Ein guter Film braucht einen guten Bösewicht – diese
Binsenweisheit ist so alt wie die Kunst des Erzählens.
Doch immer wieder gelingt es findigen Erzählern, ganz ohne
Finsterling ein packendes Drama zu inszenieren – statt Gangstern und
eifersüchtigen Neidern müssen die Helden mit den größten aller Gegner
auskommen: Mutter Natur und Vater Technik. Plötzlich kämpfen sie gegen
Erdbeben, Meteore, Flugzeugunglücke und sinkende Schiffe. In den Siebzigern
erlebt der „Katastrophenfilm“ seine erste Blütezeit – und erreicht seinen
Höhepunkt mit FLAMMENDES INFERNO.
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Die Inspiration für FLAMMENDES INFERNO sind die 1973
neueröffneten Riesentower des New Yorker World Trade Centers. Die letzte Klappe
der Dreharbeiten fällt ausgerechnet am 11. September 1974 – siebenundzwanzig
Jahre später wird vieles, was der Film fiktiv schildert, für Hunderte von
Menschen grausame Realität: Sie werden auf den oberen Etagen des World
Trade Centers eingeschlossen, während unter ihnen ein Feuer tobt, das immer
näher kommt. Der Unterschied: im Kino gibt es ein Happy End!
Die Faszination des Chaos‘
Diese tragische Episode zeigt treffend den Kern dessen, was die
Faszination von Katastrophenfilmen ausmacht: Hier schmiegen sich Chaos, Tod und
Verderben direkt an die Lebenserfahrung der Zuschauer.
Während Mörder, Gangster, Entführungen und Psychopathen für
gewöhnlich weit außerhalb des eigenen Erfahrungshorizonts liegen und daher „sicher“
sind, sprechen Katastrophenfilme unsere allgegenwärtigen Urängste an: Unsere
Wehrlosigkeit gegenüber der Natur und der alltäglichen Technik, die uns umgibt,
besonders dann, wenn diese der „Hybris“ unterliegt, also für sich in Anspruch nimmt,
der „gottgegebenen“ Ordnung zu trotzen: Je größer, unfehlbarer und
widernatürlicher die Technik ist, desto eher eignet sie sich für einen guten,
angsteinflößenden Film.
Menschen sehnen sich nach Kontrolle, auch und vor allem der
Natur gegenüber, und jedes bildgewaltige Drama, das uns vor Augen führt, wie
illusorisch dieses Kontrollgefühl ist, bringt in jedem von uns eine mächtige
Saite zum Schwingen.
So ist es kein Wunder, dass Unglücke und Katastrophen schon
immer guter Filmstoff waren. Zerstörung und Verwüstung, das kurze Abtauchen in
den schlimmstmöglichen Fall, bereiten uns vor allem aus der Sicherheit des
Kinosessels heraus viel Vergnügen. Schon 1901 inszeniert der Engländer James
Williamson den „Film“ FIRE!, in dem Feuerwehrmänner die Bewohner eines brennenden
Hauses retten. Mit vier Minuten Laufzeit ist das Werk seinerzeit erstaunlich
lang und bringt einige nie gesehene Stilmittel ein, um Spannung zu erzeugen. So
kennt der Zuschauer die verheerende Größe des Feuers vor den Feuerwehrmännern,
was ihn umso mehr um die Helden bangen lässt.
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Als erster klassischer Katastrophenfilm wird allerdings SAN
FRANCISCO von 1936 angesehen, in dem Clark Gable, Jeanette MacDonald und
Spencer Tracy unter der Regie von Altmeister D.W. Griffith das verheerende
Erdbeben von 1906 durchleiden müssen.
Flug ins Unglück, Flug in den Erfolg
In all diesen Jahrzehnten laufen immer wieder ähnliche Filme,
ohne viel Aufsehen zu erregen – bis 1970 etwas Seltsames geschieht. Mit AIRPORT
erscheint die kostengünstig runtergedrehte Romanverfilmung über einen Flughafen
und ein Flugzeug in Not. Der Film schlägt ein wie kein Katastrophenfilm zuvor.
