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20.01.15

Porträt: Audrey Hepburn – Von der Göttin der Leinwand zum Engel der Armen

Moon River wider than a mile
I'm crossing you in style someday
Oh dream maker, you heartbreaker
Wherever you're going I'm going your way
Two drifters off to see the world
There's such a lot of world to see
We're after the same rainbow's end
Waiting round the bend
My huckleberry friend, Moon River
And me
Quelle: DVD "Sabrina" @ Paramount Home Entertainment
Biancas Blick:

Der Song „Moon River“ steht wie kein zweiter für Audrey Hepburn - es ist die Titelmelodie ihres berühmtesten Films FRÜHSTÜCK BEI TIFFANY.
Als der Film, ihr größter Triumph, 1961 erscheint, ist Audrey Hepburn bereits 33 Jahre alt und einer der beliebtesten Stars der Welt: Nicht nur hat sie bereits fünf Golden Globe Nominierungen (und zwei Preise) und drei Nominierungen für den Oscar (mit einer Auszeichnung) erhalten, vor allem ist sie die Göttin der Stilikonen – ein Vorbild für Frauen und Mädchen überall auf der Welt. Mit ihrer bis heute einmaligen Ausstrahlung und edlen Würde verzaubert sie ihre Fans und wird vergöttert und verehrt. Und sie ist noch lange nicht fertig!
Doch ihr Weg an die Spitze ist ein steiniger, und auf jedem Schritt von Armut und Entbehrung geprägt.

Britisch oder Niederländisch oder beides?


Audrey Hepburn wird am 4. Mai 1929 als Audrey Kathleen Ruston in Brüssel geboren, als Tochter eines englischen Bankiers und einer niederländischen Baronessa. Aufgrund des Abstammungsprinzips erhält sie schon zur Geburt die englische Staatsbürgerschaft. Aus erster Ehe bringt ihre Mutter noch zwei Halbbrüder mit.
Nur sechs Wochen nach ihrer Geburt erkrankt Audrey so schwer an Keuchhusten, dass sie beinahe stirbt. Später sagt sie über diese Zeit: „Wenn ich eine Biografie schreiben würde, würde ich so anfangen: Ich wurde in Brüssel, Belgien, am 4. Mai 1929 geboren … und starb sechs Wochen später.“
Sie stirbt nicht, Gott sei Dank.
Als Audrey sechs ist, verlässt ihr Vater die Familie. Er wird nie versuchen, Kontakt zu seiner Tochter aufzunehmen. Ausfindig macht ihn später ihr erster Ehemann Mel Ferrer. Das Wiedersehen zwischen Vater und Tochter nach zwei Jahrzehnten ist schmerzvoll. Obwohl Audrey es nie schafft, ein emotionales Verhältnis zu ihrem Vater aufzubauen, wird sie ihn später bis zu seinem Tod finanziell unterstützen.
Audreys Mutter, Baroness Hemstra, legt nach dem Krieg sämtliche Adelstitel ab, als bekannt wird, dass Mitglieder ihrer Familie in die Greueltaten der Nationalsozialisten verwickelt waren.
Quelle: DVD "Frühstück bei Tiffany" @ Paramount Home Entertainment
Zwischen 1935 und 1938 wohnt die Familie in Kent, wo Audrey eine Mädchenschule besucht. Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, zieht die Familie zum Großvater nach Arnheim – der Krieg wird Audreys prägendste Zeit werden, die ihr gesamtes weiteres Leben bestimmt. Nicht nur ihre schweren beruflichen Zweifel, etwa die Rolle der Schwester Lukas in GESCHICHTE EINER NONNE anzunehmen, sondern auch ihren später so bedeutenden Einsatz für UNICEF.

