Filme wie INSIDE WIKILEAKS zeigen, wie schwer es ist, das
Virtuelle eines Hackerfilms, die Datenübertragungen, Datenwechsel und vor allem
die Datensprache nachvollziehbar und publikumswirksam darzustellen. Zu schnell
verfällt der Protagonist in abgehobene Fachbegriffe, die das breite Publikum nicht mehr nachvollziehen kann. Schafft einen Abstand zwischen der
Geschichte und dem Zuschauer.
Da kommt mit WHO AM I ein deutscher Genrefilm um die Ecke,
der den großen internationalen Produktionen zeigt, wie es geht! Mit diesem Film
sollte die Diskussion, ob Deutschland Genrefilme produzieren kann, lautstark verstummen. Mit OH BOY (2013, Slacker-Komödie) und STEREO (2014, Thriller) sind grade erst zwei gelungene Genrefilme vorangegangen.
Biancas Blick:
Benjamin, der Mittelpunkt von WHO AM I, ist ein Niemand. Er ist unsichtbar, wird von seiner
Umwelt nicht wahrgenommen.
Er kümmert sich um seine demente Großmutter und zieht sich
mehr und mehr in die virtuelle Welt des Internets zurück. Oder dem, was man
heutzutage gerne das „Darknet“ nennt: die im Hintergrund liegenden, nicht nur
über simple Links erreichbaren Ecken des Netzes.
Er wird in dem was er tut endlich erfolgreich. Er wird ein
Hacker.
Als er wegen eines Vergehens Sozialstunden ableisten muss,
lernt er den charismatischen Max kennen. Max träumt von großen Hackertaten und
schafft es, Benjamin in seine Gruppe zu ziehen, die aus zwei weiteren „Freaks“
besteht: Paul und Stephan. Sie nennen sich CLAY (Clowns Laughing @ You) und organisieren
gemeinsam immer größere Aktionen, die das Netz beeindrucken.
Doch in „ihrer“ Welt, im „Darknet“, gelten sie weiterhin als
harmlose Scriptkiddies. Vor allem Max will nur eines: die Anerkennung des
Superhackers MRX. Um ernstgenommen zu werden, gehen die vier Spaßhacker immer
größere Risiken ein. Und plötzlich sind ihnen nicht nur die Polizei, sondern
auch Interpol und die russische Cybermafia auf den Fersen.
© 2014 Sony Pictures Releasing GmbH |
Die Kunst der Massentauglichkeit
Die Schwierigkeit von Hackerfilmen liegt darin, das komplexe
Thema mit all seinen Verzweigungen und Auswirkungen einem breiten Publikum
nahezubringen. Und zwar, indem man der Materie treu bleibt und sie doch so
umsetzt, dass ein Nicht-Computerfreak den Handlungssträngen folgen kann.
Das schafft der Film scheinbar mühelos, vor allem, weil er komplexen Begriffen leichte Erklärungen und nachvollziehbare Beispiele folgen
lässt. So kommen in dem Film Social Engineering, früher hieß das noch
Trickbetrügerei, mit dem Ziel, an Daten und Vorteile zu gelangen, hier
ebenso zum Einsatz wie Phishing, Trojaner und IP-Transmitter. Der Plot bleibt
dabei stets nachvollziehbar, selbst ohne tiefe Computer-Kenntnisse, und ist so
spannend inszeniert, dass man atemlos im Kinosessel sitzt und dem Geschehen auf
der Kinoleinwand nägelkauend folgt.
Wie jeder gute Hackerfilm geht es auch in WHO AM I um
Datenklau und –übertragungen. Als Zuschauer fragt man sich immer wieder, ob auch
die vermeintlich sichersten Datenbanken wirklich so leicht zu hacken sind.
Sicherlich ist das eine oder andere aus dramaturgischen Gründen überzogen oder
stark vereinfacht, aber was zurückbleibt ist die Wahrheit, dass am Ende kein System
sicher ist!