Er spielt allein in den USA über 100 Millionen Dollar ein, erweist sich
weltweit als Hit, und steht heute noch auf Platz 42 der erfolgreichsten Filme
aller Zeiten.
Vielleicht ist es die wachsende Technikangst, die AIRPORT so
erfolgreich macht. Vielleicht auch seine neuartige, hochbrisante Mischung:
Nicht nur ist der Film starbesetzt, sondern er kombiniert auch schweres (oder
auch „Soap-artiges“) zwischenmenschliches Drama mit spektakulärem, visuell
beeindruckendem Abenteuer. Frei nach dem dramaturgischen Motto „Was ist besser
als zwei Männer, die versuchen, sich umzubringen? Zwei Männer, die sich in
einem brennenden Flugzeug versuchen umzubringen!“ werden etliche Konfliktbeladene
Figuren aufeinander losgelassen, während der „Held“ im Cockpit um ihr aller
Leben kämpft.
Der Erfolg von AIRPORT legt die Schablone für ein Genre
fest: In den Siebzigern erscheinen etliche Filme nach dem immer gleichen
Strickmuster: Hohe Dichte an Stars, die knapp über ihren Zenit sind, mehr als
ein halbes Dutzend konfliktbeladener Storylines zwischen den Figuren und eine
dramatische, lebensbedrohliche, visuell aufreizende Katastrophe, die all das
wie in einem Dampfkochtopf vereint.
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Ebenfalls 1974 erlebt das Genre bereits seinen Zenit – und
kein anderer Katastrophenfilm ist so sensationell wie FLAMMENDES INFERNO.
Zu zweit in den Zenit – nebeneinander und diagonal
Wie etliche andere Katastrophenfilme hat FLAMMENDES INFERNO
die Hybris zum Thema: Das höchste Gebäude der Welt, mit einem unfehlbaren
Sicherheitssystem – welches durch menschliches Versagen bei der Eröffnung doch
noch fehlerhaft ist. Während eine illustre Gesellschaft voller Millionäre und
Bürgermeister im 137. Stock, dicht unterm Dach, feiert, bricht im 81. Stock
durch einen elektrischen Fehler ein Feuer aus.
Die folgende Rettung der Eingeschlossenen erweist sich als
spannende Herausforderung.
Der Erfolg von AIRPORT bringt es mit sich, dass die
Produzenten der Traumfabrik gierig alle Romane aufkaufen, die sich irgendwie
als Katastrophenfilm verwirklichen lassen. Als 1973 das World Trade Center in
New York fertiggestellt wird, inspiriert das gleich zwei Romane: Anfang des
Jahres wird Richard Martin Sterns Buch „The Tower“ veröffentlicht, für das sich
die Warner Bros. die Rechte sichert. Kurz darauf erscheint „The Glass Inferno“
von Thomas N. Scortia und Frank M. Robinson, dessen Rechte fast augenblicklich
bei Twentieth Century Fox landen.
Beide Studios sehen sich plötzlich einer ganz eigenen Katastrophe
gegenüber: Zwei ähnliche Filme, die in den Kinosälen einander Konkurrenz machen
und sich Zuschauer stehlen. Und so gehen sie einen nie zuvor beschrittenen Weg:
Zum ersten Mal in der Geschichte arbeiten zwei Filmstudios zusammen. Das
Drehbuch, bis hin zum Titel, verwendet Elemente aus beiden Romanen, die Studios
teilen sich die Kosten, und während die Twentieth Century Fox die Einnahmen vom
heimischen Markt behalten darf, gehen die weltweiten Einnahmen an Warner.
