINSTER DIE NACHT (SE 2008)
Das schwedische Vampir-Drama SO FINSTER DIE NACHT wäre vermutlich ebenfalls nie auf dem großen Radar der Zuschauer erschienen, wenn es nicht auf mehr oder weniger sämtlichen fantastischen Filmfestivals irgendwelche Preise gewonnen hätte.
Das schwedische Vampir-Drama SO FINSTER DIE NACHT wäre vermutlich ebenfalls nie auf dem großen Radar der Zuschauer erschienen, wenn es nicht auf mehr oder weniger sämtlichen fantastischen Filmfestivals irgendwelche Preise gewonnen hätte.
Deutschen Zuschauern mag er wie eine etwas grobere Version
von „Der kleine Vampir“ erscheinen. Tatsächlich entwickelt sich die ungewöhnliche
Mischung aus Außenseiterdrama, Jugendfreundschaft, und Pädophilie-Rache-Geschichte
auf sämtlichen Festivals zum Publikumsliebling.
Die Macht der Nerds
Schaut man sich diese (wirklich nur auszugshafte) Reihe von
Genre-Klassikern an, offenbart sich schnell, welchen Nutzen das Fantasy Filmfest
(und andere fantastische Festivals) hat: Jeder klassische Streifen zeichnet
sich durch Kreativität, Neuartigkeit und Spritzigkeit aus.
Darin liegt die Macht des Fantasy Filmfests und seiner
internationalen Geschwister. Deren Besucher, die Fans von Horror-, Science-Fiction
und Fantasyfilmen, sind eine ambivalente Schar. Auf der einen Seite lieben sie
ihr Genre, ihre Filme, und wenden mit Vergnügen die Zeit dafür auf. Auf der
anderen Seite suchen und gieren sie stets nach dem Neuen, dem Unverbrauchten.
Fantastische Filmfestivals erfüllen genau diese Funktion: Sie sammeln
potentielle Kandidaten für kreative Genre-Filme, solche, die neue Impulse
setzen. Die Filme, denen das gelingt, werden von den Besuchern entsprechend
gewürdigt.
Aufmerksamkeit, Mundpropaganda und den Status des „Geheimtipps“
erhalten die Filme, die diesen Hunger nach Neuartigkeit befriedigen. Und sie
sind es auch, die zum Klassiker avancieren.
Den Machern kreativer Fantasystreifen kann also nichts Besseres
geschehen, als auf einem fantastischen Filmfestival zu laufen. Eine passendere
und zielgenauere Werbung (noch dazu eine sehr günstige) kann ein guter
Fantasyfilm im Idealfall gar nicht kriegen.
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