Christopher Nolan greift nach den Sternen!
Mit INTERSTELLAR hievt der englische Regisseur seinen bisher dicksten Brocken auf die Leinwand. Dafür fehlt ihm ein wenig die Finesse, das Werk auch an allen Stellen ordentlich durchzugaren.
INTERSTELLAR ist vieles, will aber noch mehr sein – und stolpert ein bisschen über den fehlenden Mut des Filmemachers.
Mit INTERSTELLAR hievt der englische Regisseur seinen bisher dicksten Brocken auf die Leinwand. Dafür fehlt ihm ein wenig die Finesse, das Werk auch an allen Stellen ordentlich durchzugaren.
INTERSTELLAR ist vieles, will aber noch mehr sein – und stolpert ein bisschen über den fehlenden Mut des Filmemachers.
- Spoilerwarnung -
Auch wenn INTERSTELLAR nicht von überraschenden Wendungen lebt, und wir bemüht sind, keine Details vorwegzunehmen, sprechen wir hier und dort einige Kritikpunkte an, die man unter Umständen lieber erst im Kino erleben will. Daher unsere Warnung:
Dieser Bericht enthält Hinweise zur Handlung
Marcos Blick:
Christopher Nolan gilt zu Recht als Kultregisseur! Wer sich
nach nur acht Filmen mit dem Vorwurf auseinandersetzen muss, dass sein
enttäuschendster Film immer noch einer der besten Superheldenfilme überhaupt
ist, darf sich was trauen.
Genau das tut Nolan nun, zwei Jahre nach seinem von vielen
Seiten etwas geschmähten THE DARK KNIGHT RISES.
Die Liebe des Publikums
Dabei muss vorweggestellt werden, dass THE DARK KNIGHT RISES
kein schlechter Film ist. Dass viele Zuschauer den Film etwas abwatschen, liegt
viel eher daran, dass Nolan mit Klassikern wie MEMENTO, INCEPTION und dem alles
überragenden THE DARK KNIGHT gezeigt hat, zu was er in der Lage ist! Mit THE
DARK KNIGHT RISES bleibt Nolan sichtlich unter seinen Fähigkeiten. Das nehmen ihm einige Besucher des
Films übel!
Nun wagt Nolan sich wieder mit einem Originalstoff ins Kino.
Noch dazu einem, den er, wie schon MEMENTO, aus dem Geist seines Bruders Jonathan
Nolan gezogen hat.
Jonathan will den Stoff ursprünglich für Steven Spielberg
erstellen. Dass daraus nichts wird, ist erst einmal löblich, doch haftet
INTERSTELLAR noch immer ein dicker Haufen Spielbergscher Erklärwut an – doch
dazu später.
Zunächst einmal: INTERSTELLAR ist vermutlich der am meisten
erwartete Film des Jahres, in dem keine Hobbits auftreten. Diesem Hype wird
der Film gerecht. Was nicht bedeutet, dass er nicht trotzdem an einigen Stellen entäuschen kann.
Zusatzgebühr wegen Überladung
Wer jemals eines der Bilder von indischen Eisenbahnen
gesehen hat, auf denen die Fahrgäste auf dem Dach sitzen und sich von außen an
die Fensterrahmen klammern, hat eine ziemlich gute Vorstellung davon, was ihn in INTERSTELLAR erwartet.
Die Nolans scheuen sich nicht, in ihrem fast dreistündigen
Sternenepos die großen Themen der Menschheit anzupacken. Und damit meinen wir alle großen Themen der Menschheit! Ein
kleiner Ausschnitt:
Umweltschutz, Gesellschaftskritik, Familiendrama, die Unbewohnbarkeit der Erde für den Menschen, Relativitätstheorie, Quantenphysik, Zeitreisen,
Wurmlöcher, individuelle Lebensplanung vs. gesellschaftliche Lebensplanung,
Ursprung der Emotionen, interplanetare Reisen, interstellare
Reisen, künstliche Intelligenz, Definition der Menschlichkeit, Lyrik, fünfdimensionale Wesen, echter
und falscher Heldenstatus und, und, und.
Aus jedem einzelnen dieser Themen kreieren andere
Filmemacher ein eigenständiges Werk.
© 2014 Warner Bros. Entertainment INC. and Paramount Pictures Corporation |
Zwar zu dem Preis, dass man sich nach dem Abspann zunächst
etwas übersättigt aus dem Saal schleppt, aber dafür hält das Menü eine Weile vor. (Und im Gegensatz zu den meisten anderen Filmen bekommt man was für sein Geld!)