Der andere Zweikampf, der sich am Set von FLAMMENDES INFERNO
abspielt, verläuft deutlich weniger harmonisch. Bei Beginn der Produktion soll
eigentlich noch William Holden der Star und zugkräftige Name des Films werden,
zumindest sagt der Megastar der Sechziger unter diesen Bedingungen zu. Doch
Holdens beste Zeiten sind bereits vorbei, seine letzten Filme haben an Zugkraft
verloren oder waren nicht mehr auf ihn fokusiert, und bald erscheint ein
deutlich angesagterer Name auf der Liste der engagierten Stars: Steve McQueen
ist auf dem Zenit seiner Karriere, hat gerade für PAPILLON eine Golden Globe
Nominierung eingeheimst und soll den vom Schicksal geplagten Architekten des
Gebäudes spielen.
Doch McQueen, ganz Macho und cleverer Filmschaffender, weiß,
dass es noch eine bessere Rolle im Drehbuch gibt: „Wenn ein Star meines
Kalibers gut genug für den Architekten ist“, soll er gesagt haben, „ist er auch
gut genug für den Feuerwehrchef!“ Denn der erweist sich als eigentlicher Held
des Films, der am Ende das Kommando übernimmt und den Tag rettet.
Die Studios sagen zu, McQueen darf den Feuerwehrchef
spielen, und als Architekt kommt ein anderer Star auf der Höhe seines Ruhms an
Bord: Paul Newman, er gerade erst mit DER CLOU einen Megahit gelandet hat.
McQueen ist aber weiterhin unzufrieden, denn der Architekt
ist deutlich öfter zu sehen, und hat mehr Dialog als der Feuerwehrchef – und der
King of Cool hat nicht vor, sich von Newman den Rang ablaufen zu lassen.
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Problematisch erweist sich schließlich die Promotion des
Films, denn jeder der beiden Stars will als erster genannt werden. Das Ergebnis
ist – kreativ! Die Grafiker lassen die Namen der beiden diagonal versetzt
drucken. So entscheidet die Lesrichtung darüber, wer „zuerst“ genannt wird.
Liest man das Poster von links nach rechts, kommt McQueens Name zuerst, liest
man von oben nach unten, kommt Newman zuerst.
William Holden ist in beiden Richtungen auf den undankbaren
dritten Platz abgerutscht.
Trotzdem bleibt McQueen Sieger. Da sein Feuerwehrchef erst nach 43 Minuten im Film auftaucht, hat Newman zu dieser Zeit bereits die Hälfte seiner Zeilen verbraucht. Außerdem hat McQueens Figur die Kontrolle, als die Katastrophe erst einmal hereinbricht, er hat Befehlsgewalt über Newmans Figur, und bleibt den Zuschauern generell besser im Gedächtnis.
Trotzdem bleibt McQueen Sieger. Da sein Feuerwehrchef erst nach 43 Minuten im Film auftaucht, hat Newman zu dieser Zeit bereits die Hälfte seiner Zeilen verbraucht. Außerdem hat McQueens Figur die Kontrolle, als die Katastrophe erst einmal hereinbricht, er hat Befehlsgewalt über Newmans Figur, und bleibt den Zuschauern generell besser im Gedächtnis.
Newman ärgert sich noch Jahre später darüber, den Film unter
diesen Bedingungen gedreht zu haben. Er habe sich vom Geld blenden und
abspeisen lassen, was ihm nie wieder geschehen würde. Dennoch wird er später,
neben William Holden, noch einmal für Produzent Irwin Allen in dessen Vulkan-Katastrophenfilm
auftreten: DER TAG, AN DEM DIE WELT UNTERGING ist nach Aussage Newmans der einzige
Film, den er jemals für Geld gemacht habe. (Der Legende nach gründet er von
dieser Gage seine gemeinnützige Salatdressing-Firma. „Newman’s Own“ spendet
alle Profite an wohltätige Organisationen und hat seit 1982 über 260 Millionen
Dollar gesammelt!)
Der abenteuerliche Sci-Fi Master of Disaster
Überhaupt ist FLAMMENDES INFERNO vor allem das Kind von
Irwin Allen, und sein größter Triumph im Kino.