Zeiten des Hungers und Zeiten der Angst


Die schlimmste Zeit ihres Lebens beginnt 1940 mit der deutschen Besatzung der Niederlande – Audrey ist gerade elf Jahre alt.
Um ihre britische Abstammung zu verschleiern, nennt Audreys Mutter sie Edda und gibt ihr ihren Mädchennamen: van Heemstra.
Audrey erhält zu dieser Zeit Tanzunterricht am Konservatorium und nimmt heimlich an Tanzaufführungen teil. Damit organisiert sie Gelder für die Widerstandsbewegung im Kampf gegen die deutschen Besatzer. Später wird sie Ähnliches für UNICEF tun, dann aber nicht mehr heimlich – ganz im Gegenteil.
Wie viele spätere Stars der Niederlande (etwa Rudi Carrell) erlebt Audrey die Besatzung als sehr bedrohliche, angstvolle Zeit und schwerste Prüfung ihres Lebens. Da ist zum einen die Angst vor der Entdeckung ihrer englischen Herkunft – sie vermeidet es in dieser Zeit, englisch zu sprechen – und die Angst vor der Entdeckung ihrer heimlichen Unterstützung des Widerstandes. Doch auch die Angst kann sie nicht davon abhalten, das zu tun, was sie für richtig hält.

Doch keine Besatzung wiegt so schwer wie die große Hungersnot, die im Winter 1944/45 über die Niederlande hereinbricht. Die noch besetzten Gebiete sind vollkommen unterversorgt – 22.000 Menschen sterben, vor allem junge und alte, und über 200.000 Menschen haben den Winter über kaum Nahrung. Darunter auch Audrey, die bis auf die Knochen abmagert.
Audrey erzählt später über den sogenannten „Hongerwinter“: „Ich war während des Krieges in Holland und die Nahrungsmittel gingen aus. Der letzte Winter war am schlimmsten. Das Essen war knapp, und alles, was es gab, bekamen die Soldaten. Es besteht natürlich ein großer Unterschied zwischen Hungertod und Unterernährung, aber ich war sehr, sehr unterernährt.“
Wohl mehr als jede andere Erfahrung in ihrem Leben ist es dieser Winter, die direkte Auseinandersetzung mit dem drohenden Tod durch Hunger, der sie vierzig Jahre später ihren Ruhm und ihren Einfluss nutzen lässt, um die Welt auf die Regionen der Erde aufmerksam zu machen, in denen diese Furcht und dieses Leid Alltag ist, für die Ärmsten der Armen.

Erste Schritte ins Rampenlicht


Nach dem Krieg zieht die Familie zuerst nach Amsterdam und kurz darauf nach England, wo Audrey ihre Tanzstunden nutzt, um eine Ballettausbildung zu absolvieren. Sie will nur eins: Solotänzerin werden! Jetzt rächt sich jedoch die Mangelernährung, die ihr junger Körper während des Krieges erdulden musste: Audreys Muskelwachstum ist so nachhaltig beeinträchtigt, dass sie nicht mit den anderen Tänzern mithalten kann. Ihres Traumes beraubt, arbeitet Audrey als Model und tritt in einigen Musicals auf.
Quelle: DVD "Ein süßer Fratz" @ Paramount Home Entertainment
1951 hat Audrey erste Rollen in ONE WILD OAT und DAS GLÜCK KAM ÜBER NACHT. In ONE WILD OAT hat auch Roger Mooore seine erste Rolle, allerdings spielen die beiden keine gemeinsame Szene. Und dennoch kreuzen sich die Wege der beiden später noch einmal: Als der mittlerweile beliebte JAMES BOND-Darsteller Audrey vier Jahrzehnte später als UNICEF-Sonderbotschafter ins Boot holt. Moore ist bis heute für diese Fügung sehr dankbar!
Und wie so viele Stars, verdankt Audrey ihren endgültigen Durchbruch einem Zufall: 1951 kommt sie im selben Hotel wie die Schriftstellerin Colette unter, die gerade eine Hauptdarstellerin für ihr Musical "Gigi" sucht. Als sie Audrey erblickt, hat sie ihre Gigi gefunden!
Schon ein Jahr später steht Audrey in New York für "Gigi" auf der Bühne – und feiert einen gigantischen Erfolg. Nicht nur erhält sie den Theatre World Award, sondern auch Hollywood wird hellhörig.

Hollywood Holiday!