Zwischen den Welten
Den vermutlich größten Makel trägt INTERSTELLAR dadurch davon,
dass Nolan allmählich eines seiner Markenzeichen mehr und mehr sichtbar macht:
Die vollkommen hemmungslose Mischung aus Arthouse und Fantasy. Schon in THE
PRESTIGE beweist Nolan, dass er ohne Scham in einen realitätsnahen Zaubererfilm
echte Fantasy einfließen lassen kann. Und das mag man ihm auch nicht
vorwerfen, weil diese Mischung immerhin seinen Erfolg ausmacht. Nolan verpackt mit sicherer Hand tiefe
Themen und Fragen in poppigen, knalligen Geschichten.
In MEMENTO verkleidet er die Frage, wie Erinnerungen unsere
Identität und Realität prägen in einen kurzweiligen Thriller. In THE DARK
KNIGHT handelt er die Frage danach, ob die menschliche Natur gut oder böse ist, in einem poppigen Comicfilm ab. Und in INCEPTION überdreht er die Problematik
der Privatssphäre und des Datendiebstahls in einem gut verkleideten
Science-Fiction Film.
Christopher Nolan, das wird klar, schert sich nicht darum,
ob seine Filme realistisch sind. Sie sollen unterhaltsam sein und zum
Nachdenken anregen. Das ist sein großes Talent. Und vielleicht ist sein Remake von INSOMANIA auch deshalb einer seiner schwächsten Filme, weil er kein fantastisches Element enthält.
In INTERSTELLAR krankt er viel eher daran, dass er genau die
Kaltschnäuzigkeit verliert, mit der er seine sonst ungehemmt unrealistischen
Filme erzählt, weil er INTERSTELLAR unbedingt mit einer Fassade der
Glaubwürdigkeit übertünchen will. Es ist eines der Elemente, die im Film nicht
funktionieren wollen und können, und die das Erlebnis damit trüben.
So holt Nolan in großem Maß den Rat des amerikanischen
Astrophysikers Kip Thorne ein. Thorne ist Experte auf dem physiktheoretischen
Feld der Gravitation und relativistischen Astrophysik – also exakt der Themen,
um die es in INTERSTELLAR geht.
Thornes Mitarbeit führt zu großzügigen Ausführungen
innerhalb des Films über Schwarze Löcher, Raumzeit, relative Zeitverläufe und
anderes hirnverschwurbelndes Zeug, mit dem sich Astrophysiker zwischen den Mittagspausen so herumschlagen. Dabei
gelingt es Nolan, die tatsächlich komplexen Sachverhalte korrekt darzustellen
und zwar so, dass sie gerade noch am Rande der allgemeinen Verständlichkeit liegen.
Selbst ohne Physikstudium sollte man den Theorien also folgen können.
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Es sind solche Ungereimtheiten, die dem Film einiges von
seiner Kraft nehmen. Nicht, weil Nolan sich künstlerische Freiheiten nimmt und freimütig
in der Science Fiction wildert – diese Exzesse werden im Verlauf des Films noch
deutlich großzügiger und sind ohnehin sein Markenzeichen, welches man ihm mit
Freude verzeiht. Sondern weil der Film sich soviel Zeit und Raum nimmt, die
Physik zu erklären und sich als physikalisch korrekt vorzustellen – nur um eine
Minute später alles über den Haufen zu werfen und sein eigenes Ding zu machen.
Das Ergebnis ist eine schwerverdauliche Mischung aus der
Realitätsfreude eines 2001 – ODYSSEE IM WELTRAUM, des Pseudo-Technobabbels aus
STAR TREK und der auf reine Unterhaltung ausgerichteten Physik aus STAR WARS.
So changiert INTERSTELLAR etwas unausgegoren zwischen „Hard
Sci-Fi“, die sich um physikalische Korrektheit und tiefe Menschheitsthemen
bemüht (an vielen Stellen erinnert INTERSTELLAR an Robert Charles Wilsons
Romane, besonders die THE SPIN-Trilogie) und einer „Space-Opera“ die sich nicht
die Bohne um Physik schert und bei der wilde Lasergefechte und abenteuerliche
Rettungen in letzter Sekunde den Ton angeben.
Gut, dass wir drüber gesprochen haben
Ebenso unausgewogen wirkt der Raum, den Nolan seinen Themen
gibt. Wie für Nolan üblich (und spätestens seit INCEPTION offenkundig) lässt er
sich viel Zeit, seine Geschichte einzuführen: Fast eine Stunde dauert es, die
Figuren vorzustellen (die leider ein wenig klischeehaft geworden sind –
natürlich ist Cooper „der beste Pilot der Welt und muss die Mission fliegen!“) und die Welt zu erklären, die kurz vor
dem Kollaps steht, für die Menschen unbewohnbar zu werden.