Geschickte Schachzüge
Was den Film greifbar macht, ist, dass er sich nicht um
große Firmen oder Sicherheitsdienste kümmert oder sich mit globalen
Auswirkungen von Datenklau und –handel überhebt. Stattdessen bleibt er stets
bei seinen vier Hauptfiguren und ihren Belangen (mit Hannah Herzsprung sind es eigentlich
fünf Figuren, allerdings bleibt ihre Figur zu blass und dient Benjamin nur als
Motivation). WHO AM I charakterisiert die Figuren bis zum Schluss und das macht
der Film konsequent, wenngleich manch ernsthafte Konsequenz dabei flöten geht
oder weniger Beachtung findet.
Regisseur und Co-Autor Baran bo Odar mit Tom Schilling am Set von WHO AM I. © 2014 Sony Pictures Releasing GmbH |
Maskierte kommen und gehen, nehmen sich wahr, oder eben
nicht. In grauen, düsteren Bildern wird der Datenhandel vermenschlicht und
konkretisiert. So bleiben auch diese Handlungsstränge für den Zuschauer
spannend und er wird nicht mit inhaltsschweren Infos zugeballert und schaltet
ab, weil all das zu abstrakt erscheint.
Die Filmkombo
Baran bo Odar legt mit diesem Film gerade mal seinen zweiten
vor und hat mit Jantje Friese auch das Drehbuch geschrieben.
Internetkriminalität wird zum publikumstauglichen Cyber-Krimi.
Bereits mit seinem Erstling DAS LETZTE SCHWEIGEN kreiert
Odar einen düsteren Thriller, der sich mit Verdrängung und dem Milieu, in dem
sich ein grausames Verbrechen abspielt, auseinandersetzt. Die Hauptrolle spielt
damals Wotan Wilke Möhring, der in WHO AM I als Stephan eine herausragende
Performance liefert.
Möhring zeigt erneut, wie genial seine Schauspielkunst ist und dass er einfach alles zu spielen in der Lage ist. In WHO AM I ist das der durchgeknallte Adrenalinjunkie, der eher einfach gestrickt ist, aber an dem Großen teilhaben möchte. Er ist der Superprogrammierer, was vor allem erwähnt und nur blitzlichtartig gezeigt wird. Odar gibt ihm genau so viel Raum, dass Möhring diesen füllen und seiner Figur die notwendigen Konturen verleihen kann.
Möhring zeigt erneut, wie genial seine Schauspielkunst ist und dass er einfach alles zu spielen in der Lage ist. In WHO AM I ist das der durchgeknallte Adrenalinjunkie, der eher einfach gestrickt ist, aber an dem Großen teilhaben möchte. Er ist der Superprogrammierer, was vor allem erwähnt und nur blitzlichtartig gezeigt wird. Odar gibt ihm genau so viel Raum, dass Möhring diesen füllen und seiner Figur die notwendigen Konturen verleihen kann.
Den schüchternen Benjamin spielt Tom Schilling, der nach OH
BOY und UNSERE MÜTTER, UNSERE VÄTER nicht nur national endlich in der ersten
Liga angekommen ist. Schilling, der in seiner ersten großen Kinorolle in CRAZY
noch den „Bösen“ spielen durfte, und damals schon sein enormes Talent bewies,
schafft es wie kein Zweiter, den Verlierer zu geben.
Auch in WHO AM I kann er aber wieder zeigen, wie
wandlungsfähig er ist, und welche Stärken auch Loser haben können.
© 2014 Sony Pictures Releasing GmbH |
Trine Dyrholm spielt Hanne Lindberg, Kommissarin und
Leiterin der Einheit zur Beseitigung der Cyberspace-Kriminalität. Sie ist
besonders in ihrer Heimat Dänemark ein Star. Für uns bekannte Werke sind DIE
KÖNIGIN UND IHR LEIBARZT, IN EINER BESSEREN WELT und Fatih Akins aktueller Film
THE CUT. Sie schafft es, ihrer Figur mit wenigen Strichen und sparsamster Mimik
Tiefe und Konturen zu verleihen. Ihre Handlungsmotivation ist glaubwürdig und
nachvollziehbar.