Schon ihr Hollywood-Debüt wird Audrey Hepburn direkt an die Spitze katapultieren, an der sie sich fast zwanzig Jahre hält.
1953 ergattert sie die Hauptrolle in EIN HERZ UND EINE KRONE. Die in Europa angesiedelte Romanze, in deren Verlauf eine Prinzessin aus dem Palast davonläuft und einen smarten Reporter kennen- und liebenlernt, wird auf dem Kontinent ein großer Erfolg. In Amerika hält sich die Begeisterung erstaunlicherweise in Grenzen. Die Besetzung des Hauptdarstellers erweist sich als schwierig, kein Mann will in jener Zeit die zweite Geige im Drehbuch spielen. Am Ende versucht Gregory Peck sein Glück, weil er an den Film glaubt, auch wenn er unsicher ist, ob er neben dem charismatischen Energiebündel neben sich viel Aufmerksamkeit erregen kann. Und wie erwartet stiehlt ihm Audrey komplett die Show!
Quelle: DVD "Ein Herz und eine Krone" @ Paramount Home Entertainment
Ihr herzliches, offenes Spiel öffnet ihr die Herzen von Millionen Fans, und erweist sich schließlich als so differenziert, dass sie direkt den Golden Globe und den Oscar als beste Hauptdarstellerin einheimst!

Grazil vs. üppig


Und entgegen ihrer eigenen Erwartungen erschafft sie aus dem Stand ein neues Vorbild für Frauen auf der ganzen Welt.
Audrey hat starke Minderwertigkeitskomplexe und empfindet sich selbst als zu dürr! Ihre Arme sähen aus wie Zweiglein, sagt sie, und hat große Angst, in EIN HERZ UND EINE KRONE in einem ärmellosen Kleid zufzutreten. Edith Head, die gerade beginnt, mit ihren Filmkostümen die Modewelt zu revolutionieren, schafft es schließlich, Audrey zu überzeugen, dass sie nicht dürr, sondern grazil aussähe.

Vor allem markiert Audrey Hepburn den Beginn eines vollkommen neuen Schönheitsideals. Bisher waren Stars mit ausladener Weiblichkeit das Nonplusultra in Hollywood: Elizabeth Taylor, Marilyn Monroe oder Jane Russell versprühen Sex und lassen Männerherzen höher schlagen.
Audrey Hepburn (und bald auch Grace Kelly) bringen hingegen grazile, elegante Reize auf die Bühne und avancieren mit ihrem androgynen Körperbau zur neuen Weiblichkeit!
Bald wird der Designer Givenchy zu Audreys „Hausdesigner“. Gemeinsam definieren sie das „kleine Schwarze“ neu und kreieren wunderschöne, nie gesehene Outfits und Roben, die Audrey privat und auch in ihren späteren Filmen trägt.
Givenchy erinnert sich an das erste Zusammentreffen mit Audrey: Er sei gefragt worden, ob er die Kostüme für Miss Hepburns nächsten Film SABRINA entwerfen wolle. Givenchy, freut sich und nimmt sofort an, immerhin ist er großer Verehrer der berühmten Katherine Hepburn! Als er die Tür öffnet, um „Miss Hepburn“ einzulassen, muss er zwei Mal hinsehen: „Ich hatte mir dieses Gesicht, und dieses Haar vorgestellt, Katharine Hepburn in ihren Hosenanzügen […] Nun ja, es war eine Enttäuschung.“ Aber die dauert nur kurz an. Givenchy und Audrey wird eine lebenslange Freundschaft verbinden. Er entwirft die Kostüme, die Edith Head später schneidert!

Zerbrechlich? Von wegen!


Innerhalb kürzester Zeit steigt Audrey Hepburn soweit auf, dass sie in den 50er und 60er Jahren als führender weiblicher Hollywoodstar gilt. Dabei ist ihr fragiles, etwas schelmisches Äußeres trügerisch: Audrey ist unter Produzenten berüchtigt dafür, eisenhart ihre Filmverträge zu verhandeln. Ihre Unnachgiebigkeit in Bezug auf Gagenforderungen ist bis heute legendär!
Und sie kann es sich leisten! Alle großen Regisseure reißen sich um den neuen Megastar, dem die Welt zu Füßen liegt, und der so unschuldig und beinahe wehrlos wirkt, dass man ihm am liebsten bei der ersten Begegnung erst einmal etwas zu Essen reichen möchte. Das nutzt sie erfolgreich aus: 1964 erhält sie für MY FAIR LADY eine Gage von einer Million Dollar – vor ihr hatte nur Liz Taylor für CLEOPATRA soviel Gage eingeheimst.
Quelle: DVD "Krieg und Frieden" @ Paramount Home Entertainment

Krieg und Frieden – nicht nur im Film


Zum beruflichen Glück gesellt sich bald, so scheint es, das private. 1954 wird sie von Mel Ferrer für sein Bühnenstück „Ondine“ engagiert. Audrey erhält einen Tony Award und ihren ersten Ehemann. Zwar verbindet beide viel, Ferrer ist Brite, Schauspieler und Regisseur, gebildet und ehrgeizig, allerdings ist er nicht erfolgreich. Erst Audrey bringt ihm den Erfolg!
Nach der Heirat zieht Audrey sich kurzzeitig aus dem Filmgeschäft zurück. Nun wird klar, dass sie im Herzen nur eines will: eine Familie und ein sicheres Zuhause. Doch das ist ihr vorerst nicht vergönnt. Sie erleidet eine Fehlgeburt und kehrt zum Film zurück, diesmal mit Ferrer an ihrer Seite. Beide treten 1956 in dem Monumentalschinken KRIEG UND FRIEDEN auf, ein wenig gelungenes und etwas zerfasertes Werk, das in den Cinecitta-Studios in Rom gedreht wird.

Die Ehe wird keine glückliche. Ferrer versucht stets die Kontrolle über Audrey zu erhalten, sie zu maßregeln und zu gängeln, wogegen Audrey sich erfolgreich wehr. Dennoch hält sie an der Ehe fest, denn noch immer träumt sie von einer heilen Familie und Kindern.

Süße Träume


Dafür erfüllt sich bald ein anderer Traum: Denn seit ihrer Jugend verehrt Audrey den Tänzer Fred Astaire! Er ist ihr Idol, und die tanzbegeisterte Schauspielerin träumt heimlich davon, einmal mit ihm in einem Film aufzutreten!
Und tatsächlich flattert 1957 ein gemeinsames Rollenangebot ins Haus, was in ihr unterschiedliche Gefühle auslöst: auf der einen Seite unsagbare Freude, auf der anderen lähmende Angst. Denn das gemeinsame Musical EIN SÜßER FRATZ soll Tanzeinlagen enthalten – für Audreys Minderwertigkeitskomplexe ein Alptraum!
Quelle: DVD "Ein süßer Fratz" @ Paramount Home Entertainment
Dabei zweifelt auch der große Fred Astaire. Der ist mittlerweile über sechzig und unsicher, ob er neben der jungen Tänzerin bestehen kann. Ist er zu alt? Wird er lächerlich wirken? Kann man die Liebesgeschichte der Beiden glauben?
Doch die Chemie stimmt! Beide Stars versprühen ein solches Feuer, eine solche Spielfreude, dass man sich ihr als Zuschauer nicht entziehen kann. EIN SÜßER FRATZ wird zu einem von Audreys besten Filmen und ein grandioser Erfolg an den Kinokassen.
Audreys Traum ist wahr geworden und von diesem Erlebnis wird sie ein Leben lang zehren, genau wie ihre Fans, die noch heute von ihrem „Funny Face“ und dem wohl erinnerungswürdigsten Tanz der Filmgeschichte begeistert sind.

Hunger, Krieg und Greuel


1959 erhält Audrey ein Rollenangebot, das sie in eine tiefe Krise stürzt. GESCHICHTE EINER NONNE spielt in den von Deutschland besetzten Niederlanden und lässt ihre hässlichsten Dämonen in ihr wieder auferstehen. Am Ende überwindet sie sich und sagt zu – eine Entscheidung mit Folgen!
Die Dreharbeiten sind hart und finden zum Teil im Kongo statt. Gerade hier muss sie nach einiger Zeit bewusst hungern, als das ganze Team sich eine Magen-Darm-Erkarankung zuzieht. Dabei findet sie schließlich Kontakt zu den Einheimischen. Eine Erfahrung, die Spuren hinterlässt: Abseits des Sets erlebt sie, welch großer Hunger, welch große Not in dem Land herrschen und ist tief beeindruckt. Schon seit 1954 unterstützt sie die Arbeit der UNICEF, doch hier erlebt sie das Elend erstmals seit ihrer eigenen Kindheit wieder am eigenen Leib.
Vielleicht auch deshalb werden die abschließenden Dreharbeiten in den Niederlanden für Audrey zu einer schweren emotionalen Belastung. Doch in GESCHICHTE EINER NONNE liefert sie die wohl beste schauspielerische Leistung ihrer bisherigen Karriere ab, erhält ihre dritte Oscarnominierung und den BAFTA-Award!
Quelle: DVD "Geschichte einer Nonne" @ Warner Home Video
Privat bleibt es problematisch. Neben ihren Glanzlichtern dreht Audrey auch immer wieder einmal echte Gurken, denen oft ein gutes Drehbuch fehlt, wie etwa TROPENGLUT, in dem sie nur ihrem Mann zuliebe auftritt, oder DENEN MAN NICHT VERGIBT, in dem sie als Halbindianerin komplett fehlbesetzt ist. Bei diesen Dreharbeiten erleidet sie auch noch einen Reitunfall und als Folge dessen eine weitere Fehlgeburt.
Doch bereits ein Jahr später soll es endlich klappen: In Luzern bringt Audrey ihren ersten Sohn Sean auf die Welt. Fortan ist für sie klar, dass Mutter sein an erster Stelle steht! Spielen will sie nur noch in Projekten, die ihr am Herzen liegen!

Eines dieser Projekte ist die Figur, die bis heute das weltweite Bild von Audrey Hepburn bestimmt: 1961 betritt Holly Golightly die Leinwand.

Die passendste Fehlbesetzung der Filmgeschichte


Als Audrey das Drehbuch für die etwas anrüchige Liebeskomödie FRÜHSTÜCK BEI TIFFANY angeboten wird, hat sie zunächst Zweifel, ob die Rolle nicht ihr Image als „Sauberfrau“ beschädigen würde. Der Film erzählt, nur wenig verkleidet, von einem Call Girl, das sich in ihrer Bespaßung der Männer selbst vergisst. Erst kurz vorher ist sie aus ähnlicher Sorge kurzfristig aus einem Hitchcock-Projekt ausgestiegen, in dem sie für eine Vergewaltigunggsszene vorgesehen war – was Hitchcock ihr nie verzeihen wird.
Erste Wahl ist sie ohnehin nicht: Die Vorlage stammt von Truman Capote, für den es nur eine Holly Golightly gibt: Marilyn Monroe! Als diese absagt – Monroe will zu dieser Zeit weg von ihrem Sex-Image – bietet man die Rolle Audrey an. Capote ist entsetzt. Schließlich lässt Audrey die Vorlage entschärfen - so wird der bissige Roman zu einem weichgespülten Hollywood-Klassiker. Aber zu was für einem!
Mit FRÜHSTÜCK BEI TIFFANY erreicht Audrey ihren Zenit!
Quelle: DVD "Infam" @ 20th Century Fox
Blake Edwards‘ Streifen gilt als Kernstück des klassischen, stilvollen Hollywoods und zählt zu den bekanntesten Filmen der Welt. Die süffisante Eingangssequenz wird zu einer oft kopierten Vorlage, Bilder und Fotos der Holly Golightly sind noch heute einer der beliebtesten Wandbehänge der Welt, und Henry Mancinis Titellied „Moon River“ wird einer der meistgecoverten Evergreens der Filmgeschichte. Er selbst sagt dazu: „Moon River wurde für Audrey geschrieben. Niemand sonst hat es je so gut verstanden. Es gibt mehr als tausend Versionen davon, aber ihre ist zweifellos die beste.“
Audrey erhält ihre vierte Oscarnominierung!

Gewagt und doch nicht gewonnen!


Mit ihrem nächsten Film INFAM wagt Audrey sich an ein gewagtes Projekt, das in einer Zeit, die nicht noch bereit dafür ist, das Thema lesbische Liebe anpricht. Dabei bleibt William Wylers Werk zu zaghaft, auch wenn besonders Shirley MacLaine mit ihrer Darstellung besticht und für einen Oscar nominiert wird.

Ihren letzten großen Filmerfolg feiert Audrey 1964 mit MY FAIR LADY. Erneut wagt sie sich auf unbekanntes Terrain. Sie will alle Lieder des beliebten Musicals selbst singen und probt wie eine Besessene. Doch trotz aller Mühen entscheiden die Produzenten, alle ihre Lieder (außer einem) von Marni Nixon neu einsingen zu lassen. Als Audrey davon erfährt, ist sie bitter enttäuscht. MY FAIR LADY wird ein überragender Erfolg – wenn auch nicht für Audrey selbst. Der Film erhält zwölf Oscarnominierungen, allerdings keine für die Hauptdarstellerin. Später resümiert sie, dass es daran lag, dass sie ihre Songs nicht selbst singen durfte.
Quelle: DVD "Warte, bis es dunkel ist" @ Warner Home Entertainment

Mehr Familie als alles andere


Audrey legt eine kurze Pause ein, dreht nur zwei kleine Filme, bevor sie 1967 ihren letzten, großen Erfolg feiern darf. Obwohl ihre Ehe mittlerweile völlig zerrüttet ist, holt ihr Mann Mel Ferrer sie für den von ihm produzierten Thriller WARTE, BIS ES DUNKEL IST vor die Kamera.
Die Rolle der blinden Frau, die in ihrer Wohnung überfallen wird, bringt Audrey ihre fünfte und letzte Oscarnominierung ein. Anders als andere Schauspieler, die mithilfe von Kontaktlinsen wirklich „blind“ werden, muss Audrey die Blindheit aus sich heraus spielen, da sie die Hilfsmittel nicht verträgt.
Der Film markiert einen Wendepunkt in Hepburns Leben! Noch im selben Jahr trennt sie sich von ihrem Mann, und wird für sieben Jahre keine Filme mehr drehen. Überhaupt ist die erfolgreiche Phase ihrer Karriere nun beendet – mit mittlereile 38 Jahren wird selbst Audrey Hepburn zu alt für lohnenswerte Kinorollen.
Nur einen Monat nach der offiziellen Scheidung von Ferrer heiratet sie den italienischen Psychiater Andrea Dotti, von dem sie 1970 ihren zweiten Sohn Luca bekommt. Auch diese Ehe wird nach 13 Jahren scheitern.
Bis zu ihrem Tod dreht Hepburn nur noch fünf Filme, darunter ROBIN UND MARIAN an der Seite von Sean Connery, und dennoch bleibt sie einer der beliebtesten Stars der Welt, selbst unter Kollegen: Als sie 1986 auf der Oscarverleihung den Preis für das beste Kostüm vergeben soll, empfängt man sie - als Präsentator! - mit standing ovations!

1990 erhält sie den Cecille B. Demille Award für ihr Lebenswerk. In ihrer Ansprache macht sie, gewohnt charmant und humorvoll, deutlich, was für ein Star sie ist – ein Star, der mit jedem großen Künstler, Regisseur und Schauspieler seiner Zeit zusammengearbeitet hat.
Ihren letzten Leinwandauftritt hat sie in Steven Spielbergs Liebesdrama ALWAYS, in dem sie einen gütigen und liebevollen Engel spielt. Spielberg wusste, dass er dafür niemand besseren hätte finden können!
Quelle: DVD "Always - Der Feuerengel von Montana" @ Universal Pictures Home Entertainment

Audreys letzte große Aufgabe


Audrey, die sich schon seit den 50er Jahren, besonders aber nach ihren Erfahrungen im Kongo, für die Entwicklungshilfe stark gemacht hat, wird 1988 zur UNICEF-Sonderbotschafterin ernannt. Sie will die Welt darauf aufmerksam machen, was in den ärmsten Regionen der Welt geschieht, in denen jeden Tag Menschen verhungern. Gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Robert Wolders und dem Fotografen John Isaac bereist sie bis kurz vor ihrem Tod zahlreiche Länder, die von UNICEF unterstützt werden, und vermittelt den Medien zu Hause das Ausmaß der Tragödie. Es wird ihre letzte große Aufgabe. Vor allem ihre eigenen Kindheitserfahrungen lassen sie sichtbar mitleiden, wenn sie Dörfer voller verhungernder Kinder besucht, denen sie zu helfen versucht.
Sie will etwas von ihrem eigenen Glück zurückgeben und sammelt zwischen ihren Reisen in ganz Europa und Amerika Geld, um die vielen Hilfsprojekte zu unterstützen. Sie ist auch die erste, die eine neue Form des Fundraisings aufbringt, die direkt an ihren Ruhm gekoppelt ist: Für 60.000 Dollar versteigert die, inzwischen totkranke, Schauspielerin ein Abendessen mit sich.
In ihren letzten Lebensjahren wird dieser Versuch, die Welt zu heilen, ihr größter Lebensinhalt, den sie ohne Pause und Rücksicht auf die eigene Gesundheit weiterführt. Bis kurz vor ihrem Tod reist sie gegen jede ärztliche Warnung um die Welt und sagt: „Jedes Kind hat das Recht auf ein Leben voller Gesundheit, Hoffnung und Zärtlichkeit. Das zu gewährleisten, ist unsere Aufgabe.“

1992 wird bei ihr Darmkrebs diagnostiziert. Trotz einer Operation und einer eingeleiteten Chemotherapie verliert Audrey diesen Kampf und stirbt am 20. Januar 1993 in ihrem Haus am Genfer See.
Zwei Monate später erhält sie auf der Oscarverleihung posthum den Ehrenoscar für ihre unermüdliche humanitäre Arbeit. Den Preis nimmt ihr Sohn Sean entgegen.
Quelle: DVD "My Fair Lady" @ Paramount Home Entertainment
Mit ihrer letzten großen Rolle weckt Audrey tatsächlich viel Aufmerksamkeit und wird unzähligen Stars ein Vorbild: Heute ist das Eintreten für UNICEF oder die UNESCO im Namen der Armen, Hungernden oder Verzweifelten für viele erfolgreiche Künstler und Sportler eine Herzensangelegenheit.
Audreys berühmteste Nachfolgerin ist, neben Lady Diana, wohl Angelina Jolie, die, wie Audrey, während eines Drehs (diesmal für TOMB RAIDER in Kambodscha) die Not und die Armut am Rande des Sets sah und sich seither verpflichtet fühlt, etwas von dem zurückzugeben, was sie erhalten hat. Sie adoptierte nicht nur drei Kinder, sondern reist seit zehn Jahren um die Welt, um auf das Elend aufmerksam zu machen.
Auch sie erhält 2014 den Oscar für ihre humanitären Dienste.

Audrey Hepburn war vieles: eine brillante, hochtalentierte Schauspielerin und Entertainerin, ein Vorbild für eine neue Weiblichkeit, eine Stilikone, die bis heute nichts von ihrer Ausstrahlung verloren hat, und ein Engel der Armen, der nicht tatenlos danebenstehen konnte, wenn Menschen leiden.
Sie hat Krieg und Hunger erlebt und ihre Erfahrungen zum Maßstab ihres Handelns und einem ihrer höchsten Güter gemacht, und ihr persönliches Leid damit in einen Segen für andere verwandelt.
Ihr Sohn Sean sagt zur Karriere seiner Mutter: „Sie hat ihr Leben in drei Kapitel aufgeteilt: ihre Karriere, ihr Dasein als Mutter, und dann, als wir groß genug waren und sie hätte wieder arbeiten können, interessierte sie das Filmbusiness nicht mehr wirklich. Im letzten Teil ihres Lebens verfolgte sie ihre humanitäre Arbeit in Afrika.“
Obwohl sie nur in knapp zwei Dutzend Filmen auftrat, schaffte sie es, als einer von nur dreizehn Künstlern, ihre Karriere mit einem Oscar, einem Emmy, dem Tony Award und einem Grammy zu veredeln.

Liz Taylor findet sieben perfekte Worte, als sie vom Tode Audrey Hepburns erfährt:
"God has a most beautiful new angel”.
Quelle: DVD "Ein süßer Fratz" @ Paramount Home Entertainment

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