Auch hier gilt die Kritik nicht der langen Exposition – die unterhaltsam
ist, die Figuren gut einführt, und glaubhaft vermittelt, weshalb die Menschen
auf der Erde (zumindest in Amerika) keine Zukunft haben.
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Problematisch wird es, weil er viele andere, durchaus
interessante Themen im Verlauf des Films so schnell abhandelt, dass man kaum
mitkommt. Wer sich eine Stunde Zeit nimmt, die Gefahr von Mehltau und Staubwolken
zu erklären, und anschließend innerhalb eines drei Minuten Monologs die Frage
durchnudelt, ob das Gefühl der „Liebe“ eine womöglich raumzeitlich-evolutionäre
Schutz- oder Warnfunktion erfüllt, muss sich den Vorwurf der Unausgewogenheit
gefallen lassen.
Natürlich zwingt Nolan die Zuschauer mit dieser Methode zum
Nachdenken. Wer mag, darf sich im Rest des Films selber ausmalen, ob die „Liebe“
nun ein derartige Funktion besitzt oder nicht. Auch das sorgt dafür, dass der
Film wiegt und den Zuschauer fordert. Auch das ein Markenzeichen Nolans, für das
ihn viele Fans verehren: Ein Regisseur, der seinen Zuschauern zumutet,
mitdenken zu müssen!
Doch am Ende kneift Nolan leider vor dem letzten Schritt!
Der eine Moment, an dem sich entscheidet, ob INTERSTELLAR
"nur" ein guter Unterhaltungsfilm über interessante Themen der Menschheit wird, oder
aber ein großer Beitrag zu den interessanten Themen der Menschheit , ist der
Schluss. Hier muss Nolan wählen, seine Zuschauer alleine zu lassen,
damit sie sich ihr eigenes Bild zaubern können, oder ihnen eine Erklärung zu liefern.
Leider, möchte man fast sagen, entscheidet sich INTERSTELLAR
hier, weniger 2001: ODYSSEE IM WELTALL zu sein und mehr – Steven Spielberg. Auf
den letzten Metern bleibt Nolan weiter inkonsistent und mutiert zum
Erklärbär! Noch die letzte offene Frage, über die man nach dem Kinobesuch
trefflich hätte philosophieren und rätseln können, wird erklärt und beantwortet, die
Geschichte zu einem vollständigen, in keinem Punkt offenen Ende geführt und
dermaßen blitzeblank abgeschlossen, dass man ob der mutigen Geschwindigkeit, mit
der Nolan die zweieinhalb Stunden vorher durch die schweren Themen rast, beinahe enttäuscht ist. Statt sich die
Zuschauer eine eigene Meinung bilden zu lassen, bekommt man hier auch noch die
letzte Antwort vorgekaut.
Das ist um so bedauerlicher, wenn man bedenkt, wie großartig
ambivalent Nolan etwa sein Ende zu INCEPTION konzipiert hat und dass selbst
ein Film wie GRAVITY
es schafft, das Ende für den Zuschauer mehrdeutig zu halten.
Das Zentrum des Universums
Was INTERSTELLAR am Ende weit über den
Durchschnitt hebt, sind zwei Aspekte: Zum einen die Darsteller, die trotz der durchaus
klischeehaften Figuren (Denn natürlich können nur der beste Pilot der Welt und
die beste Physikerin der Welt die Erde retten!) diese jederzeit glaubwürdig und
sehenswert darstellen.
Zum anderen die Entscheidung, die gesamte universale Geschichte von Raumzeit und Rettung der Menschheit auf eine simple und liebevolle Vater-Tochter Geschichte runterzubrechen.
Hier liegt das Herz von INTERSTELLAR – denn die Beziehung
zwischen Cooper und seiner Tochter Murph ist so gut, liebevoll und unkitschig
inszeniert (und von den Schauspielern gespielt), und dient der überbordenden Geschichte immer wieder als glaubhafter
Anker und Orientierungspunkt, dass man sich gerne darauf einlässt, dem Film zu
folgen. INTERSTELLAR umgeht den Fehler, eine simple Heldengeschichte zu
erzählen und spinnt stattdessen einen interstellaren Konflikt um eine kleine
Familie.