Und dann wäre da noch Elyas M’Barek, der aktuell wohl den
größten Lauf aller Darsteller hat. Nachdem er 2013 im erfolgreichsten Film des
Jahres, FACK JU GÖTHE, die Hauptrolle spielen durfte, ist der 32jährige
Münchner der mit MÄDCHEN MÄDCHEN! (Schon damals an der Seite von Caroline
Herfurth) sein Debüt ablieferte und mit TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER seinen Druchbruch
feierte, aktuell auf dem Höhepunkt seines Erfolgs. Zuletzt durfte er mit
CHRONIKEN DER UNTERWELT und DER MEDICUS sogar international die Teenies begeistern.
Seine Figur des Max ist mit Sicherheit die auffälligste des
Films. Der extrovertierte, charismatische Experte für „Social Engineering“ darf
laut und schrill, mit vielen Gesten und großem Ego spielen.
M’Bareks eigene Ausstrahlung ist dabei wohl der Hauptgrund
dafür, dass man die Figur trotz allen Overactings und ihrer Over-the-top Attitüde
irgendwie sympathisch findet.
© 2014 Sony Pictures Releasing GmbH |
Nicht zuletzt deshalb sollte jeder den Film im Kino sehen –
den Produzenten und Geldgebern ein Zeichen setzen, dass gutes deutsches
Genrekino ein Publikum findet, dass es sich auch finanziell lohnt, und dass
Deutschland es kann!
Marcos Blick:
Schatz, wir müssen reden ...
Filme und Computer haben eine derart komplexe Beziehung,
dass sie es in wenigstens 30 Jahren nicht geschafft haben, auch nur einen
einzigen friedlichen Abend gemeinsam auf dem Sofa zu verbringen. Ihre
Vorstellungen eines spaßigen Zeitvertreibs sind einfach zu unterschiedlich!
Während Filme es laut, bunt und optisch anregend lieben, mögen
Computer weiße Zeichenzeilen auf schwarzem Grund, eine 0 hier, eine 1 dort, und
dazwischen ein bisschen Rechenzeit, in der mal gar nichts auf dem Monitor
passiert.
Schon in der Frühzeit der digitalen Technik beweist TRON,
dass man das Grundthema Computer zwar unterhaltsam in einen Fantasyfilm
übertragen kann, dass dann aber eben nichts besonders realistisches von dem
Grundthema übrigbleibt.
Im Grunde ist das nichts anderes als die Beziehung des
Weltraums zum Film: Es gibt bis heute, hundert Jahre nach George Mélliès' DIE REISE
ZUM MOND keinen einzigen, nicht mal einen einzigen, Film, der den Weltraum und
das Reisen im Weltraum auch nur annähernd realistisch oder umsetzbar beschreibt.
Nun ist die Fortbewegung im Weltall allerdings etwas, das
die meisten Menschen, die nicht nebenher als Raketenwissenschaftler arbeiten,
ohnehin nur aus Filmen kennen.
Computer allerdings haben sich seit TRON zum
Alltagsgegenstand entwickelt. So gut wie jeder Mensch, der in einer Industrienation
sein Leben fristet, hat mehr oder weniger täglich mit Computern zu tun.
Missverhältnisse zwischen der real erfahrenen Technik und der fantastischen
Nutzung im Film fallen somit deutlich schneller und stärker ins Gewicht als
etwa bei Weltraumreisen.
Und am achten Tag schuf Hollywood den Cyberspace
Wie aber verlief die „Evolution der Computerfilme“?
Wie bereits angesprochen beginnt alles mit TRON, in dem die
Welt der Computer zur Fantasywelt religiöser Programme wird, die zwischen Bits
und Bytes, auf Chips und Datenleitungen leben. Also in etwa so realistisch wie Star
Wars. Nur weniger glaubwürdig.