Irwin Allen, Autor, Produzent und Regisseur, bleibt selten
mehr als ein Jahrzehnt in einem Genre. In den Fünfzigern inszeniert und
produziert er Abenteuerfilme, die sich an KING KONG und REISE ZUM MITTELPUNKT
DER ERDE orientieren. In den Sechzigern schreibt er neben Rod Serling und Gene
Roddenberry Fernsehgeschichte und kreiert als Produzent und Autor mit TIME
TUNNEL, LOST IN SPACE und VOYAGE TO THE BOTTOM OF THE SEA einige der größten Sci-Fi
Hits ihrer Zeit. Allen weiß also, wie er spannende Spektakel produzieren muss.
Auch deshalb gelingt ihm mit DIE HÖLLENFAHRT DER POSEIDON einer der ganz großen
Würfe seiner Karriere, und ein Film, der die Leidenschaft für
Katastrophenfilme, die AIRPORT entzündet hatte, ins Unermessliche steigert.
Nach dem Erfolg der POSEIDON hat Allen sein neues Genre gefunden. In den
Siebzigern erarbeitet er sich ganz flugs den Beinamen „Master of Disaster“.
Insgesamt produziert er mit der POSEIDON, FLAMMENDES
INFERNO, DIE FLUT BRICHT LOS, HORIZONT IN FLAMMEN, DER TÖDLICHE SCHWARM,
SEILBAHN DES SCHRECKENS, JAGD AUF DIE POSEIDON (Fortsetzung des Klassikers!),
DER TAG, AN DEM DIE WELT UNTERGING, DIE NACHT, ALS DIE BRÜCKE EINSTÜRZTE und
CAVE IN! nicht weniger als zehn Katastrophenfilme in ebensovielen Jahren, wenn
auch einige davon fürs Fernsehen!
Allen ist ein erfahrener, und begeisterter Regisseur, der in
seiner Fernseharbeit eine eigene „Kameraeinstellung“ kreiert hatte: Das „Irwin Allen Rock-and-Roll“
bezeichnet den Kameratrick, die Kamera wild herumwackeln und kippen zu lassen,
während die Darsteller panisch von einer Seite des Sets zum anderen stürzen. So
simuliert er ein Raumschiff, U-Boot oder ähnliches, das wild herumgeworfen wird.
Obwohl FLAMMENDES INFERNO mit dem Drama-erfahrenen John
Guillermin einen eigenen Regisseur hat, übernimmt Allen, ohne namentliche
Erwähnung, die Regie der spektakulären Actionsequenzen. Und dabei greift er
schonmal zu kreativen Mitteln: Als er in einer Szene aus seinen Schauspielern
einfach keine erschrockene Reaktion hervorlocken kann, feuert er einfach eine
scharfe Waffe in die Decke des Sets ab. Schreck und Überraschung der Darsteller
sind endlich im Kasten.
Auch der Ausdruck des Schreckens in Fred Astaires Gesicht zum
Ende des Films ist nicht gespielt; der Tänzer und Altstar fürchtet sich vor den
Explosionen, die das Team inszeniert, tatsächlich zu Tode.
Am Ende erhält Astaire allerdings als einziger Darsteller
eine Oscarnominierung – denn auch hier erweisen sich die Katastrophenfilme Jahr
für Jahr als vielversprechend. Zwischen 5 und 11 Nominierungen räumen die
großen Katastrophenfilme ihrer Zeit immer wieder ab, die meisten gewinnen
allerdings nur einen in einer technischen Disziplin und einen Ehrenoscar für
die Effekte (die damals noch keine eigenständige Kategorie sind). Mit drei
Trophäen ist FLAMMENDES INFERNO auch hier Spitzenreiter.
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Für Irwin Allen bleibt es sein Höhepunkt. Eine geplante
Fortsetzung 1980 scheitert an Steve McQueens Weigerung, mitzuspielen. Im selben
Jahr stirbt der Star.
1976 darf FLAMMENDES INFERNO dafür noch einmal richtig
auftrumpfen, wenn auch auf ungewohntem Terrain: In einer Szene des Films sieht
man die Diskothek des Gebäudes in Flammen aufgehen. Diese Szene inspiriert die
leidlich erfolgreiche Disco-Band The Trammps zu ihrem größten Hit, der zu einem
absoluten Klassiker der Disco-Ära wird: „Disco Inferno“! Burn, Baby, Burn! Besonders mit dem Soundtrack zu
SATURDAY NIGHT FEVER wird der Track unsterblich.
Die Katastrophe versinkt in Parodie und Wochenende
Bald aber hat sich das Genre der Katastrophenfilme
erschöpft. Die gigantischen Erfolge zwischen 1970 und 1974 führen zu einer monströsen
Flut thematisch ähnlicher Filme, und es folgt, was folgen muss: Die Konkurrenz
steigt, die Budgets sinken. Immer schlechtere Effekte werden mit immer
hanebücheneren zwischenmenschlichen „Dramen“ ausgeglichen, und bald finden sich
doch wieder Entführer und Massenmörder unter den Eingeschlossenen,
Verschütteten, in Not Geratenen. Jedes nur denkbare Katastrophenszenario wird,
nicht nur von Irwin Allen, herangezogen, und mit der Qualität schwinden auch
die Zuschauerzahlen.
Ende der Siebziger ist der Hype weit über seinen Gipfel und
in seinen letzten Zügen. Immerhin bietet es damit Nährboden für ein ganz
anderes Genre: Die „Spoof-Comedy“. 1980 bringt das Team Zucker, Abrahams,
Zucker mit DIE UNGLAUBLICHE REISE IN EINEM VERRÜCKTEN FLUGZEUG die beste
Parodie auf das Genre, der mit DIE UNGLAUBLICHE REISE IN EINEM VERRÜCKTEN
RAUMSCHIFF noch eine Fortsetzung folgt. (Eine erste Parodie von 1976, die
später DIE HAARSTRÄUBENDE REISE IN EINEM VERRÜCKTEN BUS betitelt wird, fällt
dagegen enorm ab.)
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Als die Dinosaurier die Erde zerstörten
Spätestens Mitte der Achtziger ist das Genre endgültig tot –
doch es soll seine Renaissance erleben!
1993 verändert
JURASSIC PARK die Effektlandschaft für immer, und macht CGI-Effekte zum
neuen Standard. Und mit einem Mal – ist alles möglich!
Die Neunziger bringen das große Revival der
Katastrophenfilme mit sich, mit dem Unterschied, dass die Starbesetzungen und
die menschlichen Dramen gegen Schauwerte ersetzt werden. Es geht um möglichst
spektakuläre Effekte. Meistens zumindest.
Meteoriten, Vulkanausbrüche, Wirbelstürme, Fluten, Eiszeiten
– die Welt ist vor nichts mehr sicher, und alles sieht packend aus. Dann und
wann stellt sich die Frage, ob eine Katastrophe eher psychologisch oder nach
alter Irwin Allen Manier als reines Spektakel inszeniert wird. So buhlen 1997
mit DANTE’S PEAK (psychologisch) und VOLCANO (Spektakel) gleich zwei Vulkanfilme
um die Gunst der Zuschauer, während 1998 mit DEEP IMPACT (psychologisch) und
ARMAGEDDON (Spektakel) gleich zwei Mal ein Komet die Erde zu zerstören droht.
Ebenfalls 1997 wird mit TITANIC (eindeutig Spektakel!) ein
Katastrophenfilm sogar zum erfolgreichsten Film aller Zeiten und einem der
größten Hypes der Geschichte. Schon 1996 kommt das Genre mit DAYLIGHT, TWISTER
und INDEPENDENCE DAY ganz groß raus. Mit letzterem betritt auch so etwas wie
der neue Irwin Allen die große Bühne, denn auch Roland Emmerich gilt bald als
„Master of Disaster“.