Zum anderen die Entscheidung, die gesamte universale Geschichte von Raumzeit und Rettung der Menschheit auf eine simple und liebevolle Vater-Tochter Geschichte runterzubrechen.
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Dabei gelingt es INTERSTELLAR, die epochale Bandbreite der
Geschichte glaubwürdig zu vermitteln! Man spürt die Dringlichkeit, man spürt
das Ende einer 100.000 Jahre währenden Entwicklungsgeschichte des Menschen, das
Galaxien umspannende Spielfeld und die Jahrzehnte der Weiterentwicklung.
INTERSTELLAR atmet seine Größe und Breite, seine Bedeutung aus jeder Pore und
wird zum ersten wirklich epischen Film seit den epochalen Klassikern der
Fünfziger und Sechziger, denen man die Globalität und Dauer der Erzählung
abnimmt.
Allerdings ist auch hier nicht alles ideal. Einige Figuren und (auch
längere) Handlungsabschnitte wirken überflüssig oder sind, bei näherer
Betrachtung, für die Geschichte schlicht unnötig. Man fragt sich, ob der
Film nicht profitiert hätte, wenn man ihn hier um zwanzig oder dreißig Minuten
gestrafft hätte.
Coole, Spröde, Roboter, Kinderstars
Mit seinem Cast beweist Nolan ein besonderes Händchen. Auch
wenn er um einige Stammspieler, allen voran Michael Caine, nicht herumkommt, füllt
etwa Matthew McConaughey seine Rolle nahezu perfekt aus – die Mischung aus
coolem Piloten und fürsorglichem Vater passt perfekt, und McConaughey, der das Dreistundenepos
zu 90% trägt, spielt die coolen Szenen ebenso glaubwürdig wie die zu Herzen
gehenden Familienmomente. Man glaubt Nolan, wenn er erzählt, sich beim
ersten Treffen mit McConaughey drei Stunden lang über alles mögliche unterhalten zu haben, nur
nicht über den Film.
Klar empfehlen tut sich in INTERSTELLAR vor allem die während der Dreharbeiten erst zwölfjährige Mackenzie Foy. Die Jungschauspielerin, die ihr Kinodebüt als Renesmee, die Tochter von Bella und Edward in den TWILIGHT-Filmen ablieferte (die es damit auch auf diesen Blog geschafft haben! Gratulation!) und zuletzt in THE CONJURING zu sehen war, spielt Coopers störrisch-begabte Tochter grandios und kann sich deutlich mit Matthew McConaughey messen. Vor allem stimmt die Chemie zwischen den beiden, so dass man die Beudeutung ihrer Beziehung nie in Frage stellt.
Klar empfehlen tut sich in INTERSTELLAR vor allem die während der Dreharbeiten erst zwölfjährige Mackenzie Foy. Die Jungschauspielerin, die ihr Kinodebüt als Renesmee, die Tochter von Bella und Edward in den TWILIGHT-Filmen ablieferte (die es damit auch auf diesen Blog geschafft haben! Gratulation!) und zuletzt in THE CONJURING zu sehen war, spielt Coopers störrisch-begabte Tochter grandios und kann sich deutlich mit Matthew McConaughey messen. Vor allem stimmt die Chemie zwischen den beiden, so dass man die Beudeutung ihrer Beziehung nie in Frage stellt.
Als Comic-Relief und heimlicher Star des Films entpuppt sich
der KI-Roboter TARS, der äußerlich angenehm unprätentiös wirkt. Man merkt dem
Design an, dass es eher auf Praktikabilität als auf optische Finesse ausgelegt
ist. Man darf davon ausgehen, dass TARS in kürzester Zeit den Weg in den Kanon
populärer Roboterfiguren der Popkultur findet, dass TARS-T-Shirts in den
Nerd-Shops erscheinen und wenigstens einen Gag in THE BIG BANG THEORY dürfte er
über kurz oder lang ebenfalls wert sein.
Jessica Chastain, um die es nach ihrem Superspieljahr 2013 aktuell etwas ruhiger geworden ist, agiert souverän, ist von ihrer Rolle aber deutlich unterfordert und kommt gar nicht dazu, zu zeigen was sie kann.
Jessica Chastain, um die es nach ihrem Superspieljahr 2013 aktuell etwas ruhiger geworden ist, agiert souverän, ist von ihrer Rolle aber deutlich unterfordert und kommt gar nicht dazu, zu zeigen was sie kann.
© 2014 Warner Bros. Entertainment INC. and Paramount Pictures Corporation |
Andere Talente wie Wes Bentley oder Casey Affleck wirken hingegen ein wenig
vergeudet, schlicht weil ihre Rollen unterentwickelt und stellenweise
überflüssig wirken und zu den Aspekten des Films gehören, die man gut hätte
straffen können.
Auch Hans Zimmers Musik ist gewohnt unsubtil und in diesem Fall vielleicht nicht die beste Wahl, aber in wenigstens einem Fall liefert er die ideale musikalische Untermalung ab, und insgesamt macht man mit einem Zimmer-Soundtrack in einem epischen Film ja nie was falsch.
Auch Hans Zimmers Musik ist gewohnt unsubtil und in diesem Fall vielleicht nicht die beste Wahl, aber in wenigstens einem Fall liefert er die ideale musikalische Untermalung ab, und insgesamt macht man mit einem Zimmer-Soundtrack in einem epischen Film ja nie was falsch.
Eine Reise wert
Am Ende aber bleibt INTERSTELLAR ein Highlight des
Blockbusterkinos und des Kinojahres 2014 und einer der epischsten Filme der
letzten Jahre, vielleicht Jahrzehnte. Ein Fest für jeden, der intelligentes und
ambitioniertes Kino mag. INTERSTELLAR ist Nolans ehrgeizigstes Werk, zeigt aber
auch die Grenzen des Filmemachers auf, der sich an der ein oder anderen Stelle
ein wenig verhebt. Nolan mag immer noch der bestmögliche Regisseur für den
Stoff gewesen sein, trotzdem wäre es ihm zu wünschen, in Zukunft wieder ein,
zwei Gänge zurückzuschalten, und sein Talent in etwas kleineren Geschichten zu
verwenden, die er dafür vollständig ausfüllen kann.
Was er aber bitte beibehalten mag, denn auch das trägt zur
enormen Wirkung des Films bei, ist sein Beharren auf „erdigem“ Kino. Auch wenn
Interstellar nicht ohne CGI auskommt, merkt man dem Film an, dass Nolan es
klassisch mag. Er dreht noch immer auf Film statt digital und versucht,
möglichst viele Tricks auf klassische Art statt mit digitalen Effekten
umzusetzen. In INTERSTELLAR führt das zu einigen spannenden Szenen, in denen
die „Außenkamera“ dicht am Lander-Raumschiff bleibt, statt von weiter weg das
gesamte Geschehen zu zeigen. Das fühlt sich zunächst befremdlich an, bewirkt im
Laufe des Films aber eine eigene, befremdliche Note.
Visuell ist INTERSTELLAR ohnehin über jeden Zweifel erhaben, selbst ohne Nolans Stammkameramann Wally Pfister, der mit seinem Regiedebüt TRANSCENDENCE beschäftigt war. Dafür springt der aus Schweden kommende Schweizer Hyote Van Hoytema ein, der dank des Vampirklassikers SO FINSTER DIE NACHT den Sprung nach Hollywood schaffte und zuletzt mit HER bewies, dass er es perfekt versteht, eine emotionale Geschichte mit wuchtigen aber gleichzeitig beruhigenden Bildern perfekt zu unterstreichen.
Nolan gibt an, sich mit seinem Team alte Weltraumfilme wie
DER STOFF AUS DEM DIE HELDEN SIND angeschaut zu haben, um zu sehen, welche
Tricks mit damaligen Techniken möglich waren. So arbeitet INTERSTELLAR mit
Helmreflektionen und anderen Möglichkeiten, um die Reisen im Weltraum glaubhaft
zu vermitteln, ohne wie eine digitale Schaubude zu wirken.
Hier zeigt sich die Bedeutung Nolans und einer der Gründe
für seine Popularität und die seiner Filme. Nolan ist aktuell auch deshalb einer
der besten Regisseure der Welt, weil er ein nahezu perfektes Gesamtpaket
abliefert: Mutige, smarte Filme, die bedeutende und tiefe Themen angehen und
ihre Zuschauer die ganze Laufzeit hindurch fordern, aber dennoch pure Unterhaltung
sind. Ein Filmemacher, der verstanden hat, dass die „Magie“ des Kinos nicht in
einer Überzahl digitaler Effekte liegt, sondern darin, die Zuschauer zu
verzaubern und ihnen das Gefühl zu geben, in eine andere Welt einzutauchen. Das
macht das „Nolan-Feeling“ seiner Filme aus, und davon lebt auch INTERSTELLAR. Wir können nur hoffen, dass auch seine nächsten Filme diese ganz besondere
Magie verströmen.
© 2014 Warner Bros. Entertainment INC. and Paramount Pictures Corporation |
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