Obwohl „Hacking“ bereits in den Achtzigern entsteht, wird es
filmisch noch größtenteils ausgeklammert. Allein WAR GAMES nimmt sich des
Themas an und wird sofort zum Klassiker. Die Hacking- und Computerszene ist zwar klein, aber stolz, und genießt ihr filmisches Denkmal ebenso, wie die
sizilianische Unterwelt einst DER PATE genoss: mit erhobenem Kinn und als klares
Vorbild.
Auch wenn WAR GAMES sich deutlich bemüht, realistischer zu sein
als TRON, leidet es unter dem Grundproblem der Beziehung Computer-Film: Die Nutzung
von Computern ist visuell extrem unspannend. In den Achtzigern, als DOS das
vorherrschende Betriebssystem ist und jeder Verzeichniswechsel noch per Hand
eingegeben werden muss, um so mehr.
Die „Visualisierung des Unvisuellen“ bildet bis heute das
Kernproblem der Computerfilme und WAR GAMES ist da keine Ausnahme.
Schleichender Rasen
1992 ist in zweierlei Hinsicht ein erlösendes Jahr, um
dieses Problem anzugehen!
Zum einen erscheint mit SNEAKERS ein Film, der den Umstand
ausnutzt, dass zum „Hacken“ eben noch mehr gehört als stumpf vor einem
Bildschirm herumzusitzen. Auch Hacker müssen den Computerraum dann und wann
verlassen und in der „realen“ Welt außerhalb des „Cyberspaces“ ihren
Verpflichtungen und Problemen nachgehen. Hinter den virtuellen Knotenpunkten
der Telefonleitungen stehen auf beiden Seiten halt immer noch reale Menschen.
SNEAKERS bastelt aus der Hacker-Thematik einen spannenden
Thriller, dessen Wurzeln und Methoden er aus dem bewährten Spionagethriller
nimmt. Damit zeigt der Film Sachverstand – denn das reale, das echte „Hacking“
ist eben eine subversive Mischung aus Technikliebe, Anarchospaß und
Spionagepotential.
© 2014 Sony Pictures Releasing GmbH |
Endlich scheint William Gibsons Cyberspace in erreichbare
Nähe zu rücken. Wenn das Computernetz („Internet“ war damals noch kein
großflächig brauchbarer Begriff) bald nur noch durch Virtual-Reality-Brillen
und Steuerhandschuhe genutzt werden wird, könne man es endlich visualisieren,
so der Traum Hollywoods.
Doch die Geschichtsbücher wissen, dass es einen anderen Weg geben
wird. Auch wenn aktuell mit Occulus Rift und anderen Projekten der Virtual
Reality wieder viel Geld und Aufmerksamkeit gewidmet wird, bleibt es eine
Randerscheinung und die Computernutzung filmisch spannend unvisualisierbar.
Selbst als Windows sich Anfang der Neunziger durchzusetzen
beginnt, kommt der Film ins Schwimmen. Zwar kann er endlich das, was auf den
Monitoren sichtbar ist, wenigstens halbwegs realistisch darstellen (Es bleibt
zu vermuten, dass Microsoft sich für Windows ohnehin an den frühen Computerfilmen
orientierte, die eine optische Verzeichnisdarstellung erfinden mussten), aber
die Nutzung einer Maus ist, filmisch gesehen, eher unsexy.
Also hacken Filmfiguren bis heute auf ihre Tastatur ein, um
Fenster zu öffnen, zu schließen oder Ausschnitte zu vergrößern.
There is no right and wrong. There is only fun and boring!
Unfähig, das Problem in den Griff zu bekommen,
experimentiert Hollywood fleißig weiter, wie es die neue, spannende Entwicklung
des Informationszeitalters möglichst sinnvoll und unterhaltsam inszenieren
kann.
Mit DAS NETZ wendet man sich 1995 dem frühen Internet zu und
der Tatsache, dass Informationen plötzlich nicht mehr hinter der „Sicherheit“
einer Telefonnummer, sondern (vermeintlich) offen zugänglich auf der digitalen
Straße zu liegen scheinen.
Das Ganze wird am Ende so unglaubwürdig und sinnlos paranoisch,
dass der Film schnell in Vergessenheit gerät. (Noch heute finden sich Spuren
davon im Fernsehen: Wann immer ein fauler Autor seine Figuren mit einer kurzen
Google- oder Bing-Suche (Je nach Sponsor) auch die intimsten Details einer
anderen Figur finden lässt, bewegt er sich im Schatten von DAS NETZ, wo man aus
dem einfachen Internet heraus ganze Personen aus dem System löschen konnte!)
Mit HACKERS widmet man sich im selben Jahr eher dem
Lebensgefühl der neuen Generation von Digital Natives: Was den Rockabillys
der Sechziger ihre Autorennen, sind den Netzjunkies der Neunziger ihre Hacks. Untermalt
mit topmoderner Technomusik trifft HACKERS tatsächlich den Nerv, sprich: das
Lebensgefühl und das Selbstbild der Hacker, bleibt aber in der Visualisierung
weiter schwachbrüstig.
© 2014 Sony Pictures Releasing GmbH |
Die Leiden des jungen Koch
Ausgerechnet aus Deutschland kommt 1998 ein ganz anderer
Ansatz: mit 23 – NICHTS IST WIE ES SCHEINT bedient sich Hans Christian Schmid
der realen Geschichte des deutschen Hackers Karl Koch, um aus der
Hacker-Thematik ein intensives Psychogramm und ein zutiefst individuelles Drama
zu entwickeln. Ähnlich wie SNEAKERS konzentriert er sich hier auf das reale,
das äußerliche Leben eines Hackers. Das bringt den Vorteil mit sich, das Hacken
nicht visualisieren zu müssen, sorgt bei einigen Fans aber auch für
Ernüchterung. Obwohl 23 – NICHTS IST WIE ES SCHEINT einer der substantiell
dichtesten Hackerfilme überhaupt ist, klammert er das Hacking selbst dermaßen
aus, dass er kaum als Hackerfilm wahrgenommen wird oder in Erinnerung bleibt.
Das virtuelle Ende
Das immer wieder mal aufgenommene Thema der Virtual Reality
findet 1999 sein Ende – schlicht dadurch, dass es filmisch zum unübertreffbaren
Höhepunkt getrieben wird. Während David Cronenberg das Thema mit ExISTENZ noch
eher metaphorisch angeht, entwickelt THE MATRIX eine kühl berechnete virtuelle
Welt, und kreiert aus Neo den ultimativen Hacker: Er wird zum Gott, oder
wenigstens zum Superhelden seiner virtuellen Welt.
Weiter und besser als mit THE MATRIX kann man filmisch in der Virtual Reality keine Hackergeschichten mehr erzählen, also kommt kaum noch was
nach. Der Psychoschocker THE CELL gewinnt dem ganzen 2000 noch eine letzte
kurze Facette ab, dann versinkt das Genre, mehr oder weniger, in der
Versenkung.
Alltag mit frischem Wind
In den 2000ern schließlich findet die Experimentierfreude
ein Ende. Die tatsächliche technische Entwicklung mit ihren visuellen
Betriebssystemen hat der Filmwelt genügend an die Hand gegeben, die Monitore halbwegs
glaubhaft zu füllen, das Publikum hat sich an die Tastatursteuerung mausgestützter
Prozesse im Film gewöhnt, und die Herangehensweise des Klassikers SNEAKERS hat
sich als die sinnvollste erwiesen: Hackerfilme werden zum Subgenre des
Spionagefilms, die Hacks selbst möglichst minimal und dann mit den real
vorhandenen Mitteln visualisiert, und fertig ist die Bude: Hacker werden fortan
stark augenberingte Energydrinkjunkies, die vor russischen oder anderen
Gangstern davonlaufen und irgendwo auf dem Weg vom technisch unbeleckten
Standardhelden gerettet werden, wenn sie ihre Fähigkeiten nicht dazu nutzen,
die technisch unbeleckten Russengangster selbst mit kreativen Tricks
auszuschalten.
Das Ganze wird seit einigen Jahren, so auch im bald
erscheinenden Thriller BLACKHAT, angereichert durch möglichst globale Ängste
vor der Zerbrechlichkeit der Wirtschaft. (Hier sieht man deutlich, dass die
Wirtschaftskrise vermutlich das größte amerikanische Trauma seit dem
Vietnamkrieg ist – keinem anderen Thema wurde seither soviel Aufmerksamkeit und
Bösewichtigkeit geschenkt!)
Und nun kommt, ausgerechnet aus Deutschland, ein Film, der
nach über dreißig Jahren tatsächlich nochmal frischen Wind in die Sache bringt!
WHO AM I ist ein erfrischend smarter Hackerfilm, dem eine
gesunde Melange der Genre-Highlights gelingt: Er inszeniert den „realen“ Aspekt
des Hackens wenigstens so gut wie SNEAKERS: dass man auch als Hacker an Zettel,
Server und andere Informationen außerhalb des Netzes kommen muss. Er zeigt die
potentiell gefährlichen Informationszugänge im Netz realistischer als DAS NETZ.
Er fängt das Lebensgefühl und die Wettkampfmentalität der Hacker glaubwürdiger
ein als HACKERS. (Der Film zitiert tatsächlich immer wieder voller Liebe und Verbeugungen - etwa wenn neben Benjamins Bett ein Teil der berühmten "ILLUMINATUS!" Trilogie liegt, womit der Film sich tief vor 23 - NICHTS IST SO WIE ES SCHEINT verneigt!)
Aber vor allem: WHO AM I ist vermutlich der erste Film überhaupt, dem eine wenigstens sinnvolle(!) Visualisierung des Internets gelingt. Und das durch einen simplen Kniff, der, wie alle guten Tricks, erst dann simpel wirkt, wenn er überhaupt mal jemandem einfällt!
Aber vor allem: WHO AM I ist vermutlich der erste Film überhaupt, dem eine wenigstens sinnvolle(!) Visualisierung des Internets gelingt. Und das durch einen simplen Kniff, der, wie alle guten Tricks, erst dann simpel wirkt, wenn er überhaupt mal jemandem einfällt!
© 2014 Sony Pictures Releasing GmbH |
WHO AM I macht gar kein Geheimnis daraus, dass der reine
Vorgang des Hackens visuell unspannend und viel zu dröge für einen Film ist. Er
nutzt diese vermeintliche Schwäche als seine größte Stärke. Während die
Figuren, sinnvoll und glaubwürdig, vor diversen Programmfenstern mit Objectcodes und
Informationszeilen sitzen, kreiert der Film für die Zuschauer den düsteren,
etwas schummerigen U-Bahnzug, in dem sich maskierte, anonyme User unterhalten.
Unterstrichen wird das durch die Einblendung diverser Chatzeilen.
Das Ganze funktioniert so gut, und scheint so auf der Hand
zu liegen, dass man sich ernsthaft fragt, weshalb noch niemand vorher auf die
Idee gekommen ist.
Dass ausgerechnet das ach so spröde Deutschland, das mit
Genrefilmen seit jeher Schwierigkeiten hat, einen Film abliefert, der in den
meisten Belangen der Hollywoodkonkurrenz ebenbürtig und ihr in einigen Punkten sogar überlegen ist, zeigt wieder nur, dass man sich nicht auf vermeintlich
feststehenden Regeln ausruhen sollte.
WHO AM I ist nicht der perfekte Film. Weiterhin bleibt das
Grundproblem, Computer und Hacking wirklich realistisch im Film abzubilden.
Auch WHO AM I nutzt hier und da eine Abkürzung und Vereinfachung. Aber: Wer die
Realität will, soll den Abend vor seinem MS-DOS Eingabefenster verbringen und
nicht im Kino!
WHO AM I kann sich auf die Fahne schreiben, ein nahezu
perfekter Hackerfilm zu sein. Auf jeden Fall ist er einer der besten der Welt. Und ist das nicht das Ziel der echten Hacker?
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