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Zwar gelobt Emmerich, dass nach 2012 nichts mehr zu
zerstören bliebe, und liefert mit ANONYMOUS einen erstaunlich kleinen Film ab,
doch mittlerweile ist er zurück – und arbeitet an INDEPENDENCE DAY 2 und 3.
Realität und Fiktion – die Schrecken der Bilder, die Lust an der Apokalypse
Das Genre der Katastrophenfilme lebt bis heute fort, aber in
schwankender Qualität. Mit THE CORE erscheint ein alberner Versuch eines Emmerich-Abklatsches,
mit SUNSHINE und CONTAGION hingegen packende, clevere und tiefsinnige Analogien
auf das Ende der Welt. 2006 erscheint mit POSEIDON sogar ein Remake des
Klassikers, der dessen Faszination aber nicht wiederholen kann – Wolfgang Petersen
ist da einfach der falsche Regisseur.
Heute hat sich das Genre gewandelt, was auch am 11.
September liegt. Die völlig realen Bilder der Katastrophe und der verzweifelten
Menschen, die sich vor dem Feuer in den Tod stürzen, haben ganz neue Ängste
urbaner Zerstörung in der westlichen Welt geweckt, und so finden sich heute
immer wieder vor allem urbane Katastrophen im Film, stets geht das darum,
möglichst viele Häuser und Straßen zerbersten zu sehen – Comedian John Oliver drückt das einmal schön aus:
„Sollten Aliens uns je anhand unserer Filme bewerten, werden sie sich fragen,
weshalb wir Beton so hassen!“.
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Die Katastrophenfilme der Siebziger stellten stets den
Mensch im Angesicht der Katastrophe in den Vordergrund. Heute stehen dort die
Schauwerte. Es geht um Bilder größtmöglicher Verwüstung und Zerstörung. Statt
menschlicher Dramen wollen wir Strukturen zerbersten sehen, ob aus Beton oder
Gesellschaft. Menschen und Figuren werden zu Randfiguren und eher Mittel zum
Zweck. FLAMMENDES INFERNO zeigt menschliches Leid in einem einstürzenden Turm,
heute zeigt man nur noch einstürzende Straßenzüge, in denen die Menschen weitestgehend
fehlen.
Vielleicht haben die realen Bilder sterbender Menschen im
Angesicht der Katastrophe den Bedarf daran in Filmen obsolet gemacht.
Am Rande aber haben ein Teil des originalen Genres und
seiner Faszination überlebt. Noch immer wecken Menschliches Drama im Angesicht
einer unüberwindbaren Katastrophe und Helden, die sich in den Kampf schmeißen,
um die weniger Starken zu schützen, unsere Gefühle. Heute ist das vor allem der
Stoff, aus dem erfolgreiche Serien entstehen. Aktuelle Erfolge wie THE WALKING
DEAD oder auch FALLING SKIES haben ihre Wurzeln in den Katastrophenfilmen der
Siebziger. Noch immer genießen wir Geschichten Not und Verzweiflung, von
extremen Situationen und den Menschen, die damit leben müssen – solange wir
dabei sicher in unserem Sessel sitzen dürfen!
Und noch immer werden wir daran erinnert, wie nah die
Katastrophe der Realität ist, wie sehr hier unsere Urängste angesprochen werden.
1979 erscheint der letzte Teil der AIRPORT-Reihe, der sich diesmal dem neuen
Superflugzeug, der Concorde, widmet. Dem Filmteam steht für seine Aufnahmen
eine Original-Concorde zur Verfügung, mit der Kennung F-BTSC. Dieselbe Maschine
stürzt im Juli 2000 beim Start bei Paris ab, reißt 113 Menschen in den Tod und
beendet die Ära des Überschalfliegers